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"Deutschland kann mehr Energieeffizienz"

Technik und Fachwissen für eine bessere Energieeffizienz im Gebäudesektor sind in Deutschland vorhanden. Das hat nun die Deutsche Energieagentur bei einem Kongress öffentlich gemacht. Umso verwunderlicher ist, dass beides zu wenig genutzt wird.

Deutschlandradio-Wirtschaftskorrespondent Theo Geers im Gespräch mit Georg Ehring |
    Georg Ehring: Theo Geers in unserem Hauptstadtstudio, was steht denn drin in der neuen dena-Studie zur Effizienz?

    Theo Geers: Da steht eigentlich etwas ganz Banales drin oder präziser: Es steht drüber in der Überschrift: Deutschland kann mehr Energieeffizienz, eigentlich müsste man sagen: Deutschland kann noch mehr Energieeffizienz. Die größten Potenziale liegen dabei bekanntermaßen im Gebäudesektor – bessere Dämmung, modernere Heizungs- und Kühlanlagen - und sie liegen im Verkehr. Das Ärgerliche dabei: Alles ist da, die Technik, das Know-how, aber es wird einfach zu wenig genutzt. obwohl es sich rechnen würde. Das ist das Neue an der Studie, weshalb Stephan Kohler, Chef der halbstaatlichen Deutschen Energieagentur dena, vorrechnet:

    "Wenn die Energieeffizienzziele der Bundesregierung – nicht mehr, aber die Ziele, die die Regierung beschlossen hat - bis 2020 umgesetzt werden, dann können wir unsere Energierechnung um 33 Milliarden Euro reduzieren."

    33 Milliarden Euro – das wären – um es einzuordnen - 13 Prozent unser jährlichen Energierechnung. Wenn wir dagegen nur in dem Trott weiter machen, in dem wir bisher voranschreiten, dann sparen wir nur sieben Prozent unserer Energierechnung. Dabei steht fest: Ohne mehr Energieeffizienz erreichen wir die Ziele der Energiewende auf keinen Fall.

    Ehring: Welchen Stellenwert soll die Förderung der Energieeffizienz nach Ansicht der dena bekommen?

    Geers: In jedem Fall einen höheren. Wir reden ja von dem Ziel, 80 oder gar 100 Prozent unseres Energieverbrauchs einmal regenerativ zu erzeugen. Da kommt uns natürlich jede Kilowattstunde Strom, jeder Liter Biosprit und jeder Kubikmeter Biogas, den wir gar nicht erst erzeugen müssen, entgegen. Und vielen ist aber auch nicht bewusst, mit welcher hohen Energiedichte wir unseren Alltag im wahrsten Sinne des Wortes "befeuern". Stephan Kohler:
    "Kohle, Öl, Gas, Uran haben eine hohe Energiedichte und jetzt wollen wir auf regenerative Quellen umstellen, die relativ geringe Energiedichte haben: Photovoltaik, Windenergie, aber auch Biomasse. Und damit wollen wir 100 Prozent unserer Volkswirtschaft mit Energie versorgen. Das wird uns nie gelingen mit dem hohen Energieverbrauch, den wir heute haben. "

    Deshalb kann die Devise nur lauten: runter mit dem Energieverbrauch. EU-Energiekommissar Günter Oettinger zeigte in dem Zusammenhang, dass Investitionen in die Energieeffizienz auch eine tiefe moralische Dimension hätten:

    "Meine Generation hat Milliarden an öffentlichen Schulden aufgebaut. Mit Energieeffizienz an Gebäuden könnten wir jetzt eine Gegenrechnung aufmachen, unsere Kinder entlasten. Statt ihnen Schulden zu übergeben, können wir ihnen geringere Energierechnungen vermachen, wenn ein Schub in die Bestandsgebäude Europas kommt. "

    Mehr Energieeffizienz hat also auch eine moralische Dimension, aber auch eine ökologische und eine wirtschaftliche Dimension.

    Ehring: Was heißt das für die übrigen Teile der Energiewende, also etwa den Ausbau der Erneuerbaren, der ja viel schneller vorankommt als veranschlagt?

    Geers: Da gibt es unterschiedliche Meinungen. Auf der einen Seite sagt selbst ein Stephan Kohler, der nicht im Verdacht steht, dass er gegen die Energiewende wäre, dass wir da etwas langsamer vorangehen müssten. Er sagt vor allem: Wir müssen vor allem systemisch denken. Wenn etwa Gebäude 80 Prozent weniger Energie als heute verbrauchen oder auch 65 Prozent - egal - dann muss bedacht werden, was das gleichzeitig für die Infrastruktur heißt. Oft rechnen sich dann Gasleitungen in Wohngebieten oder der eigentlich wünschenswerte Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplung nicht mehr. Ein anderes Beispiel ist der Ausbau bei großen Photovoltaikanlagen:

    "Wir bauen sie raus auf Äcker, wo nirgends ein Netz liegt, obwohl in Städten noch unausgelastete Netze sind, da müssten Anlagen gebaut werden."

    Diese Anlagen dürfen nicht mehr auf dem flachen Land gebaut werden, sondern sie müssen in die Städte rein.

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