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Die Aktualität offener Formen

Seit zehn Jahren gibt es die Redaktion "Hörspiel und Medienkunst" beim Bayerischen Rundfunk. Ein Verzeichnis der in dieser Zeit entstandenen Werke ist nun pünktlich zum runden Jubiläum erschienen. Sein Titel - "Intermedialität und offene Form" - ist Programm. Er bezeichnet die Öffnung des Hörspiels hin zu allen Medienkünsten. Leiter der Redaktion ist Herbert Kapfer.

Von Frank Olbert |
    Frank Olbert: Herr Kapfer, welche Rolle kann eine offene Medienkunst im Zeitalter von Internet und podcast einnehmen?
    Herbert Kapfer: Wir waren bis 1996 eine klassisch so benannte "Hörspielabteilung" und haben dann den Namen der Abteilung in "Hörspiel und Medienkunst" geändert. Dahinter stand die Vorstellung unsere Arbeit vom Hörspiel ausgehend programmatisch zu erweitern. In Einzelprojekten haben wir das auch schon vorher gemacht, etwa mit Andreas Ammer und FM Einheit, bei deren Projekten Bühnenhörspiel und Liveperformance zusammenwuchsen. Hinzu kam die Zusammenarbeit mit Videokünstlern. Wir merkten dabei, dass es für Künstler immer interessanter wird, nicht nur im Audiobereich, sondern audiovisuell zu arbeiten. Die neueste Entwicklung ist, dass wir versuchen, im podcast-Bereich neue Formen von medialer Kommunikation herzustellen.
    Frank Olbert: Gab es Vorbilder für diese Ausweitung der Hörspielabteilung in die Medienkunst hinein?
    Herbert Kapfer: Ich kann keine erkennen.
    Frank Olbert: Wie sind Sie bei der Publikation vorgegangen?
    Herbert Kapfer: Wir haben 1999 schon einmal eine Publikation gemacht, die 50 Jahre Hörspiel beim Bayersichen Rundfunk dokumentierte. Dabei hatten wir gelernt, dass es sehr mühselig wird, die Produktionen überhaupt noch zu dokumentieren, je weiter man zurück recherchieren muss. Bei dem Katalog "Intermedialität und offene Form" kam hinzu, dass die Rekonstruktion einzelner Projekte zunehmend schwieriger wurde. In dem Katalog sind ungefähr 50 intermediale Projekte dokumentiert. Wenn ich zum Beispiel ein Bühnengeschehen habe, das mit Videoeinspielungen und mit live performten Elementen arbeitet, dann muss ich schon nach wenigen Jahren sehr genau graben, um alle Materialien zusammenzubekommen. Die nächste Frage ist, eine Darstellungsform zu finden, die solche einmaligen Live-Ereignisse rekonstruieren und dokumentieren kann.
    Frank Olbert: Wenn man den Katalog durchblättert, stellt man fest, dass Sie bundesweit und zum Teil darüber hinaus aktiv geworden sind. Ist das auch ein Teil Ihrer Programmatik, über die Funktion als Landesrundfunkanstalt hinauszuwachsen?
    Herbert Kapfer: Unsere Erfahrung war erstens, dass wir im Kunstbetrieb und bei den Bühnen mit unseren Projekten auf offene Ohren stießen, etwa beim "Haus der Kunst", der "Kunsthalle Wien", dem "Kunsthaus Zürich", dem Marstall oder dem Schauspiel Frankfurt. Zweitens braucht man auch die logistische Basis, um bestimmte Projekte überhaupt zu realisieren. Der Gipfel dieser Entwicklung waren die Festivals "intermedium 1" 1999 in der Akademie der Künste in Berlin und "intermedium 2" 2002 beim ZKM in Karlsruhe.