Müller: "Ich versuche immer die Programme so zu gestalten, dass sie richtig schön sind und die Leute sagen, ach, der ist doch gar nicht gescheitert."
Draußen rauscht der Verkehr vorbei. Drinnen brodelt der Kochtopf, Festivalchef Hartwig Müller kocht eine Suppe im Maxim-Kino. Im Saal muffen die klapprigen Sitzreihen. Drinnen gähnende Leere. Wer und ob jemand am Weihnachtsfeiertag zu seinem Festival des gescheiterten Films kommt, fragt sich Müller nicht. Sie kommen, das ist seit fünf Jahren so.
Vor sechs Jahren saß er noch alleine da. Gerade deshalb hat er verbissen weitergemacht. Trägt 67 Filme in den kommenden Wochen durch Deutschland, nach Berlin, Leipzig, Frankfurt, Köln, Hannover, Hamburg: Dokumentarfilme, Experimantalstreifen, Zweiminüter und Langspielfilme. Eingesandt von den Regisseuren selbst. Manche von 2009, andere von 2006 oder 1989. Jahrelang verschämt im Regal versteckt. Allesamt gescheitert bei Deutschlands Fernsehsendern und Filmverleihern,
"Hier sind Filme dabei, wo ich lange überlegt habe, sie zu zeigen. Dabei habe ich mich selbst erwischt, dass ich vielleicht selbst schräg liege. Da will ich dem Publikum selbst überlassen, zu entscheiden. Das Risiko habe ich. Ich stehe hier mit einem Zähler und schaue wer alles raus rennt. Aber ich glaube sie bleiben drin. Die Leute die hierher kommen sind offen und neugierig und werden dafür belohnt. Das finde ich eine schöne Sache."
Im Saal läuft Trash, Teil eins: Ein Kinderkrimi in drei Teilen "Die zwei Fragezeichen". Verwackelte Bilder, lahme Pointen, grottenschlechte Schauspieler. Danach Hitler als alter Mann in der Platte - Satire auf Sächsisch. Hinterher ein Splatter-Movie über blutspritzende Beinstümpfe "Socks from the Rocks". Fast wären diese Videos auch beim Festival des gescheiterten Films gescheitert.
Müller: "Diese sogenannte Off-Szene macht mittlerweile 90 Prozent aus. Ich vertraue und das merke ich immer wieder, ich kann dem Publikum trauen. Ich sollte nicht so sehr nach mir schauen, sondern mehr nach dem Publikum. Ich hatte jetzt wieder Zweifel, die Tage wo wir angefangen haben. Oh Gott, was sind das Filme und dann entschuldige ich mich dafür."
Wer hierher kommt, weiß, was er erwartet: Nichts. Und gerade deshalb füllen sich die Reihen in den Tagen vor Silvester im Münchner Maxim-Kino immer mehr. Kein vorgefertigter Mainstream, kein Schielen nach zahlendem Publikum steht hier im Mittelpunkt. Sondern das Unfertige, nicht perfekte, in das Regisseure, ob Profi oder Amateur, ihre gesamte Zeit stecken. "Amateure" nennt sie Müller deshalb, nach amare, lieben. Vielleicht wurden deshalb bislang keine Youtube-Videos bei ihm eingereicht, mustmaßt Müller:
Müller: "Ich habe das ja auch gedacht, ich bekomme jetzt Filme, die jemand so nebenbei gedreht hat. Das war bislang nicht dabei. Das hat mich überrascht. Das hängt natürlich mit dem Thema Scheitern zusammen. Jemand, der mal kurz mit dem Handy einen Film dreht, der macht das aus Spaß oder aus Kalkül.
Wenn er aber da steht und sagt er ist an seinem Handyfilm gescheitert hat das eine ganz andere Ebene. Deshalb glaube ich, ist der Begriff des Scheiterns einer der höchsten Maßstäbe, die man in diesem Zusammenhang setzen kann."
2006 glaubte Sebastian Harrer noch seinen Spielfilm Atina und Herakles bei der Berlinale unterbringen zu können, in München oder vielleicht in Hof. Kein Erfolg. Bei Kosten von 600 000 Euro. In diesem Jahr reichte er das Roadmärchen bei Hartwig Müller ein:
"Das Ziel war eigentlich schon, diesen Film ins Kino zu bringen, weil wir den Eindruck hatten, man kann ihn ins Kino bringen. Das Problem war eher nicht die Story, denn die ist antik klassisch. Also Junge findet Mädchen. Wir haben es aber in der Mischung ein bisschen schwierig gemacht dem Zuschauer.
Wir erwarten sehr viel vom Zuschauer. Jetzt nicht in Bezug auf die Vorbildung, sondern aufs Mitdenken. Also viele hatten Probleme. Also das Grundproblem war, dass es zu kommerziell war für die Festivals und Arthausverleiher und zu sehr Arthaus für die kommerziellen Verleiher."
Qualität und Scheitern nähern sich immer mehr an, das hat er in den vergangenen fünf Jahren gelernt, sagt Hartwig Müller. Die Kriterien, ob ein Film ins öffentliche Programm der Fernsehsender oder Kinos übernommen wird, werden immer schwammiger. Denn DAS Publikum gibt es nicht mehr. Die Quoten sinken trotz Blockbustern.
Der Boom von Onlinekinos zeigt: Es gibt ein Bedürfnis nach dem neuem Sehen, dem Überschreiten von Grenzen und sei es die des guten Geschmacks und dem Voyerismus am Scheitern des Anderen. Mittlerweile gibt es sogar Regisseure, die eigens für sein Festival produzieren, meint Müller. Scheitern als Anspruch - diesen Effekt hätte der Festivalchef nicht erwartet.
Ein Zustand verändert sich in einen anderen im Moment des Scheiterns, d.h. Scheitern ist das Grundmotiv der Bewegung, sagt Hegel sagt Müller. Regisseur Sebastian Harrer erntete in München viel Applaus für seinen gescheiterten Streifen und sitzt derzeit an seinem nächsten Spielfilm:
"Also ich sehe das nicht als Festival wo man das Vergangene oder Scheitern feiern sollte. Scheitern ist ein Prozess. Das ist ein Prozess, wo man lernt, okay, vielleicht kam das nicht an, aber man lernt soviel für sich, wenn man dabei ist. Also wir machen auf jeden Fall weiter und schauen wir mal, wo wir uns das nächste Mal wiedersehen."
Draußen rauscht der Verkehr vorbei. Drinnen brodelt der Kochtopf, Festivalchef Hartwig Müller kocht eine Suppe im Maxim-Kino. Im Saal muffen die klapprigen Sitzreihen. Drinnen gähnende Leere. Wer und ob jemand am Weihnachtsfeiertag zu seinem Festival des gescheiterten Films kommt, fragt sich Müller nicht. Sie kommen, das ist seit fünf Jahren so.
Vor sechs Jahren saß er noch alleine da. Gerade deshalb hat er verbissen weitergemacht. Trägt 67 Filme in den kommenden Wochen durch Deutschland, nach Berlin, Leipzig, Frankfurt, Köln, Hannover, Hamburg: Dokumentarfilme, Experimantalstreifen, Zweiminüter und Langspielfilme. Eingesandt von den Regisseuren selbst. Manche von 2009, andere von 2006 oder 1989. Jahrelang verschämt im Regal versteckt. Allesamt gescheitert bei Deutschlands Fernsehsendern und Filmverleihern,
"Hier sind Filme dabei, wo ich lange überlegt habe, sie zu zeigen. Dabei habe ich mich selbst erwischt, dass ich vielleicht selbst schräg liege. Da will ich dem Publikum selbst überlassen, zu entscheiden. Das Risiko habe ich. Ich stehe hier mit einem Zähler und schaue wer alles raus rennt. Aber ich glaube sie bleiben drin. Die Leute die hierher kommen sind offen und neugierig und werden dafür belohnt. Das finde ich eine schöne Sache."
Im Saal läuft Trash, Teil eins: Ein Kinderkrimi in drei Teilen "Die zwei Fragezeichen". Verwackelte Bilder, lahme Pointen, grottenschlechte Schauspieler. Danach Hitler als alter Mann in der Platte - Satire auf Sächsisch. Hinterher ein Splatter-Movie über blutspritzende Beinstümpfe "Socks from the Rocks". Fast wären diese Videos auch beim Festival des gescheiterten Films gescheitert.
Müller: "Diese sogenannte Off-Szene macht mittlerweile 90 Prozent aus. Ich vertraue und das merke ich immer wieder, ich kann dem Publikum trauen. Ich sollte nicht so sehr nach mir schauen, sondern mehr nach dem Publikum. Ich hatte jetzt wieder Zweifel, die Tage wo wir angefangen haben. Oh Gott, was sind das Filme und dann entschuldige ich mich dafür."
Wer hierher kommt, weiß, was er erwartet: Nichts. Und gerade deshalb füllen sich die Reihen in den Tagen vor Silvester im Münchner Maxim-Kino immer mehr. Kein vorgefertigter Mainstream, kein Schielen nach zahlendem Publikum steht hier im Mittelpunkt. Sondern das Unfertige, nicht perfekte, in das Regisseure, ob Profi oder Amateur, ihre gesamte Zeit stecken. "Amateure" nennt sie Müller deshalb, nach amare, lieben. Vielleicht wurden deshalb bislang keine Youtube-Videos bei ihm eingereicht, mustmaßt Müller:
Müller: "Ich habe das ja auch gedacht, ich bekomme jetzt Filme, die jemand so nebenbei gedreht hat. Das war bislang nicht dabei. Das hat mich überrascht. Das hängt natürlich mit dem Thema Scheitern zusammen. Jemand, der mal kurz mit dem Handy einen Film dreht, der macht das aus Spaß oder aus Kalkül.
Wenn er aber da steht und sagt er ist an seinem Handyfilm gescheitert hat das eine ganz andere Ebene. Deshalb glaube ich, ist der Begriff des Scheiterns einer der höchsten Maßstäbe, die man in diesem Zusammenhang setzen kann."
2006 glaubte Sebastian Harrer noch seinen Spielfilm Atina und Herakles bei der Berlinale unterbringen zu können, in München oder vielleicht in Hof. Kein Erfolg. Bei Kosten von 600 000 Euro. In diesem Jahr reichte er das Roadmärchen bei Hartwig Müller ein:
"Das Ziel war eigentlich schon, diesen Film ins Kino zu bringen, weil wir den Eindruck hatten, man kann ihn ins Kino bringen. Das Problem war eher nicht die Story, denn die ist antik klassisch. Also Junge findet Mädchen. Wir haben es aber in der Mischung ein bisschen schwierig gemacht dem Zuschauer.
Wir erwarten sehr viel vom Zuschauer. Jetzt nicht in Bezug auf die Vorbildung, sondern aufs Mitdenken. Also viele hatten Probleme. Also das Grundproblem war, dass es zu kommerziell war für die Festivals und Arthausverleiher und zu sehr Arthaus für die kommerziellen Verleiher."
Qualität und Scheitern nähern sich immer mehr an, das hat er in den vergangenen fünf Jahren gelernt, sagt Hartwig Müller. Die Kriterien, ob ein Film ins öffentliche Programm der Fernsehsender oder Kinos übernommen wird, werden immer schwammiger. Denn DAS Publikum gibt es nicht mehr. Die Quoten sinken trotz Blockbustern.
Der Boom von Onlinekinos zeigt: Es gibt ein Bedürfnis nach dem neuem Sehen, dem Überschreiten von Grenzen und sei es die des guten Geschmacks und dem Voyerismus am Scheitern des Anderen. Mittlerweile gibt es sogar Regisseure, die eigens für sein Festival produzieren, meint Müller. Scheitern als Anspruch - diesen Effekt hätte der Festivalchef nicht erwartet.
Ein Zustand verändert sich in einen anderen im Moment des Scheiterns, d.h. Scheitern ist das Grundmotiv der Bewegung, sagt Hegel sagt Müller. Regisseur Sebastian Harrer erntete in München viel Applaus für seinen gescheiterten Streifen und sitzt derzeit an seinem nächsten Spielfilm:
"Also ich sehe das nicht als Festival wo man das Vergangene oder Scheitern feiern sollte. Scheitern ist ein Prozess. Das ist ein Prozess, wo man lernt, okay, vielleicht kam das nicht an, aber man lernt soviel für sich, wenn man dabei ist. Also wir machen auf jeden Fall weiter und schauen wir mal, wo wir uns das nächste Mal wiedersehen."