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DFC Prag
Deutscher Traditionsclub ist zurück im Spiel

1903 wurde der Deutsche Fußball-Club Prag deutscher Vize-Meister. Der von deutschen Juden gegründete Verein gehörte Anfang des 20. Jahrhunderts zu den besten Mannschaften Europas. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht wurde der DFC Prag als „jüdischer Verein“ von den Nazis verboten. Jetzt haben Prager Fußball-Enthusiasten den DFC neu gegründet. Als Traditionsverein mit internationaler Ausrichtung spielen Jugendmannschaften in den Ligen der tschechischen Hauptstadt.

Von Stefan Heinlein | 23.05.2017
    Die Mannschaft des DFC Prag.
    Die Mannschaft des DFC Prag. (Hendrik Taulin / DFC Prag)
    Auf dem Kunstrasenplatz der deutsch-tschechischen Begegnungsschule trainieren die Kinder das kleine Einmaleins des Fußball-Sports. Zweimal die Woche spielen dort die 8-10 Jährigen. Die älteren Kicker üben zusätzlich auf dem Platz eines Prager Stadtteilclubs. Eine bunte Truppe auf die Trainer Rene Drtina stolz ist. "Das ist schon etwas Besonderes. Die Kinder kommen aus Tschechien, Deutschland, Vietnam oder Russland. Es macht großen Spaß aus ihnen ein echtes Team zu formen."
    Neugründung des Traditionsvereins
    Erst vor knapp einem Jahr wurde der DFC Prag neu gegründet. Ein echter Traditionsverein mit vielen Höhen und Tiefen. 1903 verloren die Prager das Endspiel um die erste deutsche Meisterschaft gegen den VFB Leipzig. Jahrelang gehörte der von deutschen Juden gegründete Verein zu den besten Mannschaften Europas. 1939 wurde der DFC von den Nazis verboten und aufgelöst. Diese lange und wechselvolle Geschichte ist ein Eckpfeiler des Vereins, so Vorstandmitglied Hendrik Taulin. "Also primär sind wir natürlich ein Fußball- und Sportclub. Also der Sport steht im Vordergrund aber wir sind uns auch klar bewusst, auch wenn es die Wiedergründung des Vereins ist, das wir diese Historie haben und vor diesem Hintergrund haben wir auch entsprechende Gespräche geführt hier mit der jüdischen Gemeinde und der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde hier in Tschechien ist auch in unserem Ehrenrat vertreten. Das war auch wichtig um diese historische Komponente aufarbeiten zu können."
    Turnier im ehemaligen Ghetto
    Viele jüdische Spieler und Mitglieder des DFC wurden nach dem deutschen Einmarsch verschleppt und von den Nazis in den Konzentrationslagern ermordet. In der neuen Satzung werden deshalb Toleranz und Völkerverständigung als zentrale Anliegen des Vereins hervor gehoben. Im Sommer wird der DFC an einem großen internationalen Turnier im ehemaligen Ghetto Theresienstadt teilnehmen. "Dieses Turnier in Terezin ist als eine Projektwoche angelegt wo es nicht nur um den Fußball geht sondern auch die entsprechende historische und sozialpolitische Bildung der Kinder und Jugendlichen durch Workshops gewährleistet werden soll und das passt natürlich wunderbar in das Konzept unseres Vereins mit dieser speziellen Historie im deutsch-tschechischen Kontext da eben auch die Sensibilität zu erhöhen und uns entsprechend einzufügen."
    Nach der Sommerpause werden die jüngeren Jugendmannschaften dann zum ersten Mal in den Ligen des Prager Vereinsfußballs an den Start gehen. Kinder von anderen Vereinen beginnen sich für den Traditionsverein mit seinem internationalen Anspruch zu begeistern. In den kommenden Jahren soll dann eine Männermannschaft angemeldet werden. Mehrere deutsche Firmen in Tschechien gehören zu den Sponsoren und haben weitere finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt.