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Deutschlandbild im Wandel

Nach Einschätzung von Kurt-Jürgen Maaß, Generalsekretär des Instituts für Auslandsbeziehungen, kann die positive Darstellung der Fußball-Weltmeisterschaft das Deutschland-Bild in der Welt grundlegend verändern. "Wenn also jetzt man mit so einem Donnerschlag einmal sieht, dass Deutschland ganz anders ist, dann können wir darauf mit Sicherheit in Zukunft aufbauen", verwies Maaß auf die bisherige Arbeite seines Instituts.

Moderation: Christoph Schmitz |
    Christoph Schmitz: Als Weltmeister der Herzen sind wir Deutsche mit unserer Fußball-WM vielleicht nicht ganz aus diesem Turnier hervorgegangen. Aber die Noten im Ausland, für die Gastlichkeit, für die Freundlichkeit und die gute Stimmung hierzulande, waren schon ziemlich gut. Abgepfiffen wurde jedenfalls ein ganzer Haufen überkommener Deutschlandklischees, was manche im Ausland überraschte, uns Deutsche vor allem freute. Diese schöne Zeit ist seit zehn Tagen vorbei. Die Frage ist, ob und wie lange sich das positive Bild im Ausland halten wird und wie ein Deutschlandbild in der auswärtigen Kulturvermittlung unter möglicherweise neuen Vorzeichen verändert werden kann.

    Diese Fragen habe ich mit dem Generalsekretär des Instituts für Auslandsbeziehungen besprochen. Kurt-Jürgen Maaß, haben Sie den Eindruck, dass das positive Image möglicherweise schon zu verdunsten beginnt, oder ist es noch taufrisch?

    Kurt-Jürgen Maaß: Ich glaube, es ist im Augenblick noch sehr lebendig, weil eigentlich immer noch weitere Beiträge erscheinen, von Journalisten, die dann zurückgekehrt sind in ihre Länder und dann so aus der Rückschau noch einmal sagen, was für ein positives Bild sie aus Deutschland mitgebracht haben.

    Schmitz: War das Ganze dennoch möglicherweise nicht doch ein Strohfeuer? Bedarf es ganz anderer Anstrengungen, etwa in der Kulturvermittlung, um substanziell etwas zu verdeutlichen, wie es mit Deutschland aussieht, Herr Maaß?

    Maaß: Wir sind ja selber überrascht, was hier passiert ist und was über den Umweg über unser Inland möglich geworden ist. Wir arbeiten ja seit Jahrzehnten daran, das Bild Deutschlands im Ausland zu verbessern oder realistischer und gegenwartsnahe zu machen, weil in einigen Ländern doch ein sehr rückwärts gerichtetes Bild von Deutschland noch vorhanden ist. Und das ist eine mühsame Angelegenheit, da können Sie mit Kunst arbeiten, mit Musik, mit Literatur, mit Filmen. Beispielsweise so ein Film wie "Good Bye Lenin!" ist ein Geschenk für unsere Arbeit im Ausland, weil es plötzlich ein ganz anderes Bild von Deutschland gibt. Und es war sicher kein Zufall, dass in Frankreich eine Million Franzosen sich den Film angeschaut haben.

    Schmitz: Ist es nicht dann andererseits doch etwas frustrierend für Sie, zu sehen, dass so ein populäres Ereignis wie die Fußball-WM zündet und Ihre jahrelange Arbeit nur sehr vage messbar ist?

    Maaß: Ich finde das überhaupt nicht. Es war ja für uns alle eine Überraschung. Und wenn also jetzt man mit so einem Donnerschlag einmal sieht, dass Deutschland ganz anders ist, dann können wir darauf mit Sicherheit in Zukunft aufbauen und uns darauf beziehen und von einer anderen Ausgangsbasis ausgehen. als das vor der Weltmeisterschaft der Fall war.

    Schmitz: Gut, das wäre ja die ausschlaggebende Frage: Wie muss sich Ihre Arbeit nach diesem WM-Ereignis ändern?

    Maaß: Also die wird sich nicht grundlegend ändern, aber der Bezugsrahmen wird etwas anders sein. Und man wird vielleicht auch leichter auf diese positiven Aspekte der Deutschen, dass sie fröhlich sein können, dass sie feiern können, dass sie friedlich sind, dass sie tolerant sind, dass sie lebenslustig sind, verweisen können. Und es wird einem eher geglaubt, als wenn man es vor der Weltmeisterschaft behauptet hätte. Denn in vielen Ländern glaubt man uns einfach nicht, dass das Leben hier auch schön sein kann.

    Schmitz: Das heißt, bei den Briten werden Sie leichtere Arbeit in Zukunft haben?

    Maaß: Das hoffe ich sehr. Großbritannien ist ja unser Problemland, das geht ja bis hinauf zu Tony Blair. Es ist kein Zufall, dass er nach der Weltmeisterschaft in einer deutschen Boulevardzeitung einen Beitrag geschrieben hat, denn mit der britischen Regierung diskutieren wir seit Jahren, was wir tun können, um dieses krude und rückwärtsgerichtete Bild der Engländer von Deutschland irgendwie einmal verändern zu können. Und das hat sich jetzt vielleicht bewegt. Das wäre eigentlich ein schöner Erfolg.

    Schmitz: Kurt-Jürgen Maaß, Generalsekretär des Instituts für Auslandsbeziehungen, über deutsche Kulturvermittlung im Ausland nach der Fußball-WM.