Spengler: Wenn es das Stimmungsbarometer ist, wie ist die Stimmung jetzt?
Praxmarer: Was sich über die letzten Jahre eindeutig erwiesen hat, ist, dass die gesamte IT-Marktsituation direkt abhängig ist von der Gesamtwirtschaft, das heißt, die IT ist so in die Gesamtwirtschaft integriert, dass sie natürlich auch darunter leidet, wenn die Gesamtwirtschaft eben nicht mehr so floriert, und das haben wir über die letzten zwei, drei Jahre stark gesehen. Das heißt, dass die IT-Produkte nicht mehr so eingekauft werden, dass der gesamte IT-Markt entsprechend unter Druck geraten ist und damit auch das erste Mal einen Umsatzrückgang hinnehmen musste, und damit ist es natürlich auch, wie Sie vorhin erwähnt haben, zu entsprechenden Entlassungen und Arbeitslosen in der IT-Branche gekommen, was man über die letzten zehn Jahre überhaupt nicht mehr kannte.
Spengler: Wann erwarten Sie denn ein Ende der Krise der IT-Branche, also der Informationstechnologie-Branche?
Praxmarer: Wir erwarten ein Ende der Krise recht stark im Zusammenhang mit dem Ende der Wirtschaftskrise, und das erwarten wir nicht in diesem Jahr, das heißt, wir erwarten ein klares Nullwachstum in der IT-Branche in diesem Jahr. Die IT-Branche muss sich auch noch stärker darauf besinnen, dass sie kein Selbstzweck ist, sondern eben den Unternehmen einen klaren wirtschaftlichen Nutzen bieten muss, und wenn ihr das gelingt, dann kann auch die IT-Branche wiederum einen stärkeren Wachstum wie die Gesamtwirtschaft erreichen und damit die Gesamtwirtschaft auch wieder ankurbeln.
Spengler: Heißt das, dass es eine Rückbesinnung auf das Geschäftemachen gibt, dass sozusagen die Zeit der technischen Spielerei vorbei ist?
Praxmarer: Ja, das haben Sie absolut richtig gesagt, und es gibt auch dieses Jahr recht starke Ziele, das heißt, die Unternehmen konzentrieren sich auf die Reduzierung der Betriebskosten, auf die Verbesserung der Prozesse. Nur: Wenn Sie als Außenstehender im Moment die gesamte Berichterstattung sehen, dann ist die Berichterstattung der CEBIT im Moment stark auf den Privatnutzer konzentriert, nämlich auf die Themen wie UMTS, die Notebooks, die Multimedia-Handys, Digitalkameras, die Flachbildschirme, die ganzen Themen, die eigentlich nicht nur das Unternehmen ansprechen, sondern in erster Linie den mobilen Privatnutzer. Das Thema Mobil steht an erster Stelle, das Thema Privatnutzer an zweiter Stelle, das heißt, die technischen Innovationen kommen heutzutage recht stark über diese Schiene hinein, während die Unternehmen sich extrem stark auf die Reduzierung der Betriebskosten konzentrieren und dabei natürlich auch teilweise die Innovation selbst ein bisschen zu kurz gerät.
Spengler: Kommen wir mal auf die technischen Innovationen, die da in Hannover auf der CEBIT zu sehen sein werden und bleiben wir erst mal bei den Geschäftskunden. Was gibt es denn Interessantes, Neues? Was wäre für Sie das Wichtigste an technischen Errungenschafen auf der CEBIT für solche Geschäftskunden?
Praxmarer: Im Moment ist eine starke Fokussierung auf die Kostenreduzierung, damit automatisch wiederum auf die Frage, soll ich den IT-Betrieb selbst im Hause führen oder outsourcen? Da gibt es sehr viele neue Konzepte, Service on demand, große Ankündigungen von IBM auch mit E-Business on demand. Diese ganze Themen sind natürlich extrem wichtig, weil sie sehr viel mit Kosten, aber auch gleichzeitig mit Flexibilität und mit Servicelevel zu tun haben. Das Thema Applikationsintegration ist sehr wichtig.
Spengler: Das müssen Sie erklären. Was ist das denn, Applikationsintegration?
Praxmarer: Wir sprechen immer von Anwendungen. Es ist ja nicht nur der reine Computer, sondern es ist natürlich die Software, die natürlich auch Geschäftsprozesse abbildet, und was dort natürlich auch über das starke Wachstum der letzten Jahre entstanden ist, sind Insellösungen, das heißt, man hat zwar eine spezielle Software, vielleicht für die Betriebssteuerung, für den Servicebereich, für den Einkauf, nur diese einzelnen Lösungen sind nicht in sich verbunden und integriert und damit auch keine durchgängige Prozessunterstützung im Unternehmen. Daran wird jetzt kräftig gearbeitet, weil das natürlich einen direkten wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen bringt ohne allzu große Neuinvestitionen.
Spengler: Kommen wir am Ende unseres Gesprächs auf den Konsumenten, also den Privatnutzer sozusagen. Sie sagten gerade eben schon, dass der eigentlich die Entwicklung trägt, dass dort die meisten Innovationen zu verzeichnen sind, Handys, UMTS. UMTS bedeutet eigentlich eine neue Technik, mit der man mehr Daten schneller versenden kann. Wer braucht diese neue Technik? Wieso müssen wir mit Handys Filmchen versenden?
Praxmarer: Es gibt sicherlich sehr viele Spielereien. Erstens ist die Frage, geht es wirklich immer darum im Leben, ob wir es brauchen oder ob wir es einfach wollen, weil es uns einfach gefällt? Müssen wir ein Flachbildschirm haben, damit wir ihn an die Wand hängen können? Sind unsere Wohnungen wirklich so klein? Nein, es ist sexy, es gefällt uns, und das ist dem Privatnutzer extrem wichtig. Aber ein wichtiger Faktor, der dazu kommt, der auch mit dem Thema zu tun hat, brauchen wir es oder wollen wir es wirklich haben, ist die Mobilität, das heißt, in dem Moment, wo ich die Möglichkeit habe, Sprache und Daten sehr gut mobil zu übertragen, werde ich auch von der Arbeit her sehr flexibel. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir heutzutage eine komplette Vermischung der Privatumgebung mit der Firmenumgebung haben, das heißt, sehr viele arbeiten von Zuhause aus über das Internet. Sie arbeiten mit ihrem privaten Notebook, sie arbeiten mit ihrem Handy, sei es das private Handy oder das Firmenhandy. Diese Rollen vermischen sich komplett, und sie ermöglichen uns natürlich jetzt auch, das auch zu leben. Das heißt, es gibt den Menschen auch ein persönliches Stück an Freiheit und damit eben die Verschmelzung von Firmenanwendung und Privatnutzung, und deshalb sind diese Geräte nicht nur reine Spielerei, sondern eben auch wichtige Trends für die Zukunft, auch in die Unternehmen hinein.
Spengler: Sind diese Geräte, also wenn wir uns auf die Handy-Generation konzentrieren, ist das sozusagen die technische Innovation der diesjährigen CEBIT?
Praxmarer: Ich würde sagen, das erste Thema ist Mobilität. Da geht es einmal um die Wireless LANs, sowohl für Zuhause wie für das Unternehmen.
Spengler: Das müssen Sie nochmals erklären. Wireless LANs sind...
Praxmarer: Es geht darum, dass wir ein Netzwerk haben, was im Moment nur im Unternehmen eingesetzt wurde, was ermöglicht, Computer recht schnell zu verbinden und damit große Daten schnell zu übertragen. Das wurde bis jetzt eigentlich Zuhause nie eingesetzt, weil es zu teuer war, weil es mit Verkabelung zu tun hat, und jetzt ist es wireless, also schnurlos geworden.
Spengler: Also sozusagen per Funk verschiedene Geräte im eigenen Haus verbunden?
Praxmarer: Also ich kann Zuhause einen Internetanschluss über DSL haben, sehr hohe Geschwindigkeit, und damit können plötzlich mehrere Personen über einen solchen Zugangsgerät und alle natürlich per Funk direkt damit arbeiten. Das gibt eine gewisse Freiheit, dass man eben auch im Arbeitszimmer oder draußen auf der Terrasse arbeiten kann, dass man mehrere Geräte anschließen kann, für das Unternehmen natürlich sehr hilfreich. Diese wireless LANs, wie sie heißen, sind ein heißes Thema. Es geht natürlich direkt rein in die gesamte Thematik der UMTS beziehungsweise in der GDPS-Anwendung und natürlich auch Richtung den Organizern, die wir bis jetzt noch nicht erwähnt haben. Das ist sozusagen der Übergang vom Handy zum Organizer bis hin zum Notebook. Da gibt es sehr viele unterschiedliche Geräte, auch für unterschiedliche Anwender, manchmal technisch sehr komplex. Allerdings sind auch viele technisch einfacher gemacht, das heißt, man sieht auch, dass sich die Industrie wirklich im Moment darum kümmert, das so genannte User-Interface, also die Oberfläche, die Bedienung usw. benutzerfreundlicher zu machen. Da sieht man auch schon sehr gute Entwicklungen, und das führt natürlich dazu, dass mehr und mehr diese Geräte eingesetzt und miteinander verknüpft werden, und die Verknüpfung dieser Geräte sehen Sie sicherlich auf der CEBIT.
Spengler: Vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio
