Freitag, 29. März 2024

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Die CDU und ihre Werte
Die Suggestion vom "Fähnlein der letzten Aufrechten"

Die CDU debattiert über die Werte, für die sie stehen will. Eine Werteunion sollte ein möglichst breites Spektrum abdecken, verschiedenste Werte inkludieren, sagte der Philosoph Andreas Urs Sommer im Dlf. Stattdessen sei zu beobachten, dass der Bezug auf Werte häufig dazu diene, andere auszuschließen.

Andreas Urs Sommer im Gespräch mit Anja Reinhardt | 16.02.2020
Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen (CDU) vor einem Plakat der Werteunion
Wahlkampftermin der CDU mit Hans-Georg Maaßen in Brandenburg (picture alliance/ dpa/ Patrick Pleul)
Die WerteUnion ist kein offizieller Teil der CDU, versteht sich aber als konservative Basisbewegung von CDU und CSU. Die These des Vereins sei in seinem Namen bereits artikuliert, so Andreas Urs Sommer. "Die Suggestion ist auch in diesem Falle die, dass die Anderen die Werte irgendwie nicht haben. Dass es sich hier um das Fähnlein der letzten Aufrechten handelt, die die Werte noch verteidigen."
Die spezifischen Werte der WerteUnion entsprächen dem alten, konservativen Milieu der Bundesrepublik. Die CDU selbst definiere sich insgesamt aber gar nicht so sehr über diese konservativen Werte. "Das sieht man daran, wie die CDU umgegangen ist mit etwa der Partnerschaft für alle und der Homo-Ehe".
Streben nach Stabilität und Sicherheit
Die WerteUnion hingegen versucht diese Mobilität rückgängig zu machen. Andreas Urs Sommer sieht darin ein Streben nach Stabilität und Sicherheit. "Die These, dass wir uns in einer Zersetzung der Gewissheiten befinden, wird dann konterkariert mit dem Angebot: Hier habt ihr ein sicheres Fundament. Wenn ihr euch darauf besinnt, dann wird alles gut gehen." Fluide Werte werden in der Regel als etwas Verunsicherndes empfunden.
"Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihnen in jeder Lebenslage ein anderer Wert zur Hilfe kommen muss, dann müssen Sie sich immer wieder fragen: Woran orientiere ich mich jetzt?" Ein starres Korsett, das auf jede Lebenslage anwendbar ist, nehme den Menschen die Herausforderung der selbstständigen Orientierung ab. Aus diesem Grund sei es so verlockend.
Laut Andreas Urs Sommer sollte eine WerteUnion ein möglichst breites Spektrum abdecken, verschiedenste Werte inkludieren. Stattdessen beobachtet Sommer, dass der Bezug auf Werte häufig nicht dazu diene andere mitzunehmen, sondern dazu sie auszuschließen.
Der Schweizer Philosoph Andreas Urs Sommer
Der Philosoph Andreas Urs Sommer ist Autor des Buches „Werte. Warum man sie braucht, obwohl es sie nicht gibt“ (picture-alliance/dpa/Horst Galuschka )
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.