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Deutscher Wald
Neue Schädlinge gefährden nach der Ulme auch die Esche

Botanik.- Berg- und Feldulme sind weitgehend aus unserer Waldlandschaft verschwunden. Ein aus Asien eingeschleppter Pilz hat ihre Bestände nahezu ausgelöscht. Vor einem ganz ähnlichen Schicksal steht jetzt ein weiteres heimisches Laubgehölz: die Esche. Auch bei ihr ist es ein exotischer Pilz, der dazu führt, dass sie als Forstbaum verloren gehen könnte.

Von Volker Mrasek | 30.05.2014
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    Eine alte Esche steht in der Parkanlage von Burg-Linn in Krefeld-Linn. (picture-alliance/ Horst Ossinger)
    "Also, wir sind hier an einem Bach. Und die Esche ist eigentlich eine typische Baumart im Bereich von Bachläufen."
    Der Biologe und Forstpathologe Berthold Metzler auf Visite im Stadtwald von Freiburg im Breisgau.
    "Wir haben hier eine sehr stark befallene Esche, deren Leittrieb oben abgestorben ist."
    Mit dabei vor Ort ist auch Horst Delb, ein weiterer Waldschutz-Experte von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden Württemberg.
    "Wir man also auch deutlich erkennen kann, daß offensichtlich auch die Rinde etwas mitgenommen ist."
    Metzler: "Und leider müssen wir auch hier feststellen, daß das Eschentriebsterben schon zugeschlagen hat. Es wurden auch in den letzten Jahren schon Eschen entfernt von hier."
    Ein Forstbaum kämpft ums Überleben. Das Eschentriebsterben,von dem Berthold Metzler spricht – es grassiert derzeit überall in Deutschland und dezimiert die Bestände der Laubbaum-Art. In Baden-Württemberg hat die Esche immerhin einen Anteil von vier Prozent an der gesamten Waldfläche. Sie liefert ein begehrtes, sehr elastisches Holz. Doch wie lange noch?
    Metzler: "Die Esche galt bis vor kurzem als eine ideale Baumart, die naturnahe Waldwirtschaft ermöglicht, und auch als klimaresistent. Und insofern hat man immer wieder gesagt: Die Esche ist unser Hoffnungsträger und Zukunftsbaum."
    Inzwischen raten Forstexperten davon ab, den Laubbaum anzupflanzen. Horst Delb ist ernüchtert:
    "Eine Hoffnungsbaumart im Klimawandel ist ausgefallen durch das Eschen-Triebsterben."
    Die Esche ist das Opfer eines exotischen Schädlings. Es ist ein Pilz, der aus Asien eingeschleppt wurde, mit weltweit exportiertem Pflanzenmaterial. Auf den gefährlichen Erreger sind die hiesigen Eschen nicht eingestellt: Neun von zehn infizierten Bäumen erkranken schwer oder gehen ein, wenn der Pilz über die Blätter bis in das Mark von Zweigen und Trieben vordringt und dort das Gewebe absterben lässt. Es gibt aber auch Bäume, die nur leicht oder gar nicht erkranken. Auf diese Exemplare konzentriert sich die Forschung im Moment:
    "Die Förster oder die Genetiker oder die Pflanzenzüchter gehen durch den Wald, suchen Bäume, die eben als resistent erscheinen. Und wenn diese auch noch gute Wuchsformen haben, werden da gezielt Samen geerntet. Und die dann ausgesät."
    So könnten die Forscher gezielt die widerstandsfähigen Eschen selektieren. Und die Baumart hätte in zehn oder 20 Jahren vielleicht wieder eine Chance. Doch so viel Zeit bleibt womöglich nicht mehr. Denn es klopft schon der nächste fremde Schädling an: der Japanische Eschenprachtkäfer. Thomas Schröder, Forstwissenschaftler am Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Braunschweig, weiß, wie gefährlich das Insekt ist:
    "Der ist in die USA eingeschleppt worden. Und dort sind also zig Dutzende Millionen Eschen inzwischen abgestorben und gefällt worden."
    Inzwischen ist der Prachtkäfer aber auch in Moskau aufgetaucht, also nicht mehr so fürchterlich weit weg.
    Schröder: "Moskau ist insofern kritisch, weil die Russen sagen: 'Das ist ein Organismus, der bei uns heimisch ist. Zwar nicht in Moskau. Aber im sibirischen Teil Russlands. Und deswegen müssen wir gar keine Bekämpfungsmaßnahmen machen.' Und machen auch keine."
    In Nordamerika hat man rigoros Eschen im Umkreis befallener Bäume gefällt und Insektizide eingesetzt. Das konnte die Heerscharen der Käfer aber nicht stoppen. Und so ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis das exotische Insekt auch in unseren Wäldern auftaucht. Es könnte zum Totengräber der Esche werden. Forstwirte würden dann schon die dritte Laubbaumart an eingeschleppte Schädlinge verlieren, nach der Berg- und der Feldulme.