Donnerstag, 28. März 2024

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Deutsches paralympisches Team
"Der Start war mühsam"

Schwierige Transportbedingungen, Frust über unprofessionelle Vorbereitung der Bahnrad-Fahrer und dazu die Mobbing-Vorwürfe gegen den Bundestrainer der Para-Sportschützen - es gibt Redebedarf im deutschen paralympischen Team. Es könne einiges optimiert werden, sagte Karl Quade, Chef de Mission, im Dlf.

Karl Quade im Gespräch mit Astrid Rawohl | 28.08.2021
Portrait von Karl Quade bei einer Pressekonferenz
Karl Quade ist Chef de Mission des deutschen paralympischen Teams in Tokio (picture alliance / Jan Haas | Jan Haas)
133 Athleten und Athletinnen starten bei den Paralympischen Spielen in Tokio für Deutschland. Zum 13. Mal als Chef de Mission bei Sommer- und Winter-Paralympics dabei ist Karl Quade. Im Dlf sprach der Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) von einem mühsamen Start. Doch der Trend gehe nach oben. "Was fehlt, wären jetzt mal so so zwei, drei, vier Goldmedaillen. Dann dann wäre die sportliche Seite vollkommen im Lot."
Die Corona-Bedingungen vor Ort sieht er nicht so dramatisch wie DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher, der die Situation beim Essen mit einem Besuchsraum im Gefängnis verglichen hatte. Jeder Platz sei mit Plastik geschützt und man müsse lauter sprechen. Aber man könne sich mit seinem Nachbarn unterhalten. Diese Situation mit einem Gefängnis zu vergleichen sei ein bisschen übertrieben. "Ich bin heilfroh für die Sportlerinnen und Sportler, dass wir diese Spiele haben. Und da müssen wir halt so etwas auch einstecken. Oder so etwas akzeptieren, diese Regeln, fertig."

Kritik am Transportsystem

Dennoch könnte einiges optimiert werden, sagte Quade - zum Beispiel beim Transport. Es gebe in Japan wegen der speziellen Verkehrsregeln keine Niederflurbusse. "Also muss jeder Rollifahrer mit einer Hubbühne reingefahren werden. Der darf auch nicht in seinem Rolli sitzen bleiben. Der muss sich umsetzen. Und der Rollifahrer wird dann festgeschnallt und so weiter und sofort. Und das alles führt dazu, dass die Zeitabläufe recht zäh sind." Sogar bei der Eröffnungfeier: "Ich habe noch nie so lange gebraucht, aus dem Stadion bis ins Dorf. Über drei Stunden hat das gedauert."

In anderen Ländern wie Frankreich würde das ganz anders geregelt: "Da kommt ein leerer Bus, da ist gar nix drin. Und dann halten sich die Rollis fest und die Fußgänger setzen sich auf den Boden. Dann fährt das Ding ab. Das geht ratzfatz, über Rampen."

Verständlicher Frust bei den Bahnrad-Fahrern

Den Ärger des deutschen Bahnrad-Duos Kai Kruse und Robert Förstemann nach der knapp verpassten Bronzemedaille kann Quade nachvollziehen. Kruse sei am Boden zerstört, musste mental aufgebaut werden, berichtete sein Partner. Die Kritik: Im Vorfeld sei einiges unprofessionell abgelaufen, auch mit der Fertigung des Materials. Diese Dinge müssten im Nachgang aufgearbeitet werden, erklärte Quade.
"Ich komme ja so ein bisschen aus diesem Bereich. Und ja, ich denke mal, das kann besser laufen. Aber hätte man das sportliche Ziel erreicht, dann hätte wahrscheinlich keiner Redebedarf hinterher. Aber nichtsdestotrotz - ich sehe auch den Bedarf, dass man speziell in diesen hoch materialintensiven Sportarten oder Disziplinen jetzt, wie Tandemfahren - das muss man professioneller angehen."

Rückendeckung für Bundestrainer der Sportschützen

Eine Herausforderung seien die Medienberichte um die Mobbing-Vorwürfe gegen Rudolf Krenn, den Bundestrainer der Para-Sportschützen, gewesen, so Quade. Mehrere Para-Athletinnen hatten im ´Spiegel` von Machtmissbrauch, Schikane, toxischer Umgebung und fehlender Empathie berichtet. Der Beschuldigte selbst nannte die Vorwürfe haltlos. Auch der DBS stärkt Krenn den Rücken. "Die Dinge sind ja nicht neu, die sind so um 2016 irgendwann da passiert", erklärte Quade. "Das ist aufgearbeitet aus unserer Sicht - auch die eine Sache, die aus diesem Jahr stammt."

Es habe auch intensive Gespräche mit der betroffenen Sportlerin Elke Seeliger gegeben, die dazu geführt hätten, dass sie nun doch in Tokio antritt. "Mit den Lösungen, dass sie anders betreut wird. Und deshalb war ich etwas überrascht, dass das jetzt noch mal so aufgebracht wird. Der DBS nimmt die Sorgen und Probleme der Athletinnen und Athleten immer ernst."