Auftakt zur CeBIT - vor vier Tagen in Hannover. Heute war dort, auf dem weltgrößten Ausstellungs-Gelände, gerade Messe-Halbzeit. Denn sie geht noch weiter bis nächsten Mittwoch, die internationale Top-Computer-Schau. Mit ihr ist Niedersachsens Landes-Metropole alle Jahre wieder um diese Zeit globaler Mittelpunkt der IT-Branche. Das hatte sich 1986 kaum jemand vorstellen können; als sich die Veranstaltung emanzipierte, erstmals eigenständig lief und nicht mehr, wie zuvor, Teil des Klassikers Hannover Industrie-Messe war. Rückblickend darauf erklärte Bundeskanzler Gerhard Schröder dazu in seiner diesjährigen Eröffnungsrede:
" Die Kritiker der CeBIT seinerzeit glaubten nicht an einen langfristigen Erfolg der Messe. Überflüssig, hieß es - nicht notwendig, hieß es - viel zu teuer - eine Pleite ist programmiert. Ich glaube, längst hat in diesem Feld die Wirklichkeit diejenigen, die pessimistisch mit der CeBIT umgegangen sind, widerlegt."
Die High-Tech-Schau in Hannover ist mit einer vermieteten Hallenfläche von insgesamt 309.000 Quadratmetern erneut etwas kleiner als im Vorjahr. Doch die Zahl der Aussteller, fast 6.300 sind's diesmal, sie ist erstmals seit Jahren wieder gestiegen. Zur Freude des CeBIT-Veranstalters, der Deutschen Messe AG. Vorstands-Mitglied Ernst Raue:
" Wir merken schon, dass der Markt insgesamt stabiler ist und wieder anzieht."
Neue Zuversicht, nicht nur in Hannover. Anderenorts wittern die Macher von Groß-Veranstaltungen ebenfalls Morgenluft. Nach dem Jahr 2000 und vor allem durch den Absturz der "New Economy" hatten sie teils kräftige Einbußen hinnehmen müssen. Insbesondere die Einnahmen aus der Vermietung von Standflächen sanken empfindlich. Parallel dazu kamen immer weniger Besucher und Aussteller. In 2004 jedoch ließ die Talfahrt spürbar nach, der Gesamt-Umsatz stieg wieder an. Der Markt konsolidiere sich, so Harald Kötter, Sprecher des AUMA, Kürzel für: Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft. Die Branche, meint er, sei auf dem Weg der Besserung. Denn:
" Die deutschen Aussteller sind bereit, wieder mehr Geld für Messen auszugeben. Deswegen rechnen wir damit, dass sich im laufenden Jahr die Zahl der Beteiligungen aus dem Inland stabilisieren wird. In den letzten Jahren hatten wir da teilweise deutliche Rückgänge. Gleichzeitig wächst weiter die Zahl der Beteiligungen aus dem Ausland, wie schon in den letzten Jahren. Wir rechnen erneut mit etwa zwei Prozent mehr ausländischen Ausstellern. Die Haupt-Quellen sind hier Osteuropa: die Beteiligungen aus Russland und auch aus den neuen EU-Ländern wachsen recht stark, vor allem aber aus Ost-Asien, aus China und anderen Ländern. Auch die Fachbesucher-Zahlen sind relativ konstant, und insofern sind wir relativ optimistisch."
Dass das laufende Jahr insgesamt noch ein bisschen besser werden wird als das zurückliegende - das gar nicht mal so schlecht war: In 2004 kamen auf die 23 deutschen Messe-Plätze mit internationalen Veranstaltungen alles in allem 165.000 Aussteller sowie knapp 9,7 Millionen Besucher. Für 2005 wird bei den Besuchern mit einem Plus von einem Prozent gerechnet. Und bei den Aussteller-Zahlen hofft man, dass sie um 1,5 Prozent steigen werden.
Basis dieser Zuwachs-Erwartungen ist eine Umfrage, und zwar der so genannte Messetrend des AUMA, also des Ausstellungs- und Messeausschusses der Deutschen Wirtschaft. Danach will etwa ein Drittel der rund 56.000 ausstellenden Unternehmen in der Bundesrepublik in 2005 wieder mehr Geld ausgeben als bisher; wobei das durchschnittliche Budget pro interessierter Firma, der Umfrage zufolge, zuletzt bei knapp 260.000 Euro lag.
Und ein weiterer Grund für den Optimismus in der Messe-Wirtschaft: Auch die Auslands-Geschäfte gehen ganz gut, die fast alle großen Gesellschaften außerdem noch betreiben. Im Schnitt machen sie mittlerweile circa zehn Prozent ihrer Umsätze jenseits der bundesrepublikanischen Grenzen. In diesem Jahr sollen außerhalb Deutschlands mehr als 170 Veranstaltungen laufen, vorrangig in Asien, China und Russland sowie im arabischen Raum. Kräftig mit dabei ist nach Worten ihres Chefs Jochen Witt unter anderen auch die Köln-Messe GmbH:
" Wir haben insgesamt jetzt sieben Tochter-Gesellschaften im Ausland. Schwerpunkt ist hier China und Asien. Wir haben in den letzten drei Jahren 15 Messen etabliert in diesen Regionen. Wir werden in diesem Tempo weitergehen, und als nächstes Schwerpunkt-Gebiet werden wir jetzt Russland dazunehmen."
Das Hauptgeschäft aber wird nach wie vor im Inland gemacht. Nirgendwo sonst auf Erden gibt es nämlich größere Ausstellungs-Areale als in der Bundesrepublik. Zudem laufen in keinem anderen Staat so viele internationale Leit-Messen - wie aktuell eben zum Beispiel die CeBIT oder auch die Reise-Messe ITB, die Internationale Tourismusbörse, in Berlin. Etwa Zweidrittel dieser so genannten "Leuchtturm-Veranstaltungen" finden hierzulande statt. Und die größten Messe-Gesellschaften sitzen in Frankfurt, Hannover und Düsseldorf sowie in Köln, München und Berlin. Zusammen mit anderen erzielten sie im vorigen Jahr einen Umsatz von insgesamt 2,5 Milliarden Euro.
Damit waren und sind die deutschen Messe-Macher Weltmeister ihres Fachs. Doch auf diesen Lorbeeren können sie sich nicht ausruhen, die Champions. Und Sepp Heckmann, er ist einer von ihnen, hat das auch nicht vor. Der Kopf der Deutschen Messe AG aus Hannover sagt:
" Die Messe-Gesellschaften können sich nicht zurücklehnen, sondern sie sind wirklich gefordert, innovativ für die Zukunft Projekte und Themen zu entwickeln und die bestehenden Veranstaltungen inhaltlich und qualitativ weiter zu entwickeln. Also, von Ausruhen ist überhaupt keine Spur."
Grund, so Heckmann: der Wettbewerb, der sich immer mehr verschärft. Und das habe hauptsächlich drei Ursachen, erklärt Rowena Arzt vom Institut für Messewirtschaft und Distributions-Forschung der Uni Köln:
" Die drei Gründe sind zum einen erst einmal die konjunkturelle und die strukturelle Lage. Zum Zweiten ist es sicherlich die Internationalisierung, die man im Messe-Wesen hat, und zum Dritten ist der Grund, dass der Messe-Markt selber hier in Deutschland in eine Reifephase eintritt. Reifephase bedeutet, wenn wir uns den deutschen Messe-Markt ansehen, dass es hier in Deutschland fast keinen Tag ohne Messe gibt. Das sind so die drei wesentlichen Wettbewerbs-Treiber, die dafür sorgen, dass der Wettbewerb intensiver wird."
Schon heute kämpft man mit ziemlich harten Bandagen. Dazu wurde Nürnbergs Messechef Bernd Diederichs kürzlich gar mit den Worten zitiert, wir prügeln uns wie die Kessel-Flicker - was Raimund Hosch, Kollege von Diederichs bei der Messe Berlin, so nicht stehen lassen mag:
" Ich würde das Ganze etwas subtiler sehen, denn mit den Kessel-Flickern haben wir das hier nicht so. Wir versuchen einfach dort am Markt, wo sich Chancen anbieten, zu reüssieren."
Das ist zwar etwas freundlicher formuliert, ändert aber nichts am Sachverhalt. Sprich an der Tatsache, dass es auf dem Messe-Markt recht turbulent zugeht. Doch um das zu erklären, reicht allein der Hinweis auf den verschärften Wettbewerb nicht aus; zumal der keineswegs so läuft, als dass von einem wirklich freien Markt die Rede sein könnte. Grund dafür: Diverse Kommunen und Bundesländer mischen ebenfalls mit in "ihren" Messe-Gesellschaften vor Ort. Aus wirtschafts-politischen Interessenlagen heraus beeinflussen sie das Geschäft mit gewaltigen Subventionen. Wie hoch diese Millionen-Summen insgesamt sind, ist unklar. Aber, so Rowena Arzt vom Institut für Messewirtschaft der Uni Köln:
" Was man feststellen kann ist, dass öffentliche Gelder zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu unterschiedlichen Messe-Gesellschaften fließen. Das lässt sich so über die Jahre festhalten. Inwieweit da jetzt Mittel Wettbewerbs verzerrend eingesetzt werden, ist im Moment ein sehr heiß diskutiertes Thema."
Ein nicht ganz so heißes, doch ebenfalls kontroverses Thema: das gegenseitige Abjagen von Veranstaltungen. So geschehen zwischen Köln und Berlin mit der Musikmesse Popkomm. Dass solche "Events", wie es auf gut neudeutsch heißt, gleich komplett den Standort wechseln, kommt allerdings eher selten vor. Schon öfter passiert es dagegen, dass bestehende Messen Opfer von Zersplitterung werden. Heißt: Interessierte Veranstalter brechen sich einzelne Teile heraus, um sie dann woanders und mit frischem Namen als neue Schau zu etablieren. Beispiel dafür: die IFMA, die Internationale Fahrrad- und Motorrad-Ausstellung in Köln. Die Messe in München hatte sich zeitweilig den Bereich Motorräder zu eigen gemacht, und zwar unter dem Titel "Intermod". Eine Variante der Zersplitterung. Die zweite verfährt schlicht nach dem Motto: Abgucken und kopieren. Erst wird geschaut, was bei anderen thematisch oder inhaltlich gut läuft, anschließend wird eine ähnliche Darbietung aufgezogen. Zu all diesem meint Sepp Heckmann von der Deutschen Messe AG:
" Unser Thema ist die Internationalität des Messeplatzes Deutschland. Und diese Internationalität müssen wir steigern. Das ist vor allen Dingen eine Aufgaben-Stellung, die die Messe-Gesellschaften selbst in der Hand haben. Sie müssen kreativ, innovativ eben diesen Mehrwert schaffen, damit wir auch in Zukunft mit unseren Messen weltweite Führungspositionen haben. Die Zersplitterung, die nationale Zersplitterung, ist der falsche Weg."
Zumal die Konkurrenz aufrüstet, das Angebot steigt - vor allem aus an- deren europäischen Ländern. Die hiesigen Veranstalter werden dabei zwar in punkto Service und Internationalität nicht so schnell einzuholen sein; in der Menge großer Standflächen aber schon. Derzeit machen da insbesondere Italien und Spanien Druck. Madrid beispielsweise baute seine Messe kräftig aus, und Barcelona ist ebenfalls dabei, deutlich aufzustocken. Das nord-italienische Mailand errichtet gegenwärtig gar ein völlig neues Gelände; im Vergleich zum alten mit 120.000 Quadratmetern mehr Ausstellungsfläche. Und auch Rom, im internationalen Messegeschäft bislang kein Schwergewicht, auch Rom legt mächtig zu.
Bloß: Die meiste Zeit - das ist bereits absehbar- werden die Hallen und Freiflächen wohl leer stehen. Der Markt ist ausgereizt. Selbst im Land der Messe-Weltmeister, eben in der Bundesrepublik, hat man Auslastungs-Probleme, anders formuliert: Über-Kapazitäten. Die aber zu reduzieren birgt das Risiko, lukrative Groß-Veranstaltungen dann vielleicht nicht mehr am jeweiligen Standort halten zu können. Rückbau daher Fehlanzeige. Obwohl es bereits so viel Ausstellungsflächen gibt, dass darauf ein paar Kleinstädte errichtet werden könnten: insgesamt circa 2,7 Millionen Quadratmeter. Und es sollen sogar noch etwas mehr werden, wie Harald Kötter erklärt vom Ausstellungs- und Messeausschuss der Deutschen Wirtschaft, kurz AUMA:
" Wir werden für den Zeitraum bis 2008 noch einen jährlichen Anstieg haben von einem Prozent, der aus in der Vergangenheit beschlossenen Bau-Maßnahmen resultiert. Aber die Messeplätze haben offensichtlich erkannt, dass ihre Kapazitäten reichen und auch manche erstmal perspektivisch angedachten Bau-Maßnahmen gestoppt teilweise."
Aber eben nicht ganz, was eigentlich paradox ist. Denn allein für sich genommen - nur mit den Mieten, ohne Zusatzgeschäfte- sind Messe-Gelände Verlustbringer. Daher sind für die Gesellschaften Einnahmen zum Beispiel aus CD-Rom-, sowie Katalog- oder Eintrittskarten-Verkäufen unverzichtbar; ebenso auch Erlöse aus Standbau-Leistungen oder Extra-Servicediensten gegenüber Ausstellern und Besuchern. Reicht das nicht, was aus diesen und noch anderen Zusatz-Quellen kommt, sind die Messe-Eigentümer gefordert; meist die jeweiligen Städte bzw. Länder. Von den großen deutschen Schau-Veranstaltern ist nämlich nicht einer in freier Unternehmerhand.
Über Privatisierung wurde und wird jedoch immer wieder mal diskutiert. Konkret ging es dabei zuletzt um die Messe in Berlin - die Pläne waren vor allem der katastrophalen Haushaltslage der Hauptstadt geschuldet. Infolge einer Studie mit dem Resultat schlechter Investoren-Aussichten legte man die entsprechenden Pläne letztlich aber ad acta. Doch im vorigen Jahr kam das Thema wieder hoch: als Hessens Minister-Präsident Roland Koch eine scharfe Sparpolitik ankündigte, wobei er den Verkauf von Landes-Anteilen an Messe-Gesellschaften nicht ausschloss.
Und die Debatte geht weiter; wofür unter anderen Michael von Zitzewitz gesorgt hat, Chef beim Branchen-Primus, dem umsatzstärksten Unternehmen seiner Art, der Frankfurt-Messe. 60 Prozent der Anteile hält dort die Stadt, die anderen 40 hat das Land Hessen - noch jedenfalls. Denn von Zitzewitz hat schon mal ein bisschen vorgearbeitet. In einem ersten Schritt teilte er die Messe auf, und zwar in eine Gebäude- und in eine Betreiber-Gesellschaft. Das wurde in seinem Gewerbe aufmerksam zur Kenntnis genommen. Ebenso auch die Aussage, mit der sich der Ex- Banker zu Jahresbeginn im Fachblatt CAPITAL zitieren ließ: Privatisierungen der deutschen Messe-Gesellschaften wären ein logischer Weg in die Zukunft. Demgegenüber meint der AUMA-Sprecher Harald Kötter, die Wahrscheinlichkeit:
" Ist aus heutiger Sicht relativ gering, dass es in den nächsten ein, zwei Jahren wirklich zu solchen Fällen kommt. In den Städten, und die Messen sind ja in der Regel im Eigentum der Städte und des jeweiligen Bundeslandes, gibt es eigentlich keine eindeutigen Tendenzen in Richtung Privatisierung."
Dass zwar viel geredet wird über Privatisierung, de facto aber nichts passiert, bisher jedenfalls, das hängt in erster Linie zusammen mit den Immobilien der Messe-Gesellschaften. Die riesigen Flächen und gewaltigen Hallen sind für den Kapitalmarkt uninteressant. Nur warum? Der Kölner Messechef Jochen Witt:
" Dazu gibt's eine ganz einfache Antwort: Ich kenne kein Messe-Gelände, das allein durch den Hallen-Betrieb Geld verdient."
Erst diverse Zusatz-Angebote bringen es, wie Messebegleitende Fachkongresse, um nur ein Beispiel zu nennen. Das wissen meist auch all jene, die die Entstaatlichung fordern - und befürworten daher in aller Regel bloß, den Veranstaltungsteil der Gesellschaften an Investoren zu verkaufen. Die Immobilien dagegen nicht. Das aber liefe wohl, salopp formuliert, auf Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste hinaus.
Mithin keine echte Lösung. Hinzu kommt, dass Messen bei Landes- vor allem aber Kommunal-Politikern als eines der wirksamsten Instrumente zur regionalen Wirtschafts-Förderung gelten. Weil sie im Umfeld ihrer jeweiligen Standorte gute Treiber sind für weitere Umsätze. Und die sind oft deutlich höher als jene Gelder, die auf und von den Veranstaltungen selbst generiert werden. Gemeint ist all das, was Aussteller und Besucher extra ausgeben - beispielsweise für Essen, Trinken und Übernachtungen, also in Hotels, Pensionen und Restaurants. Für Taxi-Fahrten, Einkaufs-Bummel und Freizeit-Vergnügungen. Oder auch für Standbauten, Bewachung und noch so manches andere mehr.
Der volkswirtschaftliche Effekt dieser Zusatz-Umsätze ist gewaltig. Bundesweit betrachtet werden dadurch in den großen Messe-Städten und Regionen zehntausende Jobs gesichert. Überdies gibt es in den betreffenden Gegenden enorme Kaufkraft-Zuflüsse. Pro Jahr und je nach dem, wie sie berechnet werden, belaufen die sich auf dreistellige Millionensummen, bisweilen gar Milliarden-Beträge. Im Fachjargon spricht man in diesem Kontext von der "Umweg-Rentabilität" der Messen. Dazu noch einmal Rowena Arzt vom Institut für Messewirtschaft und Distributions-Forschung der Uni Köln:
" Die Umweg-Rentabilität ist nach wie vor ein wichtiger Faktor, auch wenn man das mit anderen Institutionen vergleicht, welche regional-ökonomischen Effekte die haben, beispielsweise Flughäfen etc."
Kurzum: Einstweilen läuft in der deutschen Messewirtschaft alles weiter wie bisher - inklusive Unterstützungsgelder durch die öffentliche Hand. Und auch der Streit darüber dauert an. So schimpft zum Beispiel Sepp Heckmann, Chef der Deutschen Messe AG in Hannover:
" Es gibt viele Messeplätze, wo die öffentliche Hand enorme Investitionen, Subventionen beisteuert, das ist nicht gut. Es sind dramatische Wettbewerbs-Verzerrungen, und wir haben Messegelände und -flächen überaus genug in Deutschland. Bei einem richtigen, normalen Wettbewerb würde die eine oder andere Gesellschaft in Kürze Pleite sein."
Ähnlich die Worte von Jochen Witt, Frontmann der Köln-Messe GmbH. Auch er zeigt sich verärgert, spricht gleichfalls von Wettbewerbs-Verzerrungen, und sagt überdies:
" Wenn einzelne Standorte heute sogar damit werben, dass sie vom Anteils-Eigner 20, 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt bekommen, um - so wörtlich- Messen von anderen Standorten abzuwerben, dann muss man hinterfragen, ob das eigentlich noch eine gesunde Situation ist."
Jochen Witt hält es wie fast alle anderen Messe-Manager: Kaum einer kritisiert offen seine Kollegen. Inoffiziell jedoch ist schnell 'rauszukriegen, gegen welche Gesellschaften sich derzeit der Unmut hauptsächlich richtet: Und zwar gegen jene in Stuttgart, Berlin und München. Der Messe-Chef in Bayerns Landeshauptstadt, Manfred Wutzlhofer, reagierte darauf mit Empörung. In einem Wirtschafts-Fachblatt meinte er kürzlich, das Gedächtnis mancher Kollegen reiche offenbar nur ein paar Jahre zurück. Öffentliche Gelder seien früher oder später doch an allen Standorten geflossen.
So wie gegenwärtig eben unter anderem auch in der deutschen Hauptstadt. Dort greift der Senat der Messe Berlin GmbH finanziell massiv unter die Arme. Dennoch wehrt sich Geschäftsführer Raimund Hosch gegen den Vorwurf, dadurch würde der Wettbewerb verzerrt. Er argumentiert mit polit-historisch bedingten Sonderlasten auf seinem Gelände und führt dazu aus:
"Wir würden ganz gerne das ICC irgendeiner anderen Messe-Gesellschaft schenken, oder den Funkturm oder die Deutschlandhalle. Ich möchte Ihnen das gerade mal an diesem konkreten Beispiel des ICC, eines Congress-Centrums, darstellen. Was man in Zeiten des 'Kalten Krieges' hier in West-Berlin errichtet hat. Ein exorbitantes Bauwerk, gegen den Osten damals gerichtet, was aber von seiner Vermarktung her niemals in ein auch nur annähernd ausgeglichenes Verhältnis kommen könnte. Das Congress-Centrum erwirtschaftet jährlich 15,5 Millionen Euro Verluste. Es gibt auch keine andere Messe-Gesellschaft, die aus der Erinnerung an alte Zeiten eine Deutschlandhalle finanziert, wo lediglich einige Amateure etwas Eissport betreiben, wo sie noch einmal etwas zuzahlen müssen. Dann haben wir im Nordbereich noch eine ganze Reihe von Denkmalschutz-Auflagen, die natürlich auch noch mal zusätzliche Kosten verursachen. Also, das, was teilweise als Subventions-Gerede im Raum steht, ist völliger Nonsens."
Ob das auch die EU-Kommission so sieht, allerdings nicht nur in punkto Berlin, das ist die spannende Frage. Noch befassen sich die Brüsseler Wettbewerbshüter zwar nicht mit den Subventionen in der Messe-Wirtschaft; aber die Rufe danach, dass sie's mal tun sollten, die gibt es bereits.
" Die Kritiker der CeBIT seinerzeit glaubten nicht an einen langfristigen Erfolg der Messe. Überflüssig, hieß es - nicht notwendig, hieß es - viel zu teuer - eine Pleite ist programmiert. Ich glaube, längst hat in diesem Feld die Wirklichkeit diejenigen, die pessimistisch mit der CeBIT umgegangen sind, widerlegt."
Die High-Tech-Schau in Hannover ist mit einer vermieteten Hallenfläche von insgesamt 309.000 Quadratmetern erneut etwas kleiner als im Vorjahr. Doch die Zahl der Aussteller, fast 6.300 sind's diesmal, sie ist erstmals seit Jahren wieder gestiegen. Zur Freude des CeBIT-Veranstalters, der Deutschen Messe AG. Vorstands-Mitglied Ernst Raue:
" Wir merken schon, dass der Markt insgesamt stabiler ist und wieder anzieht."
Neue Zuversicht, nicht nur in Hannover. Anderenorts wittern die Macher von Groß-Veranstaltungen ebenfalls Morgenluft. Nach dem Jahr 2000 und vor allem durch den Absturz der "New Economy" hatten sie teils kräftige Einbußen hinnehmen müssen. Insbesondere die Einnahmen aus der Vermietung von Standflächen sanken empfindlich. Parallel dazu kamen immer weniger Besucher und Aussteller. In 2004 jedoch ließ die Talfahrt spürbar nach, der Gesamt-Umsatz stieg wieder an. Der Markt konsolidiere sich, so Harald Kötter, Sprecher des AUMA, Kürzel für: Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft. Die Branche, meint er, sei auf dem Weg der Besserung. Denn:
" Die deutschen Aussteller sind bereit, wieder mehr Geld für Messen auszugeben. Deswegen rechnen wir damit, dass sich im laufenden Jahr die Zahl der Beteiligungen aus dem Inland stabilisieren wird. In den letzten Jahren hatten wir da teilweise deutliche Rückgänge. Gleichzeitig wächst weiter die Zahl der Beteiligungen aus dem Ausland, wie schon in den letzten Jahren. Wir rechnen erneut mit etwa zwei Prozent mehr ausländischen Ausstellern. Die Haupt-Quellen sind hier Osteuropa: die Beteiligungen aus Russland und auch aus den neuen EU-Ländern wachsen recht stark, vor allem aber aus Ost-Asien, aus China und anderen Ländern. Auch die Fachbesucher-Zahlen sind relativ konstant, und insofern sind wir relativ optimistisch."
Dass das laufende Jahr insgesamt noch ein bisschen besser werden wird als das zurückliegende - das gar nicht mal so schlecht war: In 2004 kamen auf die 23 deutschen Messe-Plätze mit internationalen Veranstaltungen alles in allem 165.000 Aussteller sowie knapp 9,7 Millionen Besucher. Für 2005 wird bei den Besuchern mit einem Plus von einem Prozent gerechnet. Und bei den Aussteller-Zahlen hofft man, dass sie um 1,5 Prozent steigen werden.
Basis dieser Zuwachs-Erwartungen ist eine Umfrage, und zwar der so genannte Messetrend des AUMA, also des Ausstellungs- und Messeausschusses der Deutschen Wirtschaft. Danach will etwa ein Drittel der rund 56.000 ausstellenden Unternehmen in der Bundesrepublik in 2005 wieder mehr Geld ausgeben als bisher; wobei das durchschnittliche Budget pro interessierter Firma, der Umfrage zufolge, zuletzt bei knapp 260.000 Euro lag.
Und ein weiterer Grund für den Optimismus in der Messe-Wirtschaft: Auch die Auslands-Geschäfte gehen ganz gut, die fast alle großen Gesellschaften außerdem noch betreiben. Im Schnitt machen sie mittlerweile circa zehn Prozent ihrer Umsätze jenseits der bundesrepublikanischen Grenzen. In diesem Jahr sollen außerhalb Deutschlands mehr als 170 Veranstaltungen laufen, vorrangig in Asien, China und Russland sowie im arabischen Raum. Kräftig mit dabei ist nach Worten ihres Chefs Jochen Witt unter anderen auch die Köln-Messe GmbH:
" Wir haben insgesamt jetzt sieben Tochter-Gesellschaften im Ausland. Schwerpunkt ist hier China und Asien. Wir haben in den letzten drei Jahren 15 Messen etabliert in diesen Regionen. Wir werden in diesem Tempo weitergehen, und als nächstes Schwerpunkt-Gebiet werden wir jetzt Russland dazunehmen."
Das Hauptgeschäft aber wird nach wie vor im Inland gemacht. Nirgendwo sonst auf Erden gibt es nämlich größere Ausstellungs-Areale als in der Bundesrepublik. Zudem laufen in keinem anderen Staat so viele internationale Leit-Messen - wie aktuell eben zum Beispiel die CeBIT oder auch die Reise-Messe ITB, die Internationale Tourismusbörse, in Berlin. Etwa Zweidrittel dieser so genannten "Leuchtturm-Veranstaltungen" finden hierzulande statt. Und die größten Messe-Gesellschaften sitzen in Frankfurt, Hannover und Düsseldorf sowie in Köln, München und Berlin. Zusammen mit anderen erzielten sie im vorigen Jahr einen Umsatz von insgesamt 2,5 Milliarden Euro.
Damit waren und sind die deutschen Messe-Macher Weltmeister ihres Fachs. Doch auf diesen Lorbeeren können sie sich nicht ausruhen, die Champions. Und Sepp Heckmann, er ist einer von ihnen, hat das auch nicht vor. Der Kopf der Deutschen Messe AG aus Hannover sagt:
" Die Messe-Gesellschaften können sich nicht zurücklehnen, sondern sie sind wirklich gefordert, innovativ für die Zukunft Projekte und Themen zu entwickeln und die bestehenden Veranstaltungen inhaltlich und qualitativ weiter zu entwickeln. Also, von Ausruhen ist überhaupt keine Spur."
Grund, so Heckmann: der Wettbewerb, der sich immer mehr verschärft. Und das habe hauptsächlich drei Ursachen, erklärt Rowena Arzt vom Institut für Messewirtschaft und Distributions-Forschung der Uni Köln:
" Die drei Gründe sind zum einen erst einmal die konjunkturelle und die strukturelle Lage. Zum Zweiten ist es sicherlich die Internationalisierung, die man im Messe-Wesen hat, und zum Dritten ist der Grund, dass der Messe-Markt selber hier in Deutschland in eine Reifephase eintritt. Reifephase bedeutet, wenn wir uns den deutschen Messe-Markt ansehen, dass es hier in Deutschland fast keinen Tag ohne Messe gibt. Das sind so die drei wesentlichen Wettbewerbs-Treiber, die dafür sorgen, dass der Wettbewerb intensiver wird."
Schon heute kämpft man mit ziemlich harten Bandagen. Dazu wurde Nürnbergs Messechef Bernd Diederichs kürzlich gar mit den Worten zitiert, wir prügeln uns wie die Kessel-Flicker - was Raimund Hosch, Kollege von Diederichs bei der Messe Berlin, so nicht stehen lassen mag:
" Ich würde das Ganze etwas subtiler sehen, denn mit den Kessel-Flickern haben wir das hier nicht so. Wir versuchen einfach dort am Markt, wo sich Chancen anbieten, zu reüssieren."
Das ist zwar etwas freundlicher formuliert, ändert aber nichts am Sachverhalt. Sprich an der Tatsache, dass es auf dem Messe-Markt recht turbulent zugeht. Doch um das zu erklären, reicht allein der Hinweis auf den verschärften Wettbewerb nicht aus; zumal der keineswegs so läuft, als dass von einem wirklich freien Markt die Rede sein könnte. Grund dafür: Diverse Kommunen und Bundesländer mischen ebenfalls mit in "ihren" Messe-Gesellschaften vor Ort. Aus wirtschafts-politischen Interessenlagen heraus beeinflussen sie das Geschäft mit gewaltigen Subventionen. Wie hoch diese Millionen-Summen insgesamt sind, ist unklar. Aber, so Rowena Arzt vom Institut für Messewirtschaft der Uni Köln:
" Was man feststellen kann ist, dass öffentliche Gelder zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu unterschiedlichen Messe-Gesellschaften fließen. Das lässt sich so über die Jahre festhalten. Inwieweit da jetzt Mittel Wettbewerbs verzerrend eingesetzt werden, ist im Moment ein sehr heiß diskutiertes Thema."
Ein nicht ganz so heißes, doch ebenfalls kontroverses Thema: das gegenseitige Abjagen von Veranstaltungen. So geschehen zwischen Köln und Berlin mit der Musikmesse Popkomm. Dass solche "Events", wie es auf gut neudeutsch heißt, gleich komplett den Standort wechseln, kommt allerdings eher selten vor. Schon öfter passiert es dagegen, dass bestehende Messen Opfer von Zersplitterung werden. Heißt: Interessierte Veranstalter brechen sich einzelne Teile heraus, um sie dann woanders und mit frischem Namen als neue Schau zu etablieren. Beispiel dafür: die IFMA, die Internationale Fahrrad- und Motorrad-Ausstellung in Köln. Die Messe in München hatte sich zeitweilig den Bereich Motorräder zu eigen gemacht, und zwar unter dem Titel "Intermod". Eine Variante der Zersplitterung. Die zweite verfährt schlicht nach dem Motto: Abgucken und kopieren. Erst wird geschaut, was bei anderen thematisch oder inhaltlich gut läuft, anschließend wird eine ähnliche Darbietung aufgezogen. Zu all diesem meint Sepp Heckmann von der Deutschen Messe AG:
" Unser Thema ist die Internationalität des Messeplatzes Deutschland. Und diese Internationalität müssen wir steigern. Das ist vor allen Dingen eine Aufgaben-Stellung, die die Messe-Gesellschaften selbst in der Hand haben. Sie müssen kreativ, innovativ eben diesen Mehrwert schaffen, damit wir auch in Zukunft mit unseren Messen weltweite Führungspositionen haben. Die Zersplitterung, die nationale Zersplitterung, ist der falsche Weg."
Zumal die Konkurrenz aufrüstet, das Angebot steigt - vor allem aus an- deren europäischen Ländern. Die hiesigen Veranstalter werden dabei zwar in punkto Service und Internationalität nicht so schnell einzuholen sein; in der Menge großer Standflächen aber schon. Derzeit machen da insbesondere Italien und Spanien Druck. Madrid beispielsweise baute seine Messe kräftig aus, und Barcelona ist ebenfalls dabei, deutlich aufzustocken. Das nord-italienische Mailand errichtet gegenwärtig gar ein völlig neues Gelände; im Vergleich zum alten mit 120.000 Quadratmetern mehr Ausstellungsfläche. Und auch Rom, im internationalen Messegeschäft bislang kein Schwergewicht, auch Rom legt mächtig zu.
Bloß: Die meiste Zeit - das ist bereits absehbar- werden die Hallen und Freiflächen wohl leer stehen. Der Markt ist ausgereizt. Selbst im Land der Messe-Weltmeister, eben in der Bundesrepublik, hat man Auslastungs-Probleme, anders formuliert: Über-Kapazitäten. Die aber zu reduzieren birgt das Risiko, lukrative Groß-Veranstaltungen dann vielleicht nicht mehr am jeweiligen Standort halten zu können. Rückbau daher Fehlanzeige. Obwohl es bereits so viel Ausstellungsflächen gibt, dass darauf ein paar Kleinstädte errichtet werden könnten: insgesamt circa 2,7 Millionen Quadratmeter. Und es sollen sogar noch etwas mehr werden, wie Harald Kötter erklärt vom Ausstellungs- und Messeausschuss der Deutschen Wirtschaft, kurz AUMA:
" Wir werden für den Zeitraum bis 2008 noch einen jährlichen Anstieg haben von einem Prozent, der aus in der Vergangenheit beschlossenen Bau-Maßnahmen resultiert. Aber die Messeplätze haben offensichtlich erkannt, dass ihre Kapazitäten reichen und auch manche erstmal perspektivisch angedachten Bau-Maßnahmen gestoppt teilweise."
Aber eben nicht ganz, was eigentlich paradox ist. Denn allein für sich genommen - nur mit den Mieten, ohne Zusatzgeschäfte- sind Messe-Gelände Verlustbringer. Daher sind für die Gesellschaften Einnahmen zum Beispiel aus CD-Rom-, sowie Katalog- oder Eintrittskarten-Verkäufen unverzichtbar; ebenso auch Erlöse aus Standbau-Leistungen oder Extra-Servicediensten gegenüber Ausstellern und Besuchern. Reicht das nicht, was aus diesen und noch anderen Zusatz-Quellen kommt, sind die Messe-Eigentümer gefordert; meist die jeweiligen Städte bzw. Länder. Von den großen deutschen Schau-Veranstaltern ist nämlich nicht einer in freier Unternehmerhand.
Über Privatisierung wurde und wird jedoch immer wieder mal diskutiert. Konkret ging es dabei zuletzt um die Messe in Berlin - die Pläne waren vor allem der katastrophalen Haushaltslage der Hauptstadt geschuldet. Infolge einer Studie mit dem Resultat schlechter Investoren-Aussichten legte man die entsprechenden Pläne letztlich aber ad acta. Doch im vorigen Jahr kam das Thema wieder hoch: als Hessens Minister-Präsident Roland Koch eine scharfe Sparpolitik ankündigte, wobei er den Verkauf von Landes-Anteilen an Messe-Gesellschaften nicht ausschloss.
Und die Debatte geht weiter; wofür unter anderen Michael von Zitzewitz gesorgt hat, Chef beim Branchen-Primus, dem umsatzstärksten Unternehmen seiner Art, der Frankfurt-Messe. 60 Prozent der Anteile hält dort die Stadt, die anderen 40 hat das Land Hessen - noch jedenfalls. Denn von Zitzewitz hat schon mal ein bisschen vorgearbeitet. In einem ersten Schritt teilte er die Messe auf, und zwar in eine Gebäude- und in eine Betreiber-Gesellschaft. Das wurde in seinem Gewerbe aufmerksam zur Kenntnis genommen. Ebenso auch die Aussage, mit der sich der Ex- Banker zu Jahresbeginn im Fachblatt CAPITAL zitieren ließ: Privatisierungen der deutschen Messe-Gesellschaften wären ein logischer Weg in die Zukunft. Demgegenüber meint der AUMA-Sprecher Harald Kötter, die Wahrscheinlichkeit:
" Ist aus heutiger Sicht relativ gering, dass es in den nächsten ein, zwei Jahren wirklich zu solchen Fällen kommt. In den Städten, und die Messen sind ja in der Regel im Eigentum der Städte und des jeweiligen Bundeslandes, gibt es eigentlich keine eindeutigen Tendenzen in Richtung Privatisierung."
Dass zwar viel geredet wird über Privatisierung, de facto aber nichts passiert, bisher jedenfalls, das hängt in erster Linie zusammen mit den Immobilien der Messe-Gesellschaften. Die riesigen Flächen und gewaltigen Hallen sind für den Kapitalmarkt uninteressant. Nur warum? Der Kölner Messechef Jochen Witt:
" Dazu gibt's eine ganz einfache Antwort: Ich kenne kein Messe-Gelände, das allein durch den Hallen-Betrieb Geld verdient."
Erst diverse Zusatz-Angebote bringen es, wie Messebegleitende Fachkongresse, um nur ein Beispiel zu nennen. Das wissen meist auch all jene, die die Entstaatlichung fordern - und befürworten daher in aller Regel bloß, den Veranstaltungsteil der Gesellschaften an Investoren zu verkaufen. Die Immobilien dagegen nicht. Das aber liefe wohl, salopp formuliert, auf Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste hinaus.
Mithin keine echte Lösung. Hinzu kommt, dass Messen bei Landes- vor allem aber Kommunal-Politikern als eines der wirksamsten Instrumente zur regionalen Wirtschafts-Förderung gelten. Weil sie im Umfeld ihrer jeweiligen Standorte gute Treiber sind für weitere Umsätze. Und die sind oft deutlich höher als jene Gelder, die auf und von den Veranstaltungen selbst generiert werden. Gemeint ist all das, was Aussteller und Besucher extra ausgeben - beispielsweise für Essen, Trinken und Übernachtungen, also in Hotels, Pensionen und Restaurants. Für Taxi-Fahrten, Einkaufs-Bummel und Freizeit-Vergnügungen. Oder auch für Standbauten, Bewachung und noch so manches andere mehr.
Der volkswirtschaftliche Effekt dieser Zusatz-Umsätze ist gewaltig. Bundesweit betrachtet werden dadurch in den großen Messe-Städten und Regionen zehntausende Jobs gesichert. Überdies gibt es in den betreffenden Gegenden enorme Kaufkraft-Zuflüsse. Pro Jahr und je nach dem, wie sie berechnet werden, belaufen die sich auf dreistellige Millionensummen, bisweilen gar Milliarden-Beträge. Im Fachjargon spricht man in diesem Kontext von der "Umweg-Rentabilität" der Messen. Dazu noch einmal Rowena Arzt vom Institut für Messewirtschaft und Distributions-Forschung der Uni Köln:
" Die Umweg-Rentabilität ist nach wie vor ein wichtiger Faktor, auch wenn man das mit anderen Institutionen vergleicht, welche regional-ökonomischen Effekte die haben, beispielsweise Flughäfen etc."
Kurzum: Einstweilen läuft in der deutschen Messewirtschaft alles weiter wie bisher - inklusive Unterstützungsgelder durch die öffentliche Hand. Und auch der Streit darüber dauert an. So schimpft zum Beispiel Sepp Heckmann, Chef der Deutschen Messe AG in Hannover:
" Es gibt viele Messeplätze, wo die öffentliche Hand enorme Investitionen, Subventionen beisteuert, das ist nicht gut. Es sind dramatische Wettbewerbs-Verzerrungen, und wir haben Messegelände und -flächen überaus genug in Deutschland. Bei einem richtigen, normalen Wettbewerb würde die eine oder andere Gesellschaft in Kürze Pleite sein."
Ähnlich die Worte von Jochen Witt, Frontmann der Köln-Messe GmbH. Auch er zeigt sich verärgert, spricht gleichfalls von Wettbewerbs-Verzerrungen, und sagt überdies:
" Wenn einzelne Standorte heute sogar damit werben, dass sie vom Anteils-Eigner 20, 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt bekommen, um - so wörtlich- Messen von anderen Standorten abzuwerben, dann muss man hinterfragen, ob das eigentlich noch eine gesunde Situation ist."
Jochen Witt hält es wie fast alle anderen Messe-Manager: Kaum einer kritisiert offen seine Kollegen. Inoffiziell jedoch ist schnell 'rauszukriegen, gegen welche Gesellschaften sich derzeit der Unmut hauptsächlich richtet: Und zwar gegen jene in Stuttgart, Berlin und München. Der Messe-Chef in Bayerns Landeshauptstadt, Manfred Wutzlhofer, reagierte darauf mit Empörung. In einem Wirtschafts-Fachblatt meinte er kürzlich, das Gedächtnis mancher Kollegen reiche offenbar nur ein paar Jahre zurück. Öffentliche Gelder seien früher oder später doch an allen Standorten geflossen.
So wie gegenwärtig eben unter anderem auch in der deutschen Hauptstadt. Dort greift der Senat der Messe Berlin GmbH finanziell massiv unter die Arme. Dennoch wehrt sich Geschäftsführer Raimund Hosch gegen den Vorwurf, dadurch würde der Wettbewerb verzerrt. Er argumentiert mit polit-historisch bedingten Sonderlasten auf seinem Gelände und führt dazu aus:
"Wir würden ganz gerne das ICC irgendeiner anderen Messe-Gesellschaft schenken, oder den Funkturm oder die Deutschlandhalle. Ich möchte Ihnen das gerade mal an diesem konkreten Beispiel des ICC, eines Congress-Centrums, darstellen. Was man in Zeiten des 'Kalten Krieges' hier in West-Berlin errichtet hat. Ein exorbitantes Bauwerk, gegen den Osten damals gerichtet, was aber von seiner Vermarktung her niemals in ein auch nur annähernd ausgeglichenes Verhältnis kommen könnte. Das Congress-Centrum erwirtschaftet jährlich 15,5 Millionen Euro Verluste. Es gibt auch keine andere Messe-Gesellschaft, die aus der Erinnerung an alte Zeiten eine Deutschlandhalle finanziert, wo lediglich einige Amateure etwas Eissport betreiben, wo sie noch einmal etwas zuzahlen müssen. Dann haben wir im Nordbereich noch eine ganze Reihe von Denkmalschutz-Auflagen, die natürlich auch noch mal zusätzliche Kosten verursachen. Also, das, was teilweise als Subventions-Gerede im Raum steht, ist völliger Nonsens."
Ob das auch die EU-Kommission so sieht, allerdings nicht nur in punkto Berlin, das ist die spannende Frage. Noch befassen sich die Brüsseler Wettbewerbshüter zwar nicht mit den Subventionen in der Messe-Wirtschaft; aber die Rufe danach, dass sie's mal tun sollten, die gibt es bereits.