Hermann Theißen: Politische Literatur heute nicht aus dem Studio des Kölner Funkhauses, sondern live aus der Universität Heidelberg.
Morgen ist Verfassungstag, morgen wird das Grundgesetz 57 Jahre alt. Weil zudem gerade drei interessante Werke erschienen sind, die die Geschichte der Bundesrepublik oder Teilaspekte dieser Geschichte ausleuchten, haben wir heute die Autoren dieser Werke versammelt und wollen versuchen, sie miteinander ins Gespräch zu bringen. "Die Bundesrepublik auf dem Weg nach Deutschland" haben wir unsere Diskussion überschrieben. Darum soll es gehen, genauer darum, was die neuen Bücher von Uta Gerhardt, Andreas Wirsching und Edgar Wolfrum zur Erklärung dieses Weges beitragen. Alle drei Autoren sind heute hier, ich begrüße Sie recht herzlich, am Mikrophon ist Hermann Theißen. Guten Abend.
Edgar Wolfrum - um mit ihm anzufangen, weil er das Werk geschrieben hat, das den längsten Zeitraum umfasst - ist Professor für Zeitgeschichte an der Universität Heidelberg. Seine Habilitationsschrift ist 1999 entstanden, Titel: "Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland". Dieses Buch hat kontroverse Reaktionen ausgelöst, und zum Thema Geschichtspolitik ist Edgar Wolfrum immer wieder zurückgekommen. Er hat es immer wieder aufgegriffen, und es spielt auch eine bedeutende Rolle in seiner "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart". Das Buch wollen wir heute behandeln. Herr Wolfrum, Sie haben Ihr Buch im Untertitel "Die geglückte Demokratie" genannt, und Sie präsentieren in diesem Buch eine Erfolgsgeschichte, die zwar auch massive Konflikte kennt, aber in der sich dann doch alles immer wieder zum Besten gewendet hat. Wenn man dieses Buch liest, dann kann man sich nachher beruhigt zurück legen. Man kann sogar ein bisschen stolz auf sein Land sein. Ist dieses Buch auch eine Art Geschichtspolitik?
Edgar Wolfrum: Also zunächst, Herr Theißen, das ist sogar der Übertitel, "Die geglückte Demokratie", nicht der Untertitel. Will aber meinen, dass das keine glatte Erfolgsgeschichte ist, sondern dass es natürlich tiefe Krisen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat, die aber - da führt offenbar aber wohl kein Weg daran vorbei - einen glücklichen Ausgang genommen haben. Glück, Regierungskunst, aber auch Gunst der Stunde. Und vor dem Hintergrund dieser 40-jährigen Demokratie-Erfahrung und gleichzeitig vor dem Hintergrund der wirklich außerordentlichen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, die die 40 Jahre ja durchziehen, denke ich, kann man aus beidem Stolz, wenn Sie dieses Wort Stolz benutzen wollen, kann man aus beidem Stolz schöpfen.
Hermann Theißen: Andreas Wirsching, ich habe Sie zwar noch nicht vorgestellt, aber will Sie dennoch, bevor ich das gleich nachhole, zitieren: Sie schreiben im Nachwort zu Ihrem Buch: "Auch schwerste Konflikte, an denen es ihr - gemeint ist die Bundesrepublik - ja keineswegs mangelte, lassen sich aus der Perspektive der Gegenwart in eine harmonische Gesamtsicht verwandeln: Vergangene Brüche und Unsicherheiten, Auseinandersetzungen und Fragwürdigkeiten können im Rückblick eine prästabilierte Harmonie ergeben und sich geradezu wunderbar in eine Gleichung setzen lassen. Deren Ergebnis lautet dann: 1989/90." Was meinen Sie damit, wen meinen Sie damit?
Andreas Wirsching: Damit meine ich zwei Aspekte. Das eine ist durch das Datum, was Sie zitiert haben, 1989/90, benannt, und das betrifft natürlich die Wiedervereinigung. Ich glaube, da sind wir uns wahrscheinlich alle einig, dass es verkehrt wäre, der Bundesrepublik im Allgemeinen und den 80er Jahren, um die es in dem Buch geht, im Besonderen einen wiedervereinigungspolitischen Subtext einzuschreiben, d.h. die Geschichte allein auf dieses Datum hin zu interpretieren. Das ist die eine Falle sozusagen, von der ich mich distanzieren möchte mit dem von Ihnen zitierten Ausschnitt. Ich glaube aber, es geht noch etwas weiter, und das Thema geht über das Datum 1989/90 hinaus. Es ist immer eine Gefahr in der Geschichtsschreibung, die Dinge zu sehr von der eigenen Position aus zu sehen und von der eigenen Position aus die Geschichte zu ordnen und hinzuordnen. Die Frage ist, ob dann nicht eine ganze Reihe von Einzelfaktoren, z.B. von Konflikten in der Bundesrepublik, zu sehr unter den Tisch gekehrt werden. Darüber müsste man im Einzelnen diskutieren. Jedenfalls würde ich mich gegen eine lineare Fortschrittsgeschichte dann schon wenden. Ich glaube nicht, dass die bundesrepublikanische Geschichte allein so gesehen werden kann, auch wenn es zweifellos ein, verglichen mit der Stunde Null, 1945 ff, natürlich ein ungeheurer Fortschritt gewesen ist. Das ist gar keine Frage.
Hermann Theißen: Ich will natürlich auch versuchen, die Autoren, die hier am Tisch sitzen, auch ein wenig gegeneinander in Stellung zu bringen, damit wir hier nicht in Harmonie uns langweilen. Sie sagen ja, dass sozusagen diese Sicht der Geschichte, die ich eben zitiert habe, dass die zur Mythenbildung beiträgt und dass sie eine Überreduktion von Komplexität hin zu einer bestimmten Aussage ist. Ist Edgar Wolfrum - Sie haben das Buch ja gelesen - Ihrer Meinung nach dieser Gefahr entgangen?
Andreas Wirsching: Er ist der Gefahr insofern zweifellos entgangen, als er - wie er gerade auch schon gesagt hat - natürlich die Konflikte und die Krisen, die es in der gesamten Geschichte der Bundesrepublik gegeben hat, ja durchaus schildert und keineswegs jetzt zu kurz kommen lässt. Insofern würde ich meinen, ist er der Gefahr selbstverständlich entgangen. Was den allgemeinen Duktus der Darstellung wie denn auch des Resümees betrifft, kann man sich darüber streiten. Wenn ich das so sagen darf: Ich glaube, es ist in hohem Maße ein Blick, der sich sozusagen nicht an der Ausgangsposition 1945/49 - die Zeiten insbesondere seit den 1970er Jahren eben im Kontext der ökonomischen Krise, im Kontext der Pluralisierung, der Individualisierung des gesellschaftlichen und kulturellen Wandels, der Sozialstaatsproblematik, die uns heute notorisch beschäftigt, kann man sicherlich darüber streiten, wie weit da alles geglückt ist. Ich glaube, auch Herr Wolfrum würde nicht sagen, dass alles geglückt ist, aber die geglückte Demokratie infiziert natürlich schon eine sehr starke Wertung.
Hermann Theißen: Ich hoffe, dass wir diesen Streit im Verlauf dieser Diskussion führen können und werden, will Sie aber zunächst mal vorstellen: Andreas Wirsching ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Augsburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört unter anderem die Geschichte der großen Ideologien im 20. Jahrhundert. Es gehört zu seinen Forschungsschwerpunkten auch "Deutsch-französische Geschichte im Vergleich". Andreas Wirsching hat vor fünf Jahren im Beck-Verlag eine "Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert" vorgelegt, die mit 128 Seiten auskommt. Unter anderem diese Knappheit hat in der Kritik dazu geführt, dass Andreas Wirsching gelobt worden ist, dass es ihm gelungen ist, auf einem derart knappen Raum sehr präzise und souverän die Grundströme und Grundprobleme der Geschichte in den Griff zu kriegen. Nun hat Andreas Wirsching - und darum geht es heute - Band VI des großen Projekts, was bei der Deutschen Verlagsanstalt erscheint, "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" geschrieben. Der Band trägt den Titel "Abschied vom Provisorium", behandelt den ersten Teil der Ära Kohl, also die Jahre 1982 - 1990, und ist 847 Seiten dick. Herr Wirsching, Ihr Kollege Wolfrum hat in der letzten Woche Ihnen in der "Zeit" vorgehalten - das wollen wir hier gar nicht unterm Tisch halten -, dass Sie in Ihrem Buch zwar viele prächtige Bäume blühen lassen, aber halt so viele, dass man den Wald nicht mehr sieht. Jetzt appelliere ich an Ihre nachgewiesene Fähigkeit zur Knappheit. Was ist die Signatur dieser zehn Jahre, was ist der Fokus Ihres großen und gewichtigen Bandes?
Andreas Wirsching: Ich denke, da sollen wir jetzt keine Metakritik der "Zeit"-Rezension von Herrn Wolfrum antreten, deswegen will ich das jetzt positiv beantworten. Der Fokus dieser zehn Jahre liegt sicherlich auf Widersprüchlichkeit, auf Paradoxien, auch auf Janusköpfigkeit, wenn man das etwas poetisch sagen will, und die habe ich versucht, deutlich zu machen. Es lässt sich insbesondere nennen die deutschlandpolitische Paradoxie, die in dem Titel des Buches zum Ausdruck kommt. Es sind zweierlei Abschiede vom Provisorium. Die Bundesrepublik hört auf, sich als Provisorium zu verstehen. Sie versteht sich als Definitivum, sie versteht sich als ausgewachsener Teilstaat, aber der richtige Abschied vom Provisorium passiert dann in gewisser Weise plötzlich, 1989/90, auf ganz andere Art und Weise, als man es gedacht hat. Das ist eine solche Paradoxie. Es gibt eine soziale und wirtschaftsgeschichtliche Janusköpfigkeit, es gibt einen enormen Schub an technologischem Wandel, an neuer Innovation, auch an neuem Wohlstand, der akkumuliert wird. Auf der anderen Seite gibt es natürlich Modernisierungsverlierer, es gibt die ewigen Krisenbranchen, es gibt einen ganzen Prozess der forcierten Deindustrialisierung, der Probleme schafft seit den späten 70er Jahren, mit denen diese Zeit konfrontiert ist. Und dann gibt es eine kulturelle tiefe Widersprüchlichkeit. Es gibt die Postmoderne, die natürlich die großen Erzählungen der Moderne dechiffriert und dekonstruiert, die dann aber ganz schnell in den Hintergrund tritt. In ihrem Schoß etabliert sich gleichsam ein neues Fortschritts- und Rationalisierungsparadigma, das nach meiner Auffassung seit der Mitte der 80er Jahre zunehmend hegemonial wird und dann in die 90er, man kann es neoliberal nennen, die 90er Jahre sehr stark bestimmt. Das hat mit Postmoderne überhaupt nichts mehr zu tun, sondern knüpft an traditionelle Rationalisierungsutopien an. Das sind Widersprüche, die ich versucht habe, in dem Buch etwas eingehender, wie Sie schon gesagt haben, zu analysieren.
Hermann Theißen: Uta Gerhardt schließlich ist emeritierte Professorin für Soziologie an der Universität Heidelberg. Sie hat eine Reihe von Arbeiten zu theoretischen Grundlagen der Soziologie veröffentlicht, große medizin-soziologische Studien geleitet. Sie hat sich einen Namen gemacht, in dem sie Talcot Parsons im deutschsprachigen Raum bekannt gemacht hat. Sie hat sich mit dem Verhältnis von Geschichtswissenschaft und Soziologie immer wieder auseinander gesetzt und auch mit den Folgen und mit den Besonderheiten der amerikanischen Besatzungspolitik. Das ist auch Thema ihres Bandes "Soziologie der Stunde Null", der bei Suhrkamp erschienen ist. Frau Gerhardt, bei der Rekonstruktion der amerikanischen Besatzungspolitik kommen Sie zu erstaunlichen Ergebnissen, sag ich mal, also ganz im Gegensatz zu Hans-Ulrich Wehler, um nur ein Beispiel zu nennen, mit dem Sie sich ja auch in Ihrem Buch auseinander setzen, sagen Sie, was Wehler bestreitet, es habe a) die Stunde Null gegeben, b) die Zeit zwischen dem September 1944, als amerikanische Truppen deutschen Boden betraten, und der Wahl Adenauers sei in der Tat so etwas wie eine eigenständige gesellschaftliche Formation der Transformation, und Sie sagen weiter, dass in dieser Zeit dank der amerikanischen Besatzungspolitik die Grundlagen für das geschaffen wurden, was Edgar Wolfrum ja im Titel benennt, nämlich die "geglückte Demokratie". Wie kommen Sie zu diesen doch überraschenden Thesen?
Uta Gerhardt: Ich komme zu diesen überraschenden Thesen, indem ich Quellen und Unterlagen, die teilweise nur in den National Archives vorhanden sind und noch nicht unter den 8 Millionen Einzeldokumenten waren, die in den großen Verbundprojekten des Instituts für Zeitgeschichte mit den Archives zwischen den 60er und 80er Jahren für die Deutschen aus Archiven kopiert worden sind. Aus diesem, wie man sagt, dem Dokumentenfenster der 8 Millionen Dokumente sind große Arbeiten hervor gegangen wie "Von Stalingrad zur Währungsreform" und das große Omqus-Handbuch von Christoph Weisz, um nur einige zu nennen, die auch diese Besatzungspolitik beschreiben und erfassen. Ich habe mich nun bemüht, anhand von Unterlagen, die da nicht dabei sind oder die nur sehr teilweise in diesem Dokumentenfenster drin waren und die man an dem Ursprung aussuchen musste, die Konzeption herauszuarbeiten, die die Amerikaner in den Jahren 42 - 44 erarbeitet haben unter Einschluss und Zuhilfenahme von sozialwissenschaftlicher Expertise, um der Frage näher zu kommen: Wenn ein Land, wie das in Nazideutschland der Fall war, so weit im Verbrechen - sagen wir mal - versunken ist, dass das Verbrechen vor keinem Landstrich, vor keiner Familie mehr Halt macht. Die Familien und auch die Menschen sind in die Verbrechen verwickelt oder in den Widerstand dagegen. Eine solche Gesellschaft, die auf dem Tiefpunkt gesellschaftlicher Ordnung, wenn man das überhaupt noch Ordnung nennen kann, angekommen ist, nun in ein anderes zu überführen, das eben letzten Endes dann auf die Entwicklungsrichtung hin geht, die man heute mit diesem schönen, geglückten Ausdruck die "geglückte Demokratie" nennen kann, dann ist das eine Riesenaufgabe, und es ist unendlich spannend zu sehen: Was war denn diese Konzeption? Und ich habe in dieser Konzeption auch Elemente gefunden, wo man nicht sagen kann: Da machen wir jetzt einen Plan, und dann tun wir das. Sondern ich habe Elemente gefunden, die man nur in der Mittelalterhistorie eigentlich behandelt, ich habe Elemente gefunden, die wir aus der Kulturanthropologie kennen, und ich habe andere Elemente gefunden, wo man wirklich sagen kann: Hier ist Modernisierung im besten Sinne geleistet worden. Gerade dieser Mix unterschiedlicher gesellschaftlicher Elemente, die in dieser Konzeption der Demokratietransformation drin stecken, ist vielleicht das Geheimnis des Erfolges dieser Konzeption gewesen, die erst ausgedacht werden musste in den Jahren 42 - 44, sie ist dann ab 44 peuchen für peuchen angewendet worden, immer nur, wie weit sie schon gekommen waren. Erst im Mai 45 kam dann die, eigentlich erst ab Oktober 45 setzt die wirkliche Besatzungsherrschaft ein. Und vorher ist es eine
Hermann Theißen: Es bestreitet ja kaum jemand, dass es ein Konzept gab für den Demokratietransfer, aber mir ist auch nach der Lektüre Ihres Buches nicht ganz klar, ob es Ihnen nur darum geht, dieses Konzept zu rekonstruieren, oder ob es auch darum geht zu beschreiben, was sich in der Konfrontation zwischen Konzept, Besatzungssoldaten, Offizieren und deutscher Bevölkerung ergeben hat.
Uta Gerhardt: Das letztere weniger, das hat Henke so vorbildlich getan in seinem dicken Buch "Die amerikanische Besetzung Deutschlands", das auch in zweiter Auflage vorliegt, dass ich gewissermaßen die Unterfütterung der Henkeschen Darstellung mit meiner Analyse versucht habe. Das heißt, Sie können die Bücher hintereinander lesen, und dann haben Sie in Henke die Fortsetzung dessen, was ich gemacht habe. Mein Buch versucht auf den Sinn dessen zu kommen, was Henke dann beschrieben hat, was in den Dokumenten auftaucht von den Leuten, die das erlebt haben. Diejenigen, die dann handeln, müssen nicht das ganze Konzept kennen, nach dem das geschieht. Insofern ist es völlig legitim, dass die dann natürlich in ihrer Erinnerungsliteratur diese oder jene Auffassung haben, und dann kann man aber sozialwissenschaftlich rekonstruieren.
Hermann Theißen: Aber Sie gehen ja sogar so weit, dass Sie von einer "Tabula rasa" ausgehen. Man hatte sozusagen eine gelöschte Mentalität und konnte - ich übersetze es mal und versuch’s mal in meine Sprache zu bringen - und hatte eine gelöschte Mentalität, in die man eine neue implantieren konnte. Man kann jetzt ganz viele Geschichten erzählen, ich will nur eine erzählen: Also im Zusammenhang mit dem Marshallplan machten die Amerikaner ja auch ein Filmprogramm, das Propaganda für die Demokratie machen sollte. Und dann gab es einen wunderbaren Film, der hieß "Hunger" von Schulberg. Ein Film, in dem Hungerszenen aus den verschiedenen europäischen Ländern, die von Deutschland überfallen worden waren, aber auch aus den Besatzungszonen gegeneinander geschnitten waren. Dann gab es eine Szene, in der Göring auftrat und seine Parole "Kanonen statt Butter" aussprach. Und in dem Moment protestierte überall das deutsche Publikum, aber nicht gegen Göring, sondern gegen den Regisseur, weil sie sagten: Das hätte Göring uns nie angetan. Und schrieen dann: Wir wollen Göring. Die Amerikaner nahmen den Film aus dem Programm. Das heißt, der reale Erfolg auch in der Besatzungszeit, was sozusagen Mentalitätsänderung angeht, war - glaube ich - ein sehr geringer.
Uta Gerhardt: Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse, wenn ich Ihnen widerspreche. Von einer gelöschten Mentalität habe ich nicht gesprochen, sondern davon, dass sämtliche Institutionen zugemacht wurden. Es ist alles erst einmal geschlossen worden, 20 gesellschaftliche Lebensbereiche wurden umgestaltet, indem erst einmal alles geschlossen wurde, und in der Zeit, in der das geschlossen war, diese Zeit dauerte zwischen 1 oder 3 Tagen und bis zu einem Jahr, wurden dann Maßnahmen angeleiert, die mit den vier Ds beschrieben werden, also Entmilitarisierung, Entnazifizierung, Dezentralisierung, Dekartellisierung. Und nachdem man, wenn Sie so wollen, das nannten sie die Stunde Null, bzw. man könnte es die Stunde Null nennen, eine Zeit, wo die Gerichte geschlossen waren und alle Justiz ist amerikanische Militärregierungsjustiz, wo es keine deutsche Polizei gibt, sondern nur die Military Police, wo alle Funktionen eigentlich stellvertretend übernommen werden und die deutschen Institutionen auf eine neue Basis gestellt werden. Es war sozusagen ein Nullpunkt in der Entwicklung aller Institutionen, und dann setzt das wieder an. Die Mentalität, das war von Anfang an klar, ist überhaupt nicht so leicht umzugestalten, man kann sie nicht löschen, man kann es nicht. Was man aber machen kann, ist, den Deutschen nahe zu legen, dass man die Verbrechen nicht verzeiht. Und das hat man auch getan, und das ist aber ein langer zwanzigjähriger Prozess. Sie werden das im letzten Kapitel meines Buches auch finden, dieser Mentalitätswandel hat länger gedauert als der Institutionenwandel und ist eigentlich erst durch die Studentenrevolte in den 60er an den Punkt gekommen, wo man sagen kann: Auch dieses Stück Mentalität hat sich dann geändert, d.h., es hat noch einer Konfliktepoche bedurft, um diesen Sprung zu machen. Und dieser Marshallplan? Da sage ich jetzt nichts, das liegt ja dann schon 48 und ff., da sind drei Jahre dazwischen, drei Jahre waren damals eine lange Zeit.
Hermann Theißen: Die Studentenbewegung haben Sie angesprochen, wir gehen noch mal vorher auf die Ära Adenauer ein. Herr Wolfrum, die ist ja nach einer kurzen Betrachtung der Besatzungszeit das erste Kapitel oder Teil Ihres ersten Kapitels, und Sie weisen ja auch daraufhin, dass in dieser Phase relativ wenig diskutiert worden ist über den Nationalsozialismus, über das Versagen vor 45, dass die "kommunikative Beschweigsamkeit", wie Hermann Lübbe das beschrieben hat - das zitieren Sie auch, also jeder weiß, was passiert ist, aber keiner redet darüber -, das Leben bestimmt hat, also dass man die alten Eliten in neue Institutionen gebracht hat. Sie sagen dann am Ende, dass das natürlich schon ein skandalöser Aspekt ist und einen enormen moralischen Preis gekostet hat, aber Sie analysieren dann ganz kalt: Zum Funktionieren der Demokratie hat das wesentlich beigetragen. War der Preis nicht zu hoch, den man da gezahlt hat?
Edgar Wolfrum: Diese Frage holt natürlich weit aus, und ich habe, um es so zu beantworten, drei verschiedene Leitbegriffe für diese Untersuchung gewählt: Stabilisierung, Globalisierung und Internationalisierung, und in den fünfziger Jahren in der Tat Stabilisierung. Sie haben Recht, die moralischen Kosten dieser Stabilisierung waren sehr hoch, aber Sie konnten das Volk nicht austauschen, Sie konnten das Volk nicht austauschen. Man hätte natürlich diese Integration der ehemaligen Täter nicht so weit führen müssen, wie sie tatsächlich stattgefunden hat. Man hätte mehr eine Politik für die Opfer machen können, die Opfer des Nationalsozialismus. Das wurde zum Teil ja versucht, das wurde dann allerdings von den Regierungsparteien doch größtmöglich unterlassen, weil die Integration an sich den höchsten Stellenwert genoss. Man muss sich vorstellen, wie sich die Bundesrepublik damals präsentierte. Alles war neu, alles war neu im wahrsten Sinn des Wortes, alles war neu. Die Grenzen waren neu, das Territorium war neu, die Bevölkerung war insofern neu, als 8 bis 12 Millionen Flüchtlinge oder Vertriebene herein kamen, alles war neu. In dieser sehr spannungsreichen Gemengelage hat man sich politisch dafür entschieden zur Stabilisierung und die Funktionseliten des Dritten Reiches, die mittleren Funktionseliten muss man sagen, die höheren nicht, die mittleren Funktionseliten, in diesen neuen Staat mit einzubeziehen quasi, wenn man so will, langfristig durch die Demokratie, durch die erfolgreiche Demokratie, auch durch Konsum in der Demokratie sozusagen zu korrumpieren, allmählich an dieses demokratische Staatswesen zu gewöhnen. Unter moralischen Gesichtspunkten würde ich Ihnen Recht geben, hoch skandalös, wird auch so herausgearbeitet, wird im Buch ja auch häufig erwähnt, aber unter rein pragmatischen Gesichtspunkten vielleicht sogar der einzig gangbare Weg. Man darf ja auch nicht vergessen: Die Bundesrepublik war ja auch in den Ost-West-Konflikt eingebettet. Das hat natürlich alles bedingt, und diese Auseinandersetzung mit der DDR im Zeichen der Totalitarismusthese hat natürlich diesen Weg auch noch mal bestärkt. Andererseits, um auf die Amerikaner zurückzukommen von Frau Gerhardt: Es wurden von den Alliierten - im Übrigen nicht nur Amerikaner, die Franzosen und Briten ebenso - Grenzen gesetzt. Es wurden Grenzen gesetzt, die nicht zu überschreiten waren, und wenn sie beinahe hätten überschritten werden können, wurden Warnschüsse abgegeben - die Naumann-Affäre, als Rechtsradikale wieder das Haupt erhoben, wurden stark unterbunden von den Amerikanern. Das muss man immer wieder sagen: Alles war nicht möglich, aber zur Stabilisierung hat diese Integration der Täter sicherlich beigetragen. Das muss man so nüchtern sagen.
Uta Gerhardt: Man könnte vielleicht noch ergänzend sagen: Es gibt eine Stelle in den Memoiren von dem General Clay, der der Militärgouverneur der Amerikaner war, wo er sagte: Wir Amerikaner als Besatzungsmacht mussten uns überlegen, ob wir es hinnehmen können, dass etwa ein Viertel der Bevölkerung Ressentimentbevölkerung wird, die - weil man sie für nicht demokratiefähig hält - dann auch nicht in die Demokratie integriert werden können. Ob das nicht eine große Gefährdung der Demokratie, die wir wollen müssen für Deutschland, ist, wenn ein Viertel der Bevölkerung als Ressentimentbevölkerung ausgeschlossen werden muss, weil man da eine Grenze zieht. Und was ich damit sagen will, ist: Das ist eine zu diskutierende Frage, das war eine schwierige Frage, die sich damals stellte.
Edgar Wolfrum: Man kann es ja auch an einigen Beispielen sehen, also: Die Wiedergutmachungszahlungen an Israel waren hoch umstritten, und Adenauer hätte ohne die Opposition, also ohne die SPD-Opposition, diesen Bereich im Bundestag nie durchgebracht. Die Bevölkerung war gespalten, die war in weiten Teilen auch noch stark antisemitisch eingestellt, über den Holocaust redete man ohnehin nicht, man beschwieg tatsächlich, wie Lübbe das gesagt hat, man musste allerdings mit dieser Bevölkerung im Kalten Krieg Politik machen, eine andere Bevölkerung gab es nicht, man konnte sie nicht austauschen.
Hermann Theißen: Man war natürlich nicht nur mit diesem Beschweigen konfrontiert, `68 ist angesprochen worden. Das war ja nicht nur eine Reaktion auf das Schweigen, das war ja auch eine Reaktion auf Schamlosigkeit des Redens.
Edgar Wolfrum: Ich habe in meinem Buch ja die 68er etwas zurückgestutzt, wie Sie gelesen haben. Die Adenauer-Zeit war nicht die bleierne Zeit, wo alles wie ein schwerer Kessel auf den Deutschen gelastet hat, sondern es gab durchaus - gehen wir mal weg von der politischen Sphäre, gehen wir in den kulturellen Bereich - lebhafte Diskussionen. Es gab auch in der Adenauer-Zeit - Sie werden es kaum glauben - Intellektuelle, die sich gegen Adenauer ausgesprochen haben. Die Gruppe 47, viele andere, es gab auch nicht nur Schwarzwaldmädels-Filme, sondern es gab eine ganz reiche kulturelle Szene, es gab die sog. 45er, die eben sehr früh die Jahrgänge 28, 30, 33, die dann sehr früh in dieser neuen Demokratie ab 1945/49 sich für diese liberalen, demokratischen Ideale eingesetzt haben, lange bevor es 68 gab. Also insofern umrankt 68 ein gewisser Mythos. 68 war wichtig, aber war nicht allein entscheidend und ist auch kein zweiter Gründungsakt der Bundesrepublik, sondern es war eine lange Zeit der Vorbereitung. Die 68er spielen eine, aber nicht die einzige Rolle darin.
Hermann Theißen: Also die 45er, Sie haben sie genannt, Sie beschreiben sie in Ihrem Buch, die 68er, alle haben eine Rolle gespielt bei dem, was in der Bundesrepublik entwickelt wurde. Sie schreiben, oder Sie lassen den Verlag schreiben im Klappentext: "Im Rückblick erkennen wir, wie wir wurden, was wir sind." Aber was natürlich auffällt, ist, dass dieses "wir" heute - also das ist das Deutschland zwischen Rhein und Oder, aber Ihr Rückblick geht vor allen Dingen auf das Deutschland im Westen, also Ostgrenze Elbe. Die DDR kommt nur als Folie vor, als Ereignisgeschichte, worauf der Westen reagiert. Hat die DDR so wenig zu dem beigetragen, was wir heute sind?
Edgar Wolfrum: Also es ist eine Demokratisierungsgeschichte, und der SED-Staat war keine Demokratie, das heißt nicht, die Menschen waren anders oder schlechter als die im Westen, sondern die Strukturen waren anders und schlechter. Es ist einfach keine Demokratiegeschichte. Ich habe an allen Punkten, wo es Durchbrüche zu liberalen Tendenzen, zu demokratisierenden Tendenzen gegeben hat, die DDR mit einbezogen. Das waren im Wesentlichen 53, 17. Juni 1953, niedergeschlagen, Ausbau des Ministeriums für Staatssicherheit, Repression, das war um den Mauerbau herum, und es gab andere Aufstände bzw. Unruhen im Osten noch in den 70er Jahren - und dann vor allen Dingen 1989. Es ist klar, es ist eine Demokratisierungsgeschichte, und es muss auch in der heutigen Zeit legitim sein, eine Demokratisierungsgeschichte zu schreiben. Ab 1989 kommt dann der Osten vehement ins Spiel, im Grunde genommen kann man sagen, dass die Ostdeutschen ab 1989 im Zeitraffer nachgeholt haben, wofür die Westdeutschen 40 Jahre lang Zeit hatten. Und vor dem Hintergrund finde ich - trotz aller Belastung - die Demokratisierungserfolge im Osten innerhalb nur 15/16 Jahren doch schon außerordentlich enorm. Das darf man nicht vergessen, die Westdeutschen hatten ganz andere Bedingungen, viel länger Zeit. Und was im Osten erreicht worden ist binnen kurzem, ist doch eine außerordentliche Leistung.
Hermann Theißen: Herr Wirsching, in Ihrem Kapitel über das Finale der DDR fällt mir auf, dass Sie sehr breit eingehen auf die Abstimmung mit den Füßen, auf die Delegitimierung der DDR dadurch, dass die Flucht über Ungarn stattfand, dadurch, dass die Botschaften besetzt wurden in Prag, Warschau oder auch in Berlin und die Menschen raus gingen. Aber bei den zivilgesellschaftlichen Aktivitäten, mit den Bürgerrechtsaktivitäten, mit den Demonstrationen in dieser Finalzeit, da kommen Sie mit ganz wenigen Zeilen aus. Waren diese Aktivitäten so unbedeutend für den Zusammenbruch der DDR und für das, was da neu entstanden ist?
Andreas Wirsching: Unbedeutend sicherlich nicht. Ich meine, es hängt immer ein bisschen von der Fragestellung ab. Die Behandlung des Gegenstandes Bürgerbewegung in der DDR, Entstehung einer Zivilgesellschaft in der DDR würde natürlich noch einmal einen Schwerpunkt bedeutet haben, den ich dann auch nicht leisten konnte im Bereich der Geschichte einer alten Bundesrepublik in den 80er Jahren. Ich glaube aber trotzdem, dass der Akkord und der Startschuss der Fluchtbewegung wahrscheinlich historisch das Entscheidendere gewesen ist. Ich bin auch der Auffassung, dass - da das ja alles keine neuen Phänomene waren, ich meine, Botschaftsbesetzungen hatte es ja vorher auch schon gegeben, die Abstimmung mit Füßen war bis zum Mauerbau das große Problem der DDR gewesen. Also für sich genommen waren diese Phänomene nicht neu, es gab eben natürlich 1953 den 17. Juni, also auch Aufstandsbewegungen in der DDR, Opposition in der DDR, aber das Entscheidende war nun doch, glaube ich, 1989, dass es auf einmal gefahrlos oder scheinbar zumindest gefahrlos möglich wurde zu gehen. Also das Nadelöhr durch Ungarn hat in meiner Auffassung entscheidend zur Delegitimierung oder zum endgültigen Zusammenbruch der DDR beigetragen.
Hermann Theißen: Auf der anderen Seite: Es gab beispielsweise am 4. November in Berlin die größte Demonstration, die die DDR je erlebt hat. Wenn ich es nicht übersehen habe, kommt das bei Ihnen gar nicht vor. Ist das wirklich eine zu vernachlässigende Größe, dass da in dem Land auf einmal ziviler Mut entsteht, der sagt: Wir wollen was Neues machen. Das war eine Episode, so kann man es natürlich sehen, aber dass das unterschlagen wird, ist das legitim?
Andreas Wirsching: Das ist ein Zangenangriff gewesen, dem sich das SED-Regime am Ende ausgesetzt gesehen hat, und ich würde das nicht "unterschlagen" nennen, wenn jetzt in dem Buch der 4. November nicht vorkommt, würde ich das sozusagen mündlich ergänzen. Das ist ohne weiteres geschenkt. Trotzdem glaube ich, dass also auch historisch-genetisch betrachtet die entscheidendere Destabilisierung oder der entscheidendere Stoß gegen das Regime dadurch kommt, und das ist das alte nationalpolitische Problem der DDR gewesen, dass die Leute weggehen konnten und gleichzeitig in Deutschland bleiben konnten oder von Deutschland nach Deutschland gehen konnten. Das unterscheidet eben die DDR von allen anderen ost-, mitteleuropäischen kommunistischen Regimen und hat auch meines Erachtens einen erheblichen Teil der Reformunfähigkeit des SED-Regimes bewirkt und die Ursache dafür abgegeben. Die DDR-Führung wusste genau: In dem Augenblick, wo sie Reformen durchführt, Freizügigkeit etwa gewährt als Grundrecht, was ja auch in der KSZE im Korb 3 durchaus angedacht war, dann wird sie ihre Stabilität und ihre Herrschaftslegitimation endgültig verlieren. Das war das Dilemma, das tödliche Dilemma, der DDR-Führung, was sich dann seit dem Mai 1989 mit der allmählichen Öffnung der Grenze zwischen Ungarn und Österreich eben so stark verdeutlicht hat. Und es ist ja auch kein Zufall, dass in Dresden etwa die populäre Unruhe, der "Druck der Straße", genau dann entsteht und anfängt, als die Züge aus den Botschaften in Prag und Warschau eben durchfahren. Da geht es sozusagen in der DDR dann auch los, noch nicht im September oder Anfang Oktober, sondern in der zweiten Oktoberhälfte und daneben im November, und dann ist es eine Zangenbewegung, die nun in der Tat ihre Wirkung hat. Ich würde den ersten Teil, die Volksbewegung aus der DDR heraus, für das historisch wirkmächtigere Element halten als die Volksbewegung in der DDR gegen das Regime. Aber das ist eine Interpretationsfrage.
Hermann Theißen: Wie interpretieren Sie das? Ich meine, man kann ja daraus schließen, dass mit dieser Argumentation die Wiedervereinigung kaum was anderes ist als ein Anschluss und dass sozusagen die Modernisierungsgeschichte der Bundesrepublik mit mehr Leuten und einer größeren Fläche weitergeht.
Edgar Wolfrum: Ich wollte eigentlich erst mal auf einen anderen Aspekt, ganz kurz auf einen anderen Aspekt, zielen. Sie beschreiben, Herr Wirsching, jetzt gar nicht die internationalen Beziehungen. Wir hatten im Verlaufe des Jahrhunderts nach 45 häufiger Reformen und Proteste und Unruhebewegungen und Aufstände im Ostblock, die aber alle niedergeschlagen wurden. Wir haben das 1953, 56 in Ungarn, 61 Mauerbau, dann 68 in Prag und dann in den 70er Jahren in Polen, die sind immer niedergeschlagen worden. Und das ist doch das eklatant Andersartige, 1989, die internationalen Beziehungen, man kann das auf einige Schlagworte bringen. Gorbatschow, vielleicht auch Folge der neuen Ostpolitik, dass man Vertrauen in dieses bald wiedervereinigte Deutschland hat. Also ich denke, diese internationalen Veränderungen, die internationalen Beziehungen waren doch im Grunde das Entscheidende, denn immer hat ja auch in der DDR gedroht die chinesische Lösung. Es war immer eine Gefahr, dass man die wie in wenigen Monaten zuvor auf dem Tiananmen-Platz in Peking "niederschießt". Und das war eigentlich die Regel bisher im Ostblock gewesen, und 89 hat man plötzlich eine ganz andere internationale Lage, ein Zeitfenster, das da genutzt werden kann. Meine These ist ja, die Ostdeutschen hätten soviel auf die Straße gehen können, wie sie wollen. Wenn die Sowjetunion nicht die Wiedervereinigung sozusagen gestattet hätte und die DDR aufgegeben hätte, hätte sich nichts geändert.
Hermann Theißen: Aber da sind sich ja vermutlich alle einig. Ich würde trotzdem noch mal auf meine Frage zurückkommen. Wird nach der Vereinigung die Modernisierungsgeschichte, die Sie beschreiben, einfach mit mehr Volk und größerer Fläche fortgesetzt?
Edgar Wolfrum: Was ist Modernisierungsgeschichte? Das ist ja keine Modernisierungsgeschichte, die ich beschreibe. Modernisierung ist ein Begriff, den man vielleicht nutzen kann, aber dieser Begriff ist immer ambivalent. Herr Wirsching hat darauf hingewiesen. In jeder Modernisierung gibt es natürlich Gewinner und Verlierer, und es ist immer ein sehr paradoxes Verhältnis. Nein, ich denke, die neue Bundesrepublik hat sich verändert. Die neue Bundesrepublik hat sich verändert nicht nur symbolisch, sichtbar etwa in einer neuen eigenständigen Außenpolitik, die vor 89 undenkbar war, sondern auch innenpolitisch. Und die Deutschen erschrecken im Grunde genommen darüber, dass wir jetzt kein etwa Drei- oder Vierparteiensystem mehr haben, sondern plötzlich ein Fünfparteiensystem mit einer etwas linkeren Partei ganz außen. Im Grunde genommen ist die neue Bundesrepublik den alten europäischen Nachbarn wie Italien oder Frankreich ähnlicher geworden, denn sie ist nicht mehr so homogen wie die alte Bundesrepublik. Das bedingt neue Verwerfungen und neue Unsicherheiten, ist aber eher eine Art europäische Normalität, denn die alte Bundesrepublik war europäisch sicherlich nicht normal, sondern hat in diesen Konstellationen des Kalten Krieges und einer wirklich außerordentlichen, in der deutschen Geschichte nie da gewesenen Homogenität gelebt. Die ist vorbei - und deswegen diese neuen Verwerfungen. Ein letzter Punkt. Das hat Herr Wirsching vorhin angesprochen. Paradoxien und die Frage danach, wie es mit dem Sozialstaat weitergeht. Ja, ich weiß, die werden wir heute Abend nicht beantworten können, weil wir natürlich alle Historiker - vielleicht kann es die Soziologin beantworten - Historiker sind, aber jedenfalls keine Propheten. Ich will nur soviel sagen: Im Verlaufe der Geschichte der Bundesrepublik hat sich dieses Staatswesen und haben sich die Menschen immer gewandelt. Es ist nie etwas gleichförmig geblieben. Und mich macht eigentlich vor dem Hintergrund der sechzigjährigen Demokratiegeschichte auch die Kompetenzlösungsfähigkeit - ein schrecklicher Begriff -, aber die Kompetenzlösungsfähigkeit dieser Demokratie hoffnungsvoll. Und ich denke, wir sollten da den Kopf nicht in den Sand stecken und hinaus posaunen, Deutschland würde scheitern oder der Superstar würde abstürzen usw. Das ist, glaube ich, nicht unser Metier.
Hermann Theißen: Bevor wir jetzt alle der Zukunft fröhlich zugewandt sind und in Hoffnung übergehen, will ich dann doch einmal zurück gehen auf die 80er Jahre, auf das Thema von Herrn Wirsching. Die Regierung Kohl ist angetreten mit der geistig-moralischen Wende. Die Bilanz, die Sie ziehen, ist insgesamt eher eine negative, also insbesondere im Bereich der konkreten Politik, in der Finanz-, Wirtschaftspolitik waren die Ergebnisse bescheiden, und auch im kulturellen Bereich erwies sich vieles als nicht steuerbar oder veränderbar. Aber ist die Bilanz - das beschreiben Sie ja auch -, wenn ich auch einbeziehe die Sozialstruktur, auch die sozio-ökonomischen Veränderungen, auch die Mentalitätsänderungen, um den Begriff aufzunehmen - ist nicht diese Epoche der 80er Jahre ein ganz wesentlicher Veränderungsblock in der Geschichte der Bundesrepublik, alt?
Andreas Wirsching: Da würde ich Herrn Wolfrum völlig zustimmen. Nichts ist so beständig wie der Wandel in der Geschichte, das ist ganz klar. Insofern sind da die 80er Jahre sicher jetzt auch keine völlig exzeptionelle Zeit. Das wäre die Versuchung, seinen eigenen Gegenstand allzu sehr aufwerten zu wollen. Trotzdem glaube ich schon, dass, wie ich es formuliert habe, wir so etwas wie einen archimedischen Punkt haben in den 80er Jahren, wo sich verschiedene Wandlungsprozesse treffen und sich beschleunigen. Und ich meine, in der Tat, dass die Mentalitäten - Sie haben darauf hingewiesen - beschleunigt umbrechen, nicht erst in den 80er, seit den 70er Jahren. Herr Wolfrum hat, glaube ich, in seinem Buch von der Phase des akuten Wandels in den 70er Jahren gesprochen, und da würde ich sagen, muss man die beiden Dekaden auch als Einheit sehen. Wir haben einen enormen technologischen Wandel, den man in der Tat als dritte industrielle Revolution benennen kann, und wir haben einen enormen kulturellen Wandel. Das sind alles Dinge, wo die Bilanz - ich weiß gar nicht, ob da Bilanz der richtige Ausdruck ist -, wo man zumindest sehr widersprüchliche und heterogene Bilanzen ziehen kann. Was spannend ist, ist, dass dieser Wandel sozialgeschichtlich, technologisch usw. natürlich eine ganze Reihe politischer Folgeprobleme aufwirft seit den 70er Jahren, mit denen dann eine Regierung wie die Regierung der Wende Kohl/Genscher zu tun hat. Und insofern finde ich, sind die 80er Jahre dann ein spannendes Lehrstück dafür, wie gering meines Erachtens die Steuerungsfähigkeiten der Politik sind in der modernen Massen- und Mediendemokratie. Gemessen an den vielen Vorhaben, die die Regierung 1982/83 hatte, ist ein Großteil stecken geblieben, Stückwerk geblieben. Und wenn man z.B. an die Familienpolitik denkt, an die Frage der Demographie, die nun wirklich seit 25 Jahren ein Dauerthema in den öffentlichen Diskussionen ist, ist die Politik der Regierung Kohl schlicht gescheitert. Also das finde ich in der Tat ein spannendes Lehrstück zwischen der Entwicklung der kollektiven Kräfte, wenn man so will, in der Geschichte und dem Versuch, darauf durch konkrete Politik zu reagieren. Das ist ein sehr komplexes Thema, wo die Bilanz sicherlich zwiespältig ist, aber auch gar nicht anders sein kann. Ich würde sagen, eine Bilanz ist in solcher Hinsicht immer zwiespältig.
Hermann Theißen: Ist es nicht sogar so, dass diese Wandlungen in den 70er Jahren beginnen und dann forciert in den 80er Jahren? Sie benutzen den Begriff des "stuhlharten Gehäuses", was ja aufgebrochen ist, also das Leben wurde sozusagen anders organisiert, und es konnte auch anders organisiert werden. Hat das nicht sogar zur Folge, dass also der Bedarf an staatlichem Handeln vom Einzelnen aus gesehen geringer geworden ist? Ein ganz objektiver Tatbestand.
Andreas Wirsching: Einerseits schon, andererseits ist natürlich die Rückwirkung, die politischen und auch rechtlichen Rückwirkungen der Individualisierung, dann schon stark zu merken. Wir haben einen fortschreitenden Prozess der Verrechtlichung immer weiterer Lebensbereiche, die durch die Individualisierung bewirkt sind. Das kann man z.B. auch an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ablesen, die dann wiederum die politischen Handlungsspielräume auch einengen oder determinieren. Ich glaube, da gibt es eine sehr komplexe Dialektik zwischen dem scheinbaren Entpolitisieringsprozess oder dem Individualisierungsprozess einerseits und auf der anderen Seite dann eben dem neuen Handlungsbedarf in der Sozialpolitik. Ich meine, da gibt es viele Beispiele dafür, von den Folgen des Ehescheidungsrechts über Alleinerziehende, das sind ja alles neue Themen, die sich aus dem Individualisierungsprozess ergeben, die dann auch politische Antworten erheischen.
Hermann Theißen: Und damit sind wir auch an die Front der aktuellen Diskussion gekommen. Wir könnten jetzt noch einmal ganz neu einsteigen, aber dazu reicht die Zeit leider nicht mehr. Wir müssen den Vorhang zumachen, alle Fragen bleiben offen. Das war unsere Diskussion zum Thema "Die Bundesrepublik auf dem Weg nach Deutschland - Neue Bücher im Gespräch". Auf dem Podium hier in der Universität Heidelberg saßen - und ich bedanke mich bei allen dreien - die Soziologin Uta Gerhardt. Von ihr stammt der Band "Soziologie der Stunde Null - Zur Gesellschaftskonzeption des amerikanischen Besatzungsregimes in Deutschland 1944 - 1945/46". Er ist erschienen bei Suhrkamp in Frankfurt, hat 350 Seiten und kostet 16 €. Mit dabei war Andreas Wirsching. Er hat geschrieben den Band "Abschied vom Provisorium - Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1982 - 1990". Dieser Band ist erschienen bei der Deutschen Verlagsanstalt in München, 848 Seiten, 49,90 €. Und Edgar Wolfrum schließlich hat geschrieben - das ist der Titel, nicht der Untertitel: "Die geglückte Demokratie". Untertitel: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart". Erschienen bei Klett-Cotta in Stuttgart, 694 Seiten. Dieses Buch kostet 29,50 €.
Ich danke allen, die an dieser Diskussion teilgenommen haben. Nach den Nachrichten können Sie hier im Deutschlandfunk das Musikjournal hören. Redakteur und Gesprächsleiter dieser Sendung war Hermann Theißen. Ich wünsche allen einen guten Abend.
Morgen ist Verfassungstag, morgen wird das Grundgesetz 57 Jahre alt. Weil zudem gerade drei interessante Werke erschienen sind, die die Geschichte der Bundesrepublik oder Teilaspekte dieser Geschichte ausleuchten, haben wir heute die Autoren dieser Werke versammelt und wollen versuchen, sie miteinander ins Gespräch zu bringen. "Die Bundesrepublik auf dem Weg nach Deutschland" haben wir unsere Diskussion überschrieben. Darum soll es gehen, genauer darum, was die neuen Bücher von Uta Gerhardt, Andreas Wirsching und Edgar Wolfrum zur Erklärung dieses Weges beitragen. Alle drei Autoren sind heute hier, ich begrüße Sie recht herzlich, am Mikrophon ist Hermann Theißen. Guten Abend.
Edgar Wolfrum - um mit ihm anzufangen, weil er das Werk geschrieben hat, das den längsten Zeitraum umfasst - ist Professor für Zeitgeschichte an der Universität Heidelberg. Seine Habilitationsschrift ist 1999 entstanden, Titel: "Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland". Dieses Buch hat kontroverse Reaktionen ausgelöst, und zum Thema Geschichtspolitik ist Edgar Wolfrum immer wieder zurückgekommen. Er hat es immer wieder aufgegriffen, und es spielt auch eine bedeutende Rolle in seiner "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart". Das Buch wollen wir heute behandeln. Herr Wolfrum, Sie haben Ihr Buch im Untertitel "Die geglückte Demokratie" genannt, und Sie präsentieren in diesem Buch eine Erfolgsgeschichte, die zwar auch massive Konflikte kennt, aber in der sich dann doch alles immer wieder zum Besten gewendet hat. Wenn man dieses Buch liest, dann kann man sich nachher beruhigt zurück legen. Man kann sogar ein bisschen stolz auf sein Land sein. Ist dieses Buch auch eine Art Geschichtspolitik?
Edgar Wolfrum: Also zunächst, Herr Theißen, das ist sogar der Übertitel, "Die geglückte Demokratie", nicht der Untertitel. Will aber meinen, dass das keine glatte Erfolgsgeschichte ist, sondern dass es natürlich tiefe Krisen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat, die aber - da führt offenbar aber wohl kein Weg daran vorbei - einen glücklichen Ausgang genommen haben. Glück, Regierungskunst, aber auch Gunst der Stunde. Und vor dem Hintergrund dieser 40-jährigen Demokratie-Erfahrung und gleichzeitig vor dem Hintergrund der wirklich außerordentlichen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, die die 40 Jahre ja durchziehen, denke ich, kann man aus beidem Stolz, wenn Sie dieses Wort Stolz benutzen wollen, kann man aus beidem Stolz schöpfen.
Hermann Theißen: Andreas Wirsching, ich habe Sie zwar noch nicht vorgestellt, aber will Sie dennoch, bevor ich das gleich nachhole, zitieren: Sie schreiben im Nachwort zu Ihrem Buch: "Auch schwerste Konflikte, an denen es ihr - gemeint ist die Bundesrepublik - ja keineswegs mangelte, lassen sich aus der Perspektive der Gegenwart in eine harmonische Gesamtsicht verwandeln: Vergangene Brüche und Unsicherheiten, Auseinandersetzungen und Fragwürdigkeiten können im Rückblick eine prästabilierte Harmonie ergeben und sich geradezu wunderbar in eine Gleichung setzen lassen. Deren Ergebnis lautet dann: 1989/90." Was meinen Sie damit, wen meinen Sie damit?
Andreas Wirsching: Damit meine ich zwei Aspekte. Das eine ist durch das Datum, was Sie zitiert haben, 1989/90, benannt, und das betrifft natürlich die Wiedervereinigung. Ich glaube, da sind wir uns wahrscheinlich alle einig, dass es verkehrt wäre, der Bundesrepublik im Allgemeinen und den 80er Jahren, um die es in dem Buch geht, im Besonderen einen wiedervereinigungspolitischen Subtext einzuschreiben, d.h. die Geschichte allein auf dieses Datum hin zu interpretieren. Das ist die eine Falle sozusagen, von der ich mich distanzieren möchte mit dem von Ihnen zitierten Ausschnitt. Ich glaube aber, es geht noch etwas weiter, und das Thema geht über das Datum 1989/90 hinaus. Es ist immer eine Gefahr in der Geschichtsschreibung, die Dinge zu sehr von der eigenen Position aus zu sehen und von der eigenen Position aus die Geschichte zu ordnen und hinzuordnen. Die Frage ist, ob dann nicht eine ganze Reihe von Einzelfaktoren, z.B. von Konflikten in der Bundesrepublik, zu sehr unter den Tisch gekehrt werden. Darüber müsste man im Einzelnen diskutieren. Jedenfalls würde ich mich gegen eine lineare Fortschrittsgeschichte dann schon wenden. Ich glaube nicht, dass die bundesrepublikanische Geschichte allein so gesehen werden kann, auch wenn es zweifellos ein, verglichen mit der Stunde Null, 1945 ff, natürlich ein ungeheurer Fortschritt gewesen ist. Das ist gar keine Frage.
Hermann Theißen: Ich will natürlich auch versuchen, die Autoren, die hier am Tisch sitzen, auch ein wenig gegeneinander in Stellung zu bringen, damit wir hier nicht in Harmonie uns langweilen. Sie sagen ja, dass sozusagen diese Sicht der Geschichte, die ich eben zitiert habe, dass die zur Mythenbildung beiträgt und dass sie eine Überreduktion von Komplexität hin zu einer bestimmten Aussage ist. Ist Edgar Wolfrum - Sie haben das Buch ja gelesen - Ihrer Meinung nach dieser Gefahr entgangen?
Andreas Wirsching: Er ist der Gefahr insofern zweifellos entgangen, als er - wie er gerade auch schon gesagt hat - natürlich die Konflikte und die Krisen, die es in der gesamten Geschichte der Bundesrepublik gegeben hat, ja durchaus schildert und keineswegs jetzt zu kurz kommen lässt. Insofern würde ich meinen, ist er der Gefahr selbstverständlich entgangen. Was den allgemeinen Duktus der Darstellung wie denn auch des Resümees betrifft, kann man sich darüber streiten. Wenn ich das so sagen darf: Ich glaube, es ist in hohem Maße ein Blick, der sich sozusagen nicht an der Ausgangsposition 1945/49 - die Zeiten insbesondere seit den 1970er Jahren eben im Kontext der ökonomischen Krise, im Kontext der Pluralisierung, der Individualisierung des gesellschaftlichen und kulturellen Wandels, der Sozialstaatsproblematik, die uns heute notorisch beschäftigt, kann man sicherlich darüber streiten, wie weit da alles geglückt ist. Ich glaube, auch Herr Wolfrum würde nicht sagen, dass alles geglückt ist, aber die geglückte Demokratie infiziert natürlich schon eine sehr starke Wertung.
Hermann Theißen: Ich hoffe, dass wir diesen Streit im Verlauf dieser Diskussion führen können und werden, will Sie aber zunächst mal vorstellen: Andreas Wirsching ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Augsburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört unter anderem die Geschichte der großen Ideologien im 20. Jahrhundert. Es gehört zu seinen Forschungsschwerpunkten auch "Deutsch-französische Geschichte im Vergleich". Andreas Wirsching hat vor fünf Jahren im Beck-Verlag eine "Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert" vorgelegt, die mit 128 Seiten auskommt. Unter anderem diese Knappheit hat in der Kritik dazu geführt, dass Andreas Wirsching gelobt worden ist, dass es ihm gelungen ist, auf einem derart knappen Raum sehr präzise und souverän die Grundströme und Grundprobleme der Geschichte in den Griff zu kriegen. Nun hat Andreas Wirsching - und darum geht es heute - Band VI des großen Projekts, was bei der Deutschen Verlagsanstalt erscheint, "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" geschrieben. Der Band trägt den Titel "Abschied vom Provisorium", behandelt den ersten Teil der Ära Kohl, also die Jahre 1982 - 1990, und ist 847 Seiten dick. Herr Wirsching, Ihr Kollege Wolfrum hat in der letzten Woche Ihnen in der "Zeit" vorgehalten - das wollen wir hier gar nicht unterm Tisch halten -, dass Sie in Ihrem Buch zwar viele prächtige Bäume blühen lassen, aber halt so viele, dass man den Wald nicht mehr sieht. Jetzt appelliere ich an Ihre nachgewiesene Fähigkeit zur Knappheit. Was ist die Signatur dieser zehn Jahre, was ist der Fokus Ihres großen und gewichtigen Bandes?
Andreas Wirsching: Ich denke, da sollen wir jetzt keine Metakritik der "Zeit"-Rezension von Herrn Wolfrum antreten, deswegen will ich das jetzt positiv beantworten. Der Fokus dieser zehn Jahre liegt sicherlich auf Widersprüchlichkeit, auf Paradoxien, auch auf Janusköpfigkeit, wenn man das etwas poetisch sagen will, und die habe ich versucht, deutlich zu machen. Es lässt sich insbesondere nennen die deutschlandpolitische Paradoxie, die in dem Titel des Buches zum Ausdruck kommt. Es sind zweierlei Abschiede vom Provisorium. Die Bundesrepublik hört auf, sich als Provisorium zu verstehen. Sie versteht sich als Definitivum, sie versteht sich als ausgewachsener Teilstaat, aber der richtige Abschied vom Provisorium passiert dann in gewisser Weise plötzlich, 1989/90, auf ganz andere Art und Weise, als man es gedacht hat. Das ist eine solche Paradoxie. Es gibt eine soziale und wirtschaftsgeschichtliche Janusköpfigkeit, es gibt einen enormen Schub an technologischem Wandel, an neuer Innovation, auch an neuem Wohlstand, der akkumuliert wird. Auf der anderen Seite gibt es natürlich Modernisierungsverlierer, es gibt die ewigen Krisenbranchen, es gibt einen ganzen Prozess der forcierten Deindustrialisierung, der Probleme schafft seit den späten 70er Jahren, mit denen diese Zeit konfrontiert ist. Und dann gibt es eine kulturelle tiefe Widersprüchlichkeit. Es gibt die Postmoderne, die natürlich die großen Erzählungen der Moderne dechiffriert und dekonstruiert, die dann aber ganz schnell in den Hintergrund tritt. In ihrem Schoß etabliert sich gleichsam ein neues Fortschritts- und Rationalisierungsparadigma, das nach meiner Auffassung seit der Mitte der 80er Jahre zunehmend hegemonial wird und dann in die 90er, man kann es neoliberal nennen, die 90er Jahre sehr stark bestimmt. Das hat mit Postmoderne überhaupt nichts mehr zu tun, sondern knüpft an traditionelle Rationalisierungsutopien an. Das sind Widersprüche, die ich versucht habe, in dem Buch etwas eingehender, wie Sie schon gesagt haben, zu analysieren.
Hermann Theißen: Uta Gerhardt schließlich ist emeritierte Professorin für Soziologie an der Universität Heidelberg. Sie hat eine Reihe von Arbeiten zu theoretischen Grundlagen der Soziologie veröffentlicht, große medizin-soziologische Studien geleitet. Sie hat sich einen Namen gemacht, in dem sie Talcot Parsons im deutschsprachigen Raum bekannt gemacht hat. Sie hat sich mit dem Verhältnis von Geschichtswissenschaft und Soziologie immer wieder auseinander gesetzt und auch mit den Folgen und mit den Besonderheiten der amerikanischen Besatzungspolitik. Das ist auch Thema ihres Bandes "Soziologie der Stunde Null", der bei Suhrkamp erschienen ist. Frau Gerhardt, bei der Rekonstruktion der amerikanischen Besatzungspolitik kommen Sie zu erstaunlichen Ergebnissen, sag ich mal, also ganz im Gegensatz zu Hans-Ulrich Wehler, um nur ein Beispiel zu nennen, mit dem Sie sich ja auch in Ihrem Buch auseinander setzen, sagen Sie, was Wehler bestreitet, es habe a) die Stunde Null gegeben, b) die Zeit zwischen dem September 1944, als amerikanische Truppen deutschen Boden betraten, und der Wahl Adenauers sei in der Tat so etwas wie eine eigenständige gesellschaftliche Formation der Transformation, und Sie sagen weiter, dass in dieser Zeit dank der amerikanischen Besatzungspolitik die Grundlagen für das geschaffen wurden, was Edgar Wolfrum ja im Titel benennt, nämlich die "geglückte Demokratie". Wie kommen Sie zu diesen doch überraschenden Thesen?
Uta Gerhardt: Ich komme zu diesen überraschenden Thesen, indem ich Quellen und Unterlagen, die teilweise nur in den National Archives vorhanden sind und noch nicht unter den 8 Millionen Einzeldokumenten waren, die in den großen Verbundprojekten des Instituts für Zeitgeschichte mit den Archives zwischen den 60er und 80er Jahren für die Deutschen aus Archiven kopiert worden sind. Aus diesem, wie man sagt, dem Dokumentenfenster der 8 Millionen Dokumente sind große Arbeiten hervor gegangen wie "Von Stalingrad zur Währungsreform" und das große Omqus-Handbuch von Christoph Weisz, um nur einige zu nennen, die auch diese Besatzungspolitik beschreiben und erfassen. Ich habe mich nun bemüht, anhand von Unterlagen, die da nicht dabei sind oder die nur sehr teilweise in diesem Dokumentenfenster drin waren und die man an dem Ursprung aussuchen musste, die Konzeption herauszuarbeiten, die die Amerikaner in den Jahren 42 - 44 erarbeitet haben unter Einschluss und Zuhilfenahme von sozialwissenschaftlicher Expertise, um der Frage näher zu kommen: Wenn ein Land, wie das in Nazideutschland der Fall war, so weit im Verbrechen - sagen wir mal - versunken ist, dass das Verbrechen vor keinem Landstrich, vor keiner Familie mehr Halt macht. Die Familien und auch die Menschen sind in die Verbrechen verwickelt oder in den Widerstand dagegen. Eine solche Gesellschaft, die auf dem Tiefpunkt gesellschaftlicher Ordnung, wenn man das überhaupt noch Ordnung nennen kann, angekommen ist, nun in ein anderes zu überführen, das eben letzten Endes dann auf die Entwicklungsrichtung hin geht, die man heute mit diesem schönen, geglückten Ausdruck die "geglückte Demokratie" nennen kann, dann ist das eine Riesenaufgabe, und es ist unendlich spannend zu sehen: Was war denn diese Konzeption? Und ich habe in dieser Konzeption auch Elemente gefunden, wo man nicht sagen kann: Da machen wir jetzt einen Plan, und dann tun wir das. Sondern ich habe Elemente gefunden, die man nur in der Mittelalterhistorie eigentlich behandelt, ich habe Elemente gefunden, die wir aus der Kulturanthropologie kennen, und ich habe andere Elemente gefunden, wo man wirklich sagen kann: Hier ist Modernisierung im besten Sinne geleistet worden. Gerade dieser Mix unterschiedlicher gesellschaftlicher Elemente, die in dieser Konzeption der Demokratietransformation drin stecken, ist vielleicht das Geheimnis des Erfolges dieser Konzeption gewesen, die erst ausgedacht werden musste in den Jahren 42 - 44, sie ist dann ab 44 peuchen für peuchen angewendet worden, immer nur, wie weit sie schon gekommen waren. Erst im Mai 45 kam dann die, eigentlich erst ab Oktober 45 setzt die wirkliche Besatzungsherrschaft ein. Und vorher ist es eine
Hermann Theißen: Es bestreitet ja kaum jemand, dass es ein Konzept gab für den Demokratietransfer, aber mir ist auch nach der Lektüre Ihres Buches nicht ganz klar, ob es Ihnen nur darum geht, dieses Konzept zu rekonstruieren, oder ob es auch darum geht zu beschreiben, was sich in der Konfrontation zwischen Konzept, Besatzungssoldaten, Offizieren und deutscher Bevölkerung ergeben hat.
Uta Gerhardt: Das letztere weniger, das hat Henke so vorbildlich getan in seinem dicken Buch "Die amerikanische Besetzung Deutschlands", das auch in zweiter Auflage vorliegt, dass ich gewissermaßen die Unterfütterung der Henkeschen Darstellung mit meiner Analyse versucht habe. Das heißt, Sie können die Bücher hintereinander lesen, und dann haben Sie in Henke die Fortsetzung dessen, was ich gemacht habe. Mein Buch versucht auf den Sinn dessen zu kommen, was Henke dann beschrieben hat, was in den Dokumenten auftaucht von den Leuten, die das erlebt haben. Diejenigen, die dann handeln, müssen nicht das ganze Konzept kennen, nach dem das geschieht. Insofern ist es völlig legitim, dass die dann natürlich in ihrer Erinnerungsliteratur diese oder jene Auffassung haben, und dann kann man aber sozialwissenschaftlich rekonstruieren.
Hermann Theißen: Aber Sie gehen ja sogar so weit, dass Sie von einer "Tabula rasa" ausgehen. Man hatte sozusagen eine gelöschte Mentalität und konnte - ich übersetze es mal und versuch’s mal in meine Sprache zu bringen - und hatte eine gelöschte Mentalität, in die man eine neue implantieren konnte. Man kann jetzt ganz viele Geschichten erzählen, ich will nur eine erzählen: Also im Zusammenhang mit dem Marshallplan machten die Amerikaner ja auch ein Filmprogramm, das Propaganda für die Demokratie machen sollte. Und dann gab es einen wunderbaren Film, der hieß "Hunger" von Schulberg. Ein Film, in dem Hungerszenen aus den verschiedenen europäischen Ländern, die von Deutschland überfallen worden waren, aber auch aus den Besatzungszonen gegeneinander geschnitten waren. Dann gab es eine Szene, in der Göring auftrat und seine Parole "Kanonen statt Butter" aussprach. Und in dem Moment protestierte überall das deutsche Publikum, aber nicht gegen Göring, sondern gegen den Regisseur, weil sie sagten: Das hätte Göring uns nie angetan. Und schrieen dann: Wir wollen Göring. Die Amerikaner nahmen den Film aus dem Programm. Das heißt, der reale Erfolg auch in der Besatzungszeit, was sozusagen Mentalitätsänderung angeht, war - glaube ich - ein sehr geringer.
Uta Gerhardt: Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse, wenn ich Ihnen widerspreche. Von einer gelöschten Mentalität habe ich nicht gesprochen, sondern davon, dass sämtliche Institutionen zugemacht wurden. Es ist alles erst einmal geschlossen worden, 20 gesellschaftliche Lebensbereiche wurden umgestaltet, indem erst einmal alles geschlossen wurde, und in der Zeit, in der das geschlossen war, diese Zeit dauerte zwischen 1 oder 3 Tagen und bis zu einem Jahr, wurden dann Maßnahmen angeleiert, die mit den vier Ds beschrieben werden, also Entmilitarisierung, Entnazifizierung, Dezentralisierung, Dekartellisierung. Und nachdem man, wenn Sie so wollen, das nannten sie die Stunde Null, bzw. man könnte es die Stunde Null nennen, eine Zeit, wo die Gerichte geschlossen waren und alle Justiz ist amerikanische Militärregierungsjustiz, wo es keine deutsche Polizei gibt, sondern nur die Military Police, wo alle Funktionen eigentlich stellvertretend übernommen werden und die deutschen Institutionen auf eine neue Basis gestellt werden. Es war sozusagen ein Nullpunkt in der Entwicklung aller Institutionen, und dann setzt das wieder an. Die Mentalität, das war von Anfang an klar, ist überhaupt nicht so leicht umzugestalten, man kann sie nicht löschen, man kann es nicht. Was man aber machen kann, ist, den Deutschen nahe zu legen, dass man die Verbrechen nicht verzeiht. Und das hat man auch getan, und das ist aber ein langer zwanzigjähriger Prozess. Sie werden das im letzten Kapitel meines Buches auch finden, dieser Mentalitätswandel hat länger gedauert als der Institutionenwandel und ist eigentlich erst durch die Studentenrevolte in den 60er an den Punkt gekommen, wo man sagen kann: Auch dieses Stück Mentalität hat sich dann geändert, d.h., es hat noch einer Konfliktepoche bedurft, um diesen Sprung zu machen. Und dieser Marshallplan? Da sage ich jetzt nichts, das liegt ja dann schon 48 und ff., da sind drei Jahre dazwischen, drei Jahre waren damals eine lange Zeit.
Hermann Theißen: Die Studentenbewegung haben Sie angesprochen, wir gehen noch mal vorher auf die Ära Adenauer ein. Herr Wolfrum, die ist ja nach einer kurzen Betrachtung der Besatzungszeit das erste Kapitel oder Teil Ihres ersten Kapitels, und Sie weisen ja auch daraufhin, dass in dieser Phase relativ wenig diskutiert worden ist über den Nationalsozialismus, über das Versagen vor 45, dass die "kommunikative Beschweigsamkeit", wie Hermann Lübbe das beschrieben hat - das zitieren Sie auch, also jeder weiß, was passiert ist, aber keiner redet darüber -, das Leben bestimmt hat, also dass man die alten Eliten in neue Institutionen gebracht hat. Sie sagen dann am Ende, dass das natürlich schon ein skandalöser Aspekt ist und einen enormen moralischen Preis gekostet hat, aber Sie analysieren dann ganz kalt: Zum Funktionieren der Demokratie hat das wesentlich beigetragen. War der Preis nicht zu hoch, den man da gezahlt hat?
Edgar Wolfrum: Diese Frage holt natürlich weit aus, und ich habe, um es so zu beantworten, drei verschiedene Leitbegriffe für diese Untersuchung gewählt: Stabilisierung, Globalisierung und Internationalisierung, und in den fünfziger Jahren in der Tat Stabilisierung. Sie haben Recht, die moralischen Kosten dieser Stabilisierung waren sehr hoch, aber Sie konnten das Volk nicht austauschen, Sie konnten das Volk nicht austauschen. Man hätte natürlich diese Integration der ehemaligen Täter nicht so weit führen müssen, wie sie tatsächlich stattgefunden hat. Man hätte mehr eine Politik für die Opfer machen können, die Opfer des Nationalsozialismus. Das wurde zum Teil ja versucht, das wurde dann allerdings von den Regierungsparteien doch größtmöglich unterlassen, weil die Integration an sich den höchsten Stellenwert genoss. Man muss sich vorstellen, wie sich die Bundesrepublik damals präsentierte. Alles war neu, alles war neu im wahrsten Sinn des Wortes, alles war neu. Die Grenzen waren neu, das Territorium war neu, die Bevölkerung war insofern neu, als 8 bis 12 Millionen Flüchtlinge oder Vertriebene herein kamen, alles war neu. In dieser sehr spannungsreichen Gemengelage hat man sich politisch dafür entschieden zur Stabilisierung und die Funktionseliten des Dritten Reiches, die mittleren Funktionseliten muss man sagen, die höheren nicht, die mittleren Funktionseliten, in diesen neuen Staat mit einzubeziehen quasi, wenn man so will, langfristig durch die Demokratie, durch die erfolgreiche Demokratie, auch durch Konsum in der Demokratie sozusagen zu korrumpieren, allmählich an dieses demokratische Staatswesen zu gewöhnen. Unter moralischen Gesichtspunkten würde ich Ihnen Recht geben, hoch skandalös, wird auch so herausgearbeitet, wird im Buch ja auch häufig erwähnt, aber unter rein pragmatischen Gesichtspunkten vielleicht sogar der einzig gangbare Weg. Man darf ja auch nicht vergessen: Die Bundesrepublik war ja auch in den Ost-West-Konflikt eingebettet. Das hat natürlich alles bedingt, und diese Auseinandersetzung mit der DDR im Zeichen der Totalitarismusthese hat natürlich diesen Weg auch noch mal bestärkt. Andererseits, um auf die Amerikaner zurückzukommen von Frau Gerhardt: Es wurden von den Alliierten - im Übrigen nicht nur Amerikaner, die Franzosen und Briten ebenso - Grenzen gesetzt. Es wurden Grenzen gesetzt, die nicht zu überschreiten waren, und wenn sie beinahe hätten überschritten werden können, wurden Warnschüsse abgegeben - die Naumann-Affäre, als Rechtsradikale wieder das Haupt erhoben, wurden stark unterbunden von den Amerikanern. Das muss man immer wieder sagen: Alles war nicht möglich, aber zur Stabilisierung hat diese Integration der Täter sicherlich beigetragen. Das muss man so nüchtern sagen.
Uta Gerhardt: Man könnte vielleicht noch ergänzend sagen: Es gibt eine Stelle in den Memoiren von dem General Clay, der der Militärgouverneur der Amerikaner war, wo er sagte: Wir Amerikaner als Besatzungsmacht mussten uns überlegen, ob wir es hinnehmen können, dass etwa ein Viertel der Bevölkerung Ressentimentbevölkerung wird, die - weil man sie für nicht demokratiefähig hält - dann auch nicht in die Demokratie integriert werden können. Ob das nicht eine große Gefährdung der Demokratie, die wir wollen müssen für Deutschland, ist, wenn ein Viertel der Bevölkerung als Ressentimentbevölkerung ausgeschlossen werden muss, weil man da eine Grenze zieht. Und was ich damit sagen will, ist: Das ist eine zu diskutierende Frage, das war eine schwierige Frage, die sich damals stellte.
Edgar Wolfrum: Man kann es ja auch an einigen Beispielen sehen, also: Die Wiedergutmachungszahlungen an Israel waren hoch umstritten, und Adenauer hätte ohne die Opposition, also ohne die SPD-Opposition, diesen Bereich im Bundestag nie durchgebracht. Die Bevölkerung war gespalten, die war in weiten Teilen auch noch stark antisemitisch eingestellt, über den Holocaust redete man ohnehin nicht, man beschwieg tatsächlich, wie Lübbe das gesagt hat, man musste allerdings mit dieser Bevölkerung im Kalten Krieg Politik machen, eine andere Bevölkerung gab es nicht, man konnte sie nicht austauschen.
Hermann Theißen: Man war natürlich nicht nur mit diesem Beschweigen konfrontiert, `68 ist angesprochen worden. Das war ja nicht nur eine Reaktion auf das Schweigen, das war ja auch eine Reaktion auf Schamlosigkeit des Redens.
Edgar Wolfrum: Ich habe in meinem Buch ja die 68er etwas zurückgestutzt, wie Sie gelesen haben. Die Adenauer-Zeit war nicht die bleierne Zeit, wo alles wie ein schwerer Kessel auf den Deutschen gelastet hat, sondern es gab durchaus - gehen wir mal weg von der politischen Sphäre, gehen wir in den kulturellen Bereich - lebhafte Diskussionen. Es gab auch in der Adenauer-Zeit - Sie werden es kaum glauben - Intellektuelle, die sich gegen Adenauer ausgesprochen haben. Die Gruppe 47, viele andere, es gab auch nicht nur Schwarzwaldmädels-Filme, sondern es gab eine ganz reiche kulturelle Szene, es gab die sog. 45er, die eben sehr früh die Jahrgänge 28, 30, 33, die dann sehr früh in dieser neuen Demokratie ab 1945/49 sich für diese liberalen, demokratischen Ideale eingesetzt haben, lange bevor es 68 gab. Also insofern umrankt 68 ein gewisser Mythos. 68 war wichtig, aber war nicht allein entscheidend und ist auch kein zweiter Gründungsakt der Bundesrepublik, sondern es war eine lange Zeit der Vorbereitung. Die 68er spielen eine, aber nicht die einzige Rolle darin.
Hermann Theißen: Also die 45er, Sie haben sie genannt, Sie beschreiben sie in Ihrem Buch, die 68er, alle haben eine Rolle gespielt bei dem, was in der Bundesrepublik entwickelt wurde. Sie schreiben, oder Sie lassen den Verlag schreiben im Klappentext: "Im Rückblick erkennen wir, wie wir wurden, was wir sind." Aber was natürlich auffällt, ist, dass dieses "wir" heute - also das ist das Deutschland zwischen Rhein und Oder, aber Ihr Rückblick geht vor allen Dingen auf das Deutschland im Westen, also Ostgrenze Elbe. Die DDR kommt nur als Folie vor, als Ereignisgeschichte, worauf der Westen reagiert. Hat die DDR so wenig zu dem beigetragen, was wir heute sind?
Edgar Wolfrum: Also es ist eine Demokratisierungsgeschichte, und der SED-Staat war keine Demokratie, das heißt nicht, die Menschen waren anders oder schlechter als die im Westen, sondern die Strukturen waren anders und schlechter. Es ist einfach keine Demokratiegeschichte. Ich habe an allen Punkten, wo es Durchbrüche zu liberalen Tendenzen, zu demokratisierenden Tendenzen gegeben hat, die DDR mit einbezogen. Das waren im Wesentlichen 53, 17. Juni 1953, niedergeschlagen, Ausbau des Ministeriums für Staatssicherheit, Repression, das war um den Mauerbau herum, und es gab andere Aufstände bzw. Unruhen im Osten noch in den 70er Jahren - und dann vor allen Dingen 1989. Es ist klar, es ist eine Demokratisierungsgeschichte, und es muss auch in der heutigen Zeit legitim sein, eine Demokratisierungsgeschichte zu schreiben. Ab 1989 kommt dann der Osten vehement ins Spiel, im Grunde genommen kann man sagen, dass die Ostdeutschen ab 1989 im Zeitraffer nachgeholt haben, wofür die Westdeutschen 40 Jahre lang Zeit hatten. Und vor dem Hintergrund finde ich - trotz aller Belastung - die Demokratisierungserfolge im Osten innerhalb nur 15/16 Jahren doch schon außerordentlich enorm. Das darf man nicht vergessen, die Westdeutschen hatten ganz andere Bedingungen, viel länger Zeit. Und was im Osten erreicht worden ist binnen kurzem, ist doch eine außerordentliche Leistung.
Hermann Theißen: Herr Wirsching, in Ihrem Kapitel über das Finale der DDR fällt mir auf, dass Sie sehr breit eingehen auf die Abstimmung mit den Füßen, auf die Delegitimierung der DDR dadurch, dass die Flucht über Ungarn stattfand, dadurch, dass die Botschaften besetzt wurden in Prag, Warschau oder auch in Berlin und die Menschen raus gingen. Aber bei den zivilgesellschaftlichen Aktivitäten, mit den Bürgerrechtsaktivitäten, mit den Demonstrationen in dieser Finalzeit, da kommen Sie mit ganz wenigen Zeilen aus. Waren diese Aktivitäten so unbedeutend für den Zusammenbruch der DDR und für das, was da neu entstanden ist?
Andreas Wirsching: Unbedeutend sicherlich nicht. Ich meine, es hängt immer ein bisschen von der Fragestellung ab. Die Behandlung des Gegenstandes Bürgerbewegung in der DDR, Entstehung einer Zivilgesellschaft in der DDR würde natürlich noch einmal einen Schwerpunkt bedeutet haben, den ich dann auch nicht leisten konnte im Bereich der Geschichte einer alten Bundesrepublik in den 80er Jahren. Ich glaube aber trotzdem, dass der Akkord und der Startschuss der Fluchtbewegung wahrscheinlich historisch das Entscheidendere gewesen ist. Ich bin auch der Auffassung, dass - da das ja alles keine neuen Phänomene waren, ich meine, Botschaftsbesetzungen hatte es ja vorher auch schon gegeben, die Abstimmung mit Füßen war bis zum Mauerbau das große Problem der DDR gewesen. Also für sich genommen waren diese Phänomene nicht neu, es gab eben natürlich 1953 den 17. Juni, also auch Aufstandsbewegungen in der DDR, Opposition in der DDR, aber das Entscheidende war nun doch, glaube ich, 1989, dass es auf einmal gefahrlos oder scheinbar zumindest gefahrlos möglich wurde zu gehen. Also das Nadelöhr durch Ungarn hat in meiner Auffassung entscheidend zur Delegitimierung oder zum endgültigen Zusammenbruch der DDR beigetragen.
Hermann Theißen: Auf der anderen Seite: Es gab beispielsweise am 4. November in Berlin die größte Demonstration, die die DDR je erlebt hat. Wenn ich es nicht übersehen habe, kommt das bei Ihnen gar nicht vor. Ist das wirklich eine zu vernachlässigende Größe, dass da in dem Land auf einmal ziviler Mut entsteht, der sagt: Wir wollen was Neues machen. Das war eine Episode, so kann man es natürlich sehen, aber dass das unterschlagen wird, ist das legitim?
Andreas Wirsching: Das ist ein Zangenangriff gewesen, dem sich das SED-Regime am Ende ausgesetzt gesehen hat, und ich würde das nicht "unterschlagen" nennen, wenn jetzt in dem Buch der 4. November nicht vorkommt, würde ich das sozusagen mündlich ergänzen. Das ist ohne weiteres geschenkt. Trotzdem glaube ich, dass also auch historisch-genetisch betrachtet die entscheidendere Destabilisierung oder der entscheidendere Stoß gegen das Regime dadurch kommt, und das ist das alte nationalpolitische Problem der DDR gewesen, dass die Leute weggehen konnten und gleichzeitig in Deutschland bleiben konnten oder von Deutschland nach Deutschland gehen konnten. Das unterscheidet eben die DDR von allen anderen ost-, mitteleuropäischen kommunistischen Regimen und hat auch meines Erachtens einen erheblichen Teil der Reformunfähigkeit des SED-Regimes bewirkt und die Ursache dafür abgegeben. Die DDR-Führung wusste genau: In dem Augenblick, wo sie Reformen durchführt, Freizügigkeit etwa gewährt als Grundrecht, was ja auch in der KSZE im Korb 3 durchaus angedacht war, dann wird sie ihre Stabilität und ihre Herrschaftslegitimation endgültig verlieren. Das war das Dilemma, das tödliche Dilemma, der DDR-Führung, was sich dann seit dem Mai 1989 mit der allmählichen Öffnung der Grenze zwischen Ungarn und Österreich eben so stark verdeutlicht hat. Und es ist ja auch kein Zufall, dass in Dresden etwa die populäre Unruhe, der "Druck der Straße", genau dann entsteht und anfängt, als die Züge aus den Botschaften in Prag und Warschau eben durchfahren. Da geht es sozusagen in der DDR dann auch los, noch nicht im September oder Anfang Oktober, sondern in der zweiten Oktoberhälfte und daneben im November, und dann ist es eine Zangenbewegung, die nun in der Tat ihre Wirkung hat. Ich würde den ersten Teil, die Volksbewegung aus der DDR heraus, für das historisch wirkmächtigere Element halten als die Volksbewegung in der DDR gegen das Regime. Aber das ist eine Interpretationsfrage.
Hermann Theißen: Wie interpretieren Sie das? Ich meine, man kann ja daraus schließen, dass mit dieser Argumentation die Wiedervereinigung kaum was anderes ist als ein Anschluss und dass sozusagen die Modernisierungsgeschichte der Bundesrepublik mit mehr Leuten und einer größeren Fläche weitergeht.
Edgar Wolfrum: Ich wollte eigentlich erst mal auf einen anderen Aspekt, ganz kurz auf einen anderen Aspekt, zielen. Sie beschreiben, Herr Wirsching, jetzt gar nicht die internationalen Beziehungen. Wir hatten im Verlaufe des Jahrhunderts nach 45 häufiger Reformen und Proteste und Unruhebewegungen und Aufstände im Ostblock, die aber alle niedergeschlagen wurden. Wir haben das 1953, 56 in Ungarn, 61 Mauerbau, dann 68 in Prag und dann in den 70er Jahren in Polen, die sind immer niedergeschlagen worden. Und das ist doch das eklatant Andersartige, 1989, die internationalen Beziehungen, man kann das auf einige Schlagworte bringen. Gorbatschow, vielleicht auch Folge der neuen Ostpolitik, dass man Vertrauen in dieses bald wiedervereinigte Deutschland hat. Also ich denke, diese internationalen Veränderungen, die internationalen Beziehungen waren doch im Grunde das Entscheidende, denn immer hat ja auch in der DDR gedroht die chinesische Lösung. Es war immer eine Gefahr, dass man die wie in wenigen Monaten zuvor auf dem Tiananmen-Platz in Peking "niederschießt". Und das war eigentlich die Regel bisher im Ostblock gewesen, und 89 hat man plötzlich eine ganz andere internationale Lage, ein Zeitfenster, das da genutzt werden kann. Meine These ist ja, die Ostdeutschen hätten soviel auf die Straße gehen können, wie sie wollen. Wenn die Sowjetunion nicht die Wiedervereinigung sozusagen gestattet hätte und die DDR aufgegeben hätte, hätte sich nichts geändert.
Hermann Theißen: Aber da sind sich ja vermutlich alle einig. Ich würde trotzdem noch mal auf meine Frage zurückkommen. Wird nach der Vereinigung die Modernisierungsgeschichte, die Sie beschreiben, einfach mit mehr Volk und größerer Fläche fortgesetzt?
Edgar Wolfrum: Was ist Modernisierungsgeschichte? Das ist ja keine Modernisierungsgeschichte, die ich beschreibe. Modernisierung ist ein Begriff, den man vielleicht nutzen kann, aber dieser Begriff ist immer ambivalent. Herr Wirsching hat darauf hingewiesen. In jeder Modernisierung gibt es natürlich Gewinner und Verlierer, und es ist immer ein sehr paradoxes Verhältnis. Nein, ich denke, die neue Bundesrepublik hat sich verändert. Die neue Bundesrepublik hat sich verändert nicht nur symbolisch, sichtbar etwa in einer neuen eigenständigen Außenpolitik, die vor 89 undenkbar war, sondern auch innenpolitisch. Und die Deutschen erschrecken im Grunde genommen darüber, dass wir jetzt kein etwa Drei- oder Vierparteiensystem mehr haben, sondern plötzlich ein Fünfparteiensystem mit einer etwas linkeren Partei ganz außen. Im Grunde genommen ist die neue Bundesrepublik den alten europäischen Nachbarn wie Italien oder Frankreich ähnlicher geworden, denn sie ist nicht mehr so homogen wie die alte Bundesrepublik. Das bedingt neue Verwerfungen und neue Unsicherheiten, ist aber eher eine Art europäische Normalität, denn die alte Bundesrepublik war europäisch sicherlich nicht normal, sondern hat in diesen Konstellationen des Kalten Krieges und einer wirklich außerordentlichen, in der deutschen Geschichte nie da gewesenen Homogenität gelebt. Die ist vorbei - und deswegen diese neuen Verwerfungen. Ein letzter Punkt. Das hat Herr Wirsching vorhin angesprochen. Paradoxien und die Frage danach, wie es mit dem Sozialstaat weitergeht. Ja, ich weiß, die werden wir heute Abend nicht beantworten können, weil wir natürlich alle Historiker - vielleicht kann es die Soziologin beantworten - Historiker sind, aber jedenfalls keine Propheten. Ich will nur soviel sagen: Im Verlaufe der Geschichte der Bundesrepublik hat sich dieses Staatswesen und haben sich die Menschen immer gewandelt. Es ist nie etwas gleichförmig geblieben. Und mich macht eigentlich vor dem Hintergrund der sechzigjährigen Demokratiegeschichte auch die Kompetenzlösungsfähigkeit - ein schrecklicher Begriff -, aber die Kompetenzlösungsfähigkeit dieser Demokratie hoffnungsvoll. Und ich denke, wir sollten da den Kopf nicht in den Sand stecken und hinaus posaunen, Deutschland würde scheitern oder der Superstar würde abstürzen usw. Das ist, glaube ich, nicht unser Metier.
Hermann Theißen: Bevor wir jetzt alle der Zukunft fröhlich zugewandt sind und in Hoffnung übergehen, will ich dann doch einmal zurück gehen auf die 80er Jahre, auf das Thema von Herrn Wirsching. Die Regierung Kohl ist angetreten mit der geistig-moralischen Wende. Die Bilanz, die Sie ziehen, ist insgesamt eher eine negative, also insbesondere im Bereich der konkreten Politik, in der Finanz-, Wirtschaftspolitik waren die Ergebnisse bescheiden, und auch im kulturellen Bereich erwies sich vieles als nicht steuerbar oder veränderbar. Aber ist die Bilanz - das beschreiben Sie ja auch -, wenn ich auch einbeziehe die Sozialstruktur, auch die sozio-ökonomischen Veränderungen, auch die Mentalitätsänderungen, um den Begriff aufzunehmen - ist nicht diese Epoche der 80er Jahre ein ganz wesentlicher Veränderungsblock in der Geschichte der Bundesrepublik, alt?
Andreas Wirsching: Da würde ich Herrn Wolfrum völlig zustimmen. Nichts ist so beständig wie der Wandel in der Geschichte, das ist ganz klar. Insofern sind da die 80er Jahre sicher jetzt auch keine völlig exzeptionelle Zeit. Das wäre die Versuchung, seinen eigenen Gegenstand allzu sehr aufwerten zu wollen. Trotzdem glaube ich schon, dass, wie ich es formuliert habe, wir so etwas wie einen archimedischen Punkt haben in den 80er Jahren, wo sich verschiedene Wandlungsprozesse treffen und sich beschleunigen. Und ich meine, in der Tat, dass die Mentalitäten - Sie haben darauf hingewiesen - beschleunigt umbrechen, nicht erst in den 80er, seit den 70er Jahren. Herr Wolfrum hat, glaube ich, in seinem Buch von der Phase des akuten Wandels in den 70er Jahren gesprochen, und da würde ich sagen, muss man die beiden Dekaden auch als Einheit sehen. Wir haben einen enormen technologischen Wandel, den man in der Tat als dritte industrielle Revolution benennen kann, und wir haben einen enormen kulturellen Wandel. Das sind alles Dinge, wo die Bilanz - ich weiß gar nicht, ob da Bilanz der richtige Ausdruck ist -, wo man zumindest sehr widersprüchliche und heterogene Bilanzen ziehen kann. Was spannend ist, ist, dass dieser Wandel sozialgeschichtlich, technologisch usw. natürlich eine ganze Reihe politischer Folgeprobleme aufwirft seit den 70er Jahren, mit denen dann eine Regierung wie die Regierung der Wende Kohl/Genscher zu tun hat. Und insofern finde ich, sind die 80er Jahre dann ein spannendes Lehrstück dafür, wie gering meines Erachtens die Steuerungsfähigkeiten der Politik sind in der modernen Massen- und Mediendemokratie. Gemessen an den vielen Vorhaben, die die Regierung 1982/83 hatte, ist ein Großteil stecken geblieben, Stückwerk geblieben. Und wenn man z.B. an die Familienpolitik denkt, an die Frage der Demographie, die nun wirklich seit 25 Jahren ein Dauerthema in den öffentlichen Diskussionen ist, ist die Politik der Regierung Kohl schlicht gescheitert. Also das finde ich in der Tat ein spannendes Lehrstück zwischen der Entwicklung der kollektiven Kräfte, wenn man so will, in der Geschichte und dem Versuch, darauf durch konkrete Politik zu reagieren. Das ist ein sehr komplexes Thema, wo die Bilanz sicherlich zwiespältig ist, aber auch gar nicht anders sein kann. Ich würde sagen, eine Bilanz ist in solcher Hinsicht immer zwiespältig.
Hermann Theißen: Ist es nicht sogar so, dass diese Wandlungen in den 70er Jahren beginnen und dann forciert in den 80er Jahren? Sie benutzen den Begriff des "stuhlharten Gehäuses", was ja aufgebrochen ist, also das Leben wurde sozusagen anders organisiert, und es konnte auch anders organisiert werden. Hat das nicht sogar zur Folge, dass also der Bedarf an staatlichem Handeln vom Einzelnen aus gesehen geringer geworden ist? Ein ganz objektiver Tatbestand.
Andreas Wirsching: Einerseits schon, andererseits ist natürlich die Rückwirkung, die politischen und auch rechtlichen Rückwirkungen der Individualisierung, dann schon stark zu merken. Wir haben einen fortschreitenden Prozess der Verrechtlichung immer weiterer Lebensbereiche, die durch die Individualisierung bewirkt sind. Das kann man z.B. auch an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ablesen, die dann wiederum die politischen Handlungsspielräume auch einengen oder determinieren. Ich glaube, da gibt es eine sehr komplexe Dialektik zwischen dem scheinbaren Entpolitisieringsprozess oder dem Individualisierungsprozess einerseits und auf der anderen Seite dann eben dem neuen Handlungsbedarf in der Sozialpolitik. Ich meine, da gibt es viele Beispiele dafür, von den Folgen des Ehescheidungsrechts über Alleinerziehende, das sind ja alles neue Themen, die sich aus dem Individualisierungsprozess ergeben, die dann auch politische Antworten erheischen.
Hermann Theißen: Und damit sind wir auch an die Front der aktuellen Diskussion gekommen. Wir könnten jetzt noch einmal ganz neu einsteigen, aber dazu reicht die Zeit leider nicht mehr. Wir müssen den Vorhang zumachen, alle Fragen bleiben offen. Das war unsere Diskussion zum Thema "Die Bundesrepublik auf dem Weg nach Deutschland - Neue Bücher im Gespräch". Auf dem Podium hier in der Universität Heidelberg saßen - und ich bedanke mich bei allen dreien - die Soziologin Uta Gerhardt. Von ihr stammt der Band "Soziologie der Stunde Null - Zur Gesellschaftskonzeption des amerikanischen Besatzungsregimes in Deutschland 1944 - 1945/46". Er ist erschienen bei Suhrkamp in Frankfurt, hat 350 Seiten und kostet 16 €. Mit dabei war Andreas Wirsching. Er hat geschrieben den Band "Abschied vom Provisorium - Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1982 - 1990". Dieser Band ist erschienen bei der Deutschen Verlagsanstalt in München, 848 Seiten, 49,90 €. Und Edgar Wolfrum schließlich hat geschrieben - das ist der Titel, nicht der Untertitel: "Die geglückte Demokratie". Untertitel: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart". Erschienen bei Klett-Cotta in Stuttgart, 694 Seiten. Dieses Buch kostet 29,50 €.
Ich danke allen, die an dieser Diskussion teilgenommen haben. Nach den Nachrichten können Sie hier im Deutschlandfunk das Musikjournal hören. Redakteur und Gesprächsleiter dieser Sendung war Hermann Theißen. Ich wünsche allen einen guten Abend.
Die besprochenen Bücher:
Uta Gerhardt:
Soziologie der Stunde Null – Zur Gesellschaftskonzeption des amerikanischen Besatzungsregimes in Deutschland 1944 – 1945/46
Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt, 350 Seiten, Euro 16
Andreas Wirsching:
Abschied vom Provisorium – Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1982 – 1990
Deutsche Verlagsanstalt, München, 848 Seiten, Euro 49,90
Edgar Wolfrum:
Die geglückte Demokratie – Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zu Gegenwart
Verlag Klett-Cotta, 694 Seiten, Euro 29,50