Erfunden hat die Pauschalreise allerdings der Engländer Thomas Cook. Bereits im Jahr 1841 organisierte er eine Eisenbahnfahrt für immerhin 500 Personen von Leicester nach Loughborough und gründete bald darauf Reisebüros im gesamten Britischen Empire. In Deutschland, das heute die Führungsrolle übernommen hat, dauerte es bis 1928, als der Wuppertaler Volkshochschuldozent Dr. Hubert Tigges die Dr.Tigges Fahrten, und damit den ersten wirklichen Pauschalreiseveranstalter an den Markt brachte.
Auch die Machthaber im Dritten Reich erkannten schnell, dass sich die Deutschen für organisierte Reisen begeistern ließen. Die nationalsozialistische Gemeinschaft "Kraft durch Freude", kurz KDF genannt, hatte Kurzreisen in Deutschland für eine bis Fünf Reichsmark im Angebot, während eine Kreuzfahrt nach Madeira etwa 120 Mark kostete. Obwohl der Propagandahintergrund unverkennbar war, buchten bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges immerhin 43 Millionen Deutsche eine KdF-Reise.
Damit war auch für spätere Zeiten der Markt bereitet, denn nach dem Krieg und der Währungsreform ging es mit der Pauschalreise steil bergauf. Die Deutschen gelten inzwischen als Prototyp für den organisierten Urlaub, während unsere französischen Nachbarn zum Beispiel viel lieber individuell verreisen. Grundsätzlich hat sich daran bis heute nichts geändert, aber jetzt muss die über Jahrzehnte mit guten Zahlen verwöhnte Reisebranche feststellen, dass bei den so genannten schönsten Wochen des Jahres gespart wird.
Auch der Markt selbst befindet sich im Umbruch. Die demografische Entwicklung zwingt zu völlig neuen Strategien. Der Anteil der älteren Menschen wird immer größer; die Generation 55plus hat mit 82 Prozent die höchste Reiseintensität. Außerdem ist diese Gruppe mehr oder weniger unabhängig und dazu noch finanzkräftig.
Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Single-Haushalte und kinderlose Paare, während die mehrwöchige Familienurlaubsreise mit Kindern allmählich an Bedeutung verliert. Hinzu kommt die explosionsartige Ausbreitung des Internets mit all seinen weltweiten Reiseangeboten. Die schönen Zeiten, als wenige Monate nach der Drucklegung der Kataloge Zweidrittel des Angebots bereits verkauft waren, gehören der Vergangenheit an.
Auch die ehemals üppig kalkulierten Flugpreise der Ferienflieger wie Condor, LTU oder Hapag Lloyd mussten wegen der Konkurrenz der neuen Billiganbieter German Wings, Air Berlin, Ryan Air oder Easy Jet ständig nach unten korrigiert werden. Reiseveranstalter, aber auch viele Reisebüros standen dieser Entwicklung zunächst etwas hilflos gegenüber. Aber jetzt wird durchaus mit Erfolg heftig an neuen Rezepten gearbeitet, um die aktuellen Herausforderungen anzunehmen. Ein besonders wichtiger Faktor ist die demografische Entwicklung und damit die Veränderung des Urlaubsverhaltens. Flexibilisierung heißt die Forderung der Stunde. Also werden Organisierte Reisen immer mehr nach dem Bausteinprinzip aufgebaut. Gisela Sökeland, Geschäftsführerin von Thomas Cook Reisen, hat dieses System perfektioniert:
"Wir haben beides geschafft. Auf der einen Seite haben wir die klassische Veranstalterreise, wo der Kunde vom Flug bis zum Hotel, Transfer oder einer Zusatzleistung, wie ein Wellness-Paket zum Beispiel, buchen kann und damit die Sicherheit hat. Andererseits bieten wir dem Kunden aber auch die Möglichkeit, individuell zu planen. Um ein Beispiel zu nennen: Er möchte zwei Wochen nach Mallorca; er möchte davon aber nur eine Woche ein Hotel haben, dann kann er den Flug bei uns buchen, kann sich ein Mietauto nehmen, kann das Hotel dazu bekommen, und wenn er will, noch andere Zusatzleistungen."
Auch die anderen Großveranstalter sehen im Bausteinprinzip zunehmend Chancen, zumal die Billigflieger sehr gut in solche Systeme mit eingebunden werden können. Sören Hartmann, verantwortlich für die touristischen Programme der TUI Deutschland:
"Sie bekommen heute Low-Cost-Carrier-Angebote in unterschiedliche Destinationen zu sehr günstigen Preisen. Und der Kunde ist dann eigentlich geradezu dazu aufgefordert, auch das Hotel individuell zu buchen. Und aus dieser Logik heraus wird dieser Markt sicher weiter wachsen, und wir beantworten ihn damit, indem wir als Veranstalter eben mit diesen Low-Cost-Carriern anfangen zusammen zu arbeiten. Auf der einen Seite. – Und auf der anderen Seite die Bausteine immer vielfältiger anbieten. So haben wir inzwischen unser TUI Fly and More extremst ausgeweitet auf inzwischen 660 Hotels. Und auch über das Internet sind wir über unser Hotelportal mit 7000 Hotels buchbar."
Das Thema Billigflieger hat in der gesamten Reisebranche inzwischen einen neuen Stellenwert bekommen. Lockangebote mit Flugpreisen ab einem Euro haben dazu geführt, dass ganz neue Märkte erschlossen wurden. Zwar müssen die Billiganbieter auch irgendwie Geld verdienen. Deshalb sollten potentielle Nachfrager genau hinschauen, wie der Preis für den Hin- und Rückflug aussieht. Auch die jeweils anfallenden Steuern und Gebühren sollten in die Kalkulation mit einbezogen werden. Dennoch ist es den Billig-Airlines gelungen, die ehemals hohen Preise von Lufthansa und Co weitgehend zu knacken. Das Preisniveau ist insgesamt erheblich gesunken, und inzwischen mischen alle beim Billig-Ticket-Geschäft mit. Dr. Peter Fankhauser, Vorstandsmitglied der Thomas Cook AG:
"Mit Sicherheit gibt es neue Kundenschichten zu erschließen, auch für uns, weil die ganze Entwicklung, die wir bei den Low-Cost-Carriern gesehen haben, das sind Kunden, die früher nicht geflogen sind. Und das sind Kunden, die sehr Internet affin sind, und ich glaube, wenn wir uns entsprechend auf diese Angebotsform im Internet etwas einfallen lassen, dass wir sehr viele Kunden neu für uns gewinnen können, die vorher mit einer Pauschalreise schon wegen des Wortes Pauschalreise nicht sehr viel anfangen konnten."
Eng verbunden mit den Billig-Fliegern aber auch mit den zahllosen Sonderpreisen der etablierten Linienfluggesellschaften ist der Begriff "Dynamic Pricing”. Dahinter verbirgt sich die Strategie, Tagespreise anzugeben. In den so genannten guten alten Zeiten wurden zweimal im Jahr Kataloge mit Festpreisen gedruckt. Die galten dann für alle Sommer- und Winterkataloge. Auch hier müssen die Reiseveranstalter inzwischen flexibler agieren.
Dr. Peter Fankhauser:
"Die Preise, die Sie im Katalog vorfinden, zu denen stehen wir. Also, das sind eben Katalogpreise, und die sind fix. Dort, wo wir sagen, das ist "dynamic", dort werden wir das auch ganz deutlich ausschreiben. Das ist beispielsweise im Sektor USA so, wo die Linienflugpreise tagesaktuell sind, wo die Hotelraten zum Teil auch tageaktuell sind."
Für die Standardprogramme gelten immer noch die Preislisten per Erscheinen der Kataloge. Aber bereits am Erscheinungstag lohnt es sich für die Verbraucher, die zahllosen Frühbucher-Rabattaktionen genau zu studieren. Einige Hundert Euro für eine Familie lassen sich leicht sparen, wenn die Rabatte geschickt genutzt werden. Ausgelöst wurden diese Preisaktionen durch die immer weiter um sich greifende Last-Minute-Mentalität. Wer nicht auf feste Ferien- oder Urlaubstermine angewiesen war, pokerte einfach und wartete auf den Schlussverkauf. Denn Pauschalurlaubsreisen sind eine verderbliche Ware. Leere Flugsessel und Hotelzimmer zu festen Terminen müssen abgeschrieben werden.
Also ist es allemal sinnvoller, auf dem Last-Minute-Markt Deckungsbeiträge zu erwirtschaften. Da der Anteil der Sonderangebote jedoch bedrohliche Ausmaße angenommen hatte, wurden die Frühbucher-Rabatte eingeführt. Dadurch ließen sich im Schnitt bessere Preise erzielen; außerdem hatte man mehr Planungssicherheit. Detlev Altmann, Chef der Marke Neckermann, zieht eine positive Bilanz:
"Nachdem wir in diesem Jahr sehr erfolgreich doch eine nicht unerhebliche Anzahl von Gästen wieder motivieren konnten, früher die Kaufentscheidung zu treffen, haben wir dieses Segment noch weiter ausgebaut. Wir bieten jetzt an 365 Tagen im Jahr Preisvorteile an. Die sind dann im Einzelnen abgestuft. Also zum Beispiel neunzig Tage nach katalogerscheinen Turboabschläge von fünfzig Euro, Seniorenrabatte, Kinderfestpreise, Spartermine – diese Angebote haben wir also drastisch wegen des Erfolges ausgebaut zum Vorjahr."
Auch Dr. Volker Böttcher, Vorsitzender der Geschäftsführung der TUI Deutschland, ist mit dem Erfolg der Rabatt-Aktionen zufrieden:
"In der Tat ist das erste mal seit zwei Jahren die Quote derjenigen, die längerfristig gebucht haben, wieder gestiegen. Und umgekehrt auch der Anteil derjenigen Gäste, die erst die letzten vier Wochen vor Reiseantritt gebucht haben, auch gesunken. Das hat sicherlich auch sehr viel mit dem Angebot zu tun, das wir und auch andere Marktteilnehmer in den Markt gebracht haben. Insofern war das Thema Frühbucher ein großer Erfolg."
Dennoch wird es auch Last-Minute-Angebote weiter geben. Nicht ohne Grund sind die beiden Marktführer TUI und Thomas Cook AG maßgeblich an dem größten deutschen Last-Minute-Veranstalter L´Tur beteiligt. Bei saisonalen Nachfrageschwächen ist der Last-Minute-Verkauf nach wie vor ein interessantes Steuerungsinstrument.
Noch einmal der Neckermann Chef Detlev Altmann:
"Ich denke, die Last-Minute-Preise wird es auch in Zukunft noch geben. Auch die nächsten zehn oder fünfzehn Jahre. Es ist ja nur die Frage, in welcher Größenordnung, mit welchem Anteil gibt es die Last-Minute-Reisen. Und da waren die Anteile bei uns in der Größenordnung von über vierzig Prozent des Gästeaufkommens schlichtweg viel zu hoch. Wir mussten damit eine Menge Reisen wirklich verramschen, was betriebswirtschaftlich dauerhaft so nicht geht. Wir haben es jetzt geschafft, diesen Anteil wieder auf um die zwanzig Prozent , knapp über zwanzig Prozent zu drücken. Vielleicht geht er noch einmal um fünf Prozent runter. Aber dieser Restanteil wird dann auch bleiben. Der wird niemals auf Null gehen."
Eine Sparform der besonderen Art ist der All-Inclusive-Urlaub. Ursprünglich vor vielen Jahren in der Karibik eingeführt, wird er jetzt auch in Europa immer populärer. Gisela Sökeland von Thomas Cook Reisen:
"Wir haben ja in den letzten Jahren einen wachsenden Trend "All Inclusive". Wir liegen derzeit bei einem Anteil in der Bevölkerung von achtzehn Prozent, die das präferieren. All Inclusive gibt eine hohe Sicherheit insbesondere für Familien. Sie buchen ihren Urlaub, sie kennen ihr Budget, und sie wissen, was ausgegeben wird. Und ich glaube, dass diese Tendenz schon noch weiter fortschreitet."
Zur Flexibilisierung der Preise hat entscheidend das Internet beigetragen. Jedes Hotel, jede Fluggesellschaft oder jeder Autovermieter hat die Möglichkeit, tagesaktuell seine Preise im World-Wide-Web zu verbreiten. Damit kann der Nutzer seine Reisen individuell zusammenstellen, ohne einen Reiseveranstalter einzuschalten. Wiederum eine Gefahr, die von der Tourismusbranche in den Neunziger Jahren zunächst ein wenig auf die leichte Schulter genommen wurde. Heutzutage haben die meisten Haushalte einen Internetanschluss.
Nicht nur junge Leute sondern auch Ältere surfen munter im Netz und suchen nach Schnäppchen. Auch hier musste die Reisebranche reagieren. Virtuelle Reisebüros versuchen, die Individualsurfer wieder einzufangen. Die beiden Marktführer TUI und Thomas Cook investieren viel Geld, um keine Marktanteile zu verlieren. Dr. Volker Böttcher von der TUI:
"In der Tat haben wir schon seit einiger Zeit ein virtuelles Reisebüro. Ich glaube, die Frage der Entwicklung von Verkäufen über diesen Vertriebskanal, wird je nach Produktart sehr unterschiedlich sein. Wir haben heute schon hohe Anteile von reinen Flugverkäufen; die Pauschalreisen verkaufen sich tendenziell noch eher etwas zögerlich über diesen Kanal, und ich glaube, dass die Entwicklung auch dort weiterhin sehr unterschiedlich sein wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass insgesamt das Internet mal einen Anteil beim Verkauf von allen Reisen haben wird, der in absehbarer Zeit bei 20 Prozent liegt. Das wird aber bezogen auf die Reisearten sehr unterschiedlich sein."
Immerhin hat die TUI die ehemals sehr renommierte Reisemarke Touropa als reinen virtuellen Veranstalter an den Markt gebracht, und auch Dr. Peter Fankhauser von Thomas Cook sieht einen Teil der Zukunft seines Unternehmens in diesem Vertriebskanal:
"”Unter Thomas Cook.de haben wir ein virtuelles Reisebüro, das unsere Hausmarken vertreibt über Internet, das aber auch Marken von anderen Veranstaltern mit im Angebot hat. Und das auch Einzelleistungen, sei es, dass es einzelne Hotelübernachtungen oder Low-Cost-Tickets verkauft. Wir sind da jedenfalls voll in diesem Trend – weil – wenn wir mit diesem Trend nicht mitmachen, dann wird uns in Zukunft eine bestimmte Kundenschicht verloren gehen.""
Diesem Trend kann sich heute kein Reiseveranstalter mehr entziehen. Die anvisierten 20 Prozent Marktanteil in einigen Jahren könnten auch weit übertroffen werden. Denn das Internet wird immer verbraucherfreundlicher. Irgendwann wird, von Ausnahmen abgesehen, auch das Ende des guten, alten Papierkatalogs kommen. Die Reiseveranstalter werden nicht traurig sein, denn die Katalogproduktion verursacht immense Kosten.
Unklar ist die Zukunft der klassischen Reisebüros, die mit ihrem Handelsvertreter-Status weitgehend von den Provisionen der Reiseveranstalter abhängig sind. Standardangebote lassen sich leicht im Internet verkaufen, und das ist nun mal die Masse der Reisen. Hinzu kommt, dass Reiseveranstalter und Fluggesellschaften bei den Provisionen immer mehr knausern. Die Linienfluggesellschaften, wie die Lufthansa, haben den Reisebüros den Provisionshahn bereits abgedreht. Die Reiseveranstalter könnten irgendwann folgen, auch wenn Dr. Volker Böttcher das im Moment noch nicht sieht.
"Ich kann es mir für Urlaubsreisen im Moment nicht vorstellen. Für die eigene Urlaubsreise ist der Gast heute noch nicht bereit, so eine Gebühr zu bezahlen."
Eine diplomatische Antwort, denn noch sind die Reiseveranstalter auf die freien Reisebüros angewiesen. Aber das könnte sich ändern, zumal die Bedeutung der veranstaltereigenen Verkaufsstellen immer größer wird. Ob sich eine Beratungsgebühr am Markt durchsetzen lässt, muss der Kunde entscheiden. Die freien Reisebüros sind gut beraten, neue Ertragsquellen zu erschließen. Eine Möglichkeit bietet das Internet, wo auch ein Reisebüro alle Bestandteile einer Pauschalreise einkaufen kann, um sie dann als Paket anzubieten. Eine Chance, die auch Dr. Peter Fankhauser sieht:
"Also ich glaube, dass diese hundertprozentige Trennung, du bist ein Reiseveranstalter und du bist ein Reisebüro, die werden sich nach und nach verwischen. Das heißt aber für das Reisebüro auch, dass es, je mehr es in das Veranstaltergeschäft reingeht, desto mehr Haftungsfragen auch beantworten muss."
Der Thomas Cook Vorstand ist auch ehrlich genug, in solchen Aktivitäten der Reisebüros durchaus eine Konkurrenz der Großveranstalter zu sehen:
"Ja, das ist eine sehr interessante These – ja selbstverständlich. Nur, wir haben als Reiseveranstalter immer noch den Vorteil, dass wir eben mit sehr, sehr vielen Hotels über lange, lange Jahre zusammen arbeiten. Diese Beziehung, diese Partnerschaft, die kann man nicht von heute auf morgen ersetzen. Und Tausend Reisebüros hätten da wahrscheinlich Mühe, über die ganze Saison diese Kapazitäten und diese Preise zu halten, so wie wir sie haben."
Ganz so einfach ist es also doch nicht, wenn Einzelkämpfer als Reiseveranstalter auftreten. Die Branche wirbt mit Recht damit, dass es für deutsche Veranstalter enge rechtliche Vorgaben zum Schutz der Verbraucher gibt. Nicht zuletzt muss jeder Anbieter von Pauschalreisen eine Pflichtversicherung abschließen, die Kunden beim Konkurs des Unternehmens absichert. Der so genannte Reisesicherungsschein gehört zwingend zu den Reiseunterlagen, auch wenn es immer mal wieder Betrüger gibt, die sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften halten und die Unkenntnis der Verbraucher ausnutzen. Vermeintliche Schnäppchen können dann bei völlig unbekannten Anbietern teuer werden. Das Sicherheitsargument spielt auch bei den virtuellen Reisebüros der großen Veranstalter eine bedeutende Rolle. Wer individuell einen Flug bei einer exotischen Airline und dazu irgendwo ein Hotel bucht, bleibt im Ernstfall auf den Kosten sitzen, wenn etwas schief geht. Die normale, aber auch die virtuell gebuchte Veranstalterpauschalreise garantiert dagegen weitgehende Sicherheit. Noch einmal Dr. Peter Fankhauser.
"Wir können nicht verhindern, dass es irgendwelche Anschläge gibt, aber wenn etwas passiert, ist der Kunde bei uns in guter Obhut."
Dennoch reisen immer noch die meisten Deutschen auf eigene Faust. Achtzig Millionen Reisen verzeichnet die Statistik im vergangenen Jahr. Gut vierzig Prozent davon entfallen auf Reiseveranstalter, die sich vor allem wegen der Flugangebote den Löwenanteil der Auslandsreisen gesichert haben. Aber auch bei Reisen innerhalb Deutschlands wird mehr und mehr professionelle Hilfe in Anspruch genommen; das zeigen die Veranstalterzahlen der letzten Jahre. Mit den neuen Vertriebskanälen und schnellen Reaktionen auf demografische Entwicklungen und das Verbraucherverhalten wird die organisierte Reise gerade in Deutschland ihre Bedeutung behalten.
Die Zahlen für den laufenden Sommer zeigen, dass die organisierte Reise kräftige Zuwächse zu verzeichnen hat. Das bestätigt Dr. Peter Fankhauser für die Marke Neckermann, die in Deutschland mit achtzig Prozent am touristischen Umsatz der Thomas Cook AG beteiligt ist.
"Bei den Flugreisen von Neckermann liegen wir mit 3,5 Prozent im Plus und beim Umsatz sogar noch besser. Die Destinationen, die da wirklich sehr positiv auffallen ist einerseits Tunesien mit einem Plus von 25 Prozent, ist aber auch Türkei mit plus 16 Prozent, oder auch Mallorca konnte bei uns noch mal 15 Prozent zulegen."
Noch besser oder ähnlich ist die Situation bei der TUI als Marktführer und der REWE-Gruppe mit den Marken Dertour, ITS, Jahn-Reisen und Tjaereborg. Sonnige Aussichten also für die Pauschalreise, wenn nicht Terroranschläge in touristischen Gebieten alle Voraussagen zunichte machen. Der jüngste Anschlag in der Türkei hat zwar noch keine wesentlichen Auswirkungen auf das Buchungsverhalten. Sollten sich derartige Terrorakte in Urlaubsregionen wiederholen, wird es mit Sicherheit Einbrüche geben. Im Moment reagiert die gesamte Branche noch relativ gelassen, auch wenn man ängstlichen oder vorsichtigen Türkeiurlaubern entgegen kommt.
"Bis 31. Juli lassen wir Umbuchungen zu. Was wir nicht machen: wir lassen keine Stornos zu."
Die organisierte Urlaubsreise in Deutschland. Eine mehr als fünfundsiebzigjährige Erfolgsgeschichte mit einer Aufwärtsentwicklung, die auch durch allgemeine Wirtschaftsprobleme oder durch Terrorakte immer nur kurzzeitig unterbrochen wurde.
Auch die Machthaber im Dritten Reich erkannten schnell, dass sich die Deutschen für organisierte Reisen begeistern ließen. Die nationalsozialistische Gemeinschaft "Kraft durch Freude", kurz KDF genannt, hatte Kurzreisen in Deutschland für eine bis Fünf Reichsmark im Angebot, während eine Kreuzfahrt nach Madeira etwa 120 Mark kostete. Obwohl der Propagandahintergrund unverkennbar war, buchten bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges immerhin 43 Millionen Deutsche eine KdF-Reise.
Damit war auch für spätere Zeiten der Markt bereitet, denn nach dem Krieg und der Währungsreform ging es mit der Pauschalreise steil bergauf. Die Deutschen gelten inzwischen als Prototyp für den organisierten Urlaub, während unsere französischen Nachbarn zum Beispiel viel lieber individuell verreisen. Grundsätzlich hat sich daran bis heute nichts geändert, aber jetzt muss die über Jahrzehnte mit guten Zahlen verwöhnte Reisebranche feststellen, dass bei den so genannten schönsten Wochen des Jahres gespart wird.
Auch der Markt selbst befindet sich im Umbruch. Die demografische Entwicklung zwingt zu völlig neuen Strategien. Der Anteil der älteren Menschen wird immer größer; die Generation 55plus hat mit 82 Prozent die höchste Reiseintensität. Außerdem ist diese Gruppe mehr oder weniger unabhängig und dazu noch finanzkräftig.
Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Single-Haushalte und kinderlose Paare, während die mehrwöchige Familienurlaubsreise mit Kindern allmählich an Bedeutung verliert. Hinzu kommt die explosionsartige Ausbreitung des Internets mit all seinen weltweiten Reiseangeboten. Die schönen Zeiten, als wenige Monate nach der Drucklegung der Kataloge Zweidrittel des Angebots bereits verkauft waren, gehören der Vergangenheit an.
Auch die ehemals üppig kalkulierten Flugpreise der Ferienflieger wie Condor, LTU oder Hapag Lloyd mussten wegen der Konkurrenz der neuen Billiganbieter German Wings, Air Berlin, Ryan Air oder Easy Jet ständig nach unten korrigiert werden. Reiseveranstalter, aber auch viele Reisebüros standen dieser Entwicklung zunächst etwas hilflos gegenüber. Aber jetzt wird durchaus mit Erfolg heftig an neuen Rezepten gearbeitet, um die aktuellen Herausforderungen anzunehmen. Ein besonders wichtiger Faktor ist die demografische Entwicklung und damit die Veränderung des Urlaubsverhaltens. Flexibilisierung heißt die Forderung der Stunde. Also werden Organisierte Reisen immer mehr nach dem Bausteinprinzip aufgebaut. Gisela Sökeland, Geschäftsführerin von Thomas Cook Reisen, hat dieses System perfektioniert:
"Wir haben beides geschafft. Auf der einen Seite haben wir die klassische Veranstalterreise, wo der Kunde vom Flug bis zum Hotel, Transfer oder einer Zusatzleistung, wie ein Wellness-Paket zum Beispiel, buchen kann und damit die Sicherheit hat. Andererseits bieten wir dem Kunden aber auch die Möglichkeit, individuell zu planen. Um ein Beispiel zu nennen: Er möchte zwei Wochen nach Mallorca; er möchte davon aber nur eine Woche ein Hotel haben, dann kann er den Flug bei uns buchen, kann sich ein Mietauto nehmen, kann das Hotel dazu bekommen, und wenn er will, noch andere Zusatzleistungen."
Auch die anderen Großveranstalter sehen im Bausteinprinzip zunehmend Chancen, zumal die Billigflieger sehr gut in solche Systeme mit eingebunden werden können. Sören Hartmann, verantwortlich für die touristischen Programme der TUI Deutschland:
"Sie bekommen heute Low-Cost-Carrier-Angebote in unterschiedliche Destinationen zu sehr günstigen Preisen. Und der Kunde ist dann eigentlich geradezu dazu aufgefordert, auch das Hotel individuell zu buchen. Und aus dieser Logik heraus wird dieser Markt sicher weiter wachsen, und wir beantworten ihn damit, indem wir als Veranstalter eben mit diesen Low-Cost-Carriern anfangen zusammen zu arbeiten. Auf der einen Seite. – Und auf der anderen Seite die Bausteine immer vielfältiger anbieten. So haben wir inzwischen unser TUI Fly and More extremst ausgeweitet auf inzwischen 660 Hotels. Und auch über das Internet sind wir über unser Hotelportal mit 7000 Hotels buchbar."
Das Thema Billigflieger hat in der gesamten Reisebranche inzwischen einen neuen Stellenwert bekommen. Lockangebote mit Flugpreisen ab einem Euro haben dazu geführt, dass ganz neue Märkte erschlossen wurden. Zwar müssen die Billiganbieter auch irgendwie Geld verdienen. Deshalb sollten potentielle Nachfrager genau hinschauen, wie der Preis für den Hin- und Rückflug aussieht. Auch die jeweils anfallenden Steuern und Gebühren sollten in die Kalkulation mit einbezogen werden. Dennoch ist es den Billig-Airlines gelungen, die ehemals hohen Preise von Lufthansa und Co weitgehend zu knacken. Das Preisniveau ist insgesamt erheblich gesunken, und inzwischen mischen alle beim Billig-Ticket-Geschäft mit. Dr. Peter Fankhauser, Vorstandsmitglied der Thomas Cook AG:
"Mit Sicherheit gibt es neue Kundenschichten zu erschließen, auch für uns, weil die ganze Entwicklung, die wir bei den Low-Cost-Carriern gesehen haben, das sind Kunden, die früher nicht geflogen sind. Und das sind Kunden, die sehr Internet affin sind, und ich glaube, wenn wir uns entsprechend auf diese Angebotsform im Internet etwas einfallen lassen, dass wir sehr viele Kunden neu für uns gewinnen können, die vorher mit einer Pauschalreise schon wegen des Wortes Pauschalreise nicht sehr viel anfangen konnten."
Eng verbunden mit den Billig-Fliegern aber auch mit den zahllosen Sonderpreisen der etablierten Linienfluggesellschaften ist der Begriff "Dynamic Pricing”. Dahinter verbirgt sich die Strategie, Tagespreise anzugeben. In den so genannten guten alten Zeiten wurden zweimal im Jahr Kataloge mit Festpreisen gedruckt. Die galten dann für alle Sommer- und Winterkataloge. Auch hier müssen die Reiseveranstalter inzwischen flexibler agieren.
Dr. Peter Fankhauser:
"Die Preise, die Sie im Katalog vorfinden, zu denen stehen wir. Also, das sind eben Katalogpreise, und die sind fix. Dort, wo wir sagen, das ist "dynamic", dort werden wir das auch ganz deutlich ausschreiben. Das ist beispielsweise im Sektor USA so, wo die Linienflugpreise tagesaktuell sind, wo die Hotelraten zum Teil auch tageaktuell sind."
Für die Standardprogramme gelten immer noch die Preislisten per Erscheinen der Kataloge. Aber bereits am Erscheinungstag lohnt es sich für die Verbraucher, die zahllosen Frühbucher-Rabattaktionen genau zu studieren. Einige Hundert Euro für eine Familie lassen sich leicht sparen, wenn die Rabatte geschickt genutzt werden. Ausgelöst wurden diese Preisaktionen durch die immer weiter um sich greifende Last-Minute-Mentalität. Wer nicht auf feste Ferien- oder Urlaubstermine angewiesen war, pokerte einfach und wartete auf den Schlussverkauf. Denn Pauschalurlaubsreisen sind eine verderbliche Ware. Leere Flugsessel und Hotelzimmer zu festen Terminen müssen abgeschrieben werden.
Also ist es allemal sinnvoller, auf dem Last-Minute-Markt Deckungsbeiträge zu erwirtschaften. Da der Anteil der Sonderangebote jedoch bedrohliche Ausmaße angenommen hatte, wurden die Frühbucher-Rabatte eingeführt. Dadurch ließen sich im Schnitt bessere Preise erzielen; außerdem hatte man mehr Planungssicherheit. Detlev Altmann, Chef der Marke Neckermann, zieht eine positive Bilanz:
"Nachdem wir in diesem Jahr sehr erfolgreich doch eine nicht unerhebliche Anzahl von Gästen wieder motivieren konnten, früher die Kaufentscheidung zu treffen, haben wir dieses Segment noch weiter ausgebaut. Wir bieten jetzt an 365 Tagen im Jahr Preisvorteile an. Die sind dann im Einzelnen abgestuft. Also zum Beispiel neunzig Tage nach katalogerscheinen Turboabschläge von fünfzig Euro, Seniorenrabatte, Kinderfestpreise, Spartermine – diese Angebote haben wir also drastisch wegen des Erfolges ausgebaut zum Vorjahr."
Auch Dr. Volker Böttcher, Vorsitzender der Geschäftsführung der TUI Deutschland, ist mit dem Erfolg der Rabatt-Aktionen zufrieden:
"In der Tat ist das erste mal seit zwei Jahren die Quote derjenigen, die längerfristig gebucht haben, wieder gestiegen. Und umgekehrt auch der Anteil derjenigen Gäste, die erst die letzten vier Wochen vor Reiseantritt gebucht haben, auch gesunken. Das hat sicherlich auch sehr viel mit dem Angebot zu tun, das wir und auch andere Marktteilnehmer in den Markt gebracht haben. Insofern war das Thema Frühbucher ein großer Erfolg."
Dennoch wird es auch Last-Minute-Angebote weiter geben. Nicht ohne Grund sind die beiden Marktführer TUI und Thomas Cook AG maßgeblich an dem größten deutschen Last-Minute-Veranstalter L´Tur beteiligt. Bei saisonalen Nachfrageschwächen ist der Last-Minute-Verkauf nach wie vor ein interessantes Steuerungsinstrument.
Noch einmal der Neckermann Chef Detlev Altmann:
"Ich denke, die Last-Minute-Preise wird es auch in Zukunft noch geben. Auch die nächsten zehn oder fünfzehn Jahre. Es ist ja nur die Frage, in welcher Größenordnung, mit welchem Anteil gibt es die Last-Minute-Reisen. Und da waren die Anteile bei uns in der Größenordnung von über vierzig Prozent des Gästeaufkommens schlichtweg viel zu hoch. Wir mussten damit eine Menge Reisen wirklich verramschen, was betriebswirtschaftlich dauerhaft so nicht geht. Wir haben es jetzt geschafft, diesen Anteil wieder auf um die zwanzig Prozent , knapp über zwanzig Prozent zu drücken. Vielleicht geht er noch einmal um fünf Prozent runter. Aber dieser Restanteil wird dann auch bleiben. Der wird niemals auf Null gehen."
Eine Sparform der besonderen Art ist der All-Inclusive-Urlaub. Ursprünglich vor vielen Jahren in der Karibik eingeführt, wird er jetzt auch in Europa immer populärer. Gisela Sökeland von Thomas Cook Reisen:
"Wir haben ja in den letzten Jahren einen wachsenden Trend "All Inclusive". Wir liegen derzeit bei einem Anteil in der Bevölkerung von achtzehn Prozent, die das präferieren. All Inclusive gibt eine hohe Sicherheit insbesondere für Familien. Sie buchen ihren Urlaub, sie kennen ihr Budget, und sie wissen, was ausgegeben wird. Und ich glaube, dass diese Tendenz schon noch weiter fortschreitet."
Zur Flexibilisierung der Preise hat entscheidend das Internet beigetragen. Jedes Hotel, jede Fluggesellschaft oder jeder Autovermieter hat die Möglichkeit, tagesaktuell seine Preise im World-Wide-Web zu verbreiten. Damit kann der Nutzer seine Reisen individuell zusammenstellen, ohne einen Reiseveranstalter einzuschalten. Wiederum eine Gefahr, die von der Tourismusbranche in den Neunziger Jahren zunächst ein wenig auf die leichte Schulter genommen wurde. Heutzutage haben die meisten Haushalte einen Internetanschluss.
Nicht nur junge Leute sondern auch Ältere surfen munter im Netz und suchen nach Schnäppchen. Auch hier musste die Reisebranche reagieren. Virtuelle Reisebüros versuchen, die Individualsurfer wieder einzufangen. Die beiden Marktführer TUI und Thomas Cook investieren viel Geld, um keine Marktanteile zu verlieren. Dr. Volker Böttcher von der TUI:
"In der Tat haben wir schon seit einiger Zeit ein virtuelles Reisebüro. Ich glaube, die Frage der Entwicklung von Verkäufen über diesen Vertriebskanal, wird je nach Produktart sehr unterschiedlich sein. Wir haben heute schon hohe Anteile von reinen Flugverkäufen; die Pauschalreisen verkaufen sich tendenziell noch eher etwas zögerlich über diesen Kanal, und ich glaube, dass die Entwicklung auch dort weiterhin sehr unterschiedlich sein wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass insgesamt das Internet mal einen Anteil beim Verkauf von allen Reisen haben wird, der in absehbarer Zeit bei 20 Prozent liegt. Das wird aber bezogen auf die Reisearten sehr unterschiedlich sein."
Immerhin hat die TUI die ehemals sehr renommierte Reisemarke Touropa als reinen virtuellen Veranstalter an den Markt gebracht, und auch Dr. Peter Fankhauser von Thomas Cook sieht einen Teil der Zukunft seines Unternehmens in diesem Vertriebskanal:
"”Unter Thomas Cook.de haben wir ein virtuelles Reisebüro, das unsere Hausmarken vertreibt über Internet, das aber auch Marken von anderen Veranstaltern mit im Angebot hat. Und das auch Einzelleistungen, sei es, dass es einzelne Hotelübernachtungen oder Low-Cost-Tickets verkauft. Wir sind da jedenfalls voll in diesem Trend – weil – wenn wir mit diesem Trend nicht mitmachen, dann wird uns in Zukunft eine bestimmte Kundenschicht verloren gehen.""
Diesem Trend kann sich heute kein Reiseveranstalter mehr entziehen. Die anvisierten 20 Prozent Marktanteil in einigen Jahren könnten auch weit übertroffen werden. Denn das Internet wird immer verbraucherfreundlicher. Irgendwann wird, von Ausnahmen abgesehen, auch das Ende des guten, alten Papierkatalogs kommen. Die Reiseveranstalter werden nicht traurig sein, denn die Katalogproduktion verursacht immense Kosten.
Unklar ist die Zukunft der klassischen Reisebüros, die mit ihrem Handelsvertreter-Status weitgehend von den Provisionen der Reiseveranstalter abhängig sind. Standardangebote lassen sich leicht im Internet verkaufen, und das ist nun mal die Masse der Reisen. Hinzu kommt, dass Reiseveranstalter und Fluggesellschaften bei den Provisionen immer mehr knausern. Die Linienfluggesellschaften, wie die Lufthansa, haben den Reisebüros den Provisionshahn bereits abgedreht. Die Reiseveranstalter könnten irgendwann folgen, auch wenn Dr. Volker Böttcher das im Moment noch nicht sieht.
"Ich kann es mir für Urlaubsreisen im Moment nicht vorstellen. Für die eigene Urlaubsreise ist der Gast heute noch nicht bereit, so eine Gebühr zu bezahlen."
Eine diplomatische Antwort, denn noch sind die Reiseveranstalter auf die freien Reisebüros angewiesen. Aber das könnte sich ändern, zumal die Bedeutung der veranstaltereigenen Verkaufsstellen immer größer wird. Ob sich eine Beratungsgebühr am Markt durchsetzen lässt, muss der Kunde entscheiden. Die freien Reisebüros sind gut beraten, neue Ertragsquellen zu erschließen. Eine Möglichkeit bietet das Internet, wo auch ein Reisebüro alle Bestandteile einer Pauschalreise einkaufen kann, um sie dann als Paket anzubieten. Eine Chance, die auch Dr. Peter Fankhauser sieht:
"Also ich glaube, dass diese hundertprozentige Trennung, du bist ein Reiseveranstalter und du bist ein Reisebüro, die werden sich nach und nach verwischen. Das heißt aber für das Reisebüro auch, dass es, je mehr es in das Veranstaltergeschäft reingeht, desto mehr Haftungsfragen auch beantworten muss."
Der Thomas Cook Vorstand ist auch ehrlich genug, in solchen Aktivitäten der Reisebüros durchaus eine Konkurrenz der Großveranstalter zu sehen:
"Ja, das ist eine sehr interessante These – ja selbstverständlich. Nur, wir haben als Reiseveranstalter immer noch den Vorteil, dass wir eben mit sehr, sehr vielen Hotels über lange, lange Jahre zusammen arbeiten. Diese Beziehung, diese Partnerschaft, die kann man nicht von heute auf morgen ersetzen. Und Tausend Reisebüros hätten da wahrscheinlich Mühe, über die ganze Saison diese Kapazitäten und diese Preise zu halten, so wie wir sie haben."
Ganz so einfach ist es also doch nicht, wenn Einzelkämpfer als Reiseveranstalter auftreten. Die Branche wirbt mit Recht damit, dass es für deutsche Veranstalter enge rechtliche Vorgaben zum Schutz der Verbraucher gibt. Nicht zuletzt muss jeder Anbieter von Pauschalreisen eine Pflichtversicherung abschließen, die Kunden beim Konkurs des Unternehmens absichert. Der so genannte Reisesicherungsschein gehört zwingend zu den Reiseunterlagen, auch wenn es immer mal wieder Betrüger gibt, die sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften halten und die Unkenntnis der Verbraucher ausnutzen. Vermeintliche Schnäppchen können dann bei völlig unbekannten Anbietern teuer werden. Das Sicherheitsargument spielt auch bei den virtuellen Reisebüros der großen Veranstalter eine bedeutende Rolle. Wer individuell einen Flug bei einer exotischen Airline und dazu irgendwo ein Hotel bucht, bleibt im Ernstfall auf den Kosten sitzen, wenn etwas schief geht. Die normale, aber auch die virtuell gebuchte Veranstalterpauschalreise garantiert dagegen weitgehende Sicherheit. Noch einmal Dr. Peter Fankhauser.
"Wir können nicht verhindern, dass es irgendwelche Anschläge gibt, aber wenn etwas passiert, ist der Kunde bei uns in guter Obhut."
Dennoch reisen immer noch die meisten Deutschen auf eigene Faust. Achtzig Millionen Reisen verzeichnet die Statistik im vergangenen Jahr. Gut vierzig Prozent davon entfallen auf Reiseveranstalter, die sich vor allem wegen der Flugangebote den Löwenanteil der Auslandsreisen gesichert haben. Aber auch bei Reisen innerhalb Deutschlands wird mehr und mehr professionelle Hilfe in Anspruch genommen; das zeigen die Veranstalterzahlen der letzten Jahre. Mit den neuen Vertriebskanälen und schnellen Reaktionen auf demografische Entwicklungen und das Verbraucherverhalten wird die organisierte Reise gerade in Deutschland ihre Bedeutung behalten.
Die Zahlen für den laufenden Sommer zeigen, dass die organisierte Reise kräftige Zuwächse zu verzeichnen hat. Das bestätigt Dr. Peter Fankhauser für die Marke Neckermann, die in Deutschland mit achtzig Prozent am touristischen Umsatz der Thomas Cook AG beteiligt ist.
"Bei den Flugreisen von Neckermann liegen wir mit 3,5 Prozent im Plus und beim Umsatz sogar noch besser. Die Destinationen, die da wirklich sehr positiv auffallen ist einerseits Tunesien mit einem Plus von 25 Prozent, ist aber auch Türkei mit plus 16 Prozent, oder auch Mallorca konnte bei uns noch mal 15 Prozent zulegen."
Noch besser oder ähnlich ist die Situation bei der TUI als Marktführer und der REWE-Gruppe mit den Marken Dertour, ITS, Jahn-Reisen und Tjaereborg. Sonnige Aussichten also für die Pauschalreise, wenn nicht Terroranschläge in touristischen Gebieten alle Voraussagen zunichte machen. Der jüngste Anschlag in der Türkei hat zwar noch keine wesentlichen Auswirkungen auf das Buchungsverhalten. Sollten sich derartige Terrorakte in Urlaubsregionen wiederholen, wird es mit Sicherheit Einbrüche geben. Im Moment reagiert die gesamte Branche noch relativ gelassen, auch wenn man ängstlichen oder vorsichtigen Türkeiurlaubern entgegen kommt.
"Bis 31. Juli lassen wir Umbuchungen zu. Was wir nicht machen: wir lassen keine Stornos zu."
Die organisierte Urlaubsreise in Deutschland. Eine mehr als fünfundsiebzigjährige Erfolgsgeschichte mit einer Aufwärtsentwicklung, die auch durch allgemeine Wirtschaftsprobleme oder durch Terrorakte immer nur kurzzeitig unterbrochen wurde.