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Deutschkurse für Klinikärzte

In deutschen Kliniken arbeiten mehr als 30.000 Ärzte mit ausländischen Wurzeln. Weil viele die Sprache nicht ausreichend beherrschen, kommt es beim Patientengespräch stellenweise zu Missverständnissen. Spezielle Mediziner-Sprachkurse sollen das nun ändern.

Von Michael Engel | 02.07.2013
    "- Hallo, guten Tag, was kann ich für Sie tun?"
    "- Seit drei Wochen ungefähr habe ich Rückenschmerzen."

    Anwar Al Hashem übt noch die Gesprächsführung mit Patienten – auf Deutsch. Zu dem "Kommunikationstraining für Klinikärztinnen und Ärzte aus dem Ausland" gehören Aufklärungsgespräche, Fallvorstellungen, deutsche Fachbegriffe – alles, was ein Klinikarzt im Alltag hierzulande können muss. Der Mediziner aus Saudi Arabien, der in Pakistan studiert hat und nun in der Medizinischen Hochschule Hannover – MHH - zum Neurochirurgen ausgebildet wird, spricht erst seit acht Monaten deutsch.

    "Wenn jemand hier in Deutschland eine Ausbildung machen will, muss er auch richtig Deutsch lernen. Zum Beispiel in der "Frühbesprechung" oder beim Diskutieren mit anderen Abteilungen, dann müssen wir immer deutsche Wörter benutzen."

    Und natürlich erst recht im Umgang mit den Patienten. 16 Mediziner mit ausländischen Wurzeln absolvieren derzeit den ungewöhnlichen Sprachkursus in Hannover. Sie beschäftigen sich dabei auch mit Rechtsfragen oder dem Stationsmanagement. Das niedersächsische Sozialministerium stieß das Projekt an. Christina Bötel von ALBuM – einer städtischen Einrichtung für Migrantinnen und Migranten – konzipierte die Inhalte:

    "Es hat diverse Absprachen gegeben. Wir wollten ja nicht ein fertiges Angebot servieren, sondern es ging darum, wirklich den Bedarf zu decken, den die Ärzte haben. Und dafür haben wir sehr engen Kontakt mit einem Arzt und mit einem Juristen aus der MHH gehabt. Und zusammen mit unseren Sprachlehrern haben die dann die Inhalte besprochen, und das war sehr hilfreich."

    Ähnliche Projekte – ebenfalls finanziert vom Europäischen Sozialfonds – gibt es auch anderswo: in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Jetzt streben die Gesundheitsminister der Länder eine einheitliche Lösung an. Sie trafen sich vergangene Woche auf der Gesundheitsministerkonferenz in Potsdam, wie Heinke Träger aus dem niedersächsischen Sozialministerium erklärt:

    "Unserer Auffassung nach ist es sehr sinnvoll, zu einer bundeseinheitlichen Lösung zu kommen, denn es ist verlässlich auch für die Ärzte, die zu uns kommen, dass sie sagen, o. k., sie haben jetzt diese und diese Fähigkeiten und können sich mit den Fähigkeiten genauso gut in Bayern niederlassen wie beispielsweise in Niedersachsen."

    Noch aber wird um die Details gerungen. So macht die Bundesärztekammer den Vorschlag, die finalen Prüfungen nach dem Ende der Kommunikationskurse für Klinikärzte in den jeweiligen Landesärztekammern durchzuführen. BÄK-Vize-Präsidentin, Dr. Martina Wenker:

    "Wir stellen uns das vor und bieten das auch als Landesärztekammern an, dass wir so ein Arzt-Patienten-Gespräch simulieren, also richtig, wie in einer Sprechstunde, ein Patient kommt. Den Patienten wird dann natürlich ein Arzt spielen, ein deutscher Arzt. Und der zweite Teil: Der junge, ausländische Kollege, der dann diesen Simulations- diesen Schauspielerpatienten interviewt hat, soll hinterher auch einen Arztbrief auf Deutsch verfassen."

    Noch ist nur wenig geregelt: Die Kurse sind freiwillig, jedes Bundesland vermittelt unterschiedliche Inhalte, es gibt auch keine Prüfung. Dass die Ausbildung im Alltag einer Klinik hilfreich ist, das können die ausländischen Klinikärzte durchweg bestätigen. Denn allein mit einem allgemeinen Sprachkurs in einem der Goethe-Institute lässt sich nun mal keine Anamnese in der Neurochirurgie einer deutschen Klinik stemmen. Hesham El Kayekh aus Libyen ist seit sechs Monaten in Deutschland.

    "Mit diesem Kurs können wir die Arbeit besser mit den Kollegen, den Patienten und den Pflegeteams kommunizieren. Und die Arbeit wird schneller wirksam."