Andere Säuglinge nuckeln ihre Milch munter aus der Flasche. Burcin hingegen konnte nicht saugen: weder am Nuckel noch an Mamas Brust. Heute ist das Mädchen fünf, es kann immer noch nicht richtig schlucken und - bis auf "Baba" - auch nicht sprechen. Yeldirei Afsar – der Vater – hat seinen Optimismus deswegen aber nie verloren:
Sie versucht sich mit Händen und Füßen zu erklären. Das macht sie auch sehr clever. Allgemein ist sie sehr in Ordnung. Das einzige Problem ist Sprechen, Essen und Trinken. Doch das ist ein großes Problem.
Seit nunmehr fünf Jahren konsultieren die leidgeprüften Eltern eine Arztpraxis nach der anderen – ohne durchgreifenden Erfolg: nicht einmal eine Diagnose konnten die behandelnden Ärzte stellen. Dann endlich. Ein Hamburger Pädiater erkannte die Grenzen seiner Möglichkeiten und überwies die Fünfjährige zum "Kinderkrankenhaus auf der Bult" nach Hannover. Und dort war die Diagnose eine Sache von Sekunden. Prof. Hans Joachim Christen setzt für solche schwierigen, das heißt seltenen Fälle einen speziellen Diagnose-Computer ein. Erster Schritt: das Wort "Schluckstörungen" eintippen:
Der Computer hat zunächst mal zehn verschiedene Krankheitsbilder ausgesucht, und dann habe ich zusätzlich noch "Sprachstörungen" als Kriterium eingegeben, und dann blieb nur dieses Syndrom übrig, denn Schluckstörungen, Ernährungsstörungen und Sprachstörungen sind in der Kombination so selten, dass in der Kombination dann tatsächlich nicht mehr viele Krankheitsbilder in Frage kommen.
So genannte "Syndromdatenbanken" – wie sie jetzt im "Kinderkrankenhaus auf der Bult" eingesetzt werden – sind eine große Ausnahme in deutschen Kliniken. Nicht einmal ein handvoll Krankenhäuser setzt auf die digitale Unterstützung. Doch gerade bei einem Syndrom – einem Krankheitsbild, das sich aus verschiedenen charakteristischen Symptomen zusammensetzt – bietet der Computer eine wichtige Hilfe: Ärzte werden sofort auf die richtige Fährte gelenkt:
All diesen Sydromen ist ja gemein, dass sie sehr stark variieren und von einem Patienten zum anderen anders aussehen – innerhalb einer gewissen Variationsbreite. Und dadurch, dass für ein und dasselbe Syndrom auf dieser Syndromdatenbank sechs, acht, zehn verschiedene Patienten in verschiedenem Alter abgebildet werden, kann man eben dann viel genauer das was man sieht vergleichen mit dem, was man als Syndrom in Verdacht hat und damit auch die Diagnose plausibel stellen.
Die Syndrom-Datenbank ist eine britische Entwicklung. Die Daten werden ständig aktualisiert, ergänzt, so dass die Ärzte immer auf den neuesten Stand sind. Heilung – im ursächlichen Sinne – kann Prof. Christen leider nicht versprechen. Dennoch ist technische Hilfe möglich:
Es gibt heutzutage moderne, elektronische Kommunikationshilfsmittel, die von ihr genutzt werden können, da sie ein intelligentes und ansonsten normal entwickeltes Mädchen ist.
Im Falle der kleinen Burcin hätte Prof. Christen sogar ohne Hilfe des Computers sofort gewusst, was mit der Kleinen los ist: dreimal schon in seinem Berufsleben sah er Kinder mit ähnlichen Symptomen. Doch in vielen anderen Fällen weiß auch der Experte nicht weiter. 3000 Kinder mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen werden dem Kinderkrankenhaus jährlich vorgestellt. In der Vergangenheit blieben mehr als die Hälfte dieser Fälle ungeklärt. Die neue Syndrom-Datenbank soll dabei helfen, Licht in das Dunkel bringen. Wahrlich: eine Chance für die Kinder.
Beitrag als Real-Audio
021119-syndromdatenbank.ram
Sie versucht sich mit Händen und Füßen zu erklären. Das macht sie auch sehr clever. Allgemein ist sie sehr in Ordnung. Das einzige Problem ist Sprechen, Essen und Trinken. Doch das ist ein großes Problem.
Seit nunmehr fünf Jahren konsultieren die leidgeprüften Eltern eine Arztpraxis nach der anderen – ohne durchgreifenden Erfolg: nicht einmal eine Diagnose konnten die behandelnden Ärzte stellen. Dann endlich. Ein Hamburger Pädiater erkannte die Grenzen seiner Möglichkeiten und überwies die Fünfjährige zum "Kinderkrankenhaus auf der Bult" nach Hannover. Und dort war die Diagnose eine Sache von Sekunden. Prof. Hans Joachim Christen setzt für solche schwierigen, das heißt seltenen Fälle einen speziellen Diagnose-Computer ein. Erster Schritt: das Wort "Schluckstörungen" eintippen:
Der Computer hat zunächst mal zehn verschiedene Krankheitsbilder ausgesucht, und dann habe ich zusätzlich noch "Sprachstörungen" als Kriterium eingegeben, und dann blieb nur dieses Syndrom übrig, denn Schluckstörungen, Ernährungsstörungen und Sprachstörungen sind in der Kombination so selten, dass in der Kombination dann tatsächlich nicht mehr viele Krankheitsbilder in Frage kommen.
So genannte "Syndromdatenbanken" – wie sie jetzt im "Kinderkrankenhaus auf der Bult" eingesetzt werden – sind eine große Ausnahme in deutschen Kliniken. Nicht einmal ein handvoll Krankenhäuser setzt auf die digitale Unterstützung. Doch gerade bei einem Syndrom – einem Krankheitsbild, das sich aus verschiedenen charakteristischen Symptomen zusammensetzt – bietet der Computer eine wichtige Hilfe: Ärzte werden sofort auf die richtige Fährte gelenkt:
All diesen Sydromen ist ja gemein, dass sie sehr stark variieren und von einem Patienten zum anderen anders aussehen – innerhalb einer gewissen Variationsbreite. Und dadurch, dass für ein und dasselbe Syndrom auf dieser Syndromdatenbank sechs, acht, zehn verschiedene Patienten in verschiedenem Alter abgebildet werden, kann man eben dann viel genauer das was man sieht vergleichen mit dem, was man als Syndrom in Verdacht hat und damit auch die Diagnose plausibel stellen.
Die Syndrom-Datenbank ist eine britische Entwicklung. Die Daten werden ständig aktualisiert, ergänzt, so dass die Ärzte immer auf den neuesten Stand sind. Heilung – im ursächlichen Sinne – kann Prof. Christen leider nicht versprechen. Dennoch ist technische Hilfe möglich:
Es gibt heutzutage moderne, elektronische Kommunikationshilfsmittel, die von ihr genutzt werden können, da sie ein intelligentes und ansonsten normal entwickeltes Mädchen ist.
Im Falle der kleinen Burcin hätte Prof. Christen sogar ohne Hilfe des Computers sofort gewusst, was mit der Kleinen los ist: dreimal schon in seinem Berufsleben sah er Kinder mit ähnlichen Symptomen. Doch in vielen anderen Fällen weiß auch der Experte nicht weiter. 3000 Kinder mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen werden dem Kinderkrankenhaus jährlich vorgestellt. In der Vergangenheit blieben mehr als die Hälfte dieser Fälle ungeklärt. Die neue Syndrom-Datenbank soll dabei helfen, Licht in das Dunkel bringen. Wahrlich: eine Chance für die Kinder.
Beitrag als Real-Audio
021119-syndromdatenbank.ram