"Ich glaube, dass die Union, die CDU wirklich die Partei ist für den Mittelstand, und wir müssen unsere Mittelständer stützen und fördern, und Rahmenbedingungen, dort wo notwendig die Rahmenbedingungen entsprechend machen."
Im riesigen Saal eines Lokals im südhessischen Heppenheim an der Bergstraße wirken die 15 Unternehmer ein wenig verloren. Die Männer und Frauen scharen sich an einem Tisch eng um den Referenten: Walter Arnold, in seinem Vorleben selbst Firmenchef und später Finanzstaatssekretär unter Roland Koch. Als Außenstehender fragt man sich, warum der Wirtschaftsexperte der CDU im Hessischen Landtag ausgerechnet vor der Mittelstandsvereinigung seiner Partei so stark betonen muss, dass die Union und nicht die FDP die Partei der Mittelständler ist.
Nach anderthalbstündigem Referat über die Vorzüge des neuen Hessischen Mittelstandsgesetzes beantwortet Arnold diese Frage indirekt. Als er darüber spricht, dass die CDU derzeit bei knapp über 30 Prozent dümpelt und noch viel zu tun sei bis Anfang 2014, dem mutmaßlichen Termin der nächsten Hessen-Wahl:
"Wenn wir die Landtagswahl gewinnen wollen, muss die CDU über 40 Prozent krabbeln als Volkspartei. Das ist noch ein weiter Weg, und wir haben es versäumt, unsere Stammwähler zu halten und uns zu sehr um die Wechselwähler gekümmert. Das ist ein Wahlspruch eines jeden mittelständischen Kaufmanns - erst die Stammkundschaft, dann die Laufkundschaft - das gilt auch heute noch so."
Dass die Partei konservatives Profil verloren hat, beklagten auch der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel und Christian Wagner, Vorsitzender der hessischen CDU-Fraktion. Ihre Kritik hat Rosel Koberg, die pensionierte Chefin einer Industriebuchbinderei, zwar nur am Rande mitbekommen, aber:
"Die paar Sätze von Teufel und vor allem von Wagner, denen stimme ich zu."
Dabei nickt die 80-Jährige energisch - in ihrer frischen hellblau-weiß gestreiften Bluse wirkt sie zehn Jahre jünger. Der hessische CDU-Fraktionschef hatte in den vergangenen Wochen mehrfach bemängelt, dass die CDU unter Angela Merkel unberechenbar und beliebig geworden sei. Und die Christdemokraten des Wirtschaftsflügels würgen noch schwer am Griechenland-Hilfspaket Nummer eins, nach der Sommerpause sollen sie schon Nummer zwei schlucken. Und Griechenland ist nur der erste Schritt. Vergangene Woche hatte der Chef der EU-Kommission Barroso gefordert, der neue EU-Rettungsschirm solle noch einmal ausgeweitet werden, weil weitere Staaten Hilfe brauchen könnten. "Wir müssen auch mal an Deutschlands Stabilität denken", grummelt Werner Hartmann, der als Landwirt im südhessischen Lampertheim Zwiebeln, Buschbohnen und Spargel anbaut:
"Ich selbst als Landwirt mach' meinen Betrieb, als Hobby mache ich die Mittelstandsvereinigung und die CDU-Politik. Warum mache ich CDU-Politik? Ich sag mal, das ist das kleinere Übel."
Der Union fehlen auf Bundesebene die wirtschaftspolitisch klugen Köpfe an der Spitze, meint Hartmann, Kreischef der Mittelstandsvereinigung Bergstraße. In der Zeitung müssen CDU-Anhänger derzeit wenig Schmeichelhaftes über ihre Frontfrau lesen. Sogar ein konservatives Blatt wie "Die Welt" meint, die Kanzlerin sei "in Trippelschritten" unterwegs "in Richtung einer Haftungsunion, in der Deutschland für die Schulden anderer Staaten einstehen" müsse.
Die Finanzmärkte im Stress, die Kanzlerin schweigt. Das Parteivolk sorgt sich. Das bekommt jedenfalls Michael Meister in seinem Wahlkreis an der Bergstraße zu hören. Welche Botschaft der CDU-Bundestagsabgeordnete mitnimmt, wenn er in einigen Tagen nach Berlin zurückkehrt?
"Es gibt sehr viel Besorgnis über das Thema Stabilität der Währung. Es treibt die Menschen um. Und ich glaube, an der Stelle müssen wir nicht nur erklären, was wir machen, und versuchen zu rechtfertigen, was wir machen, sondern auch deutlich machen, was die Philosophie hinter der Geschichte ist, damit sozusagen der Entscheidungsgang stärker in die Bevölkerung hinein verständlich wird."
Zum Jahrestag des Mauerbaus geht Angela Merkel wieder an die Arbeit. Bis dahin hat die Kanzlerin trotz Eurokrise ihren Urlaub und die nachfolgende terminfreie Woche in Berlin planmäßig ausgekostet. Außer Linken-Chefin Gesine Lötzsch finden das zum Glück auch Parteifreunde in Ordnung. Wie Rosel Koberg, die fitte 80-Jährige von der Bergstraße. Die Kanzlerin habe ja viel telefoniert und gemailt:
"Früher wäre das nicht gegangen."
Für die Wirtschaftswunderjahre ist die pensionierte Geschäftsfrau ihrer CDU immer noch dankbar, die haben einst ihre Industriebuchbinderei nach vorn gebracht. Gemüsebauer Werner Hartmann sieht das so:
"Hier war Erfolg über 60 Jahre. Und den Erfolg der letzten 60 Jahre werden wir so langsam verspielen. Der Mut zur Ehrlichkeit muss in den Vordergrund gestellt werden und das vermisse ich von unserer Kanzlerin."
Was sie vermissen, fordern und wünschen - das können hessische Christdemokraten ihrer Berliner Frontfrau bald schon persönlich sagen. Im nordhessischen Alsfeld beginnt Angela Merkel am 19. September eine neue Runde von sechs Regionalkonferenzen.
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Interview: Kapitalmarktanalyst kritisiert Richtungslosigkeit der Politik (DLF)
Im riesigen Saal eines Lokals im südhessischen Heppenheim an der Bergstraße wirken die 15 Unternehmer ein wenig verloren. Die Männer und Frauen scharen sich an einem Tisch eng um den Referenten: Walter Arnold, in seinem Vorleben selbst Firmenchef und später Finanzstaatssekretär unter Roland Koch. Als Außenstehender fragt man sich, warum der Wirtschaftsexperte der CDU im Hessischen Landtag ausgerechnet vor der Mittelstandsvereinigung seiner Partei so stark betonen muss, dass die Union und nicht die FDP die Partei der Mittelständler ist.
Nach anderthalbstündigem Referat über die Vorzüge des neuen Hessischen Mittelstandsgesetzes beantwortet Arnold diese Frage indirekt. Als er darüber spricht, dass die CDU derzeit bei knapp über 30 Prozent dümpelt und noch viel zu tun sei bis Anfang 2014, dem mutmaßlichen Termin der nächsten Hessen-Wahl:
"Wenn wir die Landtagswahl gewinnen wollen, muss die CDU über 40 Prozent krabbeln als Volkspartei. Das ist noch ein weiter Weg, und wir haben es versäumt, unsere Stammwähler zu halten und uns zu sehr um die Wechselwähler gekümmert. Das ist ein Wahlspruch eines jeden mittelständischen Kaufmanns - erst die Stammkundschaft, dann die Laufkundschaft - das gilt auch heute noch so."
Dass die Partei konservatives Profil verloren hat, beklagten auch der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel und Christian Wagner, Vorsitzender der hessischen CDU-Fraktion. Ihre Kritik hat Rosel Koberg, die pensionierte Chefin einer Industriebuchbinderei, zwar nur am Rande mitbekommen, aber:
"Die paar Sätze von Teufel und vor allem von Wagner, denen stimme ich zu."
Dabei nickt die 80-Jährige energisch - in ihrer frischen hellblau-weiß gestreiften Bluse wirkt sie zehn Jahre jünger. Der hessische CDU-Fraktionschef hatte in den vergangenen Wochen mehrfach bemängelt, dass die CDU unter Angela Merkel unberechenbar und beliebig geworden sei. Und die Christdemokraten des Wirtschaftsflügels würgen noch schwer am Griechenland-Hilfspaket Nummer eins, nach der Sommerpause sollen sie schon Nummer zwei schlucken. Und Griechenland ist nur der erste Schritt. Vergangene Woche hatte der Chef der EU-Kommission Barroso gefordert, der neue EU-Rettungsschirm solle noch einmal ausgeweitet werden, weil weitere Staaten Hilfe brauchen könnten. "Wir müssen auch mal an Deutschlands Stabilität denken", grummelt Werner Hartmann, der als Landwirt im südhessischen Lampertheim Zwiebeln, Buschbohnen und Spargel anbaut:
"Ich selbst als Landwirt mach' meinen Betrieb, als Hobby mache ich die Mittelstandsvereinigung und die CDU-Politik. Warum mache ich CDU-Politik? Ich sag mal, das ist das kleinere Übel."
Der Union fehlen auf Bundesebene die wirtschaftspolitisch klugen Köpfe an der Spitze, meint Hartmann, Kreischef der Mittelstandsvereinigung Bergstraße. In der Zeitung müssen CDU-Anhänger derzeit wenig Schmeichelhaftes über ihre Frontfrau lesen. Sogar ein konservatives Blatt wie "Die Welt" meint, die Kanzlerin sei "in Trippelschritten" unterwegs "in Richtung einer Haftungsunion, in der Deutschland für die Schulden anderer Staaten einstehen" müsse.
Die Finanzmärkte im Stress, die Kanzlerin schweigt. Das Parteivolk sorgt sich. Das bekommt jedenfalls Michael Meister in seinem Wahlkreis an der Bergstraße zu hören. Welche Botschaft der CDU-Bundestagsabgeordnete mitnimmt, wenn er in einigen Tagen nach Berlin zurückkehrt?
"Es gibt sehr viel Besorgnis über das Thema Stabilität der Währung. Es treibt die Menschen um. Und ich glaube, an der Stelle müssen wir nicht nur erklären, was wir machen, und versuchen zu rechtfertigen, was wir machen, sondern auch deutlich machen, was die Philosophie hinter der Geschichte ist, damit sozusagen der Entscheidungsgang stärker in die Bevölkerung hinein verständlich wird."
Zum Jahrestag des Mauerbaus geht Angela Merkel wieder an die Arbeit. Bis dahin hat die Kanzlerin trotz Eurokrise ihren Urlaub und die nachfolgende terminfreie Woche in Berlin planmäßig ausgekostet. Außer Linken-Chefin Gesine Lötzsch finden das zum Glück auch Parteifreunde in Ordnung. Wie Rosel Koberg, die fitte 80-Jährige von der Bergstraße. Die Kanzlerin habe ja viel telefoniert und gemailt:
"Früher wäre das nicht gegangen."
Für die Wirtschaftswunderjahre ist die pensionierte Geschäftsfrau ihrer CDU immer noch dankbar, die haben einst ihre Industriebuchbinderei nach vorn gebracht. Gemüsebauer Werner Hartmann sieht das so:
"Hier war Erfolg über 60 Jahre. Und den Erfolg der letzten 60 Jahre werden wir so langsam verspielen. Der Mut zur Ehrlichkeit muss in den Vordergrund gestellt werden und das vermisse ich von unserer Kanzlerin."
Was sie vermissen, fordern und wünschen - das können hessische Christdemokraten ihrer Berliner Frontfrau bald schon persönlich sagen. Im nordhessischen Alsfeld beginnt Angela Merkel am 19. September eine neue Runde von sechs Regionalkonferenzen.
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