Campus & Karriere: Frau Dr. Schulte-Steineke, nicht genug, dass wir in Deutschland derzeit von diversen Krisen gebeutelt werden, jetzt konstatieren Sie auch noch eine Schreibkrise. Und das bei einem Volk, das einmal stolz auf seine Dichter und Denker war. Warum machen Sie uns Angst?
Schulte-Steineke: Wir wollen niemandem Angst machen, Herr Honecker, sicherlich nicht. Wir denken allerdings, dass die Ergebnisse unserer Studien in der Tat besorgniserregend sind.
Campus & Karriere: Warum denn besorgniserregend?
Schulte-Steineke: Besorgniserregend, weil sie kurz gesagt besagen, dass in Deutschland zumindest von der weiterführenden Schule an, egal, ob Gymnasium oder Gesamtschule über die Hochschule bis in den Bereich zumindest der jungen Akademiker hinein, im Beruf, die Schreibqualität rapide sinkt.
Campus & Karriere: Woran kann man das feststellen?
Schulte-Steineke: Man kann es feststellen an den Aussagen zum einen, die die Lehrenden, die wir befragt haben, an Schulen, an Hochschulen, tätigen, an den Aussagen, die Entscheidungsträger in der deutschen Industrie über ihre leitenden Manager und deren Schreibqualität tätigen, in Teilen auch an Aussagen der Studierenden selbst, die sich zum Beispiel bei uns im Haus, an der Alice-Salomon-Fachhochschule in Berlin, durchaus Schreibtraining gewünscht haben und es übrigens auch bekommen haben. Bei uns an der FH bieten wir so etwas regelmäßig an, es ist zum Teil auch im Curriculum verankert. Schreibtraining über das hinaus, was ursprünglich in der Grundschule und zum Teil auch im Deutschunterricht an den weiterführenden Schulen angeboten wird, was natürlich notwendig ist, aber ganz offenbar nicht reicht.
Campus & Karriere: Das ist ja verrückt. Man sagt ja eigentlich - und internationale Studien bestätigen das -, dass unsere deutschen Grundschulen es ganz gut schaffen, Grundkompetenzen zu vermitteln.
Schulte-Steineke: Das kann ich durchaus bestätigen. Der Deutschunterricht in den Grundschulen baut in den letzten Jahren ganz offenbar ziemlich stark auf Ansätzen auf, die es eigentlich schon im letzten Jahrhundert in den zwanziger Jahren in der Reformpädagogik gegeben hat und verstärkt sie, nämlich an den subjektiven Kompetenzen und an der Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler. Das heißt, sie werden durchaus gelehrt, kleine Texte und Geschichten aus ihrer eigenen persönlichen Erfahrung erst einmal niederzuschreiben und sie später dann formal auch auf Rechtschreibung und ähnliches zu korrigieren. Das fällt an der weiterführenden Schule fast ganz weg. Das fällt an der Hochschule völlig weg. Das ist auch im Beruf natürlich gar nicht mehr gefragt, ist aber als Kompetenz notwendig, um einen längeren und gehaltvollen, in sich stimmigen und lebendigen Text zu schreiben.
Campus & Karriere: Das heißt also, dass deutsche Manager, die ja hoffentlich gute Rechner sind, beim Schreiben unterqualifiziert sind.
Schulte-Steineke: Unterqualifiziert und damit durchaus auch in der internationalen Konkurrenz nicht sehr weit vorne stehend.
Campus & Karriere: Welche Folgen hat das für unsere Wirtschaft?
Schulte-Steineke: Das lässt sich leicht denken, wenngleich auf der anderen Seite in dieser Hinsicht noch Nachfolgeuntersuchungen nachgeschoben werden müssen. Aber in der Konkurrenz schlecht dastehen und zwar auf dem Gebiet der Kommunikation, das bedeutet zum Beispiel letztendlich, sich nicht so präsentieren zu können, dass dieser oder jener Auftrag reinkommt.
Campus & Karriere: "Die deutsche Schreibkrise" nennen die FH-Dozenten Lutz von Werder und Barbara Schulte-Steineke ihr im Schneider-Verlag erschienenes Buch. Herzlichen Dank.
Abhilfe für die konstatierte Schreibkrise könnte durch Maßnahmen wie die Einrichtung eines Schreibzentrums an der PH Freiburg liegen. Hier können Studierende in vier Semestern ein Zertifikat als Schreibberater/in erlangen. Im Gespräch: Professor Gerd Bräuer von der Pädagogischen Hochschule Freiburg.
Beitrag als Real-Audio
Schulte-Steineke: Wir wollen niemandem Angst machen, Herr Honecker, sicherlich nicht. Wir denken allerdings, dass die Ergebnisse unserer Studien in der Tat besorgniserregend sind.
Campus & Karriere: Warum denn besorgniserregend?
Schulte-Steineke: Besorgniserregend, weil sie kurz gesagt besagen, dass in Deutschland zumindest von der weiterführenden Schule an, egal, ob Gymnasium oder Gesamtschule über die Hochschule bis in den Bereich zumindest der jungen Akademiker hinein, im Beruf, die Schreibqualität rapide sinkt.
Campus & Karriere: Woran kann man das feststellen?
Schulte-Steineke: Man kann es feststellen an den Aussagen zum einen, die die Lehrenden, die wir befragt haben, an Schulen, an Hochschulen, tätigen, an den Aussagen, die Entscheidungsträger in der deutschen Industrie über ihre leitenden Manager und deren Schreibqualität tätigen, in Teilen auch an Aussagen der Studierenden selbst, die sich zum Beispiel bei uns im Haus, an der Alice-Salomon-Fachhochschule in Berlin, durchaus Schreibtraining gewünscht haben und es übrigens auch bekommen haben. Bei uns an der FH bieten wir so etwas regelmäßig an, es ist zum Teil auch im Curriculum verankert. Schreibtraining über das hinaus, was ursprünglich in der Grundschule und zum Teil auch im Deutschunterricht an den weiterführenden Schulen angeboten wird, was natürlich notwendig ist, aber ganz offenbar nicht reicht.
Campus & Karriere: Das ist ja verrückt. Man sagt ja eigentlich - und internationale Studien bestätigen das -, dass unsere deutschen Grundschulen es ganz gut schaffen, Grundkompetenzen zu vermitteln.
Schulte-Steineke: Das kann ich durchaus bestätigen. Der Deutschunterricht in den Grundschulen baut in den letzten Jahren ganz offenbar ziemlich stark auf Ansätzen auf, die es eigentlich schon im letzten Jahrhundert in den zwanziger Jahren in der Reformpädagogik gegeben hat und verstärkt sie, nämlich an den subjektiven Kompetenzen und an der Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler. Das heißt, sie werden durchaus gelehrt, kleine Texte und Geschichten aus ihrer eigenen persönlichen Erfahrung erst einmal niederzuschreiben und sie später dann formal auch auf Rechtschreibung und ähnliches zu korrigieren. Das fällt an der weiterführenden Schule fast ganz weg. Das fällt an der Hochschule völlig weg. Das ist auch im Beruf natürlich gar nicht mehr gefragt, ist aber als Kompetenz notwendig, um einen längeren und gehaltvollen, in sich stimmigen und lebendigen Text zu schreiben.
Campus & Karriere: Das heißt also, dass deutsche Manager, die ja hoffentlich gute Rechner sind, beim Schreiben unterqualifiziert sind.
Schulte-Steineke: Unterqualifiziert und damit durchaus auch in der internationalen Konkurrenz nicht sehr weit vorne stehend.
Campus & Karriere: Welche Folgen hat das für unsere Wirtschaft?
Schulte-Steineke: Das lässt sich leicht denken, wenngleich auf der anderen Seite in dieser Hinsicht noch Nachfolgeuntersuchungen nachgeschoben werden müssen. Aber in der Konkurrenz schlecht dastehen und zwar auf dem Gebiet der Kommunikation, das bedeutet zum Beispiel letztendlich, sich nicht so präsentieren zu können, dass dieser oder jener Auftrag reinkommt.
Campus & Karriere: "Die deutsche Schreibkrise" nennen die FH-Dozenten Lutz von Werder und Barbara Schulte-Steineke ihr im Schneider-Verlag erschienenes Buch. Herzlichen Dank.
Abhilfe für die konstatierte Schreibkrise könnte durch Maßnahmen wie die Einrichtung eines Schreibzentrums an der PH Freiburg liegen. Hier können Studierende in vier Semestern ein Zertifikat als Schreibberater/in erlangen. Im Gespräch: Professor Gerd Bräuer von der Pädagogischen Hochschule Freiburg.
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