Das Oberstufenkolleg in Bielefeld verbindet bundesweit einmalig die letzen beiden Schuljahre und das Abitur mit dem Grundstudium an der Uni. Die Kollegiaten lernen nicht nur in Fächern, sondern in interdisziplinären Projekten. Jetzt will das nordrhein-westfälische Bildungsministerium das Oberstufenkolleg reformieren und einige seiner Privilegien beschneiden. So soll die Stundenzahl der Lehrer erhöht, ihre Begleitforschung eingeschränkt und die Schulzeit von vier auf drei Jahre verkürzt werden. Bei der drohenden Umwandlung des Oberstufenkollegs in eine gymnasiale Oberstufe wollen die Kollegiaten und Lehrpersonen aber nicht tatenlos zusehen. Das 1974 auf Initiative des Reformpädagogen Hartmut von Hentig als Versuchsschule gegründete Oberstufenkolleg lockt mit seinem offenen Unterrichtsstil Menschen aus ganz Deutschland nach Bielefeld. An keiner deutschen Schule schaffen so viele junge Leute aus sozial benachteiligten Familien und so viele Ausländer das Abitur wie hier. Der Übergang ins Studium klappt allerdings nicht so gut, wie ursprünglich erhofft, gibt Gert Rickeit, Rektor der Uni Bielefeld zu: "Viele Hochschullehrer stellen fest, dass die Qualifikation sehr unterschiedlich ist. Wir müssen zurzeit sehr viel hineinsetzen, um den Leuten mathematische Grundkenntnisse, Deutsch- oder Fremdsprachenkenntnisse zu vermitteln." In der Fachwelt stößt die Arbeit des Oberstufenkollegs auf großes Interesse. Selbst aus Südamerika kommen Bildungsplaner, um sich das Reformmodell anzusehen. "Das Wichtigste ist es, die Chancengleichheit voranzubringen", erklärt Hermann Schwember, der die chilenische Regierung in Bildungsfragen berät. "In Ländern wie Chile sind Klassen- und Kulturunterschiede zwischen Leuten mit höherem und Leuten mit niedrigerem Einkommen mehr als in Deutschland zu groß." Das Oberstufenkolleg beweise, dass Studenten von unterschiedlicher Herkunft den gleichen Stand erreichen können. Die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Gabriele Behler will ihre Änderungspläne mit dem Oberstufenkolleg diskutieren, verlangt aber die Bereitschaft zu Reformen: "Man muss für die Verwendung von Steuergeldern regelmäßig Legitimationen liefern. Darum geht es." Am 3. November verhandeln Kollegleitung und Ministerium weiter über die Zukunft des Oberstufenkollegs.
Related Links
Oberstufenkolleg Bielefeld
Related Links
Oberstufenkolleg Bielefeld