Samstag, 18. Mai 2024

Regierungskonsultationen
Deutschland und China beraten über Wirtschaft und Klimaschutz

Vor den heutigen deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen haben deutsche Regierungsvertreter die enge Zusammenarbeit der Länder betont. China will nach eigenen Angaben die Gespräche nutzen, um den Kontakt zu vertiefen und Differenzen zu überwinden. Doch weiterhin gibt es nicht zuletzt wegen des Taiwan-Konflikts und Chinas Haltung gegenüber Russland Spannungen.

20.06.2023
    Bundeskanzler Scholz empfängt Chinas Ministerpräsident Li Qiang vor dem Bundeskanzleramt. Beide strecken die Hand aus, um sich die Hände zu schütteln und lächeln einander an.
    Bundeskanzler Scholz empfängt Chinas Ministerpräsident Li Qiang vor dem Bundeskanzleramt. (Kay Nietfeld / dpa / Kay Nietfeld)
    Ministerpräsident Li Qiang warb nach der Ankunft der zehnköpfigen chinesischen Regierungsdelegation in Berlin dafür, Kooperationspotenziale auszuschöpfen. "Die heutige Welt befindet sich in einer neuen Phase von Wandel und Chaos", hieß in einer Erklärung Lis, die von der chinesischen Botschaft verbreitet wurde. "Gerade in solchen Zeiten ist es jedoch umso erforderlicher, dass die Menschen in China und Deutschland die Tradition der Freundschaft hochhalten." Li verwies darauf, dass China das siebte Jahr in Folge größter Handelspartner Deutschlands sei - und die Bundesrepublik wiederum seit 46 Jahren der größte Handelspartner Chinas in Europa. Es ist die erste Auslandsreise des neuen chinesischen Regierungschefs seit seinem Amtsantritt im März.

    Scholz spricht von "ganz wichtigem Arbeitstreffen"

    Li wurde nach seiner Ankunft von Bundespräsident Steinmeier empfangen. Steinmeier forderte China dabei laut einer Sprecherin auf, im Ukraine-Krieg seinen Einfluss auf Russland zu nutzen, um auf einen gerechten Frieden hinzuwirken.
    Am Abend kam Li zu einem Essen mit Bundeskanzler Scholz zusammen. Der Bundeskanzler erwartet nach eigenen Worten ein "ganz wichtiges Arbeitstreffen". Es wird davon ausgegangen, dass es bei den Gesprächen vor allem um Fragen des Klimaschutzes und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit geht.
    Schon auf dem Kongress des Bundesverbands der deutschen Industrie hatte sich Scholz gestern für den Handel mit China stark gemacht: Er sprach sich gegen eine flächendeckende Überwachung der Wirtschaftsbeziehungen mit China aus. Es sei zwar richtig, bei der Lieferung von Gütern für Rüstung oder Überwachung genauer hinzuschauen. Man müsse aber nicht das ganze wirtschaftliche Geschehen einer Verwaltung unterwerfen, sagte Scholz.
    Die Europäische Kommission will heute Vorschläge zur Kontrolle von Investitionen in China und Exporten in die Volksrepublik vorlegen. Diese sind allerdings nicht bindend, weil die Mitgliedstaaten dafür die Kompetenz haben. Erwartet wird, dass die Kommission eine härtere Gangart gegenüber China vorschlägt.

    Mehr Zusammenarbeit beim Klima- und Umweltschutz

    Auch Bundesumweltministerin Lemke und ihr chinesischer Amtskollege Huang Runqiu haben den Tag vor den Regierungskonsulationen bereits zu einem Gespräch genutzt. Danach erklärten beide, die Zusammenarbeit beim Klima- und Umweltschutz ausbauen zu wollen. Bei den globalen Bemühungen zum Schutz der Umwelt komme China eine Schlüsselrolle zu, sagte Lemke in Berlin. Die Herausforderungen durch den Klimawandel, das Artensterben und die Umweltverschmutzung könne man nur gemeinsam bewältigen.

    Wirtschaftliche Abhängigkeit soll verringert werden

    Die Bundesregierung will aber nicht nur die Zusammenarbeit mit China stärken, sondern gleichzeitig die wirtschaftliche Abhängigkeit vom wichtigsten Handelspartner Deutschlands verringern. Die Lieferketten sollen sollen auf eine breitere Basis gestellt werden. In den vergangenen Jahren sind die Spannungen zwischen den Ländern gewachsen, unter anderem wegen der Einschränkung der Freiheitsrechte in China und wegen des Taiwan-Konflikts.
    Die Bundesregierung sieht China nicht nur als Partner. So heißt es in der Nationalen Sicherheitsstrategie, die das Kabinett in der vergangenen Woche beschlossen hat: "Wir sehen, dass dabei die Elemente der Rivalität und des Wettbewerbs in den vergangenen Jahren zugenommen haben."
    Das stieß in China auf deutliche Kritik. Internationale Beziehungen aufzubauen, "indem man andere als Konkurrenten, Rivalen oder sogar Gegner betrachtet und normale Zusammenarbeit in Fragen der Sicherheit und Politik verwandelt, wird unsere Welt nur in einen Strudel der Spaltung und Konfrontation treiben", sagte ein Außenamtssprecher. In den nächsten Wochen will die Bundesregierung eine spezielle China-Strategie vorlegen.

    Bereits das siebte Regierungs-Treffen mit China

    Die Bundesregierung führt Regierungskonsultationen regelmäßig mit besonders engen Partnern oder aber mit Ländern durch, die für sie besonders wichtig sind, wie China, Indien oder Brasilien. Das jetzige Treffen mit China ist bereits das siebte seit der Premiere 2011 in Berlin. Ministerpräsident Li wird von neun weiteren chinesischen Regierungsvertretern begleitet, die an den Konsultationen teilnehmen sollen. Die chinesische Delegation wird bis Mittwoch im Land bleiben und nach den politischen Gesprächen in Berlin auch noch München besuchen, um dort Unternehmensvertreter zu treffen. Staats- und Parteichef Xi Jinping ist traditionell bei solchen Konsultationen nicht dabei. Scholz war bereits im vergangenen November zu seinem Antrittsbesuch in China - als erster westlicher Regierungschef nach dem Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas, auf dem Präsident Xi Jinping seine Macht festigte.
    Diese Nachricht wurde am 20.06.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.