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Die anderen Kirchenberufe

Pfarrer, Schulschwester, Religionslehrer oder auch Altenpflegerin sind die klassischen Berufe, beim Arbeitgeber Kirche. Es gibt aber viele mehr: So kümmern sich Betriebswirte um Gotteshäuser, die nicht mehr für Gemeinden genutzt werden und suchen dafür neue Eigentümer. Designerinnen gestalten Webseiten für Gemeinden und Musiker sorgen für Wohlklang beim sonntäglichen Kirchenbesuch.

Von Francisca Zecher |
    Große weiße Tische, futuristische Lampen, surrende Notebooks. In der Agentur von Gina Lange-Hermstädt erinnert so gar nichts an Kirche. Und doch arbeitet die zurückhaltende junge Designerin für die christliche Institution. Gemeinsam mit einem Kollegen hat sie für die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ein so genanntes Corporate Design entwickelt, unter anderem also Logo und Internetauftritt. Das Ergebnis: Auf violettem Grund drei Quadrate die gemeinsam mit dem Namenszug ein Kreuz symbolisieren, darüber zieht sich von links nach rechts ein knallroter schmaler Streifen.

    " Wir hatten verschiedene Farbvorschläge gemacht, die Kombi mit Rot war unser Favorit. Es war ein wenig Überzeugungsarbeit, aber nicht allzu groß. Es war so ein Aha, interessant, sollen wir uns das trauen, das ist schon eine mutige Kombination. Aber dann war die Courage da, das zu probieren."

    Dass die Kirchenoberen sehr offen für neue Vorschläge sind und genauso wirtschaftlich denken wie andere Unternehmen, hat Gina Lange-Hermstädt ein wenig überrascht. Auch sonst ist die Zusammenarbeit die gleiche wie mit anderen Kunden, zu denen Kunstverbände, aber auch die Telekom gehört. Viel Erfahrung mit Kirche hat sie vorher nicht gemacht.

    " Dass ich ein religiöses Leben führen würde, ist nicht der Fall, das ist auch bei unserer Agentur nicht so. Also unser Verhältnis zur Kirche ist vor allem ein wirtschaftliches, ein Auftragsverhältnis."

    Weil es so ein normales Arbeitsverhältnis ist, haben auch die Kollegen aus der Branche kein bisschen irritiert auf den Arbeitgeber Kirche reagiert. Den Auftrag hat Gina Lange-Hermstädt bei einer Ausschreibung erhalten. Seitdem hat sie die Bibel gelesen, sich mit christlicher Symbolik beschäftigt und auch sonst viel über den evangelischen Glauben und die Arbeit der Kirche gelernt. Dennoch wäre ihr eine Spezialisierung nur auf christliche Einrichtungen zu einseitig. Sie sieht ihr distanziertes Verhältnis sogar als Vorteil.

    " Wenn ich jetzt so tief in der Gemeindearbeit stecken würde, dann wäre es mir sicher nicht möglich, hinzuweisen, dass die ein oder andere Form der Kommunikation nicht so geeignet ist, ein junges Publikum anzusprechen. "

    Ortswechsel: Christoph Möller sitzt hoch oben im Kirchenschiff der katholischen Heilig-Geist-Gemeinde in Berlin und begleitet den Gottesdienst auf der Orgel. Der 50-Jährige, der mit seiner Jeansjacke und dem roten Hemd darunter sehr jugendlich aussieht, arbeitet seit mehr als 30 Jahren als Kirchenmusiker. Neben dem Orgelspiel leitet er die vier Chöre der Gemeinde. Sein Glaube ist dabei die Grundvoraussetzung, gerade junge Menschen anzusprechen:

    " Ich glaube, ich habe den Kindern etwas zu erzählen, wenn ich mit ihnen singe und mit ihnen arbeite. Wir singen Texte, wir proben Josef und seine Brüder und ich könnte das nicht, wenn ich damit nichts zu tun hätte, wenn es mich nichts anginge."

    Kirche hat im Leben von Christoph Möller immer eine wichtige Rolle gespielt. Schon der Vater war Organist, die Kirchenmusik ist seitdem für Möller ein Traumberuf. Hier kann er seine religiösen Überzeugungen mit seiner Leidenschaft für Musik verbinden. Doch damit könnte bald Schluss sein. Die Kirchenleitung will, dass der Beruf in Zukunft ehrenamtlich ausgeübt wird, schon jetzt wird versucht, dort zu sparen.

    " Es gab an unseren Referenten für Kirchenmusik eine Anfrage, ob er nicht eine CD mit gemeinde begleitenden Chorälen herausbringen könnte, damit die Gemeinde zur Orgelmusik von CD singen kann."

    Kommt die Musik zum Gottesdienst nur noch aus der Konserve, wird die Kirche noch weniger Menschen erreichen, davon ist Möller überzeugt.

    " Der Mensch und auch der Kirchenmusiker ist in der Kommunikation mit Menschen nicht zu ersetzen."

    Vielleicht sucht die katholische Kirche dann nach anderen Wegen, um wieder mehr Menschen in die Gotteshäuser zu holen - zum Beispiel mit einem neuen Erscheinungsbild. Gina Lange-Hermstädt, die Designerin, könnte sich gut vorstellen, auch für die katholische Kirche zu arbeiten.