Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv


"Die Arbeit macht ja Spaß"

Die Sportwissenschaftlerin Professor Renate Zimmer von Universität Osnabrück ist Professorin des Jahres 2009 in der Kategorie "Geistes-, Gesellschafts- und Kulturwissenschaften". Die Auszeichnung wird von der Zeitschrift "Unicum" gemeinsam mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vergeben.

Renate Zimmer im Gespräch mit Elif Senel | 20.08.2010
    Elif Senel: Es gibt Professoren an Hochschulen, die sind gefürchtet unter den Studierenden. Welche das sind, das kann man relativ einfach an den lehren Sprechstundenlisten erkennen. Es gibt aber auch andere, da sind diese Listen sehr, sehr lang. Das sind die netten Profs. Aber Nett ist ja nicht unbedingt ein Aushängeschild. Gut, das ist ein Aushängeschild. Und Gut und Nett in der Kombination, das ist eine ganz besondere Auszeichnung wert. Professor Renate Zimmer von der Universität Osnabrück, die wurde zur Professorin des Jahres 2009 gewählt und ich habe sie gefragt, ob seitdem ihre Sprechstundenlisten merklich länger geworden sind?

    Renate Zimmer: Sie sind immer schon sehr lang, es sind immer sehr viele Studierende gewesen, die in meine Sprechstunden kommen. Aber zur Not verlängere ich die einfach, mache ich weitere Sprechstunden oder richte dann Alternativen ein. Also das, mit dem Problem komme ich ganz gut zurecht.

    Senel: Die Jury sagte, Sie beherrschen die Kunst des Lehrens. Was bedeutet Ihnen denn das Lehren?

    Zimmer: Also für mich ist die Lehre schon ein ganz, ganz wesentlicher Aspekt in meiner Hochschullehrertätigkeit. Ich forsche zwar auch gerne, beziehe aber in die Forschung zum Beispiel Studierende ein und versuche auch, Forschungsergebnisse wiederum in die Lehre reinzubringen. Ich habe zum Beispiel Themen wie bewegtes Lernen, wie also Unterricht bewegter gestalten kann, also meine Studierenden sind ja vorwiegend Lehramtskandidaten, und das versuche ich dann auch in meinen eigenen Lehrveranstaltungen durchzuführen. Also auch dort wird bewegtes Lernen realisiert, also Denken und Machen, selber tun und Reflexion, das ist so meine Vision, die ich in der Lehre auch realisieren möchte.

    Senel: Macht das nicht auch sehr viel mehr Arbeit als vielleicht einfach nur die bloße Wissensvermittlung?

    Zimmer: Ja, aber die Arbeit macht ja Spaß. Und das ist ja eigentlich das, was die Hochschule mir auch ermöglicht. Also das ist auch die Liebe zur Universität, dass sie einem möglich macht, dass man alternative Formen suchen kann, wie das Lehren auch effektiver gestaltet werden kann, lustvoller. Also nicht nur für die Studierenden, sondern auch für mich selbst lustvoller gestaltet werden kann. Und dann spielt die Arbeit eigentlich da jetzt nicht so eine große Rolle. Das ist ja auch eine lustvolle Arbeit.

    Senel: Wie drückt sich die Liebe zur Wissenschaft bei Ihnen aus?

    Zimmer: Ja wenn ich das so sage, dann hört sich das etwas komisch an, aber ich arbeite zum Beispiel auch gerne am Wochenende, ich nehme mir auch immer gerne was mit in den Urlaub, ohne so was wie ein Workaholic zu sein. Aber ich lese gerne, bereite mich vor und versuche, neue Aspekte zu finden, die ich dann wieder in meine Forschungs- und Lehrtätigkeit an der Uni einbringen kann. Also ich trenne jetzt nicht zwischen privat und Dienst, sondern kann das gut miteinander verbinden, weil das mir auch eine gewisse Form von Befriedigung gibt eben, mich weiterzuentwickeln.

    Senel: Gibt es Dinge, die Ihnen die Liebe schwermacht?

    Zimmer: Ja also ganz stark die Bürokratie. Also die Bürokratie hat an den Unis, den Hochschulen zugenommen. Ständig irgendwelche Befragungen ausfüllen, große Verwaltungsakte durchziehen, das ist nicht so schön, muss ich sagen. Also das hat auch zugenommen und verleidet einem das ein bisschen. Aber da muss ich auch immer sagen: Bei den vielen schönen Dingen gibt es immer einige, die man nicht so gerne macht, und die gehören einfach dazu.

    Senel: Wie schaffen Sie es, die Liebe zur Wissenschaft an Ihre Studierenden weiterzugeben?

    Zimmer: Also jeden Morgen, wenn ich in ein Seminar oder in eine Vorlesung gehe, dann denke ich, das ist für mich jetzt eine große Wiederholung, ich mache das ja öfter schon, mach das über 30 Jahre. Aber für die Studierenden ist das in meinem Seminar eine von 15 Lehrveranstaltungen. So, und da möchte ich gerne, dass nach dieser Lehrveranstaltung dann auch die Liebe zum Thema übergesprungen ist, dass ich also ... Mir ist das nicht egal, deswegen mach ich auch ganz wenig mit Referaten und wenn, dann sind die Referate auch gut eben vorbereitet. Ich versuche selber, ihnen auch den Stoff so zu vermitteln, dass sie zur Eigenarbeit auch angeregt werden und dass sie sich selbst eben auch initiativ damit auseinandersetzen.

    Senel: Auch dieses Jahr wird der Titel des Professor des Jahres vergeben und Sie sitzen diesmal mit in der Jury. Worauf werden Sie achten, wenn Sie die ganzen Bewerbungen auf Ihrem Tisch liegen haben?

    Zimmer: Nun, die Ankündigungen oder die Empfehlungen werden ja von den Studierenden gegeben und ich werde schon mir genau noch mal die Qualität auch durchsehen, wie Studierende das begründen. Also es darf auf keinen Fall auch in die Richtung gehen, also der Prof macht einem das Studium nur leicht und deswegen ist es super, da mit wenig Aufwand durchzukommen. Es gibt schon Kriterien, die glaube ich auch bei meiner Wahl eine Rolle gespielt haben: Also ob man sich über das übliche Maß hinaus auch für Studierende einsetzt, ob man ihnen auch - das wird sicher auch bei den derzeitigen Nominierungen eine Rolle spielen -, ob man Möglichkeiten für die Studenten eröffnet über das Studium hinaus, auch schon im Studium Möglichkeiten des Praxisbezuges, über den Tellerrand zu schauen, sich bewähren zu können, ob man das findet. Das finde ich ganz, ganz wichtig. Also sich selber bewähren können im Studium, auch in Feldern, die nicht direkt was mit Vorlesungen und Seminaren zu tun haben.