Dienstag, 23. April 2024

Archiv


Die britische und die chinesische Regierung unterzeichnen den Vertrag über die Rückgabe Hongkongs an China

Die eiserne Lady klang wenig amüsiert. Seit Anfang der 1980er Jahre drängte die chinesische Regierung auf die Rückgabe der britischen Kolonie Hongkong, und zwar in einer Vehemenz, der sich die Regierung Margaret Thatcher nicht verschließen konnte - und angesichts derer die Premierministerin im September 1982 ihrer Sorge um das politische Schicksal Hongkongs in mahnenden Worten Ausdruck verlieh.

Von Kersten Knipp | 19.12.2004
    Thatcher: Ich kann sagen, dass wir Gespräche führen werden, dass beide Seiten entschlossen sind, die Probleme durch gemeinsame Beratungen und in Zusammenarbeit zu lösen. Und ich kann noch etwas anderes sagen: Es wird niemandem nützen, wenn dieses blühende Hongkong zerstört wird. Es ist Chinas Interesse, es zu erhalten, es ist das Interesse der ganzen Welt, es zu erhalten, vor allem aber ist es das Interesse der Bürger von Hongkong.

    Mit der Aufnahme der Gespräche zeichnet sich das Ende der gut 150-jährigen britischen Herrschaft über Hongkong ab. Im so genannten Opiumkrieg von 1840-42 besetzte Großbritannien die Insel, 1898 erwarben die Eroberer sie für die Dauer von 99 Jahren. Nun, forderte China, sollten die Briten das Gebiet wieder abtreten. Nach zähen Verhandlungen erklärte sich China im Oktober 1983 dann zu Konzessionen bereit: Nach der Übergabe, so wurde vereinbart, sollte Hongkong gemäß dem Leitspruch "Ein Land, zwei Systeme" für 50 Jahre seine Gesellschafts- und Wirtschaftsform behalten dürfen. Daraufhin unterzeichneten Margaret Thatcher und Ministerpräsident Zhao Ziyang am 19. Dezember 1984 das Hongkong-Abkommen, demzufolge die Insel am 1. Juli 1997 zur chinesischen Sonderverwaltungszone werden sollte. Henry Tang, Mitglied der nach der Übergabe konstituierten Regierung Hongkongs, betrachtet die Zusagen Chinas im Nachhinein als erfüllt.

    Tang: Bei allem, was die Chinesen taten, haben sie das Grundgesetz und die Selbstverwaltung Hongkongs wie die Bibel beachtet. Und es galt als Sakrileg, Vorschriften zu verletzen oder auch nur scheinbar die Integrität des Grundgesetzes zu missachten.

    Das sahen längst nicht alle so. Nach Ausrufung der Volksrepublik China im Oktober 1949 waren rund 750.000 Chinesen in die britische Kronkolonie geflohen. Den Flüchtlingen und ihren Nachkommen galt Hongkong als Insel der Demokratie. Deren Errungenschaften, fürchtete Martin Lee, Vorsitzender der Demokratischen Partei Hongkongs, könnten trotz der 1984 getroffenen Vereinbarungen beschnitten werden.

    Martin Lee: Wir wollen keine Unabhängigkeit. Wir sind dafür, dass China Hongkong am 1. Juli 1997 zurückbekommt. Aber wir bestehen darauf, dass die Versprechen, die wir 1984 erhalten haben, erfüllt werden. Das Problem beginnt damit, dass China von seinen Versprechen abrückt. Statt Hongkong ein hohes Maß an Autonomie zu gewähren, will China Hongkong kontrollieren.

    Um dies zu verhindern, hatte Großbritannien in den Übergabeverhandlungen auf der Einhaltung der Menschen- und politischen Rechte bestanden. Es mochte so auf den Buchstaben der Gesetze einigen Einfluss haben - deren Geist jedoch entzog sich der britischen Kontrolle. David Clive Wilson, der vorletzte Gouverneur Hongkongs, konnte 1988 auf nicht viel Anderes verweisen als darauf, dass Großbritannien die neue Verfassung sehr genau beobachten werde.

    Wilson: Das Grundgesetz ist chinesisches Gesetz. Nicht wir, die Regierung Hongkongs, verfassen es. Ich glaube nicht, dass es in dem neuen Grundgesetz Regelungen gibt, die die Rechte derer einschränken, die derzeit in Hongkong leben. Die zwischen Großbritannien und China geschlossenen Vereinbarungen zu den Menschenrechten müssen in diesem Grundgesetz verankert sein - und sie sind es bereits. Etwaige Fehler in dem ersten Entwurf werden in dem zweiten sicherlich behoben werden.

    Um Bürgerrechte und politische Freiheit wird in Hongkong bis heute gerungen. Im Sommer dieses Jahres gingen 200.000 Menschen mit der Forderung nach mehr Demokratie auf die Straße. Und bei den Wahlen im September errangen die Demokraten immerhin 25 von 60 Sitzen. Hongkong, auch so kann man es sehen, könnte China am Ende aus seiner politischen Lethargie reißen.