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Die Bundesbank behält ihr Geld bei sich

Die EU-Schuldenkrise macht der Bundesbank zu schaffen. Innerhalb des Europäischen Zentralbankrates sind die deutschen Stabilitätsfalken derzeit weitgehend isoliert. Gleichzeitig schmälert die erhöhte Risikovorsorge den Gewinn.

Von Michael Braun |
    In Berlin streiten sie schon über den niedrigen Bundesbankgewinn. Das sei dem "katastrophalen Krisenmanagement" der Bundeskanzlerin in der Eurokrise geschuldet, sagte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider. Nein, sagt dagegen der Bundesbankpräsident, die Risikovorsorge der Bundesbank sei kein politisches Signal.

    Dass die Bundesbank mehr einnehme und dennoch weniger ausschütte, das sei einfach kaufmännischer Vorsicht geschuldet. Jens Weidmann lieferte dazu heute einen kleinen betriebswirtschaftlichen Grundkurs:

    "Bilanzielle Risiken sind natürlich kein finanzieller Verlust. Eine Rückstellung ist noch keine Wertberichtigung. Aber es muss natürlich in unserer Bilanz vorgesorgt werden, auch wenn es nie möglich sein wird, alle Risiken vollkommen abzudecken."

    Die Zinseinnahmen der Bundesbank sind voriges Jahr 1,2 Milliarden höher ausgefallen. Der Bundesfinanzminister bekam gleichwohl knapp 1,9 Milliarden Euro weniger ausgeschüttet, nur 634 Millionen Euro. Das war der niedrigste Bundesbankgewinn seit zehn Jahren. Die Bundesbank behält ihr Geld bei sich. Denn die Notenbanken der Eurozone hätten klammen Banken und damit zumindest indirekt auch klammen Staaten viel Geld zur Verfügung gestellt, billiges Geld, und das auch noch über mehrere Jahre.

    Das lastet wie ein Betonklotz in der Bundesbankbilanz. In früheren Jahren hatte sie zweistellige Millionenbeträge zur Risikovorsorge verwendet. Für 2011 waren es 4,1 Milliarden Euro. Weidmann ließ erkennen, dass er eine Geldpolitik, die zu solchen Risiken geführt hat, nicht für falsch erachtet, aber auch nicht für richtig:

    "Wir haben die Geldpolitik eben auch in Bereiche geführt, in denen die Trennlinie zur Finanzpolitik unschärfer wird. Und das war teilweise sicherlich unvermeidbar, denn es gibt hier kein klares schwarz und weiß. Aber gerade deswegen sind wir in der Pflicht, uns der Risiken und Nebenwirkungen unserer Politik auch bewusst zu machen und diese intensiv zu diskutieren."

    Darüber werde auch im Zentralbankrat der EZB diskutiert, versicherte Weidmann.

    "Und insofern fühle ich mich in der Diskussion auch nicht wie der einsame Rufer."

    Aber natürlich habe die Bundesbank in dieser Debatte über den Weg zurück zur Solidität eine besondere Verantwortung,

    "die daher rührt, dass wir die größte Notenbank des Eurosystems sind, was Sie auch daran sehen, dass wir bei möglicher Verlustteilung natürlich auch immer den größten Anteil an Verlusten übernehmen. Und die Deutsche Bundesbank hat auch deswegen eine besondere Rolle, weil sie natürlich von einer bestimmten Tradition kommt, für bestimmte Werte steht, für die es sich auch einzusetzen lohnt."

    Weidmann bezifferte die Forderungen der Bundesbank an die EZB auf nunmehr 547 Milliarden Euro. Sie kamen zustande, weil deutsche Unternehmen viel etwa nach Südeuropa exportierten, von dort aber nichts zurückkam. Stattdessen setzte eine Kapitalflucht aus Südeuropa ein. Das Geld landete in sicheren Häfen wie deutsche Bundesanleihen. All dies ließ aus verrechnungstechnischen Gründen die Forderungen der Bundesbank an die EZB anschwellen. Aber das werde nur zum Risiko für die Bundesbank, wenn ein Land aus der Währungsunion ausscheide.

    "Das spielt für unsere Bilanz allerdings keine Rolle, da wir natürlich davon ausgehen, dass die Währungsunion in ihrer jetzigen Zusammensetzung fortbesteht."

    Und über ein "was wäre wenn" wollte Weidmann nicht reden.