Die beiden verwaisten Brüder Treat und Phillip leben allein in einem Arbeiterviertel im Norden Philadelphias. Treat kümmert sich um den jüngeren, leicht zurückgebliebenen Phillip, indem er sich als Kleinkrimineller durchschlägt. Um Phillip, der als Kleinkind fast an einer allergischen Reaktion gestorben wäre, vor der gefährlichen Außenwelt zu schützen, verbietet er ihm seit 15 Jahren, das Haus zu verlassen. Da der Junge weder lesen noch schreiben kann, rekonstruiert er sich seine Welt aus alten "Der Preis ist heiß"-Folgen im Fernsehen und aus Zeitschriften. Als Treat den Gangster Harold aus Chicago verschleppt, um Lösegeld zu erpressen, verändert sich Phillips isolierte Welt. Harold, der selber als Waise aufgewachsen ist, gewinnt schnell die Kontrolle über die Situation, entschließt sich allerdings, für die beiden Brüder zu sorgen, wenn auch am Anfang mit der Pistole in der Hand. Er macht Phillip Mut zum Erwachsenwerden und zeigt Treat, wie der seine Aggressionen in den Griff kriegen kann. Am Ende kehrt Harold angeschossen von einer Geldübergabe zurück und stirbt in der Mitte seiner neu gefundenen Familie.
Als Parabel über Vater-Sohn-Beziehungen ist "Orphans" ein vorhersehbares Stück, doch für drei hungrige Schauspieler, die es nach einem abgründigen emotionalen Work-out dürstet, bietet es einen ganz wunderbaren Boden. Dies erfuhr bereits 1985 die damals noch junge Steppenwolf Theater Company, die mit ihrem brutal-realistischen Stil in "Orphans" ein perfektes Stück sah und mit ihrer Inszenierung den Broadway und Londons West End eroberte. Damals schrieb die New York Times in einer begeisterten Kritik, die Schauspieler würden sich vor den Augen des Publikums in Stücke reißen.
Leider hat das Stück in Daniel Sullivans Neuinszenierung nichts von dieser Wildheit und Brutalität behalten. Er scheint mehr auf die zwischenmenschliche Karte gesetzt zu haben und verpasst dabei die emotionale Härte des Stückes. Dazu kommt, dass der relativ unerfahrene Ben Foster Schwierigkeiten hat, in die Abgründe einer Figur zu finden, die mit allen Mitteln gegen den wachsenden Einfluss eines neuen Vaters kämpft. Und das ist auch nicht einfach, wenn man einem Bühnentier wie Alec Baldwin gegenübersteht.
Dessen ironischer Humor kombiniert mit einer Bühnenpräsenz, die der eines schnaubenden Stieres ähnelt, und die virtuose Verspieltheit des britischen Schauspielers Tom Sturridge als Phillip machen diesen Abend dann doch noch richtig sehenswert. Sturridge erschafft eine extrem skurrile Figur, die glaubhaft seit 15 Jahren nicht mehr aus dem Haus gekommen ist und den Hauptteil seiner Zeit in einem verstaubten Schrank mit alten Mänteln seiner Mutter verbringt. Er hangelt sich von Treppengeländer zu Möbelstück und springt und hechtet durch die Wohnung, als gäbe es eine geheime Regel, die ihm das Berühren des Bodens verbietet. Seine unaufgesetzte Naivität verleiht ihm eine exzentrische und paradoxerweise natürlich wirkende Absonderlichkeit. Und wenn Harold ihm eine Straßenkarte von Philadelphia schenkt, um ihm seinen Ort im Universum zu zeigen, damit er niemals wieder verloren gehen kann, oder ihm anhand einer Bouillabaisse die Welt erklärt, dann ist das wunderbar und man könnte den beiden stundenlang zusehen.
"Und weißt du, was jetzt in deinem Magen passiert? Ein Wunder. All diese hochindividualisierten Spezies lösen sich schnell auf, die Evolution kehrt sich um, sie verlieren ihre Identität und werden zu etwas anderem." "Zu was denn?" "Zu dir, Phillip."
Wenn Harold am Ende stirbt, dann dominieren zwei Gefühle: der Schmerz des Verlassen-Werdens und die Hoffnung, dass sich das Leben der beiden Brüder grundsätzlich geändert hat. Ein gutes Stück mit mindestens zwei tollen Schauspielern in einer altbackenen, ziemlich uninspirierten Regie, das ist das Fazit eines weiteren starbesetzten Abends am Broadway.
Als Parabel über Vater-Sohn-Beziehungen ist "Orphans" ein vorhersehbares Stück, doch für drei hungrige Schauspieler, die es nach einem abgründigen emotionalen Work-out dürstet, bietet es einen ganz wunderbaren Boden. Dies erfuhr bereits 1985 die damals noch junge Steppenwolf Theater Company, die mit ihrem brutal-realistischen Stil in "Orphans" ein perfektes Stück sah und mit ihrer Inszenierung den Broadway und Londons West End eroberte. Damals schrieb die New York Times in einer begeisterten Kritik, die Schauspieler würden sich vor den Augen des Publikums in Stücke reißen.
Leider hat das Stück in Daniel Sullivans Neuinszenierung nichts von dieser Wildheit und Brutalität behalten. Er scheint mehr auf die zwischenmenschliche Karte gesetzt zu haben und verpasst dabei die emotionale Härte des Stückes. Dazu kommt, dass der relativ unerfahrene Ben Foster Schwierigkeiten hat, in die Abgründe einer Figur zu finden, die mit allen Mitteln gegen den wachsenden Einfluss eines neuen Vaters kämpft. Und das ist auch nicht einfach, wenn man einem Bühnentier wie Alec Baldwin gegenübersteht.
Dessen ironischer Humor kombiniert mit einer Bühnenpräsenz, die der eines schnaubenden Stieres ähnelt, und die virtuose Verspieltheit des britischen Schauspielers Tom Sturridge als Phillip machen diesen Abend dann doch noch richtig sehenswert. Sturridge erschafft eine extrem skurrile Figur, die glaubhaft seit 15 Jahren nicht mehr aus dem Haus gekommen ist und den Hauptteil seiner Zeit in einem verstaubten Schrank mit alten Mänteln seiner Mutter verbringt. Er hangelt sich von Treppengeländer zu Möbelstück und springt und hechtet durch die Wohnung, als gäbe es eine geheime Regel, die ihm das Berühren des Bodens verbietet. Seine unaufgesetzte Naivität verleiht ihm eine exzentrische und paradoxerweise natürlich wirkende Absonderlichkeit. Und wenn Harold ihm eine Straßenkarte von Philadelphia schenkt, um ihm seinen Ort im Universum zu zeigen, damit er niemals wieder verloren gehen kann, oder ihm anhand einer Bouillabaisse die Welt erklärt, dann ist das wunderbar und man könnte den beiden stundenlang zusehen.
"Und weißt du, was jetzt in deinem Magen passiert? Ein Wunder. All diese hochindividualisierten Spezies lösen sich schnell auf, die Evolution kehrt sich um, sie verlieren ihre Identität und werden zu etwas anderem." "Zu was denn?" "Zu dir, Phillip."
Wenn Harold am Ende stirbt, dann dominieren zwei Gefühle: der Schmerz des Verlassen-Werdens und die Hoffnung, dass sich das Leben der beiden Brüder grundsätzlich geändert hat. Ein gutes Stück mit mindestens zwei tollen Schauspielern in einer altbackenen, ziemlich uninspirierten Regie, das ist das Fazit eines weiteren starbesetzten Abends am Broadway.