Schnells erhellender, präzise argumentierender Band bietet außerdem Skizzen der Schreibwirklichkeit im Dritten Reich zwischen Anpassung, innerer Emigration und rasendem Mitläufertum sowie eine in 15 Thesen wünschenswert klare Analyse "nationalsozialistischer Dichtung" mit dem Ergebnis, daß sie sich als pure Macht-Manifestation und -Verklärung und somit als Nicht-Literatur selbst entlarvt. Nationalsozialistische Dichtung ist nämlich, anders etwa als die Literatur aus dem Dunstkreis des italienischen Faschismus, der Versuch, "allen die identische Rede aufzuzwingen, allen ein identisches Reden abzuringen." Literatur aber wäre das genaue Gegenteil, nämlich, nach der Definition Roland Barthes', "die außerhalb der Macht stehende Sprache in dem Glanz einer permanenten Revolution der Rede zu hören."
Den Band beschließen Aufsätze zur Widerstands- und Exilliteratur sowie Überlegungen zur literarischen Entwicklung nach 1945. Schnell wendet sich mit solchen literarhistorischen Analysen entschieden gegen die sich gerade in jüngster Zeit häufenden Versuche, eine nationale Identität auf der tabula rasa eines freigeräumten, historischen Bauplatzes zu konstruieren. Als argumentativer Leitfaden dient dabei, was Nietzsche über den Umgang mit Geschichte notierte: "Denn da wir nun einmal die Resultate früherer Geschlechter sind, sind wir auch die Resultate ihrer Verirrungen, Leidenschaften und Irrthümer, ja Verbrechen; es ist nicht möglich sich ganz von dieser Kette zu lösen."