Das ist eine Parallelwelt, eine Parallelbeschäftigung, am Anfang war es gar nicht vorbedacht, im Gegenteil war ich anfangs gegen Bilder und Fotografie eingestellt, in der theoretischen Logik war ich gegen diese Bilder, Vervielfältigung und so weiter, also auch gegen Fotografie.
Baudrillard, der Germanistik studiert und einige Jahre auch als Deutschlehrer an einer Mittelschule in Paris gearbeitet hat und daher immer noch bemerkenswert gut deutsch spricht, bekennt, daß alles mit der Fotografie auf einem dieser berüchtigten Zufälle beruhte. Japaner schenkten ihm beim einem Aufenthalt in ihrem Land, womöglich in einer Anwandlung philosophischer Selbstironie, einen kleinen Apparat. Anfangs war das Herumknipsen für ihn ein Spiel, erzählt der Philosoph, aber es gäbe in seinem Wesen dann doch auch eine Affinität zur Verführung. So entwickelte sich das spontane Fotografieren zum Hobby, und es könne sogar einmal die selbe Bedeutung bekommen wie die Theorie. Denn Bilder schlössen jede Sinnbedeutung aus im Gegensatz zur Schrift und Theorie. Und genau das ist es was ihn am Bilder machen reizt.
Das Wesentliche ist das Fragmentarische, aber das ist auch eine Verwandtschaft mit der Schrift, also mit der theoretischen Schriften, bei mir sind es auch meistens Fragmente, Bruchstücke, kurze Geschichten. Das ist keine Gesamttheorie. Also sind die Bilder vielleicht auch im Inneren der Theorie anwesend. Die Bilder sind doch eher dazu fähig, das Fragmentarische wiederzugeben und vielleicht besser und radikaler als das Schreiben, als die Theorie.
In der Tat springt die Vorliebe des fotografierenden Philosophen für das Fragmentarische, das Flüchtige und Ephemere ins Auge. Ein Schatten an der Wand, aus einem Fenster fotografierte Passanten, ebenfalls mit langen Schatten. Farbreste auf Bootsrümpfen, Schlieren auf Fensterscheiben, Selbstportraits mit vorgehaltener Kamera im Ganzkörperspiegel. Stilleben mit Tagebüchern, Landschaftsdetails aus allen Erdteilen. Doch in der Tat kann man, wenn man will, Korrespondenzen herstellen zu Baudrillards philosophischer Sprache, in der ja immer wieder kombinatorische Kurzschlüsse zwischen überaus bildreicher und überaus abstrakter Sprache genießt. Mitunter fotografiert er ganze Serien. Heutige Fototechnik ermöglicht auch dem, der sich nie mit ihr befaßt hat, farbintensive Bilder zu produzieren, die schön anzusehen sind. Die Abzüge sind ins museale Format vergrößert, und das Museum Fridericianum hat sie in Bilderrahmen auf fünf große Säle verteilt, was in seiner Opulenz der kammermusikalischen Gestimmtheit von Baudrillards Denken völlig widerspricht.
Darauf angesprochen, sieht der Philosoph der hyperrealen Welt sich dann doch gehalten, klarer Stellung zu seiner Absicht zu beziehen, seiner Fotografien im großen Rahmen auszustellen, der wahrscheinlich weniger prächtig wäre, wäre Baudrillard nicht eben Baudrillard...
Vielleicht sind sie eben das Gegenbild, nicht das Ebenbild, sondern das Gegenbild, die wollen gar nicht Zeugnis sein von dieser heutigen künstlichen, hyperrealen Welt, das macht die Theorie. In Bildern ist das die reine Erscheinung, also gegen die Simulation, im Grunde sind diese Bilder gar nicht Simulation, ich möchte daß sie es nicht sind, gar nicht das System, im Grunde gegen das System, natürlich weil sie gar nicht kritisch oder politisch und dergleichen sind. Aber sie sind doch eine Aktion, ein acting out gegen das System, gegen die Simulation.
Zumindest ist es interessant, festzuhalten, daß hier ein Philosoph, die wie kein anderer die Welt der totalen Simulation und Illusion beschworen und kritisiert hat, über das Bild quasi eine Art privaten Gegenzauber begonnen hat. Baudrillard selbst macht sich keine Illusion, auch noch als Fotokünstler in die Geschichte einzugehen. Vielleicht aber hofft er, und manches deutet darauf hin, in einigen flüchtigen und poetischen Momenten seiner eigenen Theorie zu entkommen.
Baudrillard, der Germanistik studiert und einige Jahre auch als Deutschlehrer an einer Mittelschule in Paris gearbeitet hat und daher immer noch bemerkenswert gut deutsch spricht, bekennt, daß alles mit der Fotografie auf einem dieser berüchtigten Zufälle beruhte. Japaner schenkten ihm beim einem Aufenthalt in ihrem Land, womöglich in einer Anwandlung philosophischer Selbstironie, einen kleinen Apparat. Anfangs war das Herumknipsen für ihn ein Spiel, erzählt der Philosoph, aber es gäbe in seinem Wesen dann doch auch eine Affinität zur Verführung. So entwickelte sich das spontane Fotografieren zum Hobby, und es könne sogar einmal die selbe Bedeutung bekommen wie die Theorie. Denn Bilder schlössen jede Sinnbedeutung aus im Gegensatz zur Schrift und Theorie. Und genau das ist es was ihn am Bilder machen reizt.
Das Wesentliche ist das Fragmentarische, aber das ist auch eine Verwandtschaft mit der Schrift, also mit der theoretischen Schriften, bei mir sind es auch meistens Fragmente, Bruchstücke, kurze Geschichten. Das ist keine Gesamttheorie. Also sind die Bilder vielleicht auch im Inneren der Theorie anwesend. Die Bilder sind doch eher dazu fähig, das Fragmentarische wiederzugeben und vielleicht besser und radikaler als das Schreiben, als die Theorie.
In der Tat springt die Vorliebe des fotografierenden Philosophen für das Fragmentarische, das Flüchtige und Ephemere ins Auge. Ein Schatten an der Wand, aus einem Fenster fotografierte Passanten, ebenfalls mit langen Schatten. Farbreste auf Bootsrümpfen, Schlieren auf Fensterscheiben, Selbstportraits mit vorgehaltener Kamera im Ganzkörperspiegel. Stilleben mit Tagebüchern, Landschaftsdetails aus allen Erdteilen. Doch in der Tat kann man, wenn man will, Korrespondenzen herstellen zu Baudrillards philosophischer Sprache, in der ja immer wieder kombinatorische Kurzschlüsse zwischen überaus bildreicher und überaus abstrakter Sprache genießt. Mitunter fotografiert er ganze Serien. Heutige Fototechnik ermöglicht auch dem, der sich nie mit ihr befaßt hat, farbintensive Bilder zu produzieren, die schön anzusehen sind. Die Abzüge sind ins museale Format vergrößert, und das Museum Fridericianum hat sie in Bilderrahmen auf fünf große Säle verteilt, was in seiner Opulenz der kammermusikalischen Gestimmtheit von Baudrillards Denken völlig widerspricht.
Darauf angesprochen, sieht der Philosoph der hyperrealen Welt sich dann doch gehalten, klarer Stellung zu seiner Absicht zu beziehen, seiner Fotografien im großen Rahmen auszustellen, der wahrscheinlich weniger prächtig wäre, wäre Baudrillard nicht eben Baudrillard...
Vielleicht sind sie eben das Gegenbild, nicht das Ebenbild, sondern das Gegenbild, die wollen gar nicht Zeugnis sein von dieser heutigen künstlichen, hyperrealen Welt, das macht die Theorie. In Bildern ist das die reine Erscheinung, also gegen die Simulation, im Grunde sind diese Bilder gar nicht Simulation, ich möchte daß sie es nicht sind, gar nicht das System, im Grunde gegen das System, natürlich weil sie gar nicht kritisch oder politisch und dergleichen sind. Aber sie sind doch eine Aktion, ein acting out gegen das System, gegen die Simulation.
Zumindest ist es interessant, festzuhalten, daß hier ein Philosoph, die wie kein anderer die Welt der totalen Simulation und Illusion beschworen und kritisiert hat, über das Bild quasi eine Art privaten Gegenzauber begonnen hat. Baudrillard selbst macht sich keine Illusion, auch noch als Fotokünstler in die Geschichte einzugehen. Vielleicht aber hofft er, und manches deutet darauf hin, in einigen flüchtigen und poetischen Momenten seiner eigenen Theorie zu entkommen.