Das Schuljahr geht zu Ende. Zeit für Bestandsaufnahme. Die Ausbilderin Dominique Gallene hat 15 junge Lehrer versammelt, Berufsanfänger, die ihr erstes Schuljahr unter besonders schwierigen Bedingungen absolvieren. Alle unterrichten in Gegenden, die zu Zonen mit Bildungsnotstand erklärt wurden, kurz ZEP genannt. Gallene möchte wissen, wie sich ihr Bild von der Akademie entwickelt hat. Viele sagen, es sei nicht so hart wie sie gedacht hätten. Ein junger Mann hat andere Erfahrungen gemacht. Alexandre ist Französischlehrer in einer Berufsschule.:
"Vorher dachte ich, es gibt Probleme, aber auch bedeutende Mittel, um sie zu bewältigen. Jetzt weiß ich, dass es Probleme gibt, aber überhaupt keine Mittel. An unserer Schule wurden letzte Woche 13 Schüler in Handschellen abgeführt, weil sie einen Typen zusammengeschlagen haben. Zuvor sind sie in eine Metallwerkstatt gegangen, und haben einen Hammer und anderes Werkzeug geklaut. Damit haben sie zugeschlagen."
Alexandre ist 27 Jahre alt. Er stammt aus einem Dorf in der Nähe der südfranzösischen Stadt Toulon. In der Trabantensiedlung der Pariser Vorstadt Champigny ist er mit einer Welt konfrontiert, deren Bevölkerung und deren Mechanismen er nicht kennt.
Seine Kollegin Marion kommt aus der Bretagne, sie unterrichtet angewandte Kunst und ist den Tränen nahe:
"In der Klasse kann ich mich nicht umdrehen, weil ich sonst eine Batterie oder ein anderes Wurfgeschoss abkriege. Wenn ich den Raum betrete, bete ich, dass nichts passieren wird. Und sie werden nicht einmal bestraft. Eine Kollegin hat ihre Schüler angezeigt. So weit kann es kommen. Wir fühlen uns bedroht, wir haben Angst, dass sie uns am Ausgang abfangen und uns schlagen werden. Ich halte es nicht mehr aus in dieser Schule."
Dennoch will die junge Lehrerin die Zähne zusammenbeißen und durchhalten. Genau wie Alexandre, der inzwischen Hilfe bei einem Psychotherapeuten sucht. Denn wer eines Tages in eine Schule seiner Wahl versetzt werden will, muss Punkte sammeln. Und die bekommen die jungen Lehrer nur, wenn sie zuvor fünf Jahre lang an ein und derselben Schule gearbeitet haben.
In der Sporthalle einer Mittelschule von Champigny unterrichtet ein junger Lehrer eine 8. Klasse in Boxen. Die meisten Schüler sind farbig, stammen aus afrikanischen, arabischen oder asiatischen Ländern. Nur drei sind europäischer Abstammung, also Franzosen oder aber Portugiesen, sagt der Lehrer. Einige Jungen und Mädchen sitzen auf der Tribüne und warten auf die nächste Runde. Die 14-Jährigen räumen ein, dass sie den Lehrern das Leben schwer machen:
"Wir machen viel Blödsinn. Weil wir oft nichts verstehen. Die Lehrer erklären schlecht. Wir reden laut und werfen mit Radiergummis. Die Lehrer schließen uns für nichts und wieder nichts aus dem Unterricht aus, zum Beispiel der Englischlehrer. Manchmal mache ich ziemlichen Mist in seinem Unterricht."
"In Mathe fangen die Jungen plötzlich an zu singen. Das bringt uns zum Lachen. Einmal hat die Lehrerin geweint, weil sie es nicht mehr aushielt mit uns. Wir Mädchen, wir finden es manchmal ein bisschen hart für die Lehrer, aber andere in der Klasse, die lachen nur, denen ist das egal. "
Extrem schwache Leistungen und ein Klima anhaltender Gewalt sind charakteristisch für die Schulen in den so genannten Zonen mit Bildungsnotstand. In seiner Berufsschule, sagt Alexandre, seien viele Schüler volljährig. Sie würden dort nur aufbewahrt:
"Mir scheint, wir behalten diese Schüler, damit sie nicht auf der Straße herum hängen und dort noch mehr anstellen. Solche Schulen heißen in unserem Jargon 'Mülleimer-Schulen'. So wie sich die Schüler benehmen, müssten sie ausgeschlossen werden. Aber die Schulen sorgen dafür, dass sie nicht in der Arbeitslosenstatistik auftauchen und nicht straffällig werden. Das entwertet die Abschlüsse."
Obwohl die Lehrer eine monatliche Prämie von 100 Euro erhalten, sind die schwierigen Banlieue-Schulen so unbeliebt, dass sich dort vor allem Berufsanfänger wiederfinden. Die Ausbildung und das praktische Jahr hat sie auf diese Wirklichkeit nicht vorbereitet, sagt Alexandre.
Zum Glück gibt es die Kollegen: Weil alle im selben Boot sitzen, ist die Solidarität unter den Lehrern groß. Die Vorgesetzten bieten allerdings nicht immer Rückhalt.
"Wir sind ganz allein auf uns gestellt. Wir müssen die Klasse in den Griff bekommen. Wenn wir uns an die Hierarchie wenden, werden wir nur als schlechte Lehrer abgestempelt. Solange das Problem nicht benannt wird, gibt es kein Problem. "
Die Ausbilderin notiert die Klagen, verspricht, sie weiter zu leiten. Doch das Schulwesen wird in Frankreich Mammut genannt: Änderungen sind nur schwer durchzusetzen.
"Vorher dachte ich, es gibt Probleme, aber auch bedeutende Mittel, um sie zu bewältigen. Jetzt weiß ich, dass es Probleme gibt, aber überhaupt keine Mittel. An unserer Schule wurden letzte Woche 13 Schüler in Handschellen abgeführt, weil sie einen Typen zusammengeschlagen haben. Zuvor sind sie in eine Metallwerkstatt gegangen, und haben einen Hammer und anderes Werkzeug geklaut. Damit haben sie zugeschlagen."
Alexandre ist 27 Jahre alt. Er stammt aus einem Dorf in der Nähe der südfranzösischen Stadt Toulon. In der Trabantensiedlung der Pariser Vorstadt Champigny ist er mit einer Welt konfrontiert, deren Bevölkerung und deren Mechanismen er nicht kennt.
Seine Kollegin Marion kommt aus der Bretagne, sie unterrichtet angewandte Kunst und ist den Tränen nahe:
"In der Klasse kann ich mich nicht umdrehen, weil ich sonst eine Batterie oder ein anderes Wurfgeschoss abkriege. Wenn ich den Raum betrete, bete ich, dass nichts passieren wird. Und sie werden nicht einmal bestraft. Eine Kollegin hat ihre Schüler angezeigt. So weit kann es kommen. Wir fühlen uns bedroht, wir haben Angst, dass sie uns am Ausgang abfangen und uns schlagen werden. Ich halte es nicht mehr aus in dieser Schule."
Dennoch will die junge Lehrerin die Zähne zusammenbeißen und durchhalten. Genau wie Alexandre, der inzwischen Hilfe bei einem Psychotherapeuten sucht. Denn wer eines Tages in eine Schule seiner Wahl versetzt werden will, muss Punkte sammeln. Und die bekommen die jungen Lehrer nur, wenn sie zuvor fünf Jahre lang an ein und derselben Schule gearbeitet haben.
In der Sporthalle einer Mittelschule von Champigny unterrichtet ein junger Lehrer eine 8. Klasse in Boxen. Die meisten Schüler sind farbig, stammen aus afrikanischen, arabischen oder asiatischen Ländern. Nur drei sind europäischer Abstammung, also Franzosen oder aber Portugiesen, sagt der Lehrer. Einige Jungen und Mädchen sitzen auf der Tribüne und warten auf die nächste Runde. Die 14-Jährigen räumen ein, dass sie den Lehrern das Leben schwer machen:
"Wir machen viel Blödsinn. Weil wir oft nichts verstehen. Die Lehrer erklären schlecht. Wir reden laut und werfen mit Radiergummis. Die Lehrer schließen uns für nichts und wieder nichts aus dem Unterricht aus, zum Beispiel der Englischlehrer. Manchmal mache ich ziemlichen Mist in seinem Unterricht."
"In Mathe fangen die Jungen plötzlich an zu singen. Das bringt uns zum Lachen. Einmal hat die Lehrerin geweint, weil sie es nicht mehr aushielt mit uns. Wir Mädchen, wir finden es manchmal ein bisschen hart für die Lehrer, aber andere in der Klasse, die lachen nur, denen ist das egal. "
Extrem schwache Leistungen und ein Klima anhaltender Gewalt sind charakteristisch für die Schulen in den so genannten Zonen mit Bildungsnotstand. In seiner Berufsschule, sagt Alexandre, seien viele Schüler volljährig. Sie würden dort nur aufbewahrt:
"Mir scheint, wir behalten diese Schüler, damit sie nicht auf der Straße herum hängen und dort noch mehr anstellen. Solche Schulen heißen in unserem Jargon 'Mülleimer-Schulen'. So wie sich die Schüler benehmen, müssten sie ausgeschlossen werden. Aber die Schulen sorgen dafür, dass sie nicht in der Arbeitslosenstatistik auftauchen und nicht straffällig werden. Das entwertet die Abschlüsse."
Obwohl die Lehrer eine monatliche Prämie von 100 Euro erhalten, sind die schwierigen Banlieue-Schulen so unbeliebt, dass sich dort vor allem Berufsanfänger wiederfinden. Die Ausbildung und das praktische Jahr hat sie auf diese Wirklichkeit nicht vorbereitet, sagt Alexandre.
Zum Glück gibt es die Kollegen: Weil alle im selben Boot sitzen, ist die Solidarität unter den Lehrern groß. Die Vorgesetzten bieten allerdings nicht immer Rückhalt.
"Wir sind ganz allein auf uns gestellt. Wir müssen die Klasse in den Griff bekommen. Wenn wir uns an die Hierarchie wenden, werden wir nur als schlechte Lehrer abgestempelt. Solange das Problem nicht benannt wird, gibt es kein Problem. "
Die Ausbilderin notiert die Klagen, verspricht, sie weiter zu leiten. Doch das Schulwesen wird in Frankreich Mammut genannt: Änderungen sind nur schwer durchzusetzen.