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Diät ist kein Jungbrunnen

Physiologie. - Seit längerem ist bekannt, dass ein Leben auf Sparflamme bei manchen Tieren das Leben verlängert. Hefepilze, Fruchtfliegen, aber auch Ratten und Mäuse: Bei allen haben Forscher beobachtet, dass sie älter werden, wenn man ihnen weniger Kalorien zu fressen gibt. Für Primaten scheint das aber nicht unbedingt auch zu gelten. Eine Langzeitstudie an Rhesusaffen zeigt: Tiere auf Schmalkost leben nicht länger, aber immerhin gesünder.

Von Christine Westerhaus | 30.08.2012
    Mit welchem Trick Methusalem sein biblisches Alter erreichte, ist nicht überliefert. Dass es allein eine strikte Diät war, ist aber unwahrscheinlich. Schon vor 35 Jahren haben Julie Mattison vom National Institute of Aging in Baltimore und ihre Kollegen einen Versuch gestartet, in dem sie Rhesusaffen auf Schmalkost setzten. Nun berichten die Forscher im Fachmagazin "Nature", dass sie bei diesen Primaten keinen lebensverlängernden Effekt beobachten konnten.

    "Das interessante an unserer Studie ist, dass sie dem widerspricht, was eine andere Forschergruppe beobachtet hat. Das Ergebnis ihrer Untersuchung war: Rhesusaffen leben signifikant länger, wenn sie weniger Kalorien bekommen. In unserer Studie konnten wir das aber nicht beobachten, obwohl wir Hinweise darauf gefunden haben, dass Schmalkost die Gesundheit der Tiere verbessert."

    Der Vergleich der Studien zeigt, dass beide Forschergruppen ihre Tiere unter ähnlichen Bedingungen gehalten haben. Die Kost war jedoch unterschiedlich. Während die Affen in Julie Mattisons Gruppe eine genau definierte Menge und Zusammensetzung an Nahrung bekamen, durften zumindest die Tiere in der Kontrollgruppe des anderen Forscherteams so viel essen, wie sie wollten.

    "Unsere Kost war sehr gesund, mit natürlichen Inhaltsstoffen und ungesättigten Fettsäuren zum Beispiel. Das Ergebnis war, dass sowohl die kalorienreduzierten Tiere als auch ihre Artgenossen in der Kontrollgruppe viel länger leben, als es von Rhesusaffen in Gefangenschaft bekannt ist. Vielleicht hat also die gesunde Ernährung die Lebensspanne aller Tiere so weit verlängert, dass der Effekt der Kalorienrestriktion bei unseren Affen nicht so deutlich wurde."

    Die Schmalkost hat zwar nicht das Leben der Tiere verlängert, dafür aber ihr Risiko für bestimmte Krankheiten verringert.

    "Bei Affen, die schon in sehr jungen Jahren auf Schmalkost gesetzt wurden, sehen wir keine Anzeichen einer Krebserkrankung. In der Kontrollgruppe entwickelten dagegen sechs Tiere Tumoren. Das ist ein interessanter Effekt."

    Weniger Kalorien könnten also eventuell altersbedingte Krankheiten verhindern oder zumindest verzögern. Vielleicht macht sich dieser positive Effekt bei so langlebigen Tieren wie Primaten aber ganz einfach nicht so deutlich bemerkbar, meint Steven Austad. An der Texas Universität erforscht er die Alterungsprozesse von Säugetieren.

    "Mäuse werden nicht sehr alt. Es könnte sein, dass dieser Diät-Trick nur bei Tieren mit einer kurzen Lebensspanne funktioniert, nicht aber bei langlebigen Säugetieren wie Affen oder Menschen. Auf der anderen Seite wäre es aber auch nicht der erste Zusammenhang, den wir zwar bei Mäusen, nicht aber bei Menschen sehen. Immerhin sind 90 Prozent aller Krebsmedikamente, die bei Mäusen Tumoren beseitigen, bei Menschen wirkungslos. Selbst wenn wir diesen Zusammenhang zwischen Kalorienrestriktion und Lebensdauer bei Rhesusaffen gefunden hätten, würde ich mich nun fragen, was das eigentlich bedeutet."

    Vielleicht werden die CRONies den Forschern helfen, diese Frage zu beantworten. CRONie steht für Kalorienreduktion bei optimaler Nährstoffversorgung und bezeichnet die Mitglieder einer amerikanischen Bewegung, die freiwillig 20 bis 40 Prozent weniger Kalorien zu sich nehmen. Die Suche nach der Jungbrunnen Diät wird also in jedem Fall weitergehen.