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Die alten Sterne und das All

Astronomie. - Die erste Milliarde Jahre nach dem Urknall gilt als entscheidend für die weitere Entwicklung des Universums. Damals wurde gewissermaßen der Grundstein für alle kosmischen Strukturen von heute gelegt und deshalb interessieren sich die Kosmologen auch besonders für die erste dunkle Phase der Welt. Doch direkte Informationen über die Anfänge des Kosmos sind selten. Alte Sterne sollen das Bild ein wenig erhellen.

Von Dirk Lorenzen |
    Nach dem grellen Urknall ganz zu Anfang war es im Kosmos zunächst stockfinster. Vermutlich schon nach etwa 300 Millionen Jahren ging dem Kosmos dann ein Licht auf - der erste Stern erstrahlte. Die Astronomen wüssten zu gerne, wie die Sterne der allerersten Generation ausgesehen haben - doch von den ersten Bewohnern im All ist wohl niemand mehr da. So gibt sich das internationale Team um Sean Ryan, Astronom an der Open University in England, notgedrungen mit der zweiten Wahl zufrieden:

    " Wir suchen die ältesten Sterne, die wir finden können - auch wenn das nicht die ersten Sterne sind, die sich in unserer Milchstraße gebildet haben. Dann untersuchen wir genau, woraus die Sterne bestehen. Diese sehr alten Sterne sind recht klein - und kleine Sterne verändern sich nur ganz wenig. Wenn diese Sterne also aus einer Gaswolke entstanden sind, die die Reste der schnell explodierten allerersten Sterne enthalten hat, dann sehen wir dieses Material noch immer in den alten Sternen."

    Dass die untersuchten Sterne sage und schreibe gut 13 Milliarden Jahre alt sind, verrät ihre chemische Zusammensetzung. Beim Urknall haben sich nur die chemischen Elemente Wasserstoff, Helium und ein wenig Lithium gebildet. Die allerersten Sterne konnten nur aus diesem Material entstehen. Dagegen enthalten recht junge Sterne wie unsere Sonne noch viele andere Stoffe, die von vorherigen Sterngenerationen produziert wurden. Bei der aufwändigen Suche gilt für das Team um Sean Ryan daher die Faustregel: Je weniger Beimischungen, desto älter ist der Stern.

    " Unser Team hat zwei Sterne gefunden, die nicht einmal ein Hunderttausendstel soviel schwere Elemente enthalten wie unsere Sonne. Das sind Stoffe wie Eisen, Calcium, Kohlenstoff, Stickstoff und so weiter. Uns hat sehr überrascht, dass diese beiden extrem alten und damit noch sehr reinen Sterne dennoch verhältnismäßig große Mengen von Kohlenstoff enthalten. Das zeigt uns, dass die erste Generation von Sternen viel Kohlenstoff produziert hat - aber zugleich kaum andere schwere Elemente."

    Die allerersten Sterne aus dem ursprünglichen Material im Kosmos haben offenbar ganz anders funktioniert als heutige Sterne mit vielen schweren Elementen. Das deuten Modellrechnungen an. Gewaltige Sternexplosionen, Supernovae, ereignen sich heute bei Sternen, die etwa zehn bis 30 mal soviel Masse wie die Sonne haben. Die allerersten Sterne waren dagegen von ganz anderem Kaliber:

    " Diese Sterne hatten vielleicht 150 bis 300 mal die Masse der Sonne. So riesige Sterne rotieren sehr schnell. Dabei können die äußeren Schichten geradezu abreißen und wegfliegen. Vermutlich haben diese Sterne so sehr schnell sehr viel Kohlenstoff im All verteilt - und sind dann auch noch explodiert. Wir lernen jetzt, wie genau die ersten Sterne das Gas im Weltall mit schweren Elementen angereichert haben, aus dem dann die nachfolgenden Sterngenerationen entstanden sind."

    Wie galaktische Archäologen spüren Sean Ryan und seine Kollegen den uralten Sternen nach, um mit den darin enthaltenen Spuren den Aufbau und das Leben der allerersten Sterne im Kosmos zu rekonstruieren. Die alten schwachen Sterne mit nur ganz wenigen schweren Elementen bringen damit Licht ins Dunkel, wie kurz nach dem Urknall im Universum aus Dunkel Licht wurde.