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Deutscher Zukunftspreis 2013
Leuchtstoffe für die weiße LED

LEDs sind sparsam und dürften langfristig in vielen Wohnungen für Licht sorgen. Dass es inzwischen auch sparsame Leuchtdioden für weißes Licht gibt, dazu haben Forscher von der Universität München und von der Firma Philips in Aachen beigetragen. Sie sind für den Deutschen Zukunftspreis nominiert.

Von Hellmuth Nordwig | 04.12.2013
    Energiesparende Festkörperchemie - neue Materialien beleuchten die Welt Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Schnick (Sprecher) Dr. rer. nat. Peter J. Schmidt Ludwig-Maximilians-Universität, München Philips Technologie GmbH, Aachen
    Deutscher Zukunftspreis 2013, Team 3: Wolfgang Schnick (LMU München) und Peter J. Schmidt (Philips) (Deutscher Zukunftspreis / Ansgar Pudenz)
    Glastiegel, Destillen, Rührgeräte: Auf den ersten Blick sieht das Chemielabor an der Uni München aus wie viele andere. Erst auf den zweiten Blick entdeckt der Besucher das Herzstück der Forschung von Wolfgang Schnick: einen Metalltiegel aus Wolfram, kaum größer als ein Fingerhut. Innen drin eine rot glühende Masse.
    "Der Tiegel hat im Augenblick eine Temperatur - das steht irgendwo - von 1,228 Grad. Das ist auf kleiner Flamme für unsere Verhältnisse. Und er befindet sich hier in einem Reaktor, in dem ein sehr sauberes Gas ist, das in einer Gasreinigungsapparatur getrocknet und gesäubert wird."
    Dieses Gas ist nichts anderes als Stickstoff. Der Hauptbestandteil der Luft reagiert im Wolframtiegel mit Silizium und anderen Elementen zu winzigen farbigen Kristallen.
    "Das ist dann so ein Reaktionsprodukt, ein bisschen oranges Pulver, was da rauskommt. Das sind kleine Mengen, ist noch kein industrieller Maßstab, aber wir sind hier wirklich die Entdecker, also die die ersten Goldnuggets herausziehen sozusagen."
    Tatsächlich sind die farbigen Pulver ziemlich genau so teuer wie Gold. Zum Glück werden nur Milligrammmengen gebraucht für die wichtigste Anwendung: In LEDs, also Leuchtdioden, die nach und nach Glühlampen und Energiesparleuchten ersetzen. Eine LED verwandelt elektrischen Strom direkt in Licht einer bestimmten Farbe, zum Beispiel in kurzwellige blaue Strahlung. Meistens möchte man aber weißes Licht, eine Mischung aus mehreren Farben. Und dazu sind Wolfgang Schnicks farbig leuchtende Pulver nötig, denn:
    "Ich brauche einen Leuchtstoff, der zunächst mal selektiv durch das Licht der blauen Leuchtdiode angeregt wird, der also ganz selektiv dieses Licht aufsaugt sozusagen. Und dann muss er in der Lage sein, längerwelliges Licht daraus zu erzeugen - aber auch wiederum nicht nur einer Wellenlänge, sondern am besten muss natürlich das ein Leuchtstoff sein, der ein breites Spektrum verschiedener Farben erzeugt. Und das ist an eine ganze Reihe von Bedingungen geknüpft, dass so etwas überhaupt möglich ist."
    Nur wenige chemische Elemente sind in der Lage, blaues Licht in Strahlung längerer Wellenlänge umzuwandeln. Dazu gehört Europium, ein Metall aus der Gruppe der Seltenen Erden. Es ist der entscheidende Bestandteil der farbigen Leuchtstoffe, welche die Chemiker in München entdeckt haben.
    "Aber das Europium ist nicht alleine, sondern ist umgeben von diesem Wirtsgitter, das sehr starken Einfluss darauf nimmt, was mit dem Europium passiert. Zum Beispiel kommt es auf die Abstände zwischen den Europium-Ionen an. Es kommt aber vor allem auch auf die Abstände und die Art der Atome an, die um das Europium herum sind. Die bestimmen, in welche Farbe das Europium den blauen Lichtanteil umwandelt."
    Deshalb die vielen Experimente in den kleinen Wolframtiegeln. Dabei haben die Münchner Forscher schon mehrere vielversprechende Materialkombinationen für Leuchtstoffe entdeckt, "Phosphore", wie sie im Fachjargon heißen. In der Praxis werden sie bereits angewandt, etwa für die Scheinwerfer von Autos und Bahnen. Die Firma Philips beschichtet damit auch die Innenseite eines Glaskolbens, der aussieht wie eine Glühbirne. Innen drin steckt kein Glühdraht, sondern eine blaue Leuchtdiode.
    "Solche Lampen werden bis zu 25.000, manche bis zu 50.000 Betriebsstunden garantiert. Es scheint so zu sein, dass das Limitierende in keiner Weise unsere Phosphore sind. Sondern die Elektronik, die sich im Sockel befindet, die scheint die Lebensdauer dann irgendwann einzuschränken."
    Verglichen mit einer 60-Watt-Glühbirne mit deutlich kürzerer Lebensdauer verbraucht diese warm-weiße Leuchte 80 Prozent weniger Energie. Sie kostet rund 30 Euro, doch das macht sich in nicht einmal einem Jahr bezahlt. Erstaunlich, dass in Wolfgang Schnicks Labor trotzdem Leuchtstoffröhren brennen. Aber der Forscher ist zuversichtlich: Das wird in einigen Jahren sicher anders sein.