An verschiedenen Universitäten wie Greifswald, Bochum, Düsseldorf und Heidelberg wurden in den vergangenen Jahren eigene Modelle ausgearbeitet. Wie Studenten künftig zu Wissenschaftlern mit weitem Horizont heranreifen können war gestern und heute das Thema auf einer Konferenz des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft, der Hochschulrektorenkonferenz und der örtlichen Uni in Heidelberg.
Die Vorstandssitzung ist eröffnet, die schlechte Börsennotierung der weltweit agierenden Firma steht zur Debatte. Schnelle Lösungen müssen her, jeder am Tisch ist gefragt. Am Ende des Seminars ist das fiktive Unternehmen gerettet, die BWL-Studenten von diesem Rollenspiel hellauf begeistert. Ohne ermüdende Vorlesungen haben sie eine Ahnung davon bekommen, was Schlüsselkompetenzen wie Teamgeist, Kreativität, Konfliktlösung, globale Interaktion und überzeugendes Auftreten im Ernstfall bewirken können. Und ganz nebenbei ist vom beobachtenden Dozenten geschickt das notwendige Fachwissen eingefädelt worden.
Auch wenn der Begriff Schlüsselkompetenz von den Konferenzteilnehmern in Heidelberg nur mühsam definiert werden konnte - die Notwendigkeit von fächerübergreifender Ausbildung in Zeiten flacher Hierarchien und veränderter Qualifikationsprofile von Führungskräften ist keine Frage mehr.
Doch der Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz und Rektor der Uni Bayreuth, Helmut Ruppert, sieht bei der Umsetzung vor allem finanzielle Probleme:
Wir sind uns darüber im klaren, dass die Einführung der Master- und Bachelor-Studiengängen mit der Modularisierung, mit ganz neuen Lehrformen, auch eine intensive Betreuung der Studierenden veranlasst. Dies bedeutet, dass mehr Hochschullehrer für die gleichen Anzahl von Studierenden notwendig wäre. Wir sehen zur Zeit aufgrund der Finanzsituationen in Bund und Land kein grünes Licht, dass wir hier Verbesserungen hätten. Auf der anderen Seite können wir jetzt nicht warten, bis wir eine entspanntere finanzielle Situation haben.
Die einzige Lösung ist laut Helmut Ruppert also doch nur die viel gescholtene Studiengebühr. Mit ihr könnte man dann einerseits externe Agenturen anheuern, die in Blockseminaren oder Trainee-Programmen zusätzlich komplexe Fähigkeiten wie soziale Kompetenz, Konfliktfähigkeit oder Rhetorik entwickeln oder andererseits die Vermittlung der Schlüsselkompetenzen an die ohnehin überlasteten Professoren delegieren. Die Lösung liegt wie oft dazwischen und wird an jeder Universität anders aussehen müssen, waren sich alle Teilnehmer einig. Ob man, wie beim Düsseldorfer Modell auf ein integriertes Qualifikationskonzept setzt und einzelne Module wie wissenschaftliches Schreiben, Wissensmanagement oder Multimedia anbietet, oder wie in Bochum gleich ganz neue Studiengänge plus Punktesystem einrichtet, müssen die Hochschulleitungen autonom entscheiden, was sich immer wieder als eigentliches Problem herausstellt.
Ginge es nach Dietmar Chur und dem Heidelberger Modell würden einige wenige Vorlesungen das Grundgerüst der fachlichen Kompetenz bilden, in Projekten mit speziell geschulten Tutoren, meist Doktoranden, könnte das Fachthema vertieft werden:
Wir machen also nicht nur diese Fachtutorien, dass man die Tutoren da reinschickt und sagt: Macht das mal. Sondern wir versuchen sie didaktisch zu qualifizieren in Rhetorik, Didaktik, Zeitmanagement, effektive Examensvorbereitung, zielorientierte Planung des Hauptstudiums und ähnlichem entweder in Blockveranstaltungen oder auch Studien begleitend, immer wieder wöchentlich, entweder rein die Schlüsselkompetenzen oder verzahnt mit fachlichen Inhalten.
Ein großes Problem ist, dass sich die Universitäten mit ihren Hochschuldidaktischen Abteilungen ähnlich wie mit Gleichstellungsbeauftragten, noch immer nicht richtig anfreunden können. Auch deshalb laufen viele Bemühungen um Veränderungen der Lehrstruktur so schleppend.
Manfred Tietz, Professor für Hispanistik und Studiendekan des Optionalbereichs für Schlüsselkompetenzen der Uni Bochum ist einer der wenigen Hochschullehrer, die Schlüsselkompetenzen auch für Dozenten und Professoren fordern:
Ich finde das ungeheuer spannend, dass man noch mal was dazulernen kann, dass man merkt, dass das eigentlich gefehlt hat, dass man viele Dinge hätte besser machen können, wenn man vor 30 Jahren diese Dinge gesagt bekommen hätte. Die Effizienz des Unterrichtens wäre sicherlich gesteigert worden.
Doch wie man schlussendlich Schlüsselkompetenz-Kurse zu Teamfähigkeit, Führungsqualität oder Redegewandheit am Ende des Studiums bescheinigen soll, ist ein großes Rätsel. Soll es eine Sammelmappe sein mit Seminarmitschriften, ein ganz normaler Teilnahmeschein oder ein schriftlicher Test, damit potentielle Arbeitgeber genau wissen, was ihr künftiger Mitarbeiter tatsächlich kann? Am liebsten würden die Unis dem Arbeitgeber überlassen, wie er kompetente Mitarbeiter findet. Aber das wäre dann doch zu einfach, auch für Universitäten.