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"Die Anwender zahlen tatsächlich Geld dafür"

Mittlerweile bietet Apple Tausende sogenannter "Apps" für sein iPhone an. Wissenschaftsjournalist Peter Welchering erklärt im Interview mit Manfred Kloiber, welche Anwendungen besonders beliebt sind und warum die Nutzer plötzlich ohne Murren dafür zahlen.

    Manfred Kloiber: Achim Killer über Kritik an Apples App-Store. Und auch wenn diese Firma sich nicht äußern mag, andere Hersteller tun es umso lieber. Denn der sogenannte App-Markt kommt heftig in Bewegung. Vor allen Dingen Google will mit seinem Android Apple heftig Konkurrenz machen. Wer tritt denn da im Augenblick gegen Apple alles an, Peter Welchering?

    Peter Welchering: Naja, wenn man den Insider-Talk von Apple im Headquarter von Apple ernst nimmt, dann ist es dreckige halbe Dutzend. Aber das ist so ein bisschen auch spaßhaft wohl gesagt. Auf alle Fälle Google, eben mit dem Android. Die machen momentan ziemlichen Wirbel. Und dann ist es auch Nokia, die darf man nicht unterschätzen. Denn die haben eine unglaublich fest installierte Basis, sehr, sehr viele Endgeräte im Markt, und werden natürlich auch deshalb an App sehr viel absetzen können. Und dann gibt’s in der Geschäftswelt den Blackberry von Research in Motion und man darf auch nicht vergessen: Es gibt einige Festnetzanbieter. In den USA vor allen Dingen, in Deutschland ist das noch etwas zögerlich. Aber es gibt schon einige Projekte, die gegenwärtig geplant sind. Die Planungen sind allerdings im Augenblick noch in erster Linie in Zusammenarbeit mit Energieversorgern durchgeführt. Apple ist also zweifelsohne zwei in diesem Bereich: der Marktführer. Aber an der Monopolistenstelle, und da ist auch schon heftig gekratzt worden. Und auch die Marktführerschaft von Apple – das ist kein Naturgesetz.

    Kloiber: Welche Apps sind denn besonders beliebt?

    Welchering: In erster Linie Unterhaltungsangebote, die machen ungefähr 90 Prozent des Marktes aus und nur zehn Prozent der Apps kommen aus dem geschäftlichen Bereich. Aber diese Business-Bereich entwickelt sich zunehmend, stetig und ganz gut. Und bei den Unterhaltungsangeboten sind es vor allen Dingen die Spiele. Nämlich mobile Online-Spiele, die sind bei den Anwendern im Augenblick enorm beliebt. Und immer mehr Unternehmen setzen übrigens auch solche Online-Spiele als Marketinginstrument ein. Dann ist bei Informationsangeboten die Nachfrage seit einigen Wochen sprunghaft nach oben gegangen. Nachrichtenanbieter und Zeitungsverlage bieten ja entsprechende Apps, eben um die Zeitung online dem Mobilanwender näherzubringen, auch um so ein bisschen mehr Geld damit zu verdienen als man es im Internet kann. Und wie man sehen kann: Die Anwender zahlen tatsächlich Geld dafür. Stark verbreitet sind eben auch Apps, die den Zugang zu sozialen Netzwerken erlauben, also von Facebook über Xing zu Twitter – da ist alles vertreten. Und im geschäftlichen Bereich dominiert beim Blackberry ein VPN-Client, das heißt eine Applikation, eine Anwendung, die dem Anwender eben ermöglicht, über ein virtuelles privates Netzwerk auf den Unternehmens-Server zu kommen, und das eben abgesichert. Und nachdem Research in Motion den Presenter für den Blackberry jüngst gezeigt hat, also Powerpoint- Präsentationen können nicht nur mit dem Blackberry gezeigt werden, sondern es kann auch daran gearbeitet werden, da ist dann auch die Nachfrage nach Office-Applikationen ganz schön hochgeschnellt. Insgesamt hängt die Nachfrage ein bisschen von der Zielgruppe ab, das ist klar. Und momentan nutzen eben unterschiedliche Zielgruppen noch sehr unterschiedliche Geräte. 1000 Endgeräte, Plattformen, unterschiedliche Plattformen, gibt’s am Markt. Und deshalb habe ich mal den App-Entwickler Simon Schoop aus Bonn gebeten, einen Blick in die Kristallkugel zu werfen, und habe ihn gefragt, welche mobilen Plattformen sich denn hier nach seinem dafürhalten, seiner Marktkenntnis in erster Linie durchsetzen werden.

    Simon Schoop: Ich sehe neben Apple eben auch Google mit Android, dann natürlich Blackberry mit der Blackbarry-App-World, den Windows Marketplace und Nokia Ovi-Store als diejenigen, die da die Schlacht auch fechten werden. Es gibt aber darüber hinaus auch sogenannte Meta Stores, die herstellerunabhängig sind. Da ist halt die Frage, welche sich in welcher Form durchsetzen können. Das große Problem ist eben momentan noch, dass viele einfach vom Nutzer verlangen, sich eine App runterzuladen, wenn sie erst die Inhalte auf den PC und dann auf das Mobiltelefon ziehen müssen. Das macht es einfach komplex und das ist momentan auch das Problem von den Metaplattformen.

    Welchering: Ja deshalb vergleichen auch einige Marktbeobachter dieser Metaplattformen mit den ersten RSS-Feeds und mit den ersten tatsächlichen MP3-Playern. Aber interessant ist insgesamt, dass solche Metastores, die eben Apps für unterschiedliche Plattformen anbieten, momentan die Diskussion um einen einheitlichen App-Standard ganz schon anheizen und gut begonnen haben.

    Kloiber: Und ist dieser Standard in Sicht?

    Welchering: Die Experten gehen davon aus, dass das wohl nicht kommen wird, weil die fünf bis sechs Plattformhersteller, die sich vermutlich in den nächsten Jahren durchsetzen werden, daran einfach nicht interessiert sind. Allerdings handelt es sich eben dabei um mobile Plattformen, das muss man auch sehen. Und der Druck, zu standardisieren, der könnte von ganz anderer Seite, der könnte von unerwarteter Seite kommen. Der könnte nämlich ausgehen von den Apps fürs Festnetz. Die sind in Deutschland zwar noch nicht so unglaublich verbreitet, aber die Energieversorger machen ja schon einigen Druck. Und da geht’s zunächst mal um so ganz banale Dinge wie das Ablesen von Zählern mit einem App übers Festnetz. Über diese Apps werden dann auch weitere Anwendungen noch kommen, beispielsweise dann Smartgrid oder energy-grid, die dafür sorgen werden, dass beispielsweise die Energieversorgung sehr viel ökologischer, sehr viel besser ausgelastet stattfinden kann. Und da wird einiger Druck an Standardisierung wohl sich noch entwickeln in den nächsten Wochen.

    Kloiber: Peter Welchering über den Application-Store-Markt. Vielen Dank.