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Die Blauäugigen in der Schadensfalle

Dem einen Unternehmen kamen immer wieder Konstruktionsunterlagen abhanden, am Ende gar ganze Entwicklungsvorgänge. Ein anderes entdeckte, dass sich jemand Unbefugtes für sein Reinigungssystem interessiert.

Von Peter Hölzle | 29.11.2004
    Ein drittes sah plötzlich seine Rohrfertigung für Brennelemente kopiert. Ein viertes vermisste eines schönen Tages Dateien seiner Einspritzsysteme.

    Andere Firmen stießen auch auf Verluste. Der einen wurde die Kundenkartei, einer anderen Geheimdaten über Rüstungsprojekte, wieder einer anderen eine ganze Festplatte geklaut. Auch Neuentwicklungen im Fahrzeugbau und im Maschinenzubehör wurden Objekte fremder Begierde. Man könnte so fortfahren.

    Die Spuren solcher Wirtschaftsspionage führen in alle Welt. Die genannten Fälle weisen in die Schweiz, nach Österreich, Frankreich und Rumänien, aber auch nach den Vereinigten Staaten, Japan und China. Oft gibt es aber auch gar keine Spuren. Das ist dann meist ein Indiz dafür, dass Spionage-Profis am Werk waren, will sagen ausländische Geheimdienste. Die tummeln sich gern zum Beispiel in Baden-Württemberg, die unserer ehemaligen Feinde aus Kalten-Kriegs-Zeiten genauso wie die unserer alten Freunde aus USA, Frankreich und Großbritannien. Hans-Jürgen Reichardt, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer der Region Stuttgart, weiß auch warum:

    Wir sind wirklich das High-Tech-Spitzenland. Die Wirtschaft gibt bei uns 9,4 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus. Wir haben in Baden-Württemberg auf zehntausend Erwerbstätige einhundertfünfundvierzig Forscher und Entwickler. Das ist ein Satz, den gibt's in der ganzen Bundesrepublik nicht noch mal.

    Solche Know-how-Kapazitäten locken freilich nicht nur ausländische Nachrichtendienste an. Auch in- und ausländische Konkurrenten suchen im Land zwischen Main und Bodensee auf kriminellen Wegen schnellen Profit.

    Unter den Spionen, die die eingangs zitierten Unternehmen schädigten, fanden sich viele Typen von Ausspähern: ein Mitarbeiter des rumänischen Geheimdienstes, ein chinesischer Gastwissenschaftler, eine französische Mitarbeiterin, die sich von einem Konkurrenzunternehmen jenseits des Rheins hatte anwerben lassen; aber auch Mitarbeiter, die unter Mitnahme sensibler Daten zur inländischen Konkurrenz wechselten und - nicht zu vergessen - japanische Ingenieure, die einen Firmenbesuch zur Spionage nutzten.

    Die Schnüffelei hatte teilweise verheerende Folgen. Einige Firmen entgingen nur knapp dem Ruin. Andere verloren Millionen oder doch mehrere hunderttausend D-Mark. Wieder andere wissen noch gar nicht, wie hoch ihre Verluste sind. Aber auch die Öffentlichkeit hatte lange Zeit keine Ahnung von den Ausmaßen der Wirtschaftsspionage, denn die Geschädigten hängen ihre Verluste gewöhnlich nicht an die große Glocke.

    Die Firmen legen Wert auf Diskretion, weil auch die Tatsache, dass man geschädigt worden ist, von den Opfern häufig noch als Rufschädigung nachträglich gesehen wird. Dann heißt es nur, die sind nicht sicher. Mit denen kann man nicht zusammenarbeiten. Das heißt also: die Tatsache, dass man geschädigt worden ist, schädigt dann nochmal, wenn es bekannt wird, nochmal zusätzlich,

    urteilt Egbert Kahle. Der Professor von der Universität Lüneburg ist einer der wenigen deutschen Experten auf dem unübersichtlichen Terrain der Wirtschaftsspionage. Dass er etwas mehr weiß über die negativen Auswirkungen der Ausspähung baden-württembergischer Unternehmen, hängt mit einer Einrichtung zusammen, die es zunächst nur im deutschen Südwesten gab. Gemeint ist das Sicherheitsforum Baden-Württemberg, das inzwischen Nachahmer in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gefunden hat. Was darunter zu verstehen ist, erklärt Helmut Rannacher; oberster Verfassungsschützer im Land:

    im Forum sind versammelt eine Reihe von Firmen, eine Reihe von Wirtschaftsverbänden, einige Ministerien und Behörden, darunter auch das Landesamt für Verfassungsschutz, Forschungseinrichtungen. Und das Know-how all dieser Institutionen soll dazu dienen, den Know-how-Abfluss aus der Wirtschaft zu verhindern.

    Erst im diskreten Rahmen des Sicherheitsforums, das den entsprechenden Untertitel trägt Die Wirtschaft schützt ihr Wissen, war es möglich, einige jener Firmenchefs zum Sprechen zu bringen, die bereits im Visier von Wirtschaftsspionen gestanden hatten oder entsprechende Befürchtungen hegten. Ihre Erfahrungen einerseits und die Ungewissheit über die wirklichen Schäden durch Wirtschaftsspionage andererseits, gaben den Ausschlag für ein ehrgeiziges und bislang einmaliges Projekt, das Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech so präsentiert:

    Deswegen hat sich das Sicherheitsforum im Jahr 2002 entschlossen, ein Gutachten in Auftrag zu geben, damit eine verlässliche Basis für drohende Schadenshöhen infolge dieser Informationsverluste festgestellt werden soll. Beauftragt wurde das Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung der Universität Lüneburg, das sich schon seit langem mit Fragen der Sicherheit in der Wirtschaft befasst hat.

    Dieses Gutachten liegt jetzt vor und bestätigt alle Befürchtungen. Die Schäden sind enorm:

    Wir nehmen an, dass sie für Baden-Württemberg etwa eine Milliarde Euro pro Jahr sind. Das heißt: wir haben das erhoben auf einer Basis von vierhundert Firmen, die etwa ein Zehntel des baden-württembergischen Industriepotentials ausmachen und haben dort festgestellt, dass ein Gefährdungspotential von sieben Milliarden da ist und dass eine tatsächliche Gefährdung pro Jahr von einer Milliarde passiert,

    meint Professor Kahle, der zusammen mit seiner Kollegin Wilma Merkel das Gutachten erstellte. Kahle beschreibt den Weg, der ihn und seine Mitautorin zu diesem Ergebnis führte:
    Die Grundlage der Studie waren Fälle, die in den Jahren 1995 bis 2000 passiert sind. Auf dieser Basis haben wir dann die Unternehmen befragt und Interviews geführt, daraus einen Fragebogen entwickelt, und die Ergebnisse des Fragebogens sind Daten aus dem Jahr 2002.

    Diese können als repräsentativ gelten, schließlich spiegelt das Erhebungsspektrum das Bild einer überwiegend mittelständisch geprägten baden-württembergischen Wirtschaft, die gleichermaßen auf dem nationalen wie auf dem internationalen Markt präsent ist. Analog zu dieser Wirtschafsstruktur wurden Daten gesammelt. Das Gutachten hält fest:

    Knapp dreißig Prozent der in die Untersuchung einbezogenen Unternehmen bieten ein Massenprodukt an, fünfundsechzig Prozent haben eine Einzel- oder Kleinserienfertigung; eine nur regionale Marktstellung haben etwa ein Sechstel der Firmen, mehr als drei Viertel haben eine nationale oder internationale Marktstellung.

    Gleichwohl legt Kahle Wert auf die Feststellung:

    die Zahl der Mittelständler nehmen(!) über neunzig Prozent , aber die Studie geht von kleinen Unternehmen bis zu ganz großen.

    Auf Grund dieser Gewichtung hält Kahle die Erhebung auch für repräsentativ für die Bundesrepublik Deutschland:

    Wir haben einmal das Gefährdungspotential hochgerechnet aus der Basis. Das Gefährdungspotential beträgt für Baden-Württembergsieben Milliarden und für die Bundesrepublik dann etwa fünfzig Milliarden ungefähr. Und wir können rechnen, dass davon etwa wieder ein Fünftel bis ein Siebtel konkrete Schaden auftreten, das heißt also eine Milliarde Schaden für Baden-Württemberg und fünf bis sieben Milliarden Schaden in der Bundesrepublik.

    Das sind keine Peanuts. Volkswirtschaftliche Verluste in dieser Größenordnung müssten eigentlich den Gesetzgeber auf den Plan rufen. Der könnte sich ein Beispiel an den USA nehmen. In den Vereinigten Staaten gibt es seit 1996 den Economic Espionage Act, ein spezielles Gesetz gegen Wirtschaftsspionage mit - für bundesrepublikanische Vorstellungen - drastischen Strafandrohungen und mit einem sehr weiten Geheimnisbegriff beim 'Diebstahl von Handelsgeheimnissen'.

    Doch auch jetzt, da erstmals exakt erhobene Zahlen über durch Wirtschaftsspionage verursachte Schäden auf dem Tisch liegen, rechnen Kenner der Verhältnisse kaum mit Aktivitäten der rot-grünen Bundesregierung. Dabei bestünde durchaus Handlungsbedarf. Kahles und Merkels Gutachten enthält nämlich aufschlussreiche Hinweise auf die Spione, die in Baden-Württemberg technologisches Wissen abschöpfen.

    Das sind im wesentlichen Konkurrenzfirmen aus dem In- und Ausland. Aber es sind auch ausländische Dienste. Wir haben also die Firmen danach klassifiziert, ob sie regional oder international tätig sind oder national, und bei denen, die stark international tätig sind, wird die Auslandsgefährdung gesehen und ist auch besonders groß. Und dort sind vor allem europäische und außereuropäische Dienste im Einsatz.

    Soweit es die gewonnenen Erkenntnisse hergeben, geht Kahle auch ins Detail:

    Wir haben bei Interessenten einen Schwerpunkt in Europa, und zwar 46 und 21 USA, Kanada, Israel. Und bei konkreten Fallzahlen haben wir aus Europa neun, Amerika zwei und vier, die global tätig sind. Und aus Europa war am häufigsten genannt Italien.

    Lassen sich spionierende Konkurrenten in nicht wenigen Fällen zumindest nach Herkunftsländern zuordnen, so liegen die Dinge ungleich komplizierter, wenn ausländische Geheimdienste agieren.

    Wir hatten allerdings einhundertsieben Fälle von den vierhundert, wo etwas passiert ist, aber keiner wusste wie. Und da hab' ich - allerdings ist das jetzt eine klare Vermutung - keine konkrete Aussage, dass dort Profis am Werke waren; das heißt, da ist wahrscheinlich etwas passiert mit Hilfe von Diensten, die so gut waren, dass man den Fluss der Information einfach nicht erkennen konnte.

    Die von Kahle angesprochene Dunkelziffer ist hoch, und die Vermutung liegt nahe, dass sich in ihr hauptsächlich Geheimdienstaktivitäten verstecken - auch seitens unserer so genannten Verbündeten Von den amerikanischen Diensten ist nicht nur Insidern längst bekannt, dass sie sich mit dem Segen der Regierung in Washington immer mal wieder von der amerikanischen Wirtschaft mit Spionagemissionen beauftragen lassen. Die gegenüber den europäischen Konkurrenten auffällig niedrige Zahl von Ausspähungsangriffen von jenseits des Atlantik könnte hier eine Erklärung finden.

    Also die USA sind dabei; sowohl bei potentiellen Interessenten waren sie einundzwanzigmal genannt und entsprechend bei konkreten Fällen insgesamt auch fünfmal, aber nicht so hoch. Das heißt, es wurde sehr viel mehr europäische Konkurrenz und tatsächliche Informationsabflüsse genannt als die Amerikaner. Aber wir wissen natürlich nicht, wer hinter den Unbekannten steckt, die sozusagen, wo Informationen geflossen sind beziehungsweise plötzlich Wettbewerbsprodukte auftauchten, die eigentlich nur aufgrund eines entsprechenden Systems passieren konnten.

    Landesverfassungsschutzpräsident Rannacher erinnert in diesem Zusammenhang an ein Faktum, dass den Mutmaßungen über amerikanische Ausspähungsaktivitäten unserer Wirtschaft ein hohes Maß an Plausibilität verleiht:

    Es ist ja allgemein bekannt, dass einige westliche Staaten, geführt von den USA, seit Jahrzehnten ein Satellitenüberwachungssystem Echelon betreiben. Da gibt es ja eine Studie des Europäischen Parlaments, die festgestellt hat, dass auch Informationen aus der Wirtschaft hier abgegriffen werden.


    Rannachers Hinweis erklärt einiges. Er erklärt vor allem, warum jede Bundesregierung - nicht nur die derzeitige - auf dem Feld der Wirtschaftsspionage bislang durch Tatenarmut glänzte. Alles andere hätte schließlich bedeutet, ein ernsthaftes Wort mit den westlichen Freunden, inklusive dem 'großen' Bruder jenseits des Atlantiks, zu reden. Klartext zu reden in Sachen Spionage gegen die Bundesrepublik mit den Akteuren in Washington - davon war und ist in Bonn bzw. in Berlin nichts zu vernehmen. Man fürchtet sich offenbar beim "Großen Bruder" in diesem Bereich mehr Souveränität einzufordern und Spionageangriffe in gebührender Form zurückzuweisen bzw. mit diplomatischen Konsequenzen angemessen zu reagieren.

    Weil aus diesen Gründen von deutschen Bundesregierungen buchstäblich nichts zu erwarten ist, greift ein Teil der von sichtbaren und unsichtbaren Spähern bedrohten Unternehmen zur Selbsthilfe. Als spionagegefährdet sieht Kahle vor allem exportorientierte Unternehmen an,

    die also vor allem technische Vorteile erarbeitet haben. Stärker sind solche gefährdet, die konkrete Produktions- und Verfahrensvorteile haben. Andere Firmen, die sich stärker auf gemeinsame Produktion von Wissen durch Menschen verlassen, sind nicht so stark gefährdet wie die, die konkrete vor allem in Dateien gespeicherte Wissensvorsprünge haben, weil diese in Dateien gespeicherten Daten heute elektronisch sehr leicht abziehbar sind.

    Der wachsame Blick nach draußen darf freilich den nach innen nicht verstellen. Oft drohen Firmen Spionagegefahren von einer Seite, die sie für eher unwahrscheinlich halten. Auch in diesem Punkt trägt das Gutachten zur Ernüchterung bei.

    Wir haben einen erheblichen Anteil an Informationsabfluss durch ungetreue Mitarbeiter. Ob die aber erst untreu waren und dann erst weitergegeben haben, oder ob sie vorsätzlich eingeschleust worden sind, ist offen. Mir ist gerade heute noch ein Fall bekannt geworden in der Pharmaindustrie, wo jemand zwei Jahre lang in eine(r) Forschungsabteilung gearbeitet hat, ist nach zwei Jahren wieder rausgegangen, und dann hat plötzlich die Konkurrenz das Produkt, an dem er gearbeitet hat, herausgebracht. Das heißt also, da weiß man aber bis heute nicht, ist er geschickt worden, oder hat er eine Chance gesehen, sein Wissen, was er erworben hat, selbständig zu benutzen.

    Werksspionage durch eigene Mitarbeiter, auch in einer so spektakulären Variante, wie der geschilderten, kommt immer wieder vor, und sie sollte von jeder Unternehmensführung, auch der, die sich eines besonders guten Arbeitsklimas rühmt, einkalkuliert werden. Aber sie zeigt nur eine Facette eines ständig wachsenden Experimentierfeldes, auf dem alles versucht wird. Kahle gibt einen Einblick:

    Es werden Konkurrenten versuchen über Mitarbeiter oder über Abhörmaßnahmen oder über elektronische Maßnahmen Dinge zu kriegen. Es werden zum Teil Kooperationsverträge geschlossen, die dann ausgenutzt werden einseitig von den Kooperationspartnern. Es ist ein ganz großes Feld, dass dann mit den Dingen anders als vereinbart weitergegangen wird. Es gibt jede Form. Es ist also keine Ausdifferenzierung, dass man sagt, dieses oder das ist jetzt der Hauptschwerpunkt, sondern es ist einfach jede Art von möglicher Ausspähung oder Nutzung von Informationen denkbar.

    Das Gutachten belässt es nicht bei einer Bestandsaufnahme der Wirtschaftsspionage in Baden-Württemberg. Es versteht sich auch als Ratgeber, der für Unternehmer anderer Bundesländer genauso hilfreich sein kann wie für die im Südwesten ansässigen. Kahle über Prioritäten in diesem Bereich:

    Das Wichtigste wäre erstmal, dass die Firmen so etwas wie eine Informationsinventur machen. Zweitens, dass man dann ein Handhabungsschema für Risikomanagement in den Firmen einführt, die dann von der Unternehmensleitung entsprechend durchgeführt werden, und dass man weiterhin dann versucht fachübergreifende Sicherheitsschulungsmaßnahmen mit den Sicherheitsbehörden und den Sicherheitsberatern zusammen zu machen und dass man in den Unternehmen Sicherheitsverantwortliche einführt.

    Hört sich alles gut und vernünftig an. Doch was ist, fragen sich Sicherheitsfachleute, wenn Firmenchefs weder ein Gefahrenbewusstsein entwickeln, noch Vorbeugemaßnahmen kennen, mit denen der Ausspähung ihres Unternehmens begegnet werden kann? Auch in diesem Punkt geben die Ergebnisse der Untersuchung zu denken. Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech macht sich da keine Illusionen:

    Bei nur fünf Prozent der Befragten gibt es einen Sicherheitsverantwortlichen und insgesamt nur acht Prozent der aufgetretenen Schadensfälle wurden mit externen Sicherheitsberatern oder mit Sicherheitsbehörden dann auch nachgearbeitet. Eine Bearbeitung des Schadensfalles erfolgte in nur knapp der Hälfte der Fälle überhaupt, das heißt, dem Schadensvorkommnis wurde überhaupt nicht nachgegangen. Die Ursachen wurden nicht ermittelt. Das bedeutet auch, dass keine Möglichkeit bestand, aus dem Schadensereignis in der betreffenden Firma für die Zukunft dann entsprechende Folgerungen zu ziehen,

    Und wie reagiert Verfassungsschutzpräsident Helmut Rannacher, der vor fünf Jahren zu den Initiatoren des Sicherheitsforums gehörte, auf die hartnäckige Beratungsresistenz spionagegefährdeter südwestdeutscher Mittelständler?

    Ein Großteil der Unternehmen, vor allem auch der kleineren Unternehmen, die sich im Grund aus Kostengründen davor hüten, Investitionen in den Sicherheitsbereich hineinzugeben, die haben nach wie vor kaum einen Bedarf oder sehen ihn jedenfalls nicht, die Dienste des Sicherheitsforums in Anspruch zu nehmen. Von daher gibt es auch eine gewisse Verweigerungshaltung, nicht zuletzt deshalb, weil viele der kleineren Firmen davon ausgehen, wir sind nicht betroffen. Dass das ein Fehler ist, das wollen wir genau rüberbringen. Wir wollen rüberbringen, präventiv etwas zu tun, das eigene Know-how zu schützen, und da braucht es noch lange Arbeit.

    Unterentwickeltes Sicherheitsbewusstsein kommt dann einem überdimensionierten Spionageschaden gleich. Diese Formel war lange eine Gleichung mit zwei Unbekannten. Weil über den Zusammenhang beider Größen nur spekuliert wurde, bestand für einen vielstrapazierten mittelständischen Firmenchef kein Lösungsanreiz. Das ist jetzt anders.

    Mit ihrer Fall- und Schadensanalyse am Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg haben Kahle und Merkel vorgerechnet, wie teuer Blauäugigkeit auf dem Feld der Unternehmenssicherheit werden kann. Wenn die abschreckenden Zahlen Präventivkräfte wecken würden, wäre buchstäblich einiges gewonnen. Hans-Jürgen Reichardt von der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart drückt den Sachverhalt in ökonomischer Sichtweise aus:

    Sicherheit ist ne Kostenfrage, aber ist natürlich auch eine Frage der Produktivität. Nur wenn ich das Wissen behalte, kann es mir auf Dauer natürlich auch Umsatz bringen, und damit ist es eine sehr wertvolle Sache, und es ist notwendig zu investieren. Es hat eine Zukunfstswirkung.