Freitag, 10. Mai 2024

Weltkindertag
Deutschland als "kinderrechtliches Entwicklungsland" - Forderung nach Stärkung von Kindern in Politik und Gesellschaft

Anlässlich des Weltkindertages fordern Gewerkschafter und Hilfsorganisationen mehr Rechte für Kinder. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte spricht sich für die Ernennung eines Bundes-Kinderbeauftragten aus.

20.09.2023
    Eine Kindergartenerzieherin unterrichtet Vorschulkinder in Geographie. Ein Globus steht auf der Tischmitte und die Kinder strecken ihre Arme hoch weil sie sich zu Wort melden wollen.
    Laut einer Bertelsmann-Studie fehlen allein in diesem Jahr etwa 380.000 Kita-Plätze in Deutschland. (Symbolbild) (Getty Images / E+)
    Kinderärztepräsident Fischbach begründete die Forderung damit, dass Kinder 13 Prozent der Bevölkerung stellten. Heute fielen Entscheidungen, wie viel in das Bildungssystem und in die Gesundheitschancen von Kindern investiert werde, in welcher Höhe man Schulden hinterlasse und wie man mit dem Planeten umgehe. Es brauche jemanden, der die vielen Aufgaben koordiniere, die Interessen von Kindern wahre und für sie als Ansprechpartner zur Verfügung stehe, sagte Fischbach.

    Hilfswerk: Kinderrechte im Grundgesetz verankern

    Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Krüger, bezeichnete Deutschland als kinderrechtliches Entwicklungsland. In einem Interview mit der "Rheinischen Post" betonte Krüger, es brauche die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, eine konsequente Politik zur Überwindung der Kinderarmut und eine erhebliche Stärkung der demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen.
    Auch der Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbunds, Grein, kritisierte, dass die Belange von Kindern in Deutschland zu oft eine untergeordnete Rolle spielten. Insbesondere die Diskussion um die Kindergrundsicherung zeige, dass Kinder nach wie vor keine Priorität in unserem Land besäßen.

    Bildung: Hunderttausende Kita-Plätze fehlen

    Die Diakonie verlangt, den Rechtsanspruch von Kindern auf einen Betreuungsplatz umzusetzen. Sozialvorständin Loheide beklagte, dass laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung in diesem Jahr mehr als 380.000 Kita-Plätze in Deutschland fehlten. Fachkräftemangel und unzureichende Finanzierungen hätten die Situation zusätzlich verschärft. Ohne frühkindliche Bildung hätten besonders Kinder aus bildungsfernen Familien deutlich schlechtere Lebenschancen.
    Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen teilte mit, dass über die Hälfte der Flüchtlingskinder weltweit keine Schule besuchen könnten. Betroffen seien davon mehr als sieben Millionen Kinder und Jugendliche.

    Gesundheit: Limo-Steuer gefordert

    Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert ein schnelles Werbe-Verbot für ungesunde Lebensmittel zum Schutz der Gesundheit von Kindern, wie es Bundesernährungsminister Özdemir (Grüne) beabsichtige. In diesem Zusammenhang kritisierte Foodwatch innerhalb der Ampel-Regierung eine seiner Ansicht nach zögerliche Haltung der SPD und eine Blockade der FDP in dieser Frage.
    Zudem müsse die Ampel-Regierung eine Limonaden-Steuer nach dem Vorbild Großbritanniens einführen. Dort senkten die Getränkehersteller den Zuckergehalt ihrer Produkte demnach um mehr als 30 Prozent. Auch für verpflichtende Qualitätsstandards in der Schul- und Kitaverpflegung solle sich die Ampel stark machen.

    Warum gibt es unterschiedliche Weltkindertage?

    Weltweit wird der Kindertag in mehr als 145 Ländern an unterschiedlichen Daten begangen. In Deutschland und Österreich ist es der 20. September, Thüringen erklärte den Tag sogar zum Feiertag. China und viele mittel- und osteuropäische Länder begehen dagegen den 1. Juni als Internationalen Kindertag. Die Vereinten Nationen haben den 20. November als Internationalen Tag der Kinderrechte bestimmt, den Jahrestag, an dem die UNO-Vollversammlung 1989 die Kinderrechtskonvention verabschiedete.
    Diese Nachricht wurde am 20.09.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.