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DHM-Generaldirektor Ottomeyer: Es gibt keinen Rechtsstreit

Der Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums, Hans Ottomeyer, hat Ansprüche von Erben des jüdischen Zahnarztes Hans Sachs auf Herausgabe von Plakaten eine Absage erteilt. Das Magazin Focus hatte in seiner jüngsten Ausgabe über "unklare Eigentumsverhältnisse" in Bezug auf zwei Dutzend Plakate aus jüdischem Besitz berichtet, die in der neuen Dauerausstellung des DHM integriert sind. Im Deutschlandfunk sagte Ottomeyer: "Es gibt keinen Rechtsstreit, es gibt nicht einmal eine Klage."

Moderation: Karin Fischer |
    Karin Fischer: Muss die Neue Ausstellung wegen dieses Streits demnächst wieder umgestaltet werden?

    Hans Ottomeyer: Nein, die Dauerausstellung muss nicht umgestaltet werden. Wir zeigen dort 8.000 Exponate. Die Plakate aus der Sammlung Sachs, die im Bereich der Kriegsanleihe nach dem Ersten Weltkrieg und im Bereich der politischen Agitation in den 1920er Jahren ihren Platz gefunden haben sind exakt 38 an der Zahl und in der Überfülle der dort vorgetragenen und gezeigten Objekte spielen sie eine minimale Rolle.

    Fischer: Der Fokusartikel suggeriert, dass es einen laufenden Rechtsstreit gibt. Wie ist denn der Stand der Dinge?

    Ottomeyer: Es gibt überhaupt keinen Rechtsstreit. Es gibt nicht einmal eine Klage, sondern es gibt Rechtsanwaltsbriefe, in denen wir aufgefordert werden, die Sammlung Sacks, soweit sie noch erhalten ist, an Erben zurückzugeben. Das Deutsche Historische Museum hat die Sache sorgfältig geprüft, zusammen mit einem juristischen Berater und man hat uns klar darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Sammlung Sacks von der Bundesrepublik Deutschland in einem Wiedergutmachungsverfahren entgolten worden ist. Niemand wusste damals, dass die Sammlung in der DDR lag. Die DDR hat ja in keinem Falle solche Rechtsansprüche entgolten, aber es gab eine intensive Korrespondenz mit dem damaligen Sammlungsleiter der Plakatsammlung, Dr. Rademacher, mit dem Sammler Dr. Sachs über seine Sammlung, von der er erfuhr, dass sie in Ostberlin liegt. Und der Sammler Sachs war überglücklich, dass die Sammlung in wesentlichen Teilen erhalten war, dass sie in öffentlichem Besitz war, dass sie wissenschaftlich zugänglich gemacht wurde und fachgerecht bewahrt wurde. Und hat mehrfach schriftlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich einerseits entschädigt fühlt, andererseits froh war, dass sie in einem Museum sich befindet.

    Fischer: Wie begründen denn aber Peter Sachs und die Familie dann ihr Anliegen?


    Ottomeyer: Sie sind Nacherben. Sie haben an diesem Erbe nur über die Entschädigungszahlung in zeitlicher Distanz teilgehabt und möchten jetzt diese verbleibende Sammlung in Gänze jetzt wieder zurückhaben.

    Fischer: Nun hat ja Deutschland nach der Washingtoner Konferenz von1998 auch unterschrieben, dass beschlagnahmte Kunstwerke und Vermögenswerte aus jüdischem Besitz nach Möglichkeit restituiert werden sollen und zwar auch solche, die nicht direkt von den Nazis gestohlen, sondern über Mittelsmänner legal erworben wurden. "Legalisierter Raub" hat das eine Ausstellung ihres Deutschen Historischen Museums vor nicht langer Zeit selbst überschrieben. Das ist natürlich eine Verpflichtung, die eher auf der moralischen, denn auf der rechtlichen Seite zu sehen ist. Gilt die nicht nach wie vor?

    Ottomeyer: Nein. Es ist hier ein eklatanter Widerspruch zwischen den verschiedenen Rechtsgefühlen der Beteiligten und dem, was geltendes Recht ist. Und geltendes Recht überträgt nicht meines Wissens den Erbanspruch von einer Generation auf eine andere und dann weiter auf eine andere. Zum Stellen von Rechtsansprüchen hat die Bundesrepublik Deutschland Verjährungsfristen gestellt. Zweimal beide Verjährungsfristen sind gestrichen ohne dass ein Anspruch gestellt wurde und wenn ich es richtig verstanden habe, dann stellen die Erben Sachs sich auf den Standpunkt, sie hätten nie davon gewusst, dass die Sammlung sich hier im Hause befindet.

    Fischer: Das heißt aus Ihrer Sicht, Herr Ottomeyer, gibt es auch keinen Grund die entsprechende Schiedskommission unter Vorsitz von Jutta Limbach anzurufen?

    Ottomeyer: Wir gehen überein mit unserem Ministerium, dass wir auf der einen Seite uns im Recht befinden, dass wenn ich einen Brief von Herrn Staatsminister Neumann richtig interpretiere, ist er bereit, wenn auch die Familie ein Schiedsverfahren anerkennt, sich dem zu unterwerfen. Was natürlich nicht angeht, ist dass wir uns einem Schiedsverfahren unterwerfen, sich aber die andere Partei nicht an einen Schiedsspruch gebunden fühlt und diese Schritte sind alle längst nicht getan und von einer sofortigen Herausgabe meinerseits kann gar nicht die Rede sein. Ich muss hier nach geltendem Recht handeln und im Einvernehmen mit dem Ministerium für Kultur und Medien.
    Klassenideale und Klassenfeinde: MASCH - Marxistische Arbeiterschule
    Klassenideale und Klassenfeinde: MASCH - Marxistische Arbeiterschule (Deutsches Historisches Museum)