Donnerstag, 28. März 2024

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Deutscher Karikaturenpreis 2014
"Cartoon ist eine Form von Lebensqualität"

Der "Geflügelte Bleistift" in Gold, Silber und Bronze ist längst zu einer der bedeutendsten Ehrungen für Cartoonisten im deutschsprachigen Raum geworden. "Wie krank ist das denn?!", lautete die Themenvorgabe des Deutschen Karikaturenpreises 2014. Verliehen wurde er am Wochenende in Dresden.

Von Heike Schwarzer | 10.11.2014
    Deutscher Karikaturenpreis 2014, Platz 2 - Hauck & Bauer "Hochbegabung"
    Für ihre Karikatur "Hochbegabung" bekamen Hauck & Bauer den 2. Platz. (Deutscher Karikaturenpreis 2014)
    Der zweite Platz ging an Hauck & Bauer für ihre Karikatur "Hochbegabung", der dritte Platz an das Karikaturisten-Duo Schilling & Blum für ihr Werk "Erkenntnis". Die Preise sind mit 5.000, 3.000 bzw. 2.000 Euro dotiert. Publikumsliebling 2013 wurde Michael Holtschulte mit seiner Karikatur "Moses teilt das Meer"
    "Der Arzt sagt zum Patienten, der Unterschied zwischen uns beiden ist, ich habe einen bösartigen Humor."
    Für Peter Ufer, der schwarzen Humor besonders mag ...
    "...eine meiner Lieblingskarikaturen."
    Der Witz muss sitzen
    Und das will was heißen. Unterstützt von einer 15-köpfigen Jury hat er sich in den letzten Monaten durchgekämpft durch knapp 1.000 eingereichter Cartoons.
    "Ja, es gibt nichts Schöneres als ein gesundes Maß an Lachen und eine Überdosis Humor."
    Ein guter Cartoon? Dafür muss nicht nur das Thema, auch der Witz muss sitzen, manchmal als Brocken tief im Hals. Oder als Finger tief in der Wunde.
    "Das wünschte ich mir schon manchmal, dass es noch tiefer geht; da ist die deutsche Karikatur, sagen wir mal, relativ weich gespült."
    Pillen passend zum Motto
    Peter Ufer, Mitbegründer des Deutschen Karikaturenpreises. Seit 15 Jahren - immer im November - bringt dieser Preis Cartoonisten aus Ost und West zusammen.
    "Schön, die alles wiederzusehen... "
    Der Stammtisch, am Abend vor der Preisverleihung in einem Dresdner Altstadt-Café - ein Muss.
    "Der Preis ist inzwischen der Treffpunkt der deutschen Karikaturisten geworden. Heute am Samstagabend hier, das ist ein großes Klassentreffen, große Freude, wenn hier fast 180 Leute auftauchen und bis in die Morgenstunden über die Kunstform der Karikatur diskutieren."
    Passend zum diesjährigen Thema "Wie krank ist das denn?" werden zum Stammtisch Pillen gereicht und eine Familienaufstellung geprobt - für das Jubiläumsfoto.
    Fotograf: "Drei, zwei, eins, lachen, bitte lachen! Dort hinten haben einige noch nicht gelacht. Bitte noch mal."
    Dorthe Landschulz:
    "Das eine war eine Schlange beim Arzt. Die schrie, was schrie die noch..."
    Dorthe Landschulz ist für "tierisch gute" Cartoons bekannt.
    "Hilfe!!! Ich kann meine Beine nicht mehr spüren. Darunter stand: Hypochonda."
    Die Hamburgerin lebt in der Bretagne, ist 38 Jahre alt, hat Illustration studiert und freut sich in Dresden, mal nicht nur virtuell auf alte Hasen und junge Kollegen zu treffen.
    "Birgit Dodenhoff zum Beispiel, die habe ich schon über Facebook kennengelernt, die macht echt lustige Sachen und Thomas Luft, auch ein lustiger Mensch, der malt immer so dicke Lippen. Sieht schon mal komisch aus. "
    Thomas Luft steht etwas am Rand des abendlichen Trubels, er ist zum ersten Mal in Dresden dabei:
    "Ich komme aus Schwerin und ich kannte den Karikaturenpreis schon, habe es auch im Internet gesehen und habe mich jetzt entschlossen, dass ich es auch mal versuche."
    Bei Dorthe Landschulz zumindest hat es gleich beim ersten Anlauf geklappt, mit einem Bronze-Preis im vergangenen Jahr. Aber wie eigentlich kommt man, noch dazu in Zeiten der Zeitschriftenkrise, auf die Idee: Ich werde Cartoonist?
    "Ja, ich denke, das entwickelt sich ich habe die Facebook-Seite "Ein Tag - ein Tier" angefangen und habe wirklich jeden Tag über 1,5 Jahre Tiere gezeichnet, und mittlerweile hat sich das auch weiterentwickelt, jetzt mache ich auch andere Cartoons. "
    Vom Cartoon zu leben, ist ein Widerspruch
    Und dafür bekommt sie jetzt sogar Geld. Nach einem mühsamen Start, wie sie sagt. Seit dem Deutschen Karikaturenpreis vom vergangenen Jahr läuft es leichter.
    "Ich bin jetzt dabei, an meinem dritten Buch zu arbeiten, hab schon für "Titanic", "Stern" und Spiegel Online gearbeitet, es läuft einfach. Aber trotzdem bleibt es schwierig, seinen Lebensunterhalt zu verdienen."
    "Ich denke, Cartoonist zu sein und davon überleben zu wollen, ist eher ein Widerspruch in sich. Es ist eher eine Lebensart. "
    Birgit Dodenhoff aus Bremen, ein kompletter Neuling, wie sie sagt, ist erst seit zwei Jahren als Cartoonistin aktiv.
    "Es ist schon so eine Art Sucht. Ich kann schon nicht anders, ich verdiene nicht mein Geld damit, aber Cartoon ist auch eine Form von Lebensqualität."
    Denn Humor stärkt das Immunsystem, senkt den Blutdruck und - auch das ist medizinisch längst erwiesen - er lockert das Zwerchfell.
    Sonntagvormittag zur Preisverleihung im Dresdner Schauspielhaus. And the winner is...
    Hurzlmeier, Titanic-Cartoonist seit fast 25 Jahren und bereits gesegnet mit viel Aufmerksamkeit, Büchern und Preisen. Er steht auf der Bühne von Silberfäden umflittert und tief bewegt.
    "In Bayern sagt man: Leckt mich am Arsch, 15 Jahre, bin sehr beeindruckt auch von der Veranstaltung und dass ich dann auch noch den ersten Preis gewonnen habe, das ist schon großartig. Es ist ein echter Oscar, ein echter Dresdner Oscar. "
    Heike Schwarzer:
    "Und sie haben kein schlechtes Gewissen, dass Sie als alter Hase, den Preis abgeräumt haben? "
    Titanic-Cartoonist Hurzlmeier:
    "Doch das habe ich schon, ein entsetzlich schlechtes Gewissen. "
    Im nächsten Jahr sitzt Hurzlmeier in der Dresdner Jury und denkt schon jetzt laut über einen neuen Preis nach, für den Nachwuchs.
    Draußen im Foyer im Schauspielhaus steigt derweil die Party.
    Der Deutschlandfunk ist seit längerer Zeit Medienpartner des mit über 10.000 Euro dotierten Deutschen Karikaturenpreises. Corso-Kollege Adalbert Siniawski saß dieses Jahr in der Jury.

    Zur Webseite des deutschen Karikaturenpreises