Beatrix Novy: Die Eifersucht des Komponisten Salieri auf den Konkurrenten Mozart ist das Thema des Bühnenstücks "Amadeus" von Peter Shlaffer. Milos Forman verfilmte es. In einer Szene improvisiert der unglückliche Salieri vor den Augen des allergnädigsten Kaisers eine Variation zu einem Klavierstückchen. Und dann setzt sich der kleine Mozart ans Klavier und fängt derart an zu extemporieren, dass allen die Luft wegbleibt und Salieri das Hassen lernt.
So titanenhaft erhob sich Jahre später Beethoven über andere Komponisten, als er ein Stück des jedem Klavier-Klippschüler geläufigen Verlegerkomponisten Anton Diabelli variierte. Aber warum will jetzt das Bonner Beethoven-Haus die Handschrift dieser Komposition, die seit Jahrzehnten unzugänglich in Privatbesitz ist, unbedingt kaufen? Denn zu kaufen ist sie, der Preis steht fest, Beteiligungszusagen gibt es auch bereits, nur es fehlen noch ein paar Euro, die über Spenden zusammenkommen müssen. Andreas Eckhardt, der Direktor des Beethoven-Hauses, hat heute in einer Pressekonferenz begründet, warum der Kauf ein großer Gewinn für die Öffentlichkeit wäre. Uns erzählt er zunächst ihre Geschichte.
Andreas Eckhardt: Das ist ja ein Gipfelpunkt der Klavierliteratur und ich würde sagen sogar der musikalischen Literatur schlechthin. Der Verleger Diabelli, der selbst auch komponiert hat, hat ein relativ schlichtes Thema vorgegeben, 1819, und hat 50 Komponisten und Beethoven, also zeitgenössische Komponisten, aufgefordert, ...
Novy: Auch keine unbedeutenden Komponisten.
Eckhardt: Auch keine unbedeutenden. Immerhin, es war der neunjährige Franz Liszt dabei, es war Schubert dabei, aber es war auch der Sohn von Mozart dabei, Franz Xaver Mozart sowie Johann Nepomuk Hummel, hatten schon eine Anerkennung. Aber es gab auch eben ganz Junge dabei.
Novy: Aber Beethoven fühlte sich da nicht in so guter Gesellschaft?
Eckhardt: Beethoven sagte, na ja, also mit 50 anderen mache ich das nicht und hat sich zunächst da ausgeschlossen, hat aber vier Jahre lang immer wieder an diesem Werk gearbeitet. Man muss bedenken, er hat parallel dazu die letzten großen Klaviersonaten geschrieben, er hat die "Missa solemnis" fertig geschrieben, er hat an der 9. Sinfonie gearbeitet, also eine unglaublich dichte Schaffensperiode, und hat dann 1823 seine 33 Veränderungen über dieses Diabelli-Thema Diabelli zur Verfügung gestellt. Der war natürlich sehr glücklich, hat dann das als erste Abteilung dieser Edition herausgegeben und dann 1824 die restlichen 50 Variationen, denn er hatte ja aufgefordert, diese anderen Komponisten, jeweils nur eine Variation zu seinem Thema zu schreiben. Und die sind dann als zweiter Band auch herausgegeben worden.
Novy: Jetzt verspricht das Beethoven-Haus, sollte diese Handschrift ins Beethoven-Haus kommen, es dann Nutzern zugänglich zu machen, sowohl professionellen Nutzern als auch Laien. Was würden die damit anfangen?
Eckhardt: Dieses Autograf, wenn es denn ins Beethoven-Haus kommt, ist ja nicht der Öffentlichkeit entzogen, so wie das jetzt die letzten 70 Jahre war, sondern wir machen erst einmal eine Sonderausstellung, wo man das wunderbare Objekt auch direkt betrachten kann. Und wir machen eine Faksimile-Ausgabe. Und wir digitalisieren es und stellen es wie alle unsere anderen über 1000 Autografe, die wir in unserer Sammlung haben, ins Internet. Das heißt also, jeder kann sich damit befassen.
Novy: Sagen Sie mal, was macht denn jemand, der sich damit befasst? Erklären Sie es doch einfach mal Laien-Zuhörern, die jetzt gar nicht wissen, was zum Beispiel ein Musikstudent oder ein fertiger Musiker mit so einem Autograf anfängt.
Eckhardt: Ich denke, viele Laien, die musikinteressiert sind, einen gewissen Zugang dazu haben, spüren einfach an einem solchen Beethoven-Autograf, wie Beethoven auch den Duktus der Musik, diese innere Dynamik, den Impetus in seiner Schreibweise abbildet. Man kann wirklich verfolgen, wenn die Musik in ihrem Drive zunimmt, dann wird er zum Beispiel sehr ungeduldig mit dem Schreiben, das geht ihm zu langsam voran. Man kann das sehen. Man kann auch diesen ganzen Prozess des Entstehens nachvollziehen, denn er korrigiert ziemlich viel. Und es sind nie Reinschriften, sondern man kann den Prozess, wie er sich entwickelt, eben wunderbar sehen. Das kann ein Laie auch. Wir haben ja bei uns im digitalen Beethoven-Haus in Bonn diese klingenden Autografe Das heißt, das Autograf wird abgebildet auf dem Computer, es blättert automatisch um und man hört über Kopfhörer das komplette Werk.
Insofern kann man also diese Schrift mitverfolgen, es geht nicht darum, Note für Note zu entziffern, das kann nicht der Sinn der Sache sein. Aber man sieht eben einfach diesen Impetus und diesen Duktus der Musik. Und für Wissenschaftler ist es natürlich eine enorm wichtige Quelle, das Autograf ist in der Regel die höchstrangige Quelle, so auch hier. Man muss auch bedenken, dass sich Interpreten von dem Original, und das ist ja die einzige Verbindung zum Komponisten direkt, inspirieren lassen. Es ist natürlich möglich für Komponisten, für Interpreten, dass sie auch das Original bei uns im Tresor ansehen können. Und wir erleben das immer wieder, dass sie sich wirklich davon inspirieren lassen.
So titanenhaft erhob sich Jahre später Beethoven über andere Komponisten, als er ein Stück des jedem Klavier-Klippschüler geläufigen Verlegerkomponisten Anton Diabelli variierte. Aber warum will jetzt das Bonner Beethoven-Haus die Handschrift dieser Komposition, die seit Jahrzehnten unzugänglich in Privatbesitz ist, unbedingt kaufen? Denn zu kaufen ist sie, der Preis steht fest, Beteiligungszusagen gibt es auch bereits, nur es fehlen noch ein paar Euro, die über Spenden zusammenkommen müssen. Andreas Eckhardt, der Direktor des Beethoven-Hauses, hat heute in einer Pressekonferenz begründet, warum der Kauf ein großer Gewinn für die Öffentlichkeit wäre. Uns erzählt er zunächst ihre Geschichte.
Andreas Eckhardt: Das ist ja ein Gipfelpunkt der Klavierliteratur und ich würde sagen sogar der musikalischen Literatur schlechthin. Der Verleger Diabelli, der selbst auch komponiert hat, hat ein relativ schlichtes Thema vorgegeben, 1819, und hat 50 Komponisten und Beethoven, also zeitgenössische Komponisten, aufgefordert, ...
Novy: Auch keine unbedeutenden Komponisten.
Eckhardt: Auch keine unbedeutenden. Immerhin, es war der neunjährige Franz Liszt dabei, es war Schubert dabei, aber es war auch der Sohn von Mozart dabei, Franz Xaver Mozart sowie Johann Nepomuk Hummel, hatten schon eine Anerkennung. Aber es gab auch eben ganz Junge dabei.
Novy: Aber Beethoven fühlte sich da nicht in so guter Gesellschaft?
Eckhardt: Beethoven sagte, na ja, also mit 50 anderen mache ich das nicht und hat sich zunächst da ausgeschlossen, hat aber vier Jahre lang immer wieder an diesem Werk gearbeitet. Man muss bedenken, er hat parallel dazu die letzten großen Klaviersonaten geschrieben, er hat die "Missa solemnis" fertig geschrieben, er hat an der 9. Sinfonie gearbeitet, also eine unglaublich dichte Schaffensperiode, und hat dann 1823 seine 33 Veränderungen über dieses Diabelli-Thema Diabelli zur Verfügung gestellt. Der war natürlich sehr glücklich, hat dann das als erste Abteilung dieser Edition herausgegeben und dann 1824 die restlichen 50 Variationen, denn er hatte ja aufgefordert, diese anderen Komponisten, jeweils nur eine Variation zu seinem Thema zu schreiben. Und die sind dann als zweiter Band auch herausgegeben worden.
Novy: Jetzt verspricht das Beethoven-Haus, sollte diese Handschrift ins Beethoven-Haus kommen, es dann Nutzern zugänglich zu machen, sowohl professionellen Nutzern als auch Laien. Was würden die damit anfangen?
Eckhardt: Dieses Autograf, wenn es denn ins Beethoven-Haus kommt, ist ja nicht der Öffentlichkeit entzogen, so wie das jetzt die letzten 70 Jahre war, sondern wir machen erst einmal eine Sonderausstellung, wo man das wunderbare Objekt auch direkt betrachten kann. Und wir machen eine Faksimile-Ausgabe. Und wir digitalisieren es und stellen es wie alle unsere anderen über 1000 Autografe, die wir in unserer Sammlung haben, ins Internet. Das heißt also, jeder kann sich damit befassen.
Novy: Sagen Sie mal, was macht denn jemand, der sich damit befasst? Erklären Sie es doch einfach mal Laien-Zuhörern, die jetzt gar nicht wissen, was zum Beispiel ein Musikstudent oder ein fertiger Musiker mit so einem Autograf anfängt.
Eckhardt: Ich denke, viele Laien, die musikinteressiert sind, einen gewissen Zugang dazu haben, spüren einfach an einem solchen Beethoven-Autograf, wie Beethoven auch den Duktus der Musik, diese innere Dynamik, den Impetus in seiner Schreibweise abbildet. Man kann wirklich verfolgen, wenn die Musik in ihrem Drive zunimmt, dann wird er zum Beispiel sehr ungeduldig mit dem Schreiben, das geht ihm zu langsam voran. Man kann das sehen. Man kann auch diesen ganzen Prozess des Entstehens nachvollziehen, denn er korrigiert ziemlich viel. Und es sind nie Reinschriften, sondern man kann den Prozess, wie er sich entwickelt, eben wunderbar sehen. Das kann ein Laie auch. Wir haben ja bei uns im digitalen Beethoven-Haus in Bonn diese klingenden Autografe Das heißt, das Autograf wird abgebildet auf dem Computer, es blättert automatisch um und man hört über Kopfhörer das komplette Werk.
Insofern kann man also diese Schrift mitverfolgen, es geht nicht darum, Note für Note zu entziffern, das kann nicht der Sinn der Sache sein. Aber man sieht eben einfach diesen Impetus und diesen Duktus der Musik. Und für Wissenschaftler ist es natürlich eine enorm wichtige Quelle, das Autograf ist in der Regel die höchstrangige Quelle, so auch hier. Man muss auch bedenken, dass sich Interpreten von dem Original, und das ist ja die einzige Verbindung zum Komponisten direkt, inspirieren lassen. Es ist natürlich möglich für Komponisten, für Interpreten, dass sie auch das Original bei uns im Tresor ansehen können. Und wir erleben das immer wieder, dass sie sich wirklich davon inspirieren lassen.