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DFB-Pokal
80 Jahre nach dem ersten Finale

Der DFB-Pokal ist heute ein äußert attraktiver Wettbewerb, sportlich und finanziell. Volle Stadien, TV- und Werbe-Gelder spülen Millionen an Euros in Verbands- und Vereinskassen, und der Gewinner qualifiziert sich für die Gruppenphase zur Europa League. Nichts davon gab es in den Anfängen. Beim Start 1935 blieben die Zuschauerresonanz und damit auch die finanziellen Einnahmen weit hinter den Erwartungen zurück. Außer zum Finale kamen nur zu fünf weiteren Spielen mehr als 10.000 Besucher.

Von Eduard Hoffmann |
    Fußball DFB-Pokal - Finale: Borussia Dortmund - VfL Wolfsburg am 30.05.2015 im Olympiastadion in Berlin. Der Wolfsburger Diego Benaglio (M) stemmt den DFB-Pokal in die Höhe.
    Der Wolfsburger Diego Benaglio (M) stemmt den DFB-Pokal in die Höhe. (dpa picture alliance/ Michael Kappeler)
    Ins erste deutsche Pokal-Finale am 8. Dezember 1935 gelangten der FC Schalke 04 und der 1. FC Nürnberg, damals die beiden populärsten Mannschaften in Deutschland. Nürnberg war in den 20er-Jahren fünfmal Deutscher Meister geworden und Schalke hatte vor einem halben Jahr zum zweiten Mal den Titel gewonnen. Der aktuelle Meister galt denn auch als Favorit nicht zuletzt wegen des legendären Schalker-Kreisels, dem direkten Kurzpass-Spiel, das man heute als One-Touch-Fußball bezeichnet.
    55.000 Zuschauer im ausverkauften Düsseldorfer Rheinstadion sahen jedoch, wie die beiden erfahrenen Nationalspieler Fritz Szepan und Ernst Kuzorra mit ihrer Schalker Elf die meiste Zeit den Nürnbergern hinterherlaufen mussten. Bei windigem Regen- und Schneewetter gewannen die "Clubberer" schließlich verdient das erste deutsche Pokalfinale mit 2:0.
    Dicke Prämien gab es nicht, auch die Spieler der 16 Gauligen, damals die obersten Spielklassen, waren, zumindest offiziell, Amateure. Dennoch, so meinte später Ex-Nationalspieler Felix Zwolanowski, der in den 30er Jahren für Fortuna Düsseldorf kickte, sei zumindest für die Gewinner sicher auch etwas Geld herausgesprungen.
    "Es war nicht jeder Amateur, also wenn jemand sagt, die waren alle Amateure, dann sag ich die lügen, der größte Teil lügt, Siegprämien waren immer dabei, es war ein schöner Nebenverdienst, auch weil er schwarz war."
    Tschammer-Pokal
    Auf jeden Fall aber erhielten die Nürnberger den Siegerpokal, der aussah wie eine antike Blumenvase. Gestiftet vom NS-Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten. Und zu Ehren des obersten nationalsozialistischen Sportfunktionärs hieß der neue Wettbewerb bis 1943 dann auch Tschammer-Pokal.
    Nach der Machtergreifung hatten Hitlers Nationalsozialisten alle Turn- und Sportverbände, so auch den Deutschen Fußball-Bund, gleichgeschaltet. Erstmals in Deutschland unterstand der Sport dem politischen Diktat. Wie sich die Nazis die Neuordnung des Sports unter anderem vorstellten, hatte der Reichssportführer in einer Rundfunkansprache 1933 erklärt.
    "Die Leibesübungen am deutschen Menschen haben, wenn sie überhaupt kulturellen Wert gewinnen sollen, der Erhaltung und Förderung unserer Rasse und ihrer Eigenart zu dienen. Grundsätzlich bestimmt den deutschen Sport der arische Mensch und die deutsche Jugenderziehung der Deutsche und nicht der Jude."
    Nur der Modus war gleich
    So bestimmten und kontrollierten die Nationalsozialisten auch den neuen Pokal-Wettbewerb. Fast alle Endspiele des Tschammer-Pokals fanden im Winter statt, meist im Dezember oder im Januar des folgenden Jahres. Bis heute gleichgeblieben ist der Austragungsmodus. Großer Unterschied zu heute jedoch: die Begegnungen ab der Schlussrunde wurden nicht ausgelost, sondern willkürlich gesetzt, angeblich um die Reisewege der Vereine möglichst kurz zu halten und Kosten zu sparen.
    Auch im Krieg wurde gespielt, bis 1943, dann fehlten den Vereinen die Spieler.
    1952 startete der Vereinspokal unter seinem heutigen Namen DFB-Pokal. Den vom NS-Sportführer Hans von Tschammer und Osten gestifteten Sieger-Kelch verlieh der DFB aber noch bis 1964. Die Hakenkreuz-Gravur mit dem Schriftzug "Wanderpreis des Reichssportführers" ließ man dezent durch ein Silberschild mit DFB-Initialen verdecken.
    Heute ist der Pokal-Wettbewerb spannender und attraktiver als die Meisterschaft. Hier haben auch vermeintliche Außenseiter eine Chance und können Spitzenclubs rauswerfen. Womit insbesondere niedrigklassige Vereine dickes Geld verdienen können.
    So kassiert in dieser Pokal-Saison der Viertligist Unterhaching für die ersten drei Spiele 935.000 Euro allein an DFB-Prämien. Eine Summe, an die in den Anfängen nicht einmal in den kühnsten Träumen zu denken war. Offizielle Ausschüttungen gab es in den ersten Jahren überhaupt nicht.