Sabine Adler: Sehr geehrter Herr Botschafter, am kommenden Sonntag, also heute in einer Woche, wird in Russland gewählt. Da wird der neue Präsident gewählt. Würden Sie sagen, dass dieser Vorgang tatsächlich den Namen "Wahl" verdient?
Vladimir Kotenev: Das wird eine ganz normale Wahl werden, und das haben wir schon auch in der Russischen Föderation gehabt mit verschiedenen Kandidaten. Jetzt haben wir vier Kandidaten, und ich würde Ihnen auch gerne erklären, wie das in Deutschland passieren wird. Wir haben außer der Botschaft fünf Generalkonsulate - in Bonn, Frankfurt am Main, Hamburg, Leipzig und München. Überall dort werden Wahllokale eingerichtet, die Abstimmung erfolgt am 2. März. Eine Briefwahl oder Stimmabgabe per Internet ist nicht möglich. Dafür kann ein russischer Staatsbürger, der sich zum Zeitpunkt der Wahl auf einer Auslandsreise befinden wird, zuvor einen Abmeldeschein bei der Wahlkommission an seinem Wohnort holen. Und mit diesem Schein kann er hier abstimmen.
Adler: Herr Botschafter, das, was ich jetzt mit der Frage gemeint habe, war nicht so sehr der technische Vorgang der Wahl, sondern ist tatsächlich, wenn Präsident Putin, was er ja getan hat, seinen Nachfolger benennt, nämlich Dmitri Medwedew, ist dann tatsächlich eine Wahl im Sinne von Chancengleichheit für andere Kandidaten gegeben?
Kotenev: Noch einmal: Die Chancengleichheit ist da. Da ist ein Wahllokal, und jeder Wähler ist frei zu kommen und zu wählen - ähnlich wie in Deutschland.
Adler: Ist es richtig, dass die Mehrheit Ihrer Landsleute, also die Mehrheit der russischen Bürger, nicht so richtig versteht, warum Präsident Putin jetzt das Amt verlässt, wo er doch seine Sache so hervorragend gemacht hat?
Kotenev: Ja, das stimmt ja, und viele hätten ihm gerne empfohlen oder geraten, zu bleiben oder die Verfassung zu ändern. Aber das hat er nicht getan, und er hat nie behauptet, dass er das tun wird.
Adler: Genau, also er hat zu seinem Versprechen gestanden.
Kotenev: Ja. Ja.
Adler: Mit Präsident Putin ist die Kritik des Westens an Russland ausgerechnet sehr viel lauter geworden als zum Beispiel in den Zeiten von Michail Gorbatschow und seinem Vorgänger beziehungsweise dem unmittelbaren Vorgänger Boris Jelzin. Wie können Sie sich das erklären, dass ausgerechnet der Deutschlandfreund Wladimir Putin in Deutschland und im Westen so kritisiert wird?
Kotenev: Da müssen Sie wahrscheinlich auch unterscheiden - zwischen dem Westen und Deutschland. Das sind zwei Fragen, getrennte Fragen. Aber ich glaube, es geht darum, dass Michail Gorbatschow in einer anderen Epoche gelebt und gewirkt hatte. Und da war natürlich diese Euphorie, die bis jetzt andauert in Deutschland, diese Gorbi-Manie, weil er maßgeblich zur deutschen Einheit beigetragen hatte, was einige Politiker wiederum in Deutschland vergessen, dass Gorbatschow ein Russe war und nicht ein Amerikaner oder ein Brite.
Adler: Wie meinen Sie das?
Kotenev: Ich meine, wenn ich höre, dass nur die Westalliierten die deutsche Einheit, oder lese, die deutsche Einheit herbeigeführt haben, dann wundere ich mich auch ...
Adler: ... wobei das jetzt eigentlich im Widerspruch zu dem steht, dass es eben die Gorbi-Manie immer noch gibt in Deutschland, also man kennt die Rolle sehr wohl ...
Kotenev: ... ja, aber nicht bei manchen Politikern oder bei den Medien, bei Menschen.
Adler: Gut, kehren wir nochmal zurück. Wie können Sie sich erklären, dass tatsächlich ausgerechnet unter Wladimir Putin, der ja als deutschlandfreundlich, interessiert, aufgeschlossen gilt, warum die Kritik unter dem Präsidenten Putin soviel größer in Deutschland geworden ist an Russland als zuvor?
Kotenev: Es gibt natürlich sehr viele Gründe. Und die auf der Oberfläche liegen, sind die, dass bei Präsident Putin im Unterschied zu zwei Präsidentenzeiten von Boris Jelzin Russland sich erstarkt hatte, vor allen Dingen wirtschaftlich. Und das macht manchen Leuten Angst, egal aus welchen Gründen, obwohl die Russen diese Angst nicht nachvollziehen können. Und der zweite Grund ist: Die deutschen Medien, aber auch mehrheitlich die westlichen Medien, setzen ein Gleichzeichen jetzt zwischen dem modernen Russland und Herrn Putin. Also, es wird berichtet nicht über Russland, nicht über die wirtschaftliche Situation und Entwicklung und, und, und, sondern über undemokratisches Verhalten, rigorose Handlungen und vieles mehr und vor allen Dingen über die Gefahr, die angeblich von dieser Persönlichkeit ausgeht.
Vladimir Kotenev: Das wird eine ganz normale Wahl werden, und das haben wir schon auch in der Russischen Föderation gehabt mit verschiedenen Kandidaten. Jetzt haben wir vier Kandidaten, und ich würde Ihnen auch gerne erklären, wie das in Deutschland passieren wird. Wir haben außer der Botschaft fünf Generalkonsulate - in Bonn, Frankfurt am Main, Hamburg, Leipzig und München. Überall dort werden Wahllokale eingerichtet, die Abstimmung erfolgt am 2. März. Eine Briefwahl oder Stimmabgabe per Internet ist nicht möglich. Dafür kann ein russischer Staatsbürger, der sich zum Zeitpunkt der Wahl auf einer Auslandsreise befinden wird, zuvor einen Abmeldeschein bei der Wahlkommission an seinem Wohnort holen. Und mit diesem Schein kann er hier abstimmen.
Adler: Herr Botschafter, das, was ich jetzt mit der Frage gemeint habe, war nicht so sehr der technische Vorgang der Wahl, sondern ist tatsächlich, wenn Präsident Putin, was er ja getan hat, seinen Nachfolger benennt, nämlich Dmitri Medwedew, ist dann tatsächlich eine Wahl im Sinne von Chancengleichheit für andere Kandidaten gegeben?
Kotenev: Noch einmal: Die Chancengleichheit ist da. Da ist ein Wahllokal, und jeder Wähler ist frei zu kommen und zu wählen - ähnlich wie in Deutschland.
Adler: Ist es richtig, dass die Mehrheit Ihrer Landsleute, also die Mehrheit der russischen Bürger, nicht so richtig versteht, warum Präsident Putin jetzt das Amt verlässt, wo er doch seine Sache so hervorragend gemacht hat?
Kotenev: Ja, das stimmt ja, und viele hätten ihm gerne empfohlen oder geraten, zu bleiben oder die Verfassung zu ändern. Aber das hat er nicht getan, und er hat nie behauptet, dass er das tun wird.
Adler: Genau, also er hat zu seinem Versprechen gestanden.
Kotenev: Ja. Ja.
Adler: Mit Präsident Putin ist die Kritik des Westens an Russland ausgerechnet sehr viel lauter geworden als zum Beispiel in den Zeiten von Michail Gorbatschow und seinem Vorgänger beziehungsweise dem unmittelbaren Vorgänger Boris Jelzin. Wie können Sie sich das erklären, dass ausgerechnet der Deutschlandfreund Wladimir Putin in Deutschland und im Westen so kritisiert wird?
Kotenev: Da müssen Sie wahrscheinlich auch unterscheiden - zwischen dem Westen und Deutschland. Das sind zwei Fragen, getrennte Fragen. Aber ich glaube, es geht darum, dass Michail Gorbatschow in einer anderen Epoche gelebt und gewirkt hatte. Und da war natürlich diese Euphorie, die bis jetzt andauert in Deutschland, diese Gorbi-Manie, weil er maßgeblich zur deutschen Einheit beigetragen hatte, was einige Politiker wiederum in Deutschland vergessen, dass Gorbatschow ein Russe war und nicht ein Amerikaner oder ein Brite.
Adler: Wie meinen Sie das?
Kotenev: Ich meine, wenn ich höre, dass nur die Westalliierten die deutsche Einheit, oder lese, die deutsche Einheit herbeigeführt haben, dann wundere ich mich auch ...
Adler: ... wobei das jetzt eigentlich im Widerspruch zu dem steht, dass es eben die Gorbi-Manie immer noch gibt in Deutschland, also man kennt die Rolle sehr wohl ...
Kotenev: ... ja, aber nicht bei manchen Politikern oder bei den Medien, bei Menschen.
Adler: Gut, kehren wir nochmal zurück. Wie können Sie sich erklären, dass tatsächlich ausgerechnet unter Wladimir Putin, der ja als deutschlandfreundlich, interessiert, aufgeschlossen gilt, warum die Kritik unter dem Präsidenten Putin soviel größer in Deutschland geworden ist an Russland als zuvor?
Kotenev: Es gibt natürlich sehr viele Gründe. Und die auf der Oberfläche liegen, sind die, dass bei Präsident Putin im Unterschied zu zwei Präsidentenzeiten von Boris Jelzin Russland sich erstarkt hatte, vor allen Dingen wirtschaftlich. Und das macht manchen Leuten Angst, egal aus welchen Gründen, obwohl die Russen diese Angst nicht nachvollziehen können. Und der zweite Grund ist: Die deutschen Medien, aber auch mehrheitlich die westlichen Medien, setzen ein Gleichzeichen jetzt zwischen dem modernen Russland und Herrn Putin. Also, es wird berichtet nicht über Russland, nicht über die wirtschaftliche Situation und Entwicklung und, und, und, sondern über undemokratisches Verhalten, rigorose Handlungen und vieles mehr und vor allen Dingen über die Gefahr, die angeblich von dieser Persönlichkeit ausgeht.
Kosovo-Unabhängigkeit ist "völkerrechtswidrig"
Adler: Wenn wir dabei bleiben, bei der Kluft zwischen Russland und Deutschland, Russland und dem Westen, dann sehen wir das gerade jetzt bei dem ganz aktuellen Fall Kosovo. Der Kosovo ist anerkannt worden als unabhängiger Staat von der Mehrzahl der EU-Mitglieder. Russland kann sich dieser Sichtweise überhaupt nicht anschließen, kann das nicht gut finden. Müssen wir befürchten, dass infolge dieser unterschiedlichen Sichtweisen die künftige Kooperation in schwierigen internationalen Fragen, denken wir zum Beispiel an den Atomstreit mit dem Iran, dass solche Kooperation schwieriger werden wird?
Kotenev: Ja, es kann schwieriger werden, weil bei der Entstehung der Situation, die wir in Kosovo beobachten, das internationale Recht dramatisch verletzt wird. Das kann schwieriger werden, garantiert. Und was sehen wir in Kosovo? Man macht diese Anerkennung, organisiert diese einseitige Anerkennung von der Republik Kosovo, von einem Teil von dem unabhängigen Staat und souveränen Staat Serbien – einseitig, ohne Genehmigung des Sicherheitsrates der UNO, ohne Genehmigung der UNO insgesamt, ohne große Diskussionen in der Welt. Das untermauert eigentlich das, was der Präsidentschaftskandidat in den Vereinigten Staaten jetzt, John McCain, vor kurzem in der "Süddeutschen Zeitung" in einem Beitrag geschrieben hatte. Er hat plädiert für eine Liga der Demokratien. Das würde bedeuten, dass die Welt jetzt in eine ganz neue Phase abgleitet, wenn das mal realisiert wird, dass dann die Welt sich teilt in zwei Klassen, also in die obere Liga und in die untere Liga, und dann entsteht die Frage: Wer entscheidet, wer wozu gehört, in welche Liga gehört, und wer entscheidet über Krieg und Frieden, und wer entscheidet, wer demokratisch und wer nicht demokratisch ist? Und das wollen wir natürlich verhindern, dass die UNO untergraben wird, unterminiert wird. Und das wollen wir auch verhindern, und wir sehen da die Gefahr, dass die Europäische Union, die ja auch uneinig ist in dieser Sache, dass die gute helle europäische Idee untergeht mit diesen einseitigen, völkerrechtswidrigen Handlungen.
Adler: Sehr geehrter Herr Botschafter Kotenev, ist ein möglicher Grund für die Ablehnung auf russischer Seite der Unabhängigkeit des Kosovo auch der Nachahmungseffekt, der entstehen könnte? Wir haben es gehört zum Beispiel von den Tschetschenen. Die waren die ersten, die gesagt haben: Prima, das ist ein Vorbild für uns. Es kamen in einer gedämpften und abgemilderten Form Stimmen auch aus Palästina, die so etwas erwogen haben. Ist es der Nachahmungseffekt, den Sie befürchten.
Kotenev: Erstens habe ich von tschetschenischen Erklärungen gar nichts gehört. In Tschetschenien gibt es keine separatistischen Bewegungen, es operieren einige Banden, vor allen Dingen in den Bergen. Und das muss der Westen endlich mal anerkennen, dass diese Doppelstandards nicht mehr weiter toleriert werden dürfen. Es sind Terroristen. Die kämpfen in den Bergen, oder genauer gesagt, nicht kämpfen, die attackieren die Zivilbevölkerung, die attackieren die munizipalen Führer, die machen Anschläge auf Dörfer und töten die Zivilbevölkerung einschließlich Kinder. Da kämpfen sehr viele Araber in diesen Banden ...
Adler: ... immer noch?
Kotenev: Immer noch, ja. Und das nennt sich "internationaler Terrorismus", gegen den wir auch zusammen mit unseren amerikanischen Partnern und mit unseren deutschen Partnern vorgehen, überall in der Welt, egal ob im Irak, ob in Afghanistan und, und, und. Wir unterstützen diesen Kampf gegen den Terrorismus, aber es muss endlich mal gesehen werden, dass in Tschetschenien internationaler Terrorismus und nicht tschetschenischer Separatismus am Werk ist .
Adler: Noch mal zur Frage.
Kotenev: Entschuldigung, die zweite Erwähnung, die Sie gemacht haben. Also, es ging um die Basken wahrscheinlich, die Basken haben sich gemeldet jetzt, dass die das begrüßen. Taiwan hat das begrüßt, die Unabhängigkeit des Kosovo. Also, man kann nicht von Nachahmern, oder wie Herr Putin bei einer seiner letzten Reden gesagt hat, also von Nachäffern reden, sondern es geht um einen Domino-Effekt. Und das kann natürlich gefährlich werden.
Adler: Umgekehrt, auf der anderen Seite, ermutigt es möglicherweise Ihre politische Führung in Moskau, zum Beispiel Forderungen nach Unabhängigkeit von Transnistrien von Moldawien zu stellen oder Forderungen nach Unabhängigkeit Südossetiens aus Georgien zu stellen?
Kotenev: Ja, diese Völker haben schon längst diese Forderungen gestellt - nicht nur vor Russland, sondern auch vor der internationalen Gemeinschaft. Die sind da, und wir müssen gemeinsam diese Forderungen betrachten und gemeinsam in der Weltgemeinschaft, in der UNO, schauen, was da zu machen ist. Und einseitige Schritte tun da nichts Gutes.
Adler: Die Reaktion auf die Frage nach Tschetschenien hat mir gezeigt, dass es eine gewisse Empfindlichkeit immer noch gibt in Russland, wenn der Westen über Tschetschenien spricht. War die Kritik an der Kriegsführung in Tschetschenien der Hauptgrund für das schlechte Verhältnis zwischen Russland und dem Westen? Russland hat diese Kritik aus dem Westen praktisch nicht verstanden und auch nicht nachvollziehen können.
Kotenev: Wir haben schon verstanden diese Kritik. Nur wenn man auch diese Terroristen mit Waffen, Geld und Funkgeräten - ganz modernen Funkgeräten - unterstützt ...
Adler: ... aber nicht vom Westen ...
Kotenev: ... von verschiedenen Seiten ...
Adler: ... aber nicht vom Westen ....
Kotenev: ... von verschiedenen Seiten, noch einmal.
Adler: Welche Seiten meinen Sie damit, ganz genau?
Kotenev: Unterschiedliche. Wir haben unsere Informationen, dass nicht nur die arabischen Terroristen oder afghanische Terroristen da am Werk sind, dass dahinter auch verschiedene Organisationen stehen, die auch Geld geben. Und es ist ...
Adler: ... würden Sie genauer werden?
Kotenev: Es gibt auch Leute wie Achmed Sakajew, der ein tschetschenischer Terrorist ist und von dem bewiesen ist, dass er auch an Kriegshandlungen teilgenommen hat, dass er Blut an seinen Händen hat, und er lebt in und agiert aus England. Und es gibt andere, auch in Deutschland gibt es solche Leute, die mit dem Regime Maschadow sehr eng zusammengearbeitet haben. Es gibt eine Frau hier, die vor einigen Jahren im deutschen Fernsehen öffentlich gesagt hat, dass sie ein paar russische Offiziere persönlich gehenkt hat. Die Auslieferungsanträge liegen längst vor, und wir erinnern unsere deutschen Partner an die. Aber es passiert nichts, also die Frau wird nicht ausgeliefert. Also das sind die Fragen, wo wir wirklich empfindlich sind.
Adler: Und das werten Sie auch, diese Nichtauslieferung, als Unterstützung der Terroristen?
Kotenev: Wie würden Sie das betrachten, wenn jahrelang den Auslieferungsanträgen nicht stattgegeben wird?
Adler: Es könnte auch andere Gründe geben.
Kotenev: Ein interessanter Fall, dass die Frau sich persönlich im deutschen Fernsehen selber meldet und das gesteht, was würden Sie dann machen?
Adler: Präsident Putin hat die Zustimmung von 75 Prozent seiner Landsleute, von 80 Prozent seiner Landsleute. Das ist eine Welle des Erfolgs über fast neun Jahre, die im Grunde genommen fast kein anderer Staatsführer irgendwo für sich verzeichnen kann. Warum ist er dennoch so empfindlich für Kritik?
Kotenev: Das glaube ich nicht, dass er sehr empfindlich gegenüber Kritik ist. Nur was ich Ihnen vorhin schon gesagt habe, die Kritik aus dem Westen, auch die deutschen Medien, die konzentrieren diese Kritik an Putin alleine, also alles, was sie Schlechtes oder Negatives über Russland aussagen wollen, führt letztendlich zu einem Namen. Und stellen Sie sich vor, wie ein Mensch das alles so aushalten soll, wenn jeden Tag über ihn so viel Negatives berichtet wird.
Adler: Finden Sie das ungerecht gegenüber dem Präsidenten oder ungerecht gegenüber dem russischen Volk?
Kotenev: Beides.
Kotenev: Ja, es kann schwieriger werden, weil bei der Entstehung der Situation, die wir in Kosovo beobachten, das internationale Recht dramatisch verletzt wird. Das kann schwieriger werden, garantiert. Und was sehen wir in Kosovo? Man macht diese Anerkennung, organisiert diese einseitige Anerkennung von der Republik Kosovo, von einem Teil von dem unabhängigen Staat und souveränen Staat Serbien – einseitig, ohne Genehmigung des Sicherheitsrates der UNO, ohne Genehmigung der UNO insgesamt, ohne große Diskussionen in der Welt. Das untermauert eigentlich das, was der Präsidentschaftskandidat in den Vereinigten Staaten jetzt, John McCain, vor kurzem in der "Süddeutschen Zeitung" in einem Beitrag geschrieben hatte. Er hat plädiert für eine Liga der Demokratien. Das würde bedeuten, dass die Welt jetzt in eine ganz neue Phase abgleitet, wenn das mal realisiert wird, dass dann die Welt sich teilt in zwei Klassen, also in die obere Liga und in die untere Liga, und dann entsteht die Frage: Wer entscheidet, wer wozu gehört, in welche Liga gehört, und wer entscheidet über Krieg und Frieden, und wer entscheidet, wer demokratisch und wer nicht demokratisch ist? Und das wollen wir natürlich verhindern, dass die UNO untergraben wird, unterminiert wird. Und das wollen wir auch verhindern, und wir sehen da die Gefahr, dass die Europäische Union, die ja auch uneinig ist in dieser Sache, dass die gute helle europäische Idee untergeht mit diesen einseitigen, völkerrechtswidrigen Handlungen.
Adler: Sehr geehrter Herr Botschafter Kotenev, ist ein möglicher Grund für die Ablehnung auf russischer Seite der Unabhängigkeit des Kosovo auch der Nachahmungseffekt, der entstehen könnte? Wir haben es gehört zum Beispiel von den Tschetschenen. Die waren die ersten, die gesagt haben: Prima, das ist ein Vorbild für uns. Es kamen in einer gedämpften und abgemilderten Form Stimmen auch aus Palästina, die so etwas erwogen haben. Ist es der Nachahmungseffekt, den Sie befürchten.
Kotenev: Erstens habe ich von tschetschenischen Erklärungen gar nichts gehört. In Tschetschenien gibt es keine separatistischen Bewegungen, es operieren einige Banden, vor allen Dingen in den Bergen. Und das muss der Westen endlich mal anerkennen, dass diese Doppelstandards nicht mehr weiter toleriert werden dürfen. Es sind Terroristen. Die kämpfen in den Bergen, oder genauer gesagt, nicht kämpfen, die attackieren die Zivilbevölkerung, die attackieren die munizipalen Führer, die machen Anschläge auf Dörfer und töten die Zivilbevölkerung einschließlich Kinder. Da kämpfen sehr viele Araber in diesen Banden ...
Adler: ... immer noch?
Kotenev: Immer noch, ja. Und das nennt sich "internationaler Terrorismus", gegen den wir auch zusammen mit unseren amerikanischen Partnern und mit unseren deutschen Partnern vorgehen, überall in der Welt, egal ob im Irak, ob in Afghanistan und, und, und. Wir unterstützen diesen Kampf gegen den Terrorismus, aber es muss endlich mal gesehen werden, dass in Tschetschenien internationaler Terrorismus und nicht tschetschenischer Separatismus am Werk ist .
Adler: Noch mal zur Frage.
Kotenev: Entschuldigung, die zweite Erwähnung, die Sie gemacht haben. Also, es ging um die Basken wahrscheinlich, die Basken haben sich gemeldet jetzt, dass die das begrüßen. Taiwan hat das begrüßt, die Unabhängigkeit des Kosovo. Also, man kann nicht von Nachahmern, oder wie Herr Putin bei einer seiner letzten Reden gesagt hat, also von Nachäffern reden, sondern es geht um einen Domino-Effekt. Und das kann natürlich gefährlich werden.
Adler: Umgekehrt, auf der anderen Seite, ermutigt es möglicherweise Ihre politische Führung in Moskau, zum Beispiel Forderungen nach Unabhängigkeit von Transnistrien von Moldawien zu stellen oder Forderungen nach Unabhängigkeit Südossetiens aus Georgien zu stellen?
Kotenev: Ja, diese Völker haben schon längst diese Forderungen gestellt - nicht nur vor Russland, sondern auch vor der internationalen Gemeinschaft. Die sind da, und wir müssen gemeinsam diese Forderungen betrachten und gemeinsam in der Weltgemeinschaft, in der UNO, schauen, was da zu machen ist. Und einseitige Schritte tun da nichts Gutes.
Adler: Die Reaktion auf die Frage nach Tschetschenien hat mir gezeigt, dass es eine gewisse Empfindlichkeit immer noch gibt in Russland, wenn der Westen über Tschetschenien spricht. War die Kritik an der Kriegsführung in Tschetschenien der Hauptgrund für das schlechte Verhältnis zwischen Russland und dem Westen? Russland hat diese Kritik aus dem Westen praktisch nicht verstanden und auch nicht nachvollziehen können.
Kotenev: Wir haben schon verstanden diese Kritik. Nur wenn man auch diese Terroristen mit Waffen, Geld und Funkgeräten - ganz modernen Funkgeräten - unterstützt ...
Adler: ... aber nicht vom Westen ...
Kotenev: ... von verschiedenen Seiten ...
Adler: ... aber nicht vom Westen ....
Kotenev: ... von verschiedenen Seiten, noch einmal.
Adler: Welche Seiten meinen Sie damit, ganz genau?
Kotenev: Unterschiedliche. Wir haben unsere Informationen, dass nicht nur die arabischen Terroristen oder afghanische Terroristen da am Werk sind, dass dahinter auch verschiedene Organisationen stehen, die auch Geld geben. Und es ist ...
Adler: ... würden Sie genauer werden?
Kotenev: Es gibt auch Leute wie Achmed Sakajew, der ein tschetschenischer Terrorist ist und von dem bewiesen ist, dass er auch an Kriegshandlungen teilgenommen hat, dass er Blut an seinen Händen hat, und er lebt in und agiert aus England. Und es gibt andere, auch in Deutschland gibt es solche Leute, die mit dem Regime Maschadow sehr eng zusammengearbeitet haben. Es gibt eine Frau hier, die vor einigen Jahren im deutschen Fernsehen öffentlich gesagt hat, dass sie ein paar russische Offiziere persönlich gehenkt hat. Die Auslieferungsanträge liegen längst vor, und wir erinnern unsere deutschen Partner an die. Aber es passiert nichts, also die Frau wird nicht ausgeliefert. Also das sind die Fragen, wo wir wirklich empfindlich sind.
Adler: Und das werten Sie auch, diese Nichtauslieferung, als Unterstützung der Terroristen?
Kotenev: Wie würden Sie das betrachten, wenn jahrelang den Auslieferungsanträgen nicht stattgegeben wird?
Adler: Es könnte auch andere Gründe geben.
Kotenev: Ein interessanter Fall, dass die Frau sich persönlich im deutschen Fernsehen selber meldet und das gesteht, was würden Sie dann machen?
Adler: Präsident Putin hat die Zustimmung von 75 Prozent seiner Landsleute, von 80 Prozent seiner Landsleute. Das ist eine Welle des Erfolgs über fast neun Jahre, die im Grunde genommen fast kein anderer Staatsführer irgendwo für sich verzeichnen kann. Warum ist er dennoch so empfindlich für Kritik?
Kotenev: Das glaube ich nicht, dass er sehr empfindlich gegenüber Kritik ist. Nur was ich Ihnen vorhin schon gesagt habe, die Kritik aus dem Westen, auch die deutschen Medien, die konzentrieren diese Kritik an Putin alleine, also alles, was sie Schlechtes oder Negatives über Russland aussagen wollen, führt letztendlich zu einem Namen. Und stellen Sie sich vor, wie ein Mensch das alles so aushalten soll, wenn jeden Tag über ihn so viel Negatives berichtet wird.
Adler: Finden Sie das ungerecht gegenüber dem Präsidenten oder ungerecht gegenüber dem russischen Volk?
Kotenev: Beides.
Verfassungsänderng zugunsten Putins? "Ich rechne damit nicht"
Adler: Beides. Dann reden wir doch jetzt weiter über die Präsidentschaftswahlen. Der Präsident bleibt zwar nicht im Amt, wird aber doch an der Macht bleiben und sozusagen weiter auf der politischen Bühne mitagieren als Premier. Wann rechnen Sie, Herr Botschafter, mit einer Verfassungsänderung, die dem Premier andere Vollmachten zuschreibt, als jetzt der Premier hat?
Kotenev: Ich rechne damit nicht.
Adler: Ausgeschlossen?
Kotenev: Ich rechne damit nicht.
Adler: Rechnen Sie damit, dass Präsident Putin irgendwann wieder als Präsident auf der Bühne erscheint?
Kotenev: Das werden die nächsten vier Jahre zeigen, ob es eine Notwendigkeit gibt, den alten sozusagen Präsidenten wieder zu wählen. Oder wenn Herr Medwedew gewinnen sollte und eine gute Figur als russischer Präsident abgeben würde als sehr junger Kandidat, kann er weiter gewählt werden für eine neue Frist.
Adler: Haben Sie verstanden, warum Präsident Putin seinen Wunschnachfolger, diesen Wunsch hat er ja zunächst erst mal geäußert, so spät kundgetan hat?
Kotenev: Wahrscheinlich hatte er seine Gründe. Da müssen Sie ihn selber fragen.
Adler: Wenn sich die Gelegenheit ergäbe, wäre das natürlich wunderbar. Warum, glauben Sie, hat der Präsident Dmitri Medwedew den Vorzug gegenüber Sergei Iwanow, dem ehemaligen Verteidigungsminister, gegeben?
Kotenev: Herr Medwedew ist noch nicht der russische Präsident.
Adler: Als Wunschnachfolger, das hat er ja geäußert.
Kotenev: Wunschnachfolger, ja. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber die Reaktion in der russischen Bevölkerung ist sehr positiv auf diese Bekundung, dass Herr Medwedew als Kandidat in die Wahlen geht.
Adler: Anders als Präsident Putin zu seiner Zeit 1999, als er Premier geworden ist, kennt man Dmitri Medwedew. Er ist der Vorsitzende des Aufsichtsrates von Gazprom, er ist der erste Vizepremier in der russischen Regierung, das heißt ...
Kotenev: Umgekehrt: Wichtig ist, zu erwähnen und zu betonen zuerst mal stellvertretender Ministerpräsident.
Adler: In jedem Fall hat die russische Öffentlichkeit eine Vorstellung, wer er ist. Man verbindet mit seinem Namen ein Gesicht. Man weiß, wer Herr Medwedew ist. Es ist nicht die Frage überall "Who is Mr. Medwedew?", wie es damals hieß bei "Who is Mr. Putin?", wenn Sie sich erinnern. Was erwarten Sie selbst von einem künftigen Präsidenten Medwedew?
Kotenev: Es ist eine gute Frage, die Sie mit der damaligen Fragestellung 2000 - ich war übrigens damals im Kongresssaal in Davos, wo diese Frage fiel, sozusagen. Und die Reaktion war sehr interessant, denn es war wirklich so, dass Russland in einer dramatischen Phase seiner Entwicklung sich befunden hatte, und die ganze Welt blickte hin und fragte, was passiert. Und deswegen fiel diese Frage: "Who is Mr. Putin?". Was kann man von ihm erwarten? Jetzt wissen wir das. Und wir wissen ganz genau, nicht nur die russische Bevölkerung, sondern die ganze Welt weiß genau, was sie von Herrn Dmitri Medwedew erwarten könnte.
Adler: Nämlich was?
Kotenev: Nämlich dass er diesen Kurs der jetzigen Regierung von Putin fortsetzen will. Und es gibt strategische Pläne, auch wirtschaftlich, bis zum Jahre 2020, wie sich Russland entwickeln sollte. Und Medwedew verspricht seinen Wählern, diesen Kurs zu halten. Und weil der Kurs von Herrn Putin erfolgreich war, hoffen die meisten Menschen in Russland, dass auch Herr Medwedew erfolgreich wird. Und wenn Ihre nächste Frage vielleicht die nach einem Tandem sein wird, wie man es jetzt nennt, dann sage ich Ihnen gleich: Meine Überzeugung ist, wenn die beiden an einem Strang ziehen und Herr Medwedew als politisches Gesicht Russlands, als oberster Vertreter Russlands, als Präsident, wenn er die Wahl gewinnen sollte, ergänzt wird durch einen sehr starken Ministerpräsidenten, der sich voll und ganz der Wirtschaft, den sozialen Fragen widmet, der russischen Infrastruktur, was sehr notwendig ist, also den Straßen, Eisenbahn, Flugverkehr, Flugzeugbau. Also, es ist eine Unmenge von Fragen, die in diesen nächsten Jahren gelöst werden müssen. Und dann kann diese Regierung alle diese Ziele in Angriff nehmen und, wie ich hoffe, erfolgreich bewältigen.
Adler: Da Sie ja sozusagen meine nächste Frage schon vorweg genommen haben, mache ich jetzt mit der übernächsten weiter. Und zwar würde ich ganz gerne auf das Verhältnis zu Deutschland zu sprechen kommen. In der Zeit von Putins Präsidentschaft ist es Russland gelungen, sämtliche Auslandsschulden zurückzuzahlen. Ein Teil der Schulden wurde auch erlassen. Aber der allergrößte Teil ist zurückgezahlt worden. Russland ist nicht mehr das abhängige Land, das auf Hilfe vom Westen angewiesen war, das sogar vom Westen ernährt werden musste eine Zeit lang. Würden Sie sagen, dass Russland tatsächlich mit dem Westen eine Beziehung auf Augenhöhe erreicht hat?
Kotenev: Ich rechne damit nicht.
Adler: Ausgeschlossen?
Kotenev: Ich rechne damit nicht.
Adler: Rechnen Sie damit, dass Präsident Putin irgendwann wieder als Präsident auf der Bühne erscheint?
Kotenev: Das werden die nächsten vier Jahre zeigen, ob es eine Notwendigkeit gibt, den alten sozusagen Präsidenten wieder zu wählen. Oder wenn Herr Medwedew gewinnen sollte und eine gute Figur als russischer Präsident abgeben würde als sehr junger Kandidat, kann er weiter gewählt werden für eine neue Frist.
Adler: Haben Sie verstanden, warum Präsident Putin seinen Wunschnachfolger, diesen Wunsch hat er ja zunächst erst mal geäußert, so spät kundgetan hat?
Kotenev: Wahrscheinlich hatte er seine Gründe. Da müssen Sie ihn selber fragen.
Adler: Wenn sich die Gelegenheit ergäbe, wäre das natürlich wunderbar. Warum, glauben Sie, hat der Präsident Dmitri Medwedew den Vorzug gegenüber Sergei Iwanow, dem ehemaligen Verteidigungsminister, gegeben?
Kotenev: Herr Medwedew ist noch nicht der russische Präsident.
Adler: Als Wunschnachfolger, das hat er ja geäußert.
Kotenev: Wunschnachfolger, ja. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber die Reaktion in der russischen Bevölkerung ist sehr positiv auf diese Bekundung, dass Herr Medwedew als Kandidat in die Wahlen geht.
Adler: Anders als Präsident Putin zu seiner Zeit 1999, als er Premier geworden ist, kennt man Dmitri Medwedew. Er ist der Vorsitzende des Aufsichtsrates von Gazprom, er ist der erste Vizepremier in der russischen Regierung, das heißt ...
Kotenev: Umgekehrt: Wichtig ist, zu erwähnen und zu betonen zuerst mal stellvertretender Ministerpräsident.
Adler: In jedem Fall hat die russische Öffentlichkeit eine Vorstellung, wer er ist. Man verbindet mit seinem Namen ein Gesicht. Man weiß, wer Herr Medwedew ist. Es ist nicht die Frage überall "Who is Mr. Medwedew?", wie es damals hieß bei "Who is Mr. Putin?", wenn Sie sich erinnern. Was erwarten Sie selbst von einem künftigen Präsidenten Medwedew?
Kotenev: Es ist eine gute Frage, die Sie mit der damaligen Fragestellung 2000 - ich war übrigens damals im Kongresssaal in Davos, wo diese Frage fiel, sozusagen. Und die Reaktion war sehr interessant, denn es war wirklich so, dass Russland in einer dramatischen Phase seiner Entwicklung sich befunden hatte, und die ganze Welt blickte hin und fragte, was passiert. Und deswegen fiel diese Frage: "Who is Mr. Putin?". Was kann man von ihm erwarten? Jetzt wissen wir das. Und wir wissen ganz genau, nicht nur die russische Bevölkerung, sondern die ganze Welt weiß genau, was sie von Herrn Dmitri Medwedew erwarten könnte.
Adler: Nämlich was?
Kotenev: Nämlich dass er diesen Kurs der jetzigen Regierung von Putin fortsetzen will. Und es gibt strategische Pläne, auch wirtschaftlich, bis zum Jahre 2020, wie sich Russland entwickeln sollte. Und Medwedew verspricht seinen Wählern, diesen Kurs zu halten. Und weil der Kurs von Herrn Putin erfolgreich war, hoffen die meisten Menschen in Russland, dass auch Herr Medwedew erfolgreich wird. Und wenn Ihre nächste Frage vielleicht die nach einem Tandem sein wird, wie man es jetzt nennt, dann sage ich Ihnen gleich: Meine Überzeugung ist, wenn die beiden an einem Strang ziehen und Herr Medwedew als politisches Gesicht Russlands, als oberster Vertreter Russlands, als Präsident, wenn er die Wahl gewinnen sollte, ergänzt wird durch einen sehr starken Ministerpräsidenten, der sich voll und ganz der Wirtschaft, den sozialen Fragen widmet, der russischen Infrastruktur, was sehr notwendig ist, also den Straßen, Eisenbahn, Flugverkehr, Flugzeugbau. Also, es ist eine Unmenge von Fragen, die in diesen nächsten Jahren gelöst werden müssen. Und dann kann diese Regierung alle diese Ziele in Angriff nehmen und, wie ich hoffe, erfolgreich bewältigen.
Adler: Da Sie ja sozusagen meine nächste Frage schon vorweg genommen haben, mache ich jetzt mit der übernächsten weiter. Und zwar würde ich ganz gerne auf das Verhältnis zu Deutschland zu sprechen kommen. In der Zeit von Putins Präsidentschaft ist es Russland gelungen, sämtliche Auslandsschulden zurückzuzahlen. Ein Teil der Schulden wurde auch erlassen. Aber der allergrößte Teil ist zurückgezahlt worden. Russland ist nicht mehr das abhängige Land, das auf Hilfe vom Westen angewiesen war, das sogar vom Westen ernährt werden musste eine Zeit lang. Würden Sie sagen, dass Russland tatsächlich mit dem Westen eine Beziehung auf Augenhöhe erreicht hat?
Rasante Entwicklung der russischen Wirtschaft
Kotenev: Wir hoffen das. Und deswegen machen wir diese Vorschläge und Angebote an unsere Partner, egal ob in Amerika oder in der Europäischen Union. Aber wir bekommen nicht immer die Antworten auf diese Fragen oder auf diese Angebote. Übrigens Schuldenfrage: Sie haben völlig Recht. Deshalb kam diese Frage "Who is Mr. Putin?", ob er zahlen wird. Das war auch eine Hinterfrage. Er hat gezahlt. Und Russland entwickelt sich wirklich rasant. Die Wirtschaft wird in wenigen Jahren den fünf größten Wirtschaften der Welt angehören.
Adler: Der noch amtierende russische Präsident Wladimir Putin hat der Kanzlerin Angela Merkel ein Angebot gemacht im Jahr 2006, das war zum Petersburger Dialog in Dresden, dass Deutschland die Drehscheibe für den Gashandel aus Russland werden könnte. Damals hat die Kanzlerin das abgelehnt. Sie hat es bis heute abgelehnt. Haben Sie das verstanden, warum Frau Merkel dieses von russischer Seite, glaube ich, sehr generös gemeinte Angebot nicht angenommen hat?
Kotenev: Ich habe sie danach nicht gefragt. Sie müsste auch ihre Gründe dafür haben. Sie hat wahrscheinlich auch ihre Berater dafür.
Adler: Ist es etwas, wo Deutschland möglicherweise auch eine Chance vertut, eine Chance nicht wahrnimmt?
Kotenev: Kann sein. Was mir jetzt Sorgen macht ist der Zustand der Verhandlungen mit einigen europäischen Ländern in Bezug auf Northstream, also diese Ostseepipeline. Denn Deutschland wird in wenigen Jahren ein Riesenbedarf an Erdgas haben und eigentlich kann dieser Bedarf fast ausschließlich mit russischem Erdgas gedeckt werden, aber nicht mit LNG, also verflüssigtem Gas oder per Gasleitung aus Norwegen. Norwegen wird in den nächsten Jahren die Fördermengen und Liefervolumen nicht steigern.
Adler: Sie spielen vermutlich auch auf den Widerstand zum Beispiel von estnischer Seite oder von schwedischer Seite wegen der Umweltprobleme an, die man befürchtet. Wie lässt sich das lösen, wie ist der Stand im Moment?
Kotenev: Es werden zähe Verhandlungen geführt. Aber die Gründe, warum man plötzlich auch in deutschen Medien massiv schreibt, dass diese Pipeline der Spionage nutzen wird, alleine diese abstrusen, absurden Behauptungen zeigen, wie schwierig die Akzeptanz dieser Zusammenarbeit, für beide Seiten durchaus notwendigen und für Westeuropa eigentlich lebensnotwendigen Zusammenarbeit, ist.
Adler: Gazprom hat ja geglaubt, dass mit der Verpflichtung beziehungsweise der Einbindung von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder die Akzeptanz für diese Erdgaspipeline sehr viel größer werden wird. Nun sehen wir genau das Gegenteil, dass also der Name Schröder die Akzeptanz jedenfalls nicht erhöht für dieses Projekt, dass es da viel Kritik gibt. Bedauern Sie auf russischer Seite, dass Kanzler Schröder nicht mehr der Regierungschef ist und sich damit die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland verschlechtert haben?
Kotenev: Das sind zwei total getrennte Fragen, die Sie in einem Zuge zugleich formuliert haben. Aber zuerst mal möchte ich zu Northstream noch einmal sagen: Ich persönlich verstehe überhaupt nicht, wieso in der Europäischen Union durch diese falsch verstandene Solidarität keine echte Diskussion geführt wird, was ist mit dem russischen Gas. Braucht die EU das russische Gas oder nicht? Und das hat mit Herrn Schröder überhaupt nichts zu tun, dass er jetzt Aufsichtsratvorsitzender eines internationalen Konsortium ist und mit Bewilligung auch der deutschen Partner, der E.ON-Ruhrgas und der BASF, zu diesem Aufsichtsratvorsitzenden gewählt wurde. Jetzt gehört diesem Konsortium auch der niederländische Konzern Unigas an. Und es gibt keine Probleme in diesem Konsortium. Es gibt keine Fragen ähnlicher Art, wie sie bei Ihnen zum Beispiel entstehen. Was unsere Beziehungen zu Deutschland insgesamt anbelangt, die entwickeln sich sehr positiv. Und wirtschaftlich haben wir wiederum im vorigen Jahr einen Rekord im gegenseitigen Handel aufgestellt. Nach deutschen Statistiken betrug das Handelsvolumen 56 Milliarden Euro, wobei die deutschen Exporte mit jedem Jahr steigen. Und jetzt ist der deutsche Export nach Russland schon wichtiger für das Land als der deutsche Export nach China.
Adler: Wenn wir jetzt noch einmal auf die Beziehung zurückkommen würden, stellen Sie eine Veränderung fest in den deutsch-russischen Beziehungen zwischen der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder und Angela Merkel?
Kotenev: Wir haben nach wie vor Regierungskonsultationen, wir haben den Petersburger Dialog der Zivilgesellschaft. Die Beziehungen entwickeln sich gut und positiv. Ich wünschte mir mehr Objektivität in Deutschland von manchen Politikern und vor allen Dingen von den Medien, was Russland anbelangt. Und dann wird dieser Charakter dieser Beziehungen noch besser.
Adler: Herr Kotenev, letzte Frage: Für welchen Präsidentschaftskandidaten werden Sie stimmen?
Kotenev: Das sage ich Ihnen nicht. Das ist Wahlgeheimnis.
Adler: Ich danke Ihnen sehr für das Gespräch.
Kotenev: Danke sehr.
Adler: Der noch amtierende russische Präsident Wladimir Putin hat der Kanzlerin Angela Merkel ein Angebot gemacht im Jahr 2006, das war zum Petersburger Dialog in Dresden, dass Deutschland die Drehscheibe für den Gashandel aus Russland werden könnte. Damals hat die Kanzlerin das abgelehnt. Sie hat es bis heute abgelehnt. Haben Sie das verstanden, warum Frau Merkel dieses von russischer Seite, glaube ich, sehr generös gemeinte Angebot nicht angenommen hat?
Kotenev: Ich habe sie danach nicht gefragt. Sie müsste auch ihre Gründe dafür haben. Sie hat wahrscheinlich auch ihre Berater dafür.
Adler: Ist es etwas, wo Deutschland möglicherweise auch eine Chance vertut, eine Chance nicht wahrnimmt?
Kotenev: Kann sein. Was mir jetzt Sorgen macht ist der Zustand der Verhandlungen mit einigen europäischen Ländern in Bezug auf Northstream, also diese Ostseepipeline. Denn Deutschland wird in wenigen Jahren ein Riesenbedarf an Erdgas haben und eigentlich kann dieser Bedarf fast ausschließlich mit russischem Erdgas gedeckt werden, aber nicht mit LNG, also verflüssigtem Gas oder per Gasleitung aus Norwegen. Norwegen wird in den nächsten Jahren die Fördermengen und Liefervolumen nicht steigern.
Adler: Sie spielen vermutlich auch auf den Widerstand zum Beispiel von estnischer Seite oder von schwedischer Seite wegen der Umweltprobleme an, die man befürchtet. Wie lässt sich das lösen, wie ist der Stand im Moment?
Kotenev: Es werden zähe Verhandlungen geführt. Aber die Gründe, warum man plötzlich auch in deutschen Medien massiv schreibt, dass diese Pipeline der Spionage nutzen wird, alleine diese abstrusen, absurden Behauptungen zeigen, wie schwierig die Akzeptanz dieser Zusammenarbeit, für beide Seiten durchaus notwendigen und für Westeuropa eigentlich lebensnotwendigen Zusammenarbeit, ist.
Adler: Gazprom hat ja geglaubt, dass mit der Verpflichtung beziehungsweise der Einbindung von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder die Akzeptanz für diese Erdgaspipeline sehr viel größer werden wird. Nun sehen wir genau das Gegenteil, dass also der Name Schröder die Akzeptanz jedenfalls nicht erhöht für dieses Projekt, dass es da viel Kritik gibt. Bedauern Sie auf russischer Seite, dass Kanzler Schröder nicht mehr der Regierungschef ist und sich damit die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland verschlechtert haben?
Kotenev: Das sind zwei total getrennte Fragen, die Sie in einem Zuge zugleich formuliert haben. Aber zuerst mal möchte ich zu Northstream noch einmal sagen: Ich persönlich verstehe überhaupt nicht, wieso in der Europäischen Union durch diese falsch verstandene Solidarität keine echte Diskussion geführt wird, was ist mit dem russischen Gas. Braucht die EU das russische Gas oder nicht? Und das hat mit Herrn Schröder überhaupt nichts zu tun, dass er jetzt Aufsichtsratvorsitzender eines internationalen Konsortium ist und mit Bewilligung auch der deutschen Partner, der E.ON-Ruhrgas und der BASF, zu diesem Aufsichtsratvorsitzenden gewählt wurde. Jetzt gehört diesem Konsortium auch der niederländische Konzern Unigas an. Und es gibt keine Probleme in diesem Konsortium. Es gibt keine Fragen ähnlicher Art, wie sie bei Ihnen zum Beispiel entstehen. Was unsere Beziehungen zu Deutschland insgesamt anbelangt, die entwickeln sich sehr positiv. Und wirtschaftlich haben wir wiederum im vorigen Jahr einen Rekord im gegenseitigen Handel aufgestellt. Nach deutschen Statistiken betrug das Handelsvolumen 56 Milliarden Euro, wobei die deutschen Exporte mit jedem Jahr steigen. Und jetzt ist der deutsche Export nach Russland schon wichtiger für das Land als der deutsche Export nach China.
Adler: Wenn wir jetzt noch einmal auf die Beziehung zurückkommen würden, stellen Sie eine Veränderung fest in den deutsch-russischen Beziehungen zwischen der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder und Angela Merkel?
Kotenev: Wir haben nach wie vor Regierungskonsultationen, wir haben den Petersburger Dialog der Zivilgesellschaft. Die Beziehungen entwickeln sich gut und positiv. Ich wünschte mir mehr Objektivität in Deutschland von manchen Politikern und vor allen Dingen von den Medien, was Russland anbelangt. Und dann wird dieser Charakter dieser Beziehungen noch besser.
Adler: Herr Kotenev, letzte Frage: Für welchen Präsidentschaftskandidaten werden Sie stimmen?
Kotenev: Das sage ich Ihnen nicht. Das ist Wahlgeheimnis.
Adler: Ich danke Ihnen sehr für das Gespräch.
Kotenev: Danke sehr.