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DFG-Präsident verlangt raschen Abschluss des Hochschulpakts II

Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Matthias Kleiner, hat die Unterzeichnung des Hochschulpakts II noch vor der Bundestagswahl im September gefordert. Die Forscher müssten sicher sein können, dass ihre Projekte finanziert werden könnten. Nur so ließe sich gewährleisten, dass sie nicht - von der Strahlkraft der US-Forschungsgelder angelockt - Deutschland verließen.

Matthias Kleiner im Gespräch mit Kate Maleike |
    Olbertz: "Ja, davon können wir ausgehen."

    Kate Maleike: "Ja, davon können wir ausgehen." Das waren die Worte von Jan-Hendrik Olbertz, dem sachsen-anhaltinischen Kultusminister, als wir ihn Anfang April hier in dieser Sendung gefragt hatten, ob der Hochschulpakt II wohl unterzeichnet werden wird. Doch nun grätschen die Finanzminister von Bund und Ländern unerwartet dazwischen. Sie wollen über die Fortschreibung nicht nur des Hochschulpaktes, sondern auch über die des Paktes für Forschung und den Exzellenzwettbewerb erst nach der Bundestagswahl im September entscheiden. Die Wirtschafts- und Finanzkrise mache diesen Haushaltsvorbehalt notwendig, hieß es. Matthias Kleiner ist der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die ja zusammen mit dem Wissenschaftsrat die Exzellenzinitiative sozusagen stemmt. Herr Kleiner, Sie fordern nun ein Machtwort der Kanzlerin. Wollen Sie sie bei der Bildungsgipfelehre packen?

    Matthias Kleiner: Na ja, die Fortsetzung dieser drei Pakte - Exzellenzinitiative, Hochschulpakt und Pakt für Forschung und Innovation - war ja Thema beim Bildungsgipfel in Dresden im Oktober 2008. Und dort haben die Regierungschefs der Länder und die Bundeskanzlerin ja vereinbart, dass diese drei Pakte fortgesetzt werden innerhalb dieses Zehn-Prozent-Ziels für Bildung und Forschung. Und ich gehe mal davon aus, dass die Regierungschefs und die Bundeskanzlerin auch dabei bleiben. Im Übrigen gehe ich auch davon aus, dass diese Pakte unterschrieben werden und dass auch die Finanzminister der Länder und des Bundes das wollen. Die Frage ist für mich nur, wann die Unterschrift erfolgt und wie das Finanzniveau sein wird, wenn die Pakte abgeschlossen werden. Das sind die beiden Fragen, die mich und die uns in der Wissenschaft im Moment sehr beschäftigen.

    Maleike: Nach der bisherigen Planung treffen sich Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder ja am 4. Juni und wollen eigentlich dort ja die Fortschreibungen beschließen. Gehen Sie davon aus, dass bis dahin so viele Gespräche wieder geführt wurden, dass es tatsächlich zu einem Unterschreiben kommt?

    Kleiner: Doch, ich bin da sehr optimistisch, dass das passieren wird. Und ich sehe auch die große Notwendigkeit, das noch vor der Wahl zu machen beziehungsweise jetzt im Sommer zu machen. Man muss sich nur mal vor Augen führen, die USA haben im Rahmen des Konjunkturprogramms Obamas doch sehr viel jetzt in die Wissenschaft gesteckt. Die NIH und NSF, das sind zwei Organisationen, die vergleichbar zur DFG sind, nur mit einem ungeheuer größeren Finanzvolumen, nämlich von zusammen in ihrem Grundhaushalt etwa 27 Milliarden Dollar, bekommen zusammen fast 14 Milliarden Dollar zusätzlich, um sie in zwei Jahren auszugeben. Und das zu einem Zeitpunkt, wo wir hier drauf warten, dass diese drei Pakte fortgeschrieben werden. Und ich glaube, dass in dieser Situation, wo die Amerikaner händeringend nach Personal suchen werden, um das Geld dieses Konjunkturprogramms sinnvoll in Wissenschaft und Forschung ausgeben zu können - man redet davon, dass man allein aus Europa 15.000, 20.000 junge Wissenschaftler noch in diesem Jahr holen möchte -, dass gerade zu diesem Zeitpunkt ein klares Wort erforderlich ist, wie es mit diesen drei Pakten weitergeht. Und was das Finanzvolumen angeht, die Fachminister haben ja nach langer Prüfung und aufgrund der Vorschläge der Wissenschaft doch ein Paket geschnürt, was eben angemessen ist, eine Erhöhung der Mittel für die Exzellenzinitiative, sodass tatsächlich ein fairer Wettbewerb zwischen Fortsetzungsanträgen und Neuanträgen passieren kann. Eine Erhöhung des sicheren Zuwachses der Budgets der Forschungsorganisationen von fünf Prozent, damit wir neue Zukunftsaufgaben anpacken können und Innovationen auf den Weg bringen können. Und letztlich, aber wahrscheinlich ganz oben in der Wichtigkeit, der Hochschulpakt, der einerseits neue Studienplätze an die Hochschulen bringt und zum anderen die Programmpauschalen für die DFG, die einfach in den letzten zwei Jahren so viel Neues und neue Spielräume für die Hochschulen gebracht haben. Das alles zusammen ist enorm wichtig für die Hochschulen, für das Wissenschaftssystems, und wenn ich das noch sagen darf, auch für Gesellschaft und Wirtschaft. Denn man muss sich vorstellen, 30.000 Menschen werden beschäftigt werden mit diesem Paket, das etwa drei Milliarden Euro jährlich von 2011 bis 2016, wenn man das mal umrechnet, ausmachen wird. 30.000 Menschen, die hier eine ungeheure Forschungsleistung für Gesellschaft und Wirtschaft zusammenbringen. Also insgesamt sind das Argumente, die für mich einfach nur den Schluss zulassen, entscheiden jetzt im Juni vor der Wahl, damit jede Unsicherheit herauskommt, jede Unsicherheit, die gerade auf eine ganze Generation junger Leute - Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler - ausstrahlen könnte und sie in dieser Unsicherheit dann doch in die USA oder in andere Länder schielen lässt.

    Maleike: Sie haben das Fördervolumen angesprochen, es wird ja immer von insgesamt für alle drei Programme von 18 Milliarden Euro gesprochen. Ist das auch Ihre Rechnung?

    Kleiner: Es sind 17 bis 18 Milliarden Euro, ja.

    Maleike: Aber die Kassen sind im Moment nun mal leer. Natürlich kommt es auch auf Nachhaltigkeit an, keine Frage. Sie haben ganz zu Anfang schon so ein bisschen eingeräumt, dass man möglicherweise auch noch mal schauen müsste, wenn es denn zur Unterzeichnung vor der Bundestagswahl kommt, wie genau das Volumen dann aussieht. Müssen Sie sich möglicherweise auf den Rotstift bei allen drei Programmen einstellen?

    Kleiner: Na ja, also Finanzierungsfragen sind immer Priorisierungsfragen und Verteilungsfragen, das ist doch ganz klar. Und ich meine, die Wissenschaft und Bildung, der Wissenschafts- und Bildungsbereich muss aus meiner Sicht gerade vor dem Hintergrund, dass seit einigen Jahren die Politik deutlich gesagt hat, dass Bildung und Wissenschaft Priorität hat, muss, glaube ich, jetzt drauf drängen, dass dieser Priorität folgend auch die Finanzierungsprioritäten entsprechend gesetzt werden. Und ich sehe schon, dass durchaus der Kuchen etwas kleiner wird, und trotzdem denke ich, ist es richtig, das Stück, was ja relativ klein ist - muss man ja auch mal sagen - gegenüber vielen anderen Finanzleistungen, dass dieses Stück des Kuchens für Wissenschaft und Bildung eben nicht kleiner, sondern größer wird. Nur das sichert langfristig unsere Zukunft.

    Maleike: Zum politischen Tauziehen um die milliardenschweren Förderprogramme für Hochschulen und Forschungen war das der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Matthias Kleiner. Vielen Dank!