Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Die asiatische Hornisse
Invasive Art bedroht heimische Insekten

Die Imker in Westfrankreich sind in heller Aufruhr wegen dieses räuberischen Insekts. Im vergangenen September wurde die Asiatische Hornisse erstmals in Deutschland gesichtet. Hierzulande macht sich aber kaum jemand Sorgen um die Honigbienen, sondern eher um den Fortbestand wilder Insektenarten.

Von Stefan Michel | 19.12.2014
    Vermutlich war es nur eine einzige Königin, die 2004 mit einer Lieferung von Tonwaren aus China nach Bordeaux eingeschleppt wurde. In wenigen Jahren hat sich die Asiatische Hornisse von dort über Frankreich, Teile Italiens und Spaniens ausgebreitet und Belgien erreicht. Das Bundesamt für Naturschutz in Bonn schreibt über Vespa velutina, wie der Eindringling wissenschaftlich heißt:
    "Honigbienen werden als Beute bevorzugt, wodurch die Bestäubungsleistung vermutlich deutlich geringer wird."
    Und das Naturgeschichtliche Nationalmuseum in Paris beschreibt die Jagdtechnik der Eindringlinge so:
    "Der Reihe nach schweben die Arbeiterinnen der Asiatischen Hornisse 30 Zentimeter nah vor den Eingang des Bienenstocks, um die Honigsammlerinnen zu fangen, die mit Pollen beladen zurückkehren. Die Hornisse packt ihre Beute mit den Klauen. Nachdem sie ihr Kopf, Beine, Flügel und Hinterleib abgetrennt hat, formt sie den Rumpf zu einer Kugel, die sie zum Nest trägt, um die Larven zu füttern."
    Panikmache ist der schlechteste Ratgeber
    In einigen Fällen sind die Hornissen in den Bienenstock eingedrungen, berichten französische Imker, und haben dort Bienen, Larven und Honig gefressen. Der bretonische Berufsimker Gilles Lanio:
    "Sei es, dass sie in den Stock eindringen und ihn total zerstören, oder dass sie ihn durch ihre Anwesenheit blockieren, sie erzeugen damit einen enormen Stress. Die Bienen fliegen dann nicht mehr aus, und das hat schwere Folgen."
    Die Königin höre auf, Eier zu legen, und das Volk verkümmere.
    Wie schnell sich die fremden Hornissen vermehren, das haben Insektenforscher der Universität Tours für die Umgebung ihrer westfranzösischen Stadt protokolliert: 2009 entdeckten sie die ersten beiden Nester, zwei Jahre später bereits 40, und noch zwei Jahre darauf 500 Nester, das sind: rund 3,5 Millionen Hornissen. Das Nationalmuseum in Paris dokumentiert den Vormarsch der Eindringlinge nach Nordosten. Jedes Jahr kommen sie Deutschland ein gutes Stück näher. Wegen der asiatischen Vespa velutina müsse man sich aber weniger um die Honigbienen Sorgen machen, findet Melanie von Orlow vom Naturschutzbund Deutschland. Eher müsse man sich um die wilden einheimischen Arten sorgen.
    "Die Velutina wird eine weitere Konkurrenz natürlich sein für unsere einheimische Hornisse."
    Das sieht auch Werner von der Ohe vom niedersächsischen Institut für Bienenkunde in Celle so. Die fremde Hornisse könnte schützenswerten Arten das Leben schwer machen, wäre Nahrungskonkurrent der Europäischen Hornisse und der Mittleren Wespe und Fressfeind der Wildbienen. Doch ein wirklicher Honigbienen-Schädling sei die Asiatische Hornisse nicht. Panikmache sei da der schlechteste Ratgeber.
    Einzelfälle? Imker in Frankreich sehen das anders
    Naturschützerin von Orlow kennt zwar die Berichte aus Frankreich über vernichtete Bienenstöcke. Aber:
    "Momentan ist unsere Ansicht so, dass das tatsächlich Einzelfälle sind. Völker, die also schwachbrüstig, sag ich mal, sind, die ihren Nesteingang nicht richtig verteidigen können…"
    Einzelfälle? Imker in Frankreich sehen das anders. In Tausenden von Fällen hätten die Asiatischen Hornissen Bienenstöcke zerstört, widerspricht Gilles Lanio, der Imker-Präsident aus der Bretagne. Für ihn ist die Haltung seiner deutschen Kollegen unbegreiflich.
    "Ich glaube, noch vier, fünf Jahre Gelassenheit, und dann werden sie große Probleme haben. Anfangs haben Sie ein-, zweitausend Hornissen, und nichts passiert, keine Angriffe auf Bienenstöcke. Im dritten Jahr machen Sie sich allmählich Sorgen. Die Leute erzählen Ihnen, dass Bienenstöcke angegriffen wurden. Man muss was tun. Im vierten Jahr ohne Schutzmaßnahme verlieren Sie alles. Jetzt ist es zu spät, um etwas zu tun."
    Forscher in Bordeaux und Tours arbeiten an Fallen, die ganz gezielt nur die Asiatischen Hornissen töten. In einem Jahr sollen sie verfügbar sein. Doch da ist Naturschützerin von Orlow skeptisch. Bei allen bisherigen Versuchen, solche hoch selektiven Fallen zu entwickeln, seien die Ergebnisse verheerend gewesen. Wie auch immer - der Naturschutzbund bittet alle, die in Deutschland eine Asiatische Hornisse sichten, ihm das zu melden.