Schon vor fünf Jahren hatte die Gruppe der acht größten Industrienationen in Gleneagles auch deshalb beschlossen, ihre weltweite Entwicklungshilfe bis 2010 um 50 Milliarden Dollar aufzustocken. Doch dieses Versprechen wurde nicht gehalten, bisher wurden nur 32 Milliarden Dollar eingelöst. Auf dem letzten G8-Gipfel am vergangenen Wochenende in Kanada nahmen die Industrieländer einen weiteren Anlauf, auch um das Millenniumsziel, die Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit, zu erreichen. Allerdings sollen dafür nur zusätzliche fünf Milliarden US-Dollar bis 2015 bereitgestellt werden. Das sei viel zu wenig, ein Tropfen auf den heißen Stein, klagten sofort Nichtregierungsorganisationen. Tatsächlich nötig seien rund fünf mal so viel.
Mit Federn geschmückt tanzen traditionelle Heilerinnen in Malawi zu wilden Trommelrhythmen, um böse Geister auszutreiben. Dieser böse Geist heißt Aids, die Krankheit, die in Afrika schon Tausende Kinder zu Waisen gemacht hat. Die Heilerinnen Malawis haben auch eine moderne Ausbildung in Hygiene erhalten. Doch den meisten fehlt das Geld, um Seife oder gar Gummihandschuhe für die Geburtshilfe zu kaufen.
Durch die mangelnde Hygiene stecken viele Mütter ihre Kinder bei der Geburt mit Aids an. Jährlich sterben immer noch neun Millionen Kinder an einfach zu behandelnden Krankheiten, sagt Marwin Meier. Der Arzt betreut für die Kinderhilfsorganisation World Vision verschiedene Gesundheitsprogramme in Afrika:
"Wenn man es schafft, in den lokalen Gesundheitsstationen die Durchfälle von ganz kleinen Kinder gut zu behandeln, hat man sehr viel Leben gerettet. Und wenn es geschafft wird, einfach nur Lungenentzündung zu behandeln, dann könnte man zum Beispiel die Kindersterblichkeit um 20 Prozent senken, weil das innerhalb dieser fast neun Millionen Kindertode so ein großer Anteil ist, der Kinder, die an einer einfachen Lungenentzündung sterben, oder an einem einfachen Durchfall."
Die wegweisende Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2000 hatte konkrete Maßnahmen beschlossen, mit denen die Armut bis zum Jahr 2015 halbiert werden sollte. Hinter den selbst gesteckten sogenannten Millenniumzielen ist die Verbesserung der Frauen- und Kindergesundheit am Weitesten zurückgeblieben. Deshalb haben die G8 nun eine neue Initiative gestartet, um die Gleichberechtigung von Frauen und Kindern sowie Bildungsmöglichkeiten weiter zu fördern. Die sogenannte Muskoka-Initiative sei der erste Schritt, urteilt Marwin Meier, aber weitere müssten folgen. Der Gesundheitsexperte war für World Vision als Beobachter beim G8-Gipfel in Kanada dabei:
"Nach unseren Schätzungen wäre der faire Anteil der G8 ungefähr 24 Milliarden US Dollar gewesen. Die fünf Milliarden und davon als deutscher Anteil 500 Millionen US-Dollar in den Jahren bis 2015 liegt weit hinter unseren Erwartungen zurück. Deutschland hätte wesentlich mehr machen müssen. Unseren Schätzungen zufolge wäre Deutschlands Anteil faire zehn Prozent gewesen. Weil das auch unser Anteil an der Wirtschaft ist. Da wäre Deutschland mit 2,4 Milliarden US-Dollar fair dabei gewesen."
Zum Vergleich: Dreimal soviel wie Deutschland will etwa Microsoft-Gründer Bill Gates durch seine Stiftung beisteuern.
Gudrun Kopp (FDP):
"Es gibt die Vereinten Nationen, die von einer Summe von ca. 30 Milliarden sprechen. Insgesamt scheinen das sehr gegriffene Zahlen zu sein. Aber klar ist, dass mehr Geld gebraucht wird. Wir haben unseren jährlichen Beitrag im Gesundheitssektor in den vergangenen zehn Jahren als Deutschland auf ca. 737 Millionen Euro verdreifacht."
Reine Zahlenspiele reichen aber nicht aus, sagt Gudrun Kopp, um das Gesundheitsproblem in den Griff zu kriegen. Die parlamentarische Staatssekretärin der FDP im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit will generell andere Prioritäten setzen, um die Millenniumziele, die sogenannten MDG, zu erreichen:
"Wir brauchen viele weitere Maßnahmen, um mehr Gesundheit zu erreichen. Auch mehr Gesundheit für Mütter und Kinder. Ich sag auch noch mal, bei den MDGs fehlt zum Beispiel vollkommen der Aspekt der Menschenrechte. Die Rechte der Frauen. Und die gute Regierungsführung. Ohne eine Regierung im Empfängerland, die eben die Gelder, die sie von uns bekommt, auch verantwortlich verwendet und nachhaltig verwendet, zum Aufbau zum Beispiel von funktionierenden Gesundheitssystemen, können wir natürlich als Geber auch wenig machen."
Die schlechte Gesundheitsvorsorge von Frauen liegt sicher nicht nur an fehlenden medizinischen Einrichtungen. Wesentliche Ursachen sind die Armut und die systematische Diskriminierung von Frauen in vielen Staaten.
Eine von USAID finanzierte Medienkampagne wirbt etwa in Pakistan dafür, dass Frauen überhaupt eine professionelle Geburtsvorsorge in Anspruch nehmen. Der schlechte Gesundheitszustand von Frauen sei auch eine Folge ihrer gesellschaftlichen Benachteiligung, sagt Fayyaz Khan. Er leitet die in mehreren lokalen Sprachen ausgestrahlte Aufklärungskampagne Paiman:
"Das ganze System diskriminiert Frauen. Frauen dürfen ihr Haus nicht ohne männliche Begleitung verlassen. Nicht einmal wenn sie krank sind und Hilfe brauchen. Wenn sie die Analphabetismusraten von Frauen und Männern vergleichen und die Investitionen betrachten, für Bildung von Frauen im Vergleich zu Männern, dann sehen sie die Diskriminierung deutlich. Dazu kommt auch noch die schlechte Ernährung von Frauen. Die meisten unserer Frauen und Mädchen sind unterernährt, weil sie immer nur nach den Männern essen dürfen. All dies hat negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Das biologische Geschlecht spielt definitiv eine wichtige Rolle."
Rund 10 Prozent aller Neugeborenen in Pakistan sterben. Das ist eine der höchsten Sterberaten in ganz Südostasien. Allein mit Aufklärungsprogrammen ist das Problem nicht zu lösen.
Marwin Meier:
"Es gibt ein paar ganz einfache Interventionen, die sehr schnell auf die Kindersterblichkeit einwirken. Eine der einfachsten sind natürlich Impfungen, die ihren Preis haben. Länder zum Beispiel wie Tansania haben geschafft, innerhalb von zehn Jahren ihre Kindersterblichkeit signifikant um mehr als zehn Prozent zu senken."
Bereits 2005 hatten die G8 im schottischen Gleneagles versprochen, ihre Hilfe für Afrika bis 2010 zu verdoppeln. Diese Zusage sei um mindestens elf Milliarden Dollar unterschritten worden, schätzt Marwin Meier:
"Was uns auch enttäuscht hat, war, dass der universelle Zugang zu HIV-Behandlungen, der 2005 zugesagt worden ist, bis 2010 bei Weitem nicht erreicht wurde, keine konkreten Zielvorgaben bekommen hat, wann denn die G8 glauben, ihre Versprechen halten zu können. Jetzt nur mal auf die Behandlung gesehen, bekommen gerade vier Millionen Menschen die antiviralen Medikamente zur Aidsbekämpfung. Aber weitere neun Millionen brauchen sie."
Die G8 seien nun gefordert, ihren selbst gesteckten Verpflichtungen endlich nachzukommen. Langfristig müssten aber auch die betroffenen armen Staaten mindestens 15 Prozent ihres Haushaltes in Gesundheitsfürsorge investieren – statt zum Beispiel in völlig überzogene Militärhaushalte. In den vergangenen zehn Jahren sind die Militärausgaben global um 49 Prozent gestiegen. Nach Angaben des Friedensforschungsinstituts Sipri kletterten die Rüstungsausgaben im vergangenen Jahr um 5,9 Prozent auf 1500 Milliarden Dollar - trotz Finanzkrise.
Auswärtiges Amt: G8 - Gruppe der Acht
Mit Federn geschmückt tanzen traditionelle Heilerinnen in Malawi zu wilden Trommelrhythmen, um böse Geister auszutreiben. Dieser böse Geist heißt Aids, die Krankheit, die in Afrika schon Tausende Kinder zu Waisen gemacht hat. Die Heilerinnen Malawis haben auch eine moderne Ausbildung in Hygiene erhalten. Doch den meisten fehlt das Geld, um Seife oder gar Gummihandschuhe für die Geburtshilfe zu kaufen.
Durch die mangelnde Hygiene stecken viele Mütter ihre Kinder bei der Geburt mit Aids an. Jährlich sterben immer noch neun Millionen Kinder an einfach zu behandelnden Krankheiten, sagt Marwin Meier. Der Arzt betreut für die Kinderhilfsorganisation World Vision verschiedene Gesundheitsprogramme in Afrika:
"Wenn man es schafft, in den lokalen Gesundheitsstationen die Durchfälle von ganz kleinen Kinder gut zu behandeln, hat man sehr viel Leben gerettet. Und wenn es geschafft wird, einfach nur Lungenentzündung zu behandeln, dann könnte man zum Beispiel die Kindersterblichkeit um 20 Prozent senken, weil das innerhalb dieser fast neun Millionen Kindertode so ein großer Anteil ist, der Kinder, die an einer einfachen Lungenentzündung sterben, oder an einem einfachen Durchfall."
Die wegweisende Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2000 hatte konkrete Maßnahmen beschlossen, mit denen die Armut bis zum Jahr 2015 halbiert werden sollte. Hinter den selbst gesteckten sogenannten Millenniumzielen ist die Verbesserung der Frauen- und Kindergesundheit am Weitesten zurückgeblieben. Deshalb haben die G8 nun eine neue Initiative gestartet, um die Gleichberechtigung von Frauen und Kindern sowie Bildungsmöglichkeiten weiter zu fördern. Die sogenannte Muskoka-Initiative sei der erste Schritt, urteilt Marwin Meier, aber weitere müssten folgen. Der Gesundheitsexperte war für World Vision als Beobachter beim G8-Gipfel in Kanada dabei:
"Nach unseren Schätzungen wäre der faire Anteil der G8 ungefähr 24 Milliarden US Dollar gewesen. Die fünf Milliarden und davon als deutscher Anteil 500 Millionen US-Dollar in den Jahren bis 2015 liegt weit hinter unseren Erwartungen zurück. Deutschland hätte wesentlich mehr machen müssen. Unseren Schätzungen zufolge wäre Deutschlands Anteil faire zehn Prozent gewesen. Weil das auch unser Anteil an der Wirtschaft ist. Da wäre Deutschland mit 2,4 Milliarden US-Dollar fair dabei gewesen."
Zum Vergleich: Dreimal soviel wie Deutschland will etwa Microsoft-Gründer Bill Gates durch seine Stiftung beisteuern.
Gudrun Kopp (FDP):
"Es gibt die Vereinten Nationen, die von einer Summe von ca. 30 Milliarden sprechen. Insgesamt scheinen das sehr gegriffene Zahlen zu sein. Aber klar ist, dass mehr Geld gebraucht wird. Wir haben unseren jährlichen Beitrag im Gesundheitssektor in den vergangenen zehn Jahren als Deutschland auf ca. 737 Millionen Euro verdreifacht."
Reine Zahlenspiele reichen aber nicht aus, sagt Gudrun Kopp, um das Gesundheitsproblem in den Griff zu kriegen. Die parlamentarische Staatssekretärin der FDP im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit will generell andere Prioritäten setzen, um die Millenniumziele, die sogenannten MDG, zu erreichen:
"Wir brauchen viele weitere Maßnahmen, um mehr Gesundheit zu erreichen. Auch mehr Gesundheit für Mütter und Kinder. Ich sag auch noch mal, bei den MDGs fehlt zum Beispiel vollkommen der Aspekt der Menschenrechte. Die Rechte der Frauen. Und die gute Regierungsführung. Ohne eine Regierung im Empfängerland, die eben die Gelder, die sie von uns bekommt, auch verantwortlich verwendet und nachhaltig verwendet, zum Aufbau zum Beispiel von funktionierenden Gesundheitssystemen, können wir natürlich als Geber auch wenig machen."
Die schlechte Gesundheitsvorsorge von Frauen liegt sicher nicht nur an fehlenden medizinischen Einrichtungen. Wesentliche Ursachen sind die Armut und die systematische Diskriminierung von Frauen in vielen Staaten.
Eine von USAID finanzierte Medienkampagne wirbt etwa in Pakistan dafür, dass Frauen überhaupt eine professionelle Geburtsvorsorge in Anspruch nehmen. Der schlechte Gesundheitszustand von Frauen sei auch eine Folge ihrer gesellschaftlichen Benachteiligung, sagt Fayyaz Khan. Er leitet die in mehreren lokalen Sprachen ausgestrahlte Aufklärungskampagne Paiman:
"Das ganze System diskriminiert Frauen. Frauen dürfen ihr Haus nicht ohne männliche Begleitung verlassen. Nicht einmal wenn sie krank sind und Hilfe brauchen. Wenn sie die Analphabetismusraten von Frauen und Männern vergleichen und die Investitionen betrachten, für Bildung von Frauen im Vergleich zu Männern, dann sehen sie die Diskriminierung deutlich. Dazu kommt auch noch die schlechte Ernährung von Frauen. Die meisten unserer Frauen und Mädchen sind unterernährt, weil sie immer nur nach den Männern essen dürfen. All dies hat negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Das biologische Geschlecht spielt definitiv eine wichtige Rolle."
Rund 10 Prozent aller Neugeborenen in Pakistan sterben. Das ist eine der höchsten Sterberaten in ganz Südostasien. Allein mit Aufklärungsprogrammen ist das Problem nicht zu lösen.
Marwin Meier:
"Es gibt ein paar ganz einfache Interventionen, die sehr schnell auf die Kindersterblichkeit einwirken. Eine der einfachsten sind natürlich Impfungen, die ihren Preis haben. Länder zum Beispiel wie Tansania haben geschafft, innerhalb von zehn Jahren ihre Kindersterblichkeit signifikant um mehr als zehn Prozent zu senken."
Bereits 2005 hatten die G8 im schottischen Gleneagles versprochen, ihre Hilfe für Afrika bis 2010 zu verdoppeln. Diese Zusage sei um mindestens elf Milliarden Dollar unterschritten worden, schätzt Marwin Meier:
"Was uns auch enttäuscht hat, war, dass der universelle Zugang zu HIV-Behandlungen, der 2005 zugesagt worden ist, bis 2010 bei Weitem nicht erreicht wurde, keine konkreten Zielvorgaben bekommen hat, wann denn die G8 glauben, ihre Versprechen halten zu können. Jetzt nur mal auf die Behandlung gesehen, bekommen gerade vier Millionen Menschen die antiviralen Medikamente zur Aidsbekämpfung. Aber weitere neun Millionen brauchen sie."
Die G8 seien nun gefordert, ihren selbst gesteckten Verpflichtungen endlich nachzukommen. Langfristig müssten aber auch die betroffenen armen Staaten mindestens 15 Prozent ihres Haushaltes in Gesundheitsfürsorge investieren – statt zum Beispiel in völlig überzogene Militärhaushalte. In den vergangenen zehn Jahren sind die Militärausgaben global um 49 Prozent gestiegen. Nach Angaben des Friedensforschungsinstituts Sipri kletterten die Rüstungsausgaben im vergangenen Jahr um 5,9 Prozent auf 1500 Milliarden Dollar - trotz Finanzkrise.
Auswärtiges Amt: G8 - Gruppe der Acht