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Deutschlands bestes Uni-Ranking

Abiturient, du willst studieren, aber weißt nicht, wo? Sorge dich nicht - wähle, schlag nach in Zeitung und Magazinen. Denn hier findest du sie, Deutschlands beste Fakultäten, ja sogar Deutschlands beste Uni. Tabellen, Charts und Listen geben dir Auskunft. Genau bis aufs Zehntel hinterm Komma kannst du erfahren, wo Deutschlands Elite ihren Abschluss macht. Und das Beste dabei: bist du erst vor Ort, wirst du zu ihr wie von selbst gehören. Denn in den Listen vereint sich alles auf wunderbare Weise: Deutschlands zufriedenste Studenten treffen auf Deutschlands beste Professoren und haben Teil an Deutschlands bester Forschung. Und das Allerbeste: All die geschieht in Rekordzeit, die Regelstudienzeit wird regelmäßig unterschritten. Auch du wirst also in kürzester Zeit zu Deutschlands besten Absolventen gehören - und brauchst musst kaum mehr dafür zu tun, als dich nach den Ergebnissen der Wissenschaftsevaluation zu richten. Deren Vertreter müssen es wissen. Schließlich verdienen die ihr Geld mit solchen Listen.

Von Kersten Knipp |
    Das kann doch nicht sein, meinst du? Doch! Ist alles wissenschaftlich bewiesen, und das sogar unter der Kombination gleich zweier Disziplinen: der Völkerkunde und der Statistik. Wie früher, als man das unbekannte Afrika untersuchte, zögert man auch diesmal nicht, die Forscher direkt vor Ort zu schicken. Die nehmen dann mit den Studis Kontakt und fragen sie, wie sie sich denn so fühlen an ihrer Uni. Ob sie die Professoren mögen; gern von ihnen geprüft werden oder doch nicht so gern. Ob diese Professoren auch genügend Drittmittel einfordern und häufig genug in maßgeblichen Fachzeitschriften publizieren. Und ob es ihnen in den Hörsälen nicht zu voll ist. Und damit das Ganze nicht zu einseitig wird, fragt man auch noch die Professoren selbst. Welche Uni sie denn für die beste hielten. Die eigene dürfen sie natürlich auch angeben - wir leben schließlich in einer Demokratie! All das braucht man dann nur noch zusammenzuzählen, und schon steht sie, Deutschlands beste Uni. Tagesform? Laune? Professionelles Kalkül der Befragten? Spielt alles keine Rolle. Hauptsache, die Interviewten haben überhaupt etwas gesagt. Dass andere womöglich etwas ganz anderes gesagt hätten, man so vielleicht auch zu ganz anderen Ergebnissen gekommenen wäre - was geht das die Statistik an? Man hat doch jetzt seine Zahlen!

    Komisch: Eigentlich suchen die Rankings ja die Eliten. Stattdessen werden sie zur Hymne auf das Kollektiv. Die Masse macht's, und die liegt bekanntlich immer richtig. Alles wirklich Elitäre hingegen: der persönliche Wille, die individuelle Begabung, die Lust am Lernen wird von solcher Datenmasse sanft erdrückt. Keine Rede davon im Ranking. Dessen Lektüre darum verlangt, ausgerechnet auf das zu verzichten, was für jedes Studium das Wichtigste überhaupt ist: den eigenen Verstand.