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Die Arbeit von Beratungsstellen zur Schwangerschaftsprävention

In Zeiten von Internet und fallender Tabus sind Informationen über Sexualität, Empfängnis und Empfängnisverhütung frei verfügbar. Tatsächlich gibt es aber auch heute noch erstaunlich große Informationslücken. Das zumindest berichten Mitarbeiter von Beratungsstellen. Etwa bei Pro Familia. Seit vielen Jahren beraten ihre Mitarbeiterinnen junge und ältere Frauen über die Möglichkeiten der Empfängnisverhütung.

Von Mirko Smiljanic |
    Das Büro im 6. Stock eines Geschäftshauses an den Kölner Ringen ist klein und freundlich eingerichtet: ein Schreibtisch, ein Regal, ein Tisch mit vier Stühlen, grandios der Blick über Kölns Dächer. Nur der Dom fehle, sagt die Frauenärztin Gabrielle Stöcker, den können man auf der anderen Seite des Hauses sehen. Wer hierhin kommt, interessiert sich aber ohnehin weniger für die gute Aussicht, sie oder er interessiert sich für eine kleine Kiste.

    "Hier haben wir eine Zauberkiste, nenn ich das Mal, da sind alle Verhütungsmittel drin, die es auf dem Markt gibt."

    Drei Schubladen hat die Kiste, jede Schublade ist randvoll mit den gängigen Verhütungsmitten gefüllt. Schublade 1 enthält hormonelle Verhütungsmittel:
    "Die Hormonellen Methoden, da ist unten drunter noch mal aufgezeigt, was gibt es, die verschiedensten Pillen, von denen es natürlich ganz, ganz viele auf dem Markt gibt, es kommen täglich neue dazu, dann haben wir hier den Verhütungsring und das Verhütungspflaster, dann noch das Stäbchen, was wir nicht drin haben, aber was natürlich auch immer erwähnt wird, ist die Dreimonatsspritze."

    Auf Schublade 2 hat Gabrielle Stöcker fein-säuberlich "Spiralen" geschrieben.

    "Also Kupferspirale, die Kupferkette und die Hormonspirale, da können wir auch demonstrieren, wie liegen die in der Gebärmutter, die unterschiedlichen Größen, wird so eine Spirale eingeführt."

    Schublade 3 schließlich ist Barrieremethoden wie Kondomen, dem Diaphragma und der Portiokappe vorbehalten. Alles darf in die Hand genommen werden, die Frauen – wenn Paar zur Beratung kommen, natürlich auch die Männer – bekommen ein sinnliches Gefühl für Empfängnisverhütung. Natürlich erläutert Gabrielle Stöcker auch mögliche Nebenwirkungen, etwa bei Hormonellen Methoden, außerdem spielen die Kosten der Verhütung eine nicht unerhebliche Rolle.

    "Ich sage immer, die Verhütungsmethode ist letztendlich eine Kompromisslösung zwischen all diesen Dingen: Sicherheit, also Verhütungssicherheit, Anwenderfreundlichkeit, Kosten, Nebenwirkungen, Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten, das ist natürlich auch immer ein Thema, also, das gehört alles mit dazu."

    Abhängig vom Alter und der Lebenssituation zielen die Beratungen in unterschiedliche Richtungen, ein 14-jähriges Mädchen hat andere Fragen als eine 38-Jährige, eine Deutsche andere als eine strenge Muslimin.

    "Also es sind sicherlich die Kulturen, wo es vom familiären Hintergrund, von der Kultur her eigentlich so ist, dass die Mädchen und auch normalerweise die Jungs vor der Eheschließung keinen Geschlechtsverkehr haben dürfen. Das ist bei den Muslimen so, das ist nicht nur die Türkei, das sind auch die arabischen Länder, Marokko, Saudi Arabien, ich habe hier auch schon Hinduistische Klientinnen gehabt."

    Die Ärztinnen stehen unter Schweigepflicht: Wer immer auch wissen möchte, wer mit wem über was gesprochen hat, absolut nichts dringt nach draußen. Diese Sicherheit ist Basis für eine gründliche Beratung an deren Ende die Frauen möglichst "ihre" Verhütungsmethode gefunden haben. Und manchmal, sagt Gabrielle Stöcker von Pro Familia Köln, lernen sich die Frauen noch näher kennen.

    "Was ich ganz schön fand, so mal als schöne Erinnerung, das war eine Klientin, mit der habe ich eine Diaphragmenanpassung gemacht, und das ist für viele Frauen das erste Mal, dass sie sich selber berühren und selber mal lernen, wie fühlt sich das in meiner Scheide an und zum ersten Mal Kontakt in dem Fall zu ihrem eigenen Körper, die fand das ganz toll, sagt sie, da musste ich 40 Jahre alt werden, um das kennenzulernen."