"Haarfarbe?" – "Braun" – "Augenfarbe?" – "Blau. Ich bin doch gut oder?" – "O.K. Nenne mir den Namen von einem Freund aus dem Internat." – "Gab es da nicht mal nen Leon?" – "Das war im Kindergarten."
Ein Vater und sein Sohn. Sie haben nicht viel miteinander zu tun gehabt in ihrem Leben. Ben wird bald 17. Sein Vater ist ein gefeierter Theaterregisseur, der sein neues Stück in Marrakech vorstellen darf. Mutter hat anderes zu tun - natürlich auch Kunst - und deswegen muss der Sohn endlich einmal wieder zum Vater. "Pass auf ihn auf", ruft die Mutter noch. Im Fragespiel versuchen sich Vater und Sohn einander zu nähern. Mit ihrem Afrika-Film "Nirgendwo in Afrika" hatte die Münchner Regisseurin Caroline Link 2003 ihren größten Erfolg, den Oscar für den besten nicht-englisch-sprachigen Film. Volker Schlöndorff – selbst Oscarpreisträger für "Die Blechtrommel" 1980 – hat einmal gesagt, dass dieser Auslandsoscar ein Fluch sei. Jedenfalls sei es sehr schwer, danach einen nächsten oder gar einen übernächsten Film zu machen. Das hat auch Florian Henckel von Donnersmarck 2007 mit "Das Leben der Anderen" erfahren müssen.
Oscar-Ehren und dann gleich nach Hollywood. Das funktioniert meist nicht. Caroline Link hat ihre Hollywoodpläne sehr bald eingestampft. Und mit "Im Winter ein Jahr" und jetzt "Exit Marrakech" zwei solide europäische Autorenfilme nachgelegt. Jetzt wieder mit dem Schauplatz Afrika. Und dabei einen im Grunde schönen, vielschichtigen, bildverliebten Familienfilm vorgelegt. Ulrich Tukur nimmt man den sorglosen Ludervater gleich ab und wäre da nicht Josef Bierbichler als Lieblingslehrer, dann könnte der Marokko-Aufenthalt für den halbwüchsigen Ben auch ziemlich daneben gehen.
"Du hast ein ziemlich gutes Hirn. Deshalb mach was aus deiner Marokko-Reise. Schau zu, dass du was erlebst."
Vater Heinrich will einfach so weiter machen mit seinem beziehungspolitischen Schlendrian, der dem Jungen seine ganze Jugend durch dessen chronische Abwesenheit geraubt hat. Am komfortablen Hotel-Pool in Marakech will er mit seinem Sohn die Zeit rumbringen und ihn trotzdem ohne große Anstrengung wohlverwahrt wissen und außerdem all das machen, was er sowieso vorhat. Der Junior macht ihm aber einen Strich durch die Rechnung. Weil er was erleben will, lässt er sich dazu verführen, ganz andere Wege zu gehen. Die Kolportagegeschichte des Films beginnt, das Karl-May-Abenteuer: durch die Wüste, in der man heutzutage mit Skiern die Sanddünen heruntersaust. Aber natürlich ist auch Liebe dabei. Ben lernt ein Mädchen kennen und mit ihr lässt er sich auf Erlebnisse ein, die er sich vorher niemals hat vorstellen können.
"What is your name?" – "Ben" – "We have to go." – "Go" – Je cherche un garcon de 17 ans." – "Menschenskind, wo bist denn Du?" – "Ich bin mit einem Mädchen unterwegs. Ich will in die Wüste."
Erst zögerlich, dann immer heftiger sucht der unwillige Vater nach seinem plötzlich verschwundenen Sohn. Er muss seine Fehler und Versäumnisse endlich einsehen - um alles wieder einzurenken. Das ist dann doch ein sehr deutscher Film mit Moral und Belohnung, Glück und Wahrhaftigkeit. Ein Sohn braucht den Vater. Aber dieser den Sohn noch viel mehr. Ein bisschen Wüstensand bringt zusammen, was zusammen gehört. Schlichte Wahrheit. Einfache Moral. Man muss eigentlich nicht in Marokko drehen, um das zu verifizieren.
Der Blick auf die schöne exotische Wüstenwelt und das Heimatdorf der neuen Freundin Karima feiert das Leben der einfachen Leute mit einem entfremdeten distanzierten Blick eigentlich als Staffage der Selbstfindungsgeschichte des Jungen und macht so noch deutlicher, wie ausgedacht die ganze Story ist. Auch die Diabeteserkrankung des jungen Ben schafft höchstens ein paar dramaturgische Tempoverschiebungen und Spannungsschleifen. Die Glaubwürdigkeit der Hauptfigur wird dadurch kaum gesteigert.
Und nun das Rezept: Man nehme Europäer in der Sinnkrise, versetze sie in eine fremde Welt und reichere ihre Probleme um ein paar reale Sorgen in der Fremde an: Das Fertiggericht heißt deutscher Problemfilm auf Reisen. Da nützen auch Lawrence-von-Arabien-Musik und tolle Wüstenbilder der Kamerafrau Bella Halben nichts mehr. Auf Caroline Links nächsten Oscar-Kandidaten müssen wir wohl noch etwas warten. Am Ende ist immerhin der Vater-Sohn-Konflikt gelöst, wenn auch etwas salopp.
"Du hast es ja auch ohne mich geschafft." – "Was?" – "Das Groß werden."
Ein Vater und sein Sohn. Sie haben nicht viel miteinander zu tun gehabt in ihrem Leben. Ben wird bald 17. Sein Vater ist ein gefeierter Theaterregisseur, der sein neues Stück in Marrakech vorstellen darf. Mutter hat anderes zu tun - natürlich auch Kunst - und deswegen muss der Sohn endlich einmal wieder zum Vater. "Pass auf ihn auf", ruft die Mutter noch. Im Fragespiel versuchen sich Vater und Sohn einander zu nähern. Mit ihrem Afrika-Film "Nirgendwo in Afrika" hatte die Münchner Regisseurin Caroline Link 2003 ihren größten Erfolg, den Oscar für den besten nicht-englisch-sprachigen Film. Volker Schlöndorff – selbst Oscarpreisträger für "Die Blechtrommel" 1980 – hat einmal gesagt, dass dieser Auslandsoscar ein Fluch sei. Jedenfalls sei es sehr schwer, danach einen nächsten oder gar einen übernächsten Film zu machen. Das hat auch Florian Henckel von Donnersmarck 2007 mit "Das Leben der Anderen" erfahren müssen.
Oscar-Ehren und dann gleich nach Hollywood. Das funktioniert meist nicht. Caroline Link hat ihre Hollywoodpläne sehr bald eingestampft. Und mit "Im Winter ein Jahr" und jetzt "Exit Marrakech" zwei solide europäische Autorenfilme nachgelegt. Jetzt wieder mit dem Schauplatz Afrika. Und dabei einen im Grunde schönen, vielschichtigen, bildverliebten Familienfilm vorgelegt. Ulrich Tukur nimmt man den sorglosen Ludervater gleich ab und wäre da nicht Josef Bierbichler als Lieblingslehrer, dann könnte der Marokko-Aufenthalt für den halbwüchsigen Ben auch ziemlich daneben gehen.
"Du hast ein ziemlich gutes Hirn. Deshalb mach was aus deiner Marokko-Reise. Schau zu, dass du was erlebst."
Vater Heinrich will einfach so weiter machen mit seinem beziehungspolitischen Schlendrian, der dem Jungen seine ganze Jugend durch dessen chronische Abwesenheit geraubt hat. Am komfortablen Hotel-Pool in Marakech will er mit seinem Sohn die Zeit rumbringen und ihn trotzdem ohne große Anstrengung wohlverwahrt wissen und außerdem all das machen, was er sowieso vorhat. Der Junior macht ihm aber einen Strich durch die Rechnung. Weil er was erleben will, lässt er sich dazu verführen, ganz andere Wege zu gehen. Die Kolportagegeschichte des Films beginnt, das Karl-May-Abenteuer: durch die Wüste, in der man heutzutage mit Skiern die Sanddünen heruntersaust. Aber natürlich ist auch Liebe dabei. Ben lernt ein Mädchen kennen und mit ihr lässt er sich auf Erlebnisse ein, die er sich vorher niemals hat vorstellen können.
"What is your name?" – "Ben" – "We have to go." – "Go" – Je cherche un garcon de 17 ans." – "Menschenskind, wo bist denn Du?" – "Ich bin mit einem Mädchen unterwegs. Ich will in die Wüste."
Erst zögerlich, dann immer heftiger sucht der unwillige Vater nach seinem plötzlich verschwundenen Sohn. Er muss seine Fehler und Versäumnisse endlich einsehen - um alles wieder einzurenken. Das ist dann doch ein sehr deutscher Film mit Moral und Belohnung, Glück und Wahrhaftigkeit. Ein Sohn braucht den Vater. Aber dieser den Sohn noch viel mehr. Ein bisschen Wüstensand bringt zusammen, was zusammen gehört. Schlichte Wahrheit. Einfache Moral. Man muss eigentlich nicht in Marokko drehen, um das zu verifizieren.
Der Blick auf die schöne exotische Wüstenwelt und das Heimatdorf der neuen Freundin Karima feiert das Leben der einfachen Leute mit einem entfremdeten distanzierten Blick eigentlich als Staffage der Selbstfindungsgeschichte des Jungen und macht so noch deutlicher, wie ausgedacht die ganze Story ist. Auch die Diabeteserkrankung des jungen Ben schafft höchstens ein paar dramaturgische Tempoverschiebungen und Spannungsschleifen. Die Glaubwürdigkeit der Hauptfigur wird dadurch kaum gesteigert.
Und nun das Rezept: Man nehme Europäer in der Sinnkrise, versetze sie in eine fremde Welt und reichere ihre Probleme um ein paar reale Sorgen in der Fremde an: Das Fertiggericht heißt deutscher Problemfilm auf Reisen. Da nützen auch Lawrence-von-Arabien-Musik und tolle Wüstenbilder der Kamerafrau Bella Halben nichts mehr. Auf Caroline Links nächsten Oscar-Kandidaten müssen wir wohl noch etwas warten. Am Ende ist immerhin der Vater-Sohn-Konflikt gelöst, wenn auch etwas salopp.
"Du hast es ja auch ohne mich geschafft." – "Was?" – "Das Groß werden."