Acting on unfounded, unscientific fears, many European governments have blocked the import of all new biotech crops.
So wetterte George Bush Ende Juni gegen die europäische Handelsblockade für gentechnisch veränderte Saaten. Die Regierungen handelten aufgrund haltloser und unwissenschaftlicher Ängste, so der Vorwurf des US-Präsidenten.
I think what we are hearing president Bush do is actually echo some concerns that the industry has had.
In den Worten Bushs, so Lisa Dry, spiegeln sich die Anliegen der Industrie wider, und das kommt ihr sehr entgegen. Dry ist Sprecherin der mächtigen amerikanischen Biotech-Industrie-Organisation, BIO. -- Worum geht es? Im Oktober 1998 beschloss die Europäische Union ein Moratorium. Vorerst sollte es keine Zulassungen für gentechnisch veränderte Organismen mehr geben. Die BSE-Krise bewegte sich auf ihren ersten Höhepunkt zu. Die Verbraucher waren verunsichert, erinnert sich Beate Gminder, Sprecherin von EU-Verbraucherschutz-Kommissar David Byrne.
Ich denke vor diesem Hintergrund muss man sehen, dass zurecht Bürger und Bürgerinnen gefragt haben, was sind eigentlich diese genetisch modifizierten Lebensmittel, was essen wir täglich, was bekommen wir auf den Tisch? Und zu diesem Zeitpunkt haben eben einige Länder beschlossen, dass es besser wäre, bessere Gesetze zur Reglementierung in Europa zu genetisch modifizierten Lebensmitteln zu haben. Und dieser Prozess hat nun einige Jahre gedauert, erstmal um herauszufinden, was wollen wir eigentlich? Was sind die genauen Bedürfnisse, wohin gehen wir? Und von dem her haben wir jetzt einfach so lange abgewartet, um Neuzulassungen für GVOs auszusprechen, dieses Moratorium ist nicht, was viele Menschen denken, ein Handelsstopp für GVOs.
GVOs, Genetisch Veränderte Organismen, werden derzeit nämlich sehr wohl nach Europa importiert. Allerdings ist das nur für die beiden Sorten möglich, die schon vor dem Moratorium in der EU zugelassen waren: dem für Insekten giftigen BT-Mais, der in Spanien schon angebaut wird, und dem herbizid-resistenten Roundup Ready-Soja, der das Tiermehl als Viehfutter ersetzt hat. Doch den Farmern des gesamten amerikanischen Kontinents ist das nicht genug: Sie kultivieren inzwischen viele andere und zum Teil auch bessere Sorten gentechnisch veränderter Pflanzen und wollen, dass sich der Markt weltweit für sie öffnet. Deshalb haben die USA, Argentinien und Kanada die Europäische Union im Mai bei der Welthandelsorganisation verklagt. Unterstützt werden sie von Ägypten, Australien, Neuseeland, Mexiko, El Salvador, Honduras, Kolumbien, Peru, Uruguay und Chile. Druck üben dabei Saatgut-Hersteller wie Monsanto, Syngenta und Dupont aus. Sie sind Mitglieder im internationalen Biotech-Industrie-Verband, BIO. Sprecherin Lisa Dry:
Die Kunden unserer Mitglieder, die Soja-Farmer und Mais-Bauern, wünschen, dass sich in dem Fall endlich etwas bewegt. Sie haben den Eindruck, dass ihnen Märkte verschlossen bleiben. Diplomatische Lösungen funktionieren einfach nicht. Immer wenn wir eine Forderung der EU erfüllt haben, gibt es neue Hürden. Deshalb haben die USA gesagt: Wir erwarten von unseren Handelspartnern, dass sie ihren Pflichten nachkommen, und deshalb klagen wir bei der WTO.
Doch die Vorwürfe des US-Präsidenten gehen noch weiter:
Wegen dieser künstlichen Hindernisse vermeiden es viele afrikanische Länder, in die Biotechnologie zu investieren. Sie haben Angst, dass ihre Produkte vom europäischen Markt ausgeschlossen werden. Um eines hungernden Kontinents Willen dränge ich die europäischen Regierungen, ihren Widerstand gegen die Biotechnologie aufzugeben.
Der Vorwurf scheint auf den ersten Blick widersinnig. Warum sollten sich hungernde Nationen um den Export von Lebensmitteln scheren? Tatsache ist: Afrika will und muss exportieren, damit es wirtschaftlich auf die Beine kommt. Dennoch weist Beate Gminder von der EU-Kommission die Kritik des US-Präsidenten weit von sich:
Erstens ist der Anbau in Afrika noch nicht so ausgebaut, dass hier jetzt massenweise Saatgut und Pflanzen anfallen. Zweitens: Was exportiert Afrika hauptsächlich nach Europa? Das ist sehr viel Fisch – und das ist davon nicht betroffen –, das ist sehr viel Fleisch, und auch das ist davon nicht betroffen - also es wird hier munter durcheinander gemischt an Fakten und Tatsachen, und das finden wir einfach bedauerlich.
Afrika ist indes mehr als ein Vorwand der Gentechnik-Lobby, um Stimmung gegen Europa zu machen. Afrika ist ein Präzedenzfall, meint Clyde Prestovitz, Politik-Berater und Leiter eines konservativen Think Tanks in Washington:
Die Industrie sieht Auswirkungen der europäischen Haltung über den Handel mit den USA hinaus. Sicher werden die negativen Folgen für Afrika übertrieben, aber es wird schon befürchtet, dass sich die europäische Haltung auf die globale Verbreitung gentechnisch veränderter Produkte auswirken könnte.
Die USA reagierten schockiert, als Sambia im Frühjahr dieses Jahres Mais-Lieferungen ablehnte, die es aus dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen bekommen sollte. Es war Genmais, der aus den USA stammte. Die randvoll beladenen Schiffe mussten umkehren. Sambia hungerte weiter. Die Afrikaner befürchteten, der Mais könnte gepflanzt werden und sich mit den Gentechnik-freien Sorten des Kontinents mischen. Das hätte potentielle Exporte nach Europa in der Zukunft erschwert.
Die Hälfte von Afrikas Handel läuft mit Europa. Und Europas Moratorium für genetisch veränderte Lebensmittel beeinflusst unsere Entscheidungen - denn sonst verlieren wir einen Handelspartner.
Die Pflanzenpathologin Florence Wambugu macht sich für den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen in Afrika stark. Sie erhofft sich bessere Erträge in der Landwirtschaft, wenn die Feldfrüchte gentechnisch vor Pflanzenschädlingen geschützt sind. Die Kenianerin gehört zu den wenigen afrikanischen Stimmen, die sich im Streit um den schwarzen Kontinent Gehör verschaffen. Vertreter der Saatgutkonzerne versuchen ebenso Einfluss zu gewinnen wie die Abgesandten europäischer Umweltschutzverbände. Regionale Umweltgruppen sprechen sich gegen die Technologie aus - aus Angst vor Abhängigkeiten und unabsehbaren Folgen für Ökologie und Gesundheit. Gleichzeitig kämpfen große Bauernverbände dafür. So auch Peter Rammutla von der Nationalen Afrikanischen Farmer Union von Südafrika:
Südafrika hat bereits Mais, Soja und Baumwolle kommerzialisiert. Und Freilandversuche mit Tomaten und Papayas laufen auch schon.
In Südafrika gibt es schon seit sechs Jahren Gesetze, die den Anbau der gentechnisch veränderten Pflanzen regulieren und die Biosicherheit gewährleisten sollen.
12 weitere Länder, darunter Kenia, Simbabwe, Ägypten und Nigeria, arbeiten fleißig an ihrer Gesetzgebung und machen Freilandversuche mit ihren wichtigsten Feldfrüchten.
Diese Pflanzen sind nicht notwendigerweise solche, an denen die Saatgut-Konzerne großes Interesse hätten. Kassawa, eine Süßkartoffel, die außerhalb Afrikas kaum eine Rolle spielt, wird regelmäßig durch ein Virus dezimiert. Resistente Kassawa-Wurzeln hat die Firma Monsanto entwickelt und die Rechte daran abgegeben. Afrikanische Wissenschaftler leiten nun die Versuchsreihen. Sie wie auch die Landwirte wünschen sich jedoch eine größere Unabhängigkeit von den internationalen Saatgutkonzernen:
Deshalb wünschen wir uns unsere eigenen, lokalen Produkte. Wir wollen nicht von den Konzernen abhängig sein, und wir wissen um die internationalen Patentrechte, sie können uns damit erpressen. Deshalb brauchen wir eigene Forschung und einen Technologie-Transfer. Wir müssen in die Lage versetzt werden, unsere eigenen lokalen Produkte herzustellen.
Das heißt: Gen-Technik ja, und am liebsten soll sie aus eigenen Labors kommen. Mit dieser Forderung wendet sich der südafrikanische Bauernpräsident gerade an Europa. Wie realistisch sie angesichts der enormen Forschungs- und Entwicklungskosten für einzelne Sorten ist, sei dahingestellt. Derzeit nimmt Afrika jedenfalls enorme Ernteausfälle in Kauf - wegen Trockenheit, Überschwemmungen, Pflanzenschädlingen, und weil das Geld für Spritzmittel fehlt. Mit gentechnisch veränderten Pflanzen ließe sich der Ertrag enorm steigern. Für die afrikanischen Bauern ist das - anders als für die europäischen - ein wichtiges Argument. Dass sich mit der Verbreitung der Biotechnologie der Kampf gegen den Hunger auf der Welt gewinnen lasse, wie der US-Präsident glauben machen will, bleibt dennoch eine haltlose Behauptung:
We should encourage the spread of safe, effective biotechnology to win the fight against global hunger.
Seit George Bush seine Biotech-Industrie Ende Juni derart ermutigt hat, hat sich in Europa einiges bewegt. Die EU hat die Regeln für Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von gentechnisch veränderten Pflanzen in Lebensmitteln verschärft. Eine Katastrophe, sagen die Industrievertreter, dabei sind diese neuen Bestimmungen Voraussetzung dafür, dass die EU überhaupt wieder gentechnisch veränderte Organismen zulassen kann, erklärt Beate Gminder von der EU-Kommission:
Technisch beendet wird das Moratorium in dem Moment, in dem die EU einer Neuzulassung eines GVO wieder zustimmt, das wird frühestens Ende des Jahres, Anfang nächsten Jahres sein.
Die Umweltschutzverbände in Deutschland haben auf diese Ankündigung überwiegend mit Zustimmung reagiert. Es ist ohnehin klar, dass sich Europa nicht weiter komplett gegen den Handel sperren kann. Außerdem entspricht die scharfe Kennzeichnungspflicht weitgehend den Forderungen der Gentechnik-Gegner. Sie wird dazu führen, dass künftig mehr Lebensmittel ihre gentechnisch veränderten Bestandteile ausweisen müssen.
Schon heute ist es so, dass man zum Beispiel ein gentechnisch modifiziertes Maiskorn kennzeichnen muss. Wenn Sie das also kaufen als Maiskorn, dann können Sie sehen, ob das ein GVO ist oder nicht. Wenn Sie Maismehl kaufen, können Sie auch schon heute sehen, ob das ursprüngliche Maiskorn genetisch modifiziert war. Wenn Sie allerdings Maisöl kaufen, das sehr hoch verarbeitet wurde, da können Sie es nicht mehr sehen, dass am Ursprung dieses Prozesses auch ein GV-Mais war. Das wird in Zukunft der Fall sein, und dann geht die Kette noch weiter – wenn Sie das Maisöl dazu benutzen, um einen Keks zu backen, dann wird auch auf diesem Keks in Zukunft stehen, dass im Herstellungsprozess genetisch verändertes Maisöl verwendet wurde.
Mit anderen Worten: So mancher Schokoriegel, der uns bislang unverdächtig schien, könnte in Zukunft ein Genfood-Etikett tragen. Auch Futtermittel sollen die Bauern nun als gentechnisch verändert erkennen können. Noch wichtiger aber sind für die Gentechnik-Expertin des BUND, Heike Moldenhauer, die konkreten Anbaubedingungen in Europa: die Abstände zwischen den Feldern mit gentechnisch und konventionell gezüchteten Sorten. Auf keinen Fall dürfen sich, so Moldenhauer, beide durch Pollenflug mischen. Die EU gibt dafür nur Richtlinien vor. Entsprechende Gesetze muss jedes Land selbst verfassen.
Für uns ist die oberste Regel, dass weiterhin die gentechnikfreie Landwirtschaft möglich sein muss. Und wir fordern, dass pro Kultursorte, also dann für Raps, Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais unterschiedliche Abstände etabliert werden müssen, also dass zum Beispiel bei Raps dann die Sicherheitsabstände zwischen einem Feld mit gentechnisch veränderten Organismen und einem Feld, das gentechnikfrei ist, so fünf Kilometer sein müssen.
Völlig ohne Gentechnik zu arbeiten, das ist dem ökologischen Landbau ein Credo. Probleme mit Unkräutern und Schädlingen, die die Gentechnik auf den konventionell bewirtschafteten Feldern lösen soll, haben die Ökobauern kaum. Denn sie vermeiden Monokulturen und halten Fruchtfolgen auf dem Feld ein. Den mutmaßlichen Risiken der Gentechnik stehen für sie also keinerlei Vorteile gegenüber. Hinzu kommt, dass sich Fremdgene auf dem Acker kaum mit dem Image von Bioland, Demeter und Co vereinbaren lassen, selbst wenn sie nur durch Pollenflug dorthin gelangen. Die Warnungen der Gentechnik-Gegner vor ökologischen Schäden haben sich indes dort, wo Gen-Mais und -Soja bereits angebaut werden, nicht bestätigt. Zu diesem Ergebnis kommt der Berner Botaniker Klaus Ammann in einer Studie:
Also, es gibt einfach keine dramatischen Gefährdungen der Biodiversität. Die Botschaft ist nämlich die, dass auf dem Acker natürlich schon sowieso aus Produktionsgründen eine niedrige Biodiversität da ist. Also die Fauna und Flora wird sich schon verändern, aber sie wird nicht kleiner werden. In der Gesamtabrechnung ist es so, dass sich jetzt eben doch Pestizidreduktionen zeigen und damit auch eine Verbesserung der Biodiversität. Das ist noch nicht bei allen Studien ablesbar, aber ich bin sicher, dass das sich so entwickeln wird.
Tatsächlich kommen die Bauern, die in den USA, Argentinien und Kanada Genpflanzen anbauen, mit deutlich weniger Pestiziden aus. Zwar bilden sich derzeit vermehrt Resistenzen, das führt aber nicht zu einem höheren Pestizid-Einsatz als zuvor. Das Etikett – "enthält gentechnisch veränderten Mais" – könnte man also durchaus als Qualitätsmerkmal auffassen, zumindest im Vergleich mit konventionell produziertem Mais. Trotzdem lehnt die Mehrzahl der Verbraucher die Gentechnik ab. Kein Wunder also, dass die Gentechnik-Lobby verärgert auf die in Brüssel beschlossene Kennzeichnungspflicht reagiert hat. Nach dem Motto: Was der Konsument nicht weiß, macht ihn nicht heiß, hätten sie ihre Produkte gern stillschweigend eingeführt.
Die Biotech-Industrie ist allergisch gegen die Kennzeichnung. Kennzeichnung ist für sie nur eine neue Form von Protektionismus. Die Stimmung ist zur Zeit so aufgeladen - da kann man davon ausgehen, dass die Produkte abgelehnt werden, wenn man sie markiert. In den USA hält man die Kennzeichnung daher für eine Art Trick, um den Handel weiter zu behindern.
So bringt Politik-Berater Clyde Prestovitz die amerikanische Reaktion auf den Punkt. Die Umweltschützer widersprechen der Biotech-Branche da nicht einmal. Auch Heike Moldenhauer vom BUND meint: Wenn die Verbraucher in der EU über den Inhalt ihrer Lebensmittel genau aufgeklärt werden, dann ist das für amerikanischen Produkte vermutlich von Nachteil:
Und das ist ein ganz großer Wettbewerbsvorteil der europäischen Landwirtschaft, einmal um für den europäischen Binnenmarkt zu produzieren – wir haben ja eine ganz strikte Ablehnung von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln in der EU - und dann auch weiterhin, um die Märkte zu bedienen, zum Beispiel in Japan, und zunehmend auch in den USA, die weiterhin eine Nachfrage mach gentechnisch nicht veränderten Nahrungsmitteln haben.
Wie Europa mit den gekennzeichneten Importen aus Amerika umgeht, wird entscheidend sein für das Überleben der Pflanzen-Gentechnik an sich. Auch darin sind sich die beiden Parteien im Streit verblüffend einig. Heike Moldenhauer und Clyde Prestovitz:
Wir haben zwar jetzt eine Anbaufläche von 60 Millionen Hektar weltweit, aber es ist überhaupt nicht ausgemacht, dass nicht diese Anbauflächen wieder zurückgehen. Denn wenn gekennzeichnet werden muss, war es bisher so, dass die Kunden gentechnisch veränderte Lebensmittel nicht gekauft haben und dass Kennzeichnung dann bedeutet hat: Ökonomischer Selbstmord.
In der Biotech-Industrie haben viele Leute das Gefühl, sie sind am Scheideweg angekommen. Wenn das Problem mit Europa nicht gelöst wird, könnte das weitreichende Auswirkungen haben auf die Möglichkeit, neue Produkte zu erforschen und zu entwickeln. Deshalb ist man auf eine schnelle Lösung bedacht.
Fest steht, dass Europa seine Lebensmittel kennzeichnen wird. Gut möglich aber, dass die Welthandelsorganisation darin eine Handelsblockade sehen und Strafzölle verhängen wird. Denn es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die gentechnisch veränderten Lebensmittel gesundheitsgefährdend sind. Das gibt selbst die Gentechnik-Expertin des BUND zu:
Ich kenne keine Studie, ich wüsste nicht, dass 1:1 belegt ist, wenn bestimmte gentechnisch veränderte Organismen verfüttert werden oder von Menschen aufgenommen werden, dass da Gesundheitsschäden entstehen. Aber dass das noch nicht passiert ist, kann ja auch daran liegen, dass es erst Langzeitfolgen gibt.
Da Langzeitfolgen neuer Produkte aber niemals auszuschließen sind, zieht dieses Argument vor der WTO nicht. Die EU argumentiert deshalb anders.
Wir haben nie gesagt, dass wir diese Kennzeichnungspflicht einführen aufgrund wissenschaftlicher Hinweise – wir denken und sagen ganz offen, es gibt keinerlei Hinweise, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel eine Gefahr für den Menschen und für seine Gesundheit darstellen. Und das ist kein Argument, mit dem wir die Kennzeichnungspflicht einführen. Unser Argument ist, dass wir dem Bürger eine Wahlfreiheit geben wollen, und innerhalb der WTO wird diese Sache sicherlich als technische Barriere zum Handel beurteilt werden; und dort ist es sicher einer der ersten Fälle überhaupt, der diese Frage – wie weit darf man in seiner Etikettierungspflicht gehen – überhaupt behandelt. Und von dem her wird das auch für die WTO ein ganz interessanter Fall werden, wo das Resultat mitnichten jetzt schon bekannt ist.
Behindert die EU mit den Genfood-Etiketten den freien Warenverkehr? Sind die gentechnisch veränderten Lebensmittel so andersartig, dass ihre Kennzeichnung gerechtfertigt und nötig ist? Wie genau müssen wir wissen, was wir essen? Das sind Fragen, die die WTO nun zu beantworten hat. Bis dahin können die Verbraucher frei entscheiden, wie gut oder schlecht die Gentechnik schmeckt.
So wetterte George Bush Ende Juni gegen die europäische Handelsblockade für gentechnisch veränderte Saaten. Die Regierungen handelten aufgrund haltloser und unwissenschaftlicher Ängste, so der Vorwurf des US-Präsidenten.
I think what we are hearing president Bush do is actually echo some concerns that the industry has had.
In den Worten Bushs, so Lisa Dry, spiegeln sich die Anliegen der Industrie wider, und das kommt ihr sehr entgegen. Dry ist Sprecherin der mächtigen amerikanischen Biotech-Industrie-Organisation, BIO. -- Worum geht es? Im Oktober 1998 beschloss die Europäische Union ein Moratorium. Vorerst sollte es keine Zulassungen für gentechnisch veränderte Organismen mehr geben. Die BSE-Krise bewegte sich auf ihren ersten Höhepunkt zu. Die Verbraucher waren verunsichert, erinnert sich Beate Gminder, Sprecherin von EU-Verbraucherschutz-Kommissar David Byrne.
Ich denke vor diesem Hintergrund muss man sehen, dass zurecht Bürger und Bürgerinnen gefragt haben, was sind eigentlich diese genetisch modifizierten Lebensmittel, was essen wir täglich, was bekommen wir auf den Tisch? Und zu diesem Zeitpunkt haben eben einige Länder beschlossen, dass es besser wäre, bessere Gesetze zur Reglementierung in Europa zu genetisch modifizierten Lebensmitteln zu haben. Und dieser Prozess hat nun einige Jahre gedauert, erstmal um herauszufinden, was wollen wir eigentlich? Was sind die genauen Bedürfnisse, wohin gehen wir? Und von dem her haben wir jetzt einfach so lange abgewartet, um Neuzulassungen für GVOs auszusprechen, dieses Moratorium ist nicht, was viele Menschen denken, ein Handelsstopp für GVOs.
GVOs, Genetisch Veränderte Organismen, werden derzeit nämlich sehr wohl nach Europa importiert. Allerdings ist das nur für die beiden Sorten möglich, die schon vor dem Moratorium in der EU zugelassen waren: dem für Insekten giftigen BT-Mais, der in Spanien schon angebaut wird, und dem herbizid-resistenten Roundup Ready-Soja, der das Tiermehl als Viehfutter ersetzt hat. Doch den Farmern des gesamten amerikanischen Kontinents ist das nicht genug: Sie kultivieren inzwischen viele andere und zum Teil auch bessere Sorten gentechnisch veränderter Pflanzen und wollen, dass sich der Markt weltweit für sie öffnet. Deshalb haben die USA, Argentinien und Kanada die Europäische Union im Mai bei der Welthandelsorganisation verklagt. Unterstützt werden sie von Ägypten, Australien, Neuseeland, Mexiko, El Salvador, Honduras, Kolumbien, Peru, Uruguay und Chile. Druck üben dabei Saatgut-Hersteller wie Monsanto, Syngenta und Dupont aus. Sie sind Mitglieder im internationalen Biotech-Industrie-Verband, BIO. Sprecherin Lisa Dry:
Die Kunden unserer Mitglieder, die Soja-Farmer und Mais-Bauern, wünschen, dass sich in dem Fall endlich etwas bewegt. Sie haben den Eindruck, dass ihnen Märkte verschlossen bleiben. Diplomatische Lösungen funktionieren einfach nicht. Immer wenn wir eine Forderung der EU erfüllt haben, gibt es neue Hürden. Deshalb haben die USA gesagt: Wir erwarten von unseren Handelspartnern, dass sie ihren Pflichten nachkommen, und deshalb klagen wir bei der WTO.
Doch die Vorwürfe des US-Präsidenten gehen noch weiter:
Wegen dieser künstlichen Hindernisse vermeiden es viele afrikanische Länder, in die Biotechnologie zu investieren. Sie haben Angst, dass ihre Produkte vom europäischen Markt ausgeschlossen werden. Um eines hungernden Kontinents Willen dränge ich die europäischen Regierungen, ihren Widerstand gegen die Biotechnologie aufzugeben.
Der Vorwurf scheint auf den ersten Blick widersinnig. Warum sollten sich hungernde Nationen um den Export von Lebensmitteln scheren? Tatsache ist: Afrika will und muss exportieren, damit es wirtschaftlich auf die Beine kommt. Dennoch weist Beate Gminder von der EU-Kommission die Kritik des US-Präsidenten weit von sich:
Erstens ist der Anbau in Afrika noch nicht so ausgebaut, dass hier jetzt massenweise Saatgut und Pflanzen anfallen. Zweitens: Was exportiert Afrika hauptsächlich nach Europa? Das ist sehr viel Fisch – und das ist davon nicht betroffen –, das ist sehr viel Fleisch, und auch das ist davon nicht betroffen - also es wird hier munter durcheinander gemischt an Fakten und Tatsachen, und das finden wir einfach bedauerlich.
Afrika ist indes mehr als ein Vorwand der Gentechnik-Lobby, um Stimmung gegen Europa zu machen. Afrika ist ein Präzedenzfall, meint Clyde Prestovitz, Politik-Berater und Leiter eines konservativen Think Tanks in Washington:
Die Industrie sieht Auswirkungen der europäischen Haltung über den Handel mit den USA hinaus. Sicher werden die negativen Folgen für Afrika übertrieben, aber es wird schon befürchtet, dass sich die europäische Haltung auf die globale Verbreitung gentechnisch veränderter Produkte auswirken könnte.
Die USA reagierten schockiert, als Sambia im Frühjahr dieses Jahres Mais-Lieferungen ablehnte, die es aus dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen bekommen sollte. Es war Genmais, der aus den USA stammte. Die randvoll beladenen Schiffe mussten umkehren. Sambia hungerte weiter. Die Afrikaner befürchteten, der Mais könnte gepflanzt werden und sich mit den Gentechnik-freien Sorten des Kontinents mischen. Das hätte potentielle Exporte nach Europa in der Zukunft erschwert.
Die Hälfte von Afrikas Handel läuft mit Europa. Und Europas Moratorium für genetisch veränderte Lebensmittel beeinflusst unsere Entscheidungen - denn sonst verlieren wir einen Handelspartner.
Die Pflanzenpathologin Florence Wambugu macht sich für den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen in Afrika stark. Sie erhofft sich bessere Erträge in der Landwirtschaft, wenn die Feldfrüchte gentechnisch vor Pflanzenschädlingen geschützt sind. Die Kenianerin gehört zu den wenigen afrikanischen Stimmen, die sich im Streit um den schwarzen Kontinent Gehör verschaffen. Vertreter der Saatgutkonzerne versuchen ebenso Einfluss zu gewinnen wie die Abgesandten europäischer Umweltschutzverbände. Regionale Umweltgruppen sprechen sich gegen die Technologie aus - aus Angst vor Abhängigkeiten und unabsehbaren Folgen für Ökologie und Gesundheit. Gleichzeitig kämpfen große Bauernverbände dafür. So auch Peter Rammutla von der Nationalen Afrikanischen Farmer Union von Südafrika:
Südafrika hat bereits Mais, Soja und Baumwolle kommerzialisiert. Und Freilandversuche mit Tomaten und Papayas laufen auch schon.
In Südafrika gibt es schon seit sechs Jahren Gesetze, die den Anbau der gentechnisch veränderten Pflanzen regulieren und die Biosicherheit gewährleisten sollen.
12 weitere Länder, darunter Kenia, Simbabwe, Ägypten und Nigeria, arbeiten fleißig an ihrer Gesetzgebung und machen Freilandversuche mit ihren wichtigsten Feldfrüchten.
Diese Pflanzen sind nicht notwendigerweise solche, an denen die Saatgut-Konzerne großes Interesse hätten. Kassawa, eine Süßkartoffel, die außerhalb Afrikas kaum eine Rolle spielt, wird regelmäßig durch ein Virus dezimiert. Resistente Kassawa-Wurzeln hat die Firma Monsanto entwickelt und die Rechte daran abgegeben. Afrikanische Wissenschaftler leiten nun die Versuchsreihen. Sie wie auch die Landwirte wünschen sich jedoch eine größere Unabhängigkeit von den internationalen Saatgutkonzernen:
Deshalb wünschen wir uns unsere eigenen, lokalen Produkte. Wir wollen nicht von den Konzernen abhängig sein, und wir wissen um die internationalen Patentrechte, sie können uns damit erpressen. Deshalb brauchen wir eigene Forschung und einen Technologie-Transfer. Wir müssen in die Lage versetzt werden, unsere eigenen lokalen Produkte herzustellen.
Das heißt: Gen-Technik ja, und am liebsten soll sie aus eigenen Labors kommen. Mit dieser Forderung wendet sich der südafrikanische Bauernpräsident gerade an Europa. Wie realistisch sie angesichts der enormen Forschungs- und Entwicklungskosten für einzelne Sorten ist, sei dahingestellt. Derzeit nimmt Afrika jedenfalls enorme Ernteausfälle in Kauf - wegen Trockenheit, Überschwemmungen, Pflanzenschädlingen, und weil das Geld für Spritzmittel fehlt. Mit gentechnisch veränderten Pflanzen ließe sich der Ertrag enorm steigern. Für die afrikanischen Bauern ist das - anders als für die europäischen - ein wichtiges Argument. Dass sich mit der Verbreitung der Biotechnologie der Kampf gegen den Hunger auf der Welt gewinnen lasse, wie der US-Präsident glauben machen will, bleibt dennoch eine haltlose Behauptung:
We should encourage the spread of safe, effective biotechnology to win the fight against global hunger.
Seit George Bush seine Biotech-Industrie Ende Juni derart ermutigt hat, hat sich in Europa einiges bewegt. Die EU hat die Regeln für Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von gentechnisch veränderten Pflanzen in Lebensmitteln verschärft. Eine Katastrophe, sagen die Industrievertreter, dabei sind diese neuen Bestimmungen Voraussetzung dafür, dass die EU überhaupt wieder gentechnisch veränderte Organismen zulassen kann, erklärt Beate Gminder von der EU-Kommission:
Technisch beendet wird das Moratorium in dem Moment, in dem die EU einer Neuzulassung eines GVO wieder zustimmt, das wird frühestens Ende des Jahres, Anfang nächsten Jahres sein.
Die Umweltschutzverbände in Deutschland haben auf diese Ankündigung überwiegend mit Zustimmung reagiert. Es ist ohnehin klar, dass sich Europa nicht weiter komplett gegen den Handel sperren kann. Außerdem entspricht die scharfe Kennzeichnungspflicht weitgehend den Forderungen der Gentechnik-Gegner. Sie wird dazu führen, dass künftig mehr Lebensmittel ihre gentechnisch veränderten Bestandteile ausweisen müssen.
Schon heute ist es so, dass man zum Beispiel ein gentechnisch modifiziertes Maiskorn kennzeichnen muss. Wenn Sie das also kaufen als Maiskorn, dann können Sie sehen, ob das ein GVO ist oder nicht. Wenn Sie Maismehl kaufen, können Sie auch schon heute sehen, ob das ursprüngliche Maiskorn genetisch modifiziert war. Wenn Sie allerdings Maisöl kaufen, das sehr hoch verarbeitet wurde, da können Sie es nicht mehr sehen, dass am Ursprung dieses Prozesses auch ein GV-Mais war. Das wird in Zukunft der Fall sein, und dann geht die Kette noch weiter – wenn Sie das Maisöl dazu benutzen, um einen Keks zu backen, dann wird auch auf diesem Keks in Zukunft stehen, dass im Herstellungsprozess genetisch verändertes Maisöl verwendet wurde.
Mit anderen Worten: So mancher Schokoriegel, der uns bislang unverdächtig schien, könnte in Zukunft ein Genfood-Etikett tragen. Auch Futtermittel sollen die Bauern nun als gentechnisch verändert erkennen können. Noch wichtiger aber sind für die Gentechnik-Expertin des BUND, Heike Moldenhauer, die konkreten Anbaubedingungen in Europa: die Abstände zwischen den Feldern mit gentechnisch und konventionell gezüchteten Sorten. Auf keinen Fall dürfen sich, so Moldenhauer, beide durch Pollenflug mischen. Die EU gibt dafür nur Richtlinien vor. Entsprechende Gesetze muss jedes Land selbst verfassen.
Für uns ist die oberste Regel, dass weiterhin die gentechnikfreie Landwirtschaft möglich sein muss. Und wir fordern, dass pro Kultursorte, also dann für Raps, Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais unterschiedliche Abstände etabliert werden müssen, also dass zum Beispiel bei Raps dann die Sicherheitsabstände zwischen einem Feld mit gentechnisch veränderten Organismen und einem Feld, das gentechnikfrei ist, so fünf Kilometer sein müssen.
Völlig ohne Gentechnik zu arbeiten, das ist dem ökologischen Landbau ein Credo. Probleme mit Unkräutern und Schädlingen, die die Gentechnik auf den konventionell bewirtschafteten Feldern lösen soll, haben die Ökobauern kaum. Denn sie vermeiden Monokulturen und halten Fruchtfolgen auf dem Feld ein. Den mutmaßlichen Risiken der Gentechnik stehen für sie also keinerlei Vorteile gegenüber. Hinzu kommt, dass sich Fremdgene auf dem Acker kaum mit dem Image von Bioland, Demeter und Co vereinbaren lassen, selbst wenn sie nur durch Pollenflug dorthin gelangen. Die Warnungen der Gentechnik-Gegner vor ökologischen Schäden haben sich indes dort, wo Gen-Mais und -Soja bereits angebaut werden, nicht bestätigt. Zu diesem Ergebnis kommt der Berner Botaniker Klaus Ammann in einer Studie:
Also, es gibt einfach keine dramatischen Gefährdungen der Biodiversität. Die Botschaft ist nämlich die, dass auf dem Acker natürlich schon sowieso aus Produktionsgründen eine niedrige Biodiversität da ist. Also die Fauna und Flora wird sich schon verändern, aber sie wird nicht kleiner werden. In der Gesamtabrechnung ist es so, dass sich jetzt eben doch Pestizidreduktionen zeigen und damit auch eine Verbesserung der Biodiversität. Das ist noch nicht bei allen Studien ablesbar, aber ich bin sicher, dass das sich so entwickeln wird.
Tatsächlich kommen die Bauern, die in den USA, Argentinien und Kanada Genpflanzen anbauen, mit deutlich weniger Pestiziden aus. Zwar bilden sich derzeit vermehrt Resistenzen, das führt aber nicht zu einem höheren Pestizid-Einsatz als zuvor. Das Etikett – "enthält gentechnisch veränderten Mais" – könnte man also durchaus als Qualitätsmerkmal auffassen, zumindest im Vergleich mit konventionell produziertem Mais. Trotzdem lehnt die Mehrzahl der Verbraucher die Gentechnik ab. Kein Wunder also, dass die Gentechnik-Lobby verärgert auf die in Brüssel beschlossene Kennzeichnungspflicht reagiert hat. Nach dem Motto: Was der Konsument nicht weiß, macht ihn nicht heiß, hätten sie ihre Produkte gern stillschweigend eingeführt.
Die Biotech-Industrie ist allergisch gegen die Kennzeichnung. Kennzeichnung ist für sie nur eine neue Form von Protektionismus. Die Stimmung ist zur Zeit so aufgeladen - da kann man davon ausgehen, dass die Produkte abgelehnt werden, wenn man sie markiert. In den USA hält man die Kennzeichnung daher für eine Art Trick, um den Handel weiter zu behindern.
So bringt Politik-Berater Clyde Prestovitz die amerikanische Reaktion auf den Punkt. Die Umweltschützer widersprechen der Biotech-Branche da nicht einmal. Auch Heike Moldenhauer vom BUND meint: Wenn die Verbraucher in der EU über den Inhalt ihrer Lebensmittel genau aufgeklärt werden, dann ist das für amerikanischen Produkte vermutlich von Nachteil:
Und das ist ein ganz großer Wettbewerbsvorteil der europäischen Landwirtschaft, einmal um für den europäischen Binnenmarkt zu produzieren – wir haben ja eine ganz strikte Ablehnung von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln in der EU - und dann auch weiterhin, um die Märkte zu bedienen, zum Beispiel in Japan, und zunehmend auch in den USA, die weiterhin eine Nachfrage mach gentechnisch nicht veränderten Nahrungsmitteln haben.
Wie Europa mit den gekennzeichneten Importen aus Amerika umgeht, wird entscheidend sein für das Überleben der Pflanzen-Gentechnik an sich. Auch darin sind sich die beiden Parteien im Streit verblüffend einig. Heike Moldenhauer und Clyde Prestovitz:
Wir haben zwar jetzt eine Anbaufläche von 60 Millionen Hektar weltweit, aber es ist überhaupt nicht ausgemacht, dass nicht diese Anbauflächen wieder zurückgehen. Denn wenn gekennzeichnet werden muss, war es bisher so, dass die Kunden gentechnisch veränderte Lebensmittel nicht gekauft haben und dass Kennzeichnung dann bedeutet hat: Ökonomischer Selbstmord.
In der Biotech-Industrie haben viele Leute das Gefühl, sie sind am Scheideweg angekommen. Wenn das Problem mit Europa nicht gelöst wird, könnte das weitreichende Auswirkungen haben auf die Möglichkeit, neue Produkte zu erforschen und zu entwickeln. Deshalb ist man auf eine schnelle Lösung bedacht.
Fest steht, dass Europa seine Lebensmittel kennzeichnen wird. Gut möglich aber, dass die Welthandelsorganisation darin eine Handelsblockade sehen und Strafzölle verhängen wird. Denn es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die gentechnisch veränderten Lebensmittel gesundheitsgefährdend sind. Das gibt selbst die Gentechnik-Expertin des BUND zu:
Ich kenne keine Studie, ich wüsste nicht, dass 1:1 belegt ist, wenn bestimmte gentechnisch veränderte Organismen verfüttert werden oder von Menschen aufgenommen werden, dass da Gesundheitsschäden entstehen. Aber dass das noch nicht passiert ist, kann ja auch daran liegen, dass es erst Langzeitfolgen gibt.
Da Langzeitfolgen neuer Produkte aber niemals auszuschließen sind, zieht dieses Argument vor der WTO nicht. Die EU argumentiert deshalb anders.
Wir haben nie gesagt, dass wir diese Kennzeichnungspflicht einführen aufgrund wissenschaftlicher Hinweise – wir denken und sagen ganz offen, es gibt keinerlei Hinweise, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel eine Gefahr für den Menschen und für seine Gesundheit darstellen. Und das ist kein Argument, mit dem wir die Kennzeichnungspflicht einführen. Unser Argument ist, dass wir dem Bürger eine Wahlfreiheit geben wollen, und innerhalb der WTO wird diese Sache sicherlich als technische Barriere zum Handel beurteilt werden; und dort ist es sicher einer der ersten Fälle überhaupt, der diese Frage – wie weit darf man in seiner Etikettierungspflicht gehen – überhaupt behandelt. Und von dem her wird das auch für die WTO ein ganz interessanter Fall werden, wo das Resultat mitnichten jetzt schon bekannt ist.
Behindert die EU mit den Genfood-Etiketten den freien Warenverkehr? Sind die gentechnisch veränderten Lebensmittel so andersartig, dass ihre Kennzeichnung gerechtfertigt und nötig ist? Wie genau müssen wir wissen, was wir essen? Das sind Fragen, die die WTO nun zu beantworten hat. Bis dahin können die Verbraucher frei entscheiden, wie gut oder schlecht die Gentechnik schmeckt.