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Die Chefinnen-Macher

Frauen in gehobenen Führungspositionen sind hierzulande immer noch eine Seltenheit - trotz Aufklärung und stärkerer Frauenförderung im Beruf. Eine der Initiativen, die das ändern soll, ist das Münchener Cross-Mentoring: Angehende weibliche Führungskräfte werden ein Jahr lang von einem Mentor oder eine Mentorin begleitet. Seit fünf Jahren läuft das Projekt mittlerweile - Zeit für eine Zwischenbilanz.

Von Birgit Fenzel | 13.06.2005
    Aller Anfang ist schwer. Das erlebten auch die Initiatorinnen des Münchner Frauenförderprojekts, als sie vor fünf Jahren versuchten, das Cross-Mentoring-Team für die erste Runde zusammen zu bekommen. Daniela Weidlich vom Referat für Arbeit und Wirtschaft kann sich noch gut an die damalige Ochsentour durch die bayerische Wirtschaftsszene erinnern:

    " Und ich sag Ihnen: Der erste Durchlauf war hart - die ersten vier Unternehmen ins Boot zu bekommen. Das war ein großes Stück Überzeugungsarbeit und streckenweise dachte ich: Wir schaffen's nicht. "

    Dabei waren es nicht einmal irgendwelche Chauvinisten in Nadelstreifen, die sich gegen das Projekt aus Angst vor Machtverlust stemmten. Die größten Ressentiments hegte meist die Zielgruppe selbst, erinnert sich Weidlich:

    " Die Bedenken waren: Akzeptieren unsere Frauen so ein Programm? Es ist immer wieder Thema - auch heute noch und das Thema Frauenförderung generell ist nicht so ein einfaches Thema. "

    Schon beim Wort Frauenförderung klingt für viele gleich das verpönte Wörtchen Quotenfrau mit - und in ein solches Licht mag sich keine selbstbewusste Leistungsträgerin stellen lassen. Man habe viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, um zu zeigen, dass das eine mit dem anderen nicht unbedingt zu tun hat, sagt Dr. Nadja Tschirner von der Firma Cross-Consult, die damals mit der Amtfrau das Mentoring-Projekt auf die Schiene gebracht hat. Mittlerweile ist sie ganz zufrieden mit dem Ergebnis:

    " Ich denke Bilanz bist insofern schon ganz spannend, weil wenn man sich die Entwicklung des Programms anschaut, sieht man, dass das eine Erfolgsgeschichte ist, weil wir damals mit vier Unternehmen gestartet sind und jedes Jahr neue dazu gekommen sind - in der jetzigen Runde sind 16 Unternehmen dabei, und es zeigt einfach, dass sich in den Unternehmen dieses Thema ein Stück weit breit gemacht hat. Es sind immer mehr Führungskräfte aus den Unternehmen, die sich direkt an uns wenden und sagen: Ja, wir haben von dem Programm gehört. Ist ja spannend, kann man teilnehmen - und es kommen jedes Jahr von alleine neue Unternehmen dazu. "

    Beim Cross-Mentoring kommen Mentor und Mentee aus verschiedenen Branchen - zum Beispiel aus der Automobilbranche wie Elisabeth Altmann-Rackl und der Finanzwelt wie ihr Mentor Hubert Ostermaier, Leiter des Zentralbereichs Kundenservice der Landesbausparkasse. Ein Jahr lang setzten sich der Banker und die BMW-Managerin regelmäßig für mehrere Stunden zwecks Erfahrungsaustauschs zusammen. Das war spannend, meint die Karrierefrau im Nachhinein. Und zwar in vielererlei Hinsicht. Elisabeth Altmann-Rackl:

    " Für mich war's sehr spannend, dass ich mir vorher nicht vorstellen konnte, dass die Probleme im Automobil- und Bankensektor die gleichen sind, und dass hier mein Mentor mich sofort verstanden hat, wenn ich irgendwelche Themen angesprochen habe - also es war absolut identisch, so dass die Tipps, die ich bekommen habe, zu nahezu 100 Prozent eingetreten sind. "

    Der Gedankenaustausch mit dem Banker brachte ihr aber nicht nur Einblick in andere berufliche Horizonte und Strategien, sondern auch ein neues Stück Selbsterkenntnis:

    " Ich hab gelernt, dass ich vieles anders angehe als ein Mann. Dass ich manches zu sehr aus dem Leistungsspektrum heraus sehe: Ich muss funktionieren; es muss alles perfekt sein; ich muss alles wasserdicht abgecheckt haben - wobei Männer doch risikofreudiger sind: Mut zur Lücke würde ich mal sagen. "

    Frauen verhalten sich in Karrierefragen immer noch anders als Männer, bestätigt ihr Mentor Hubert Ostermaier, der selbst oft Personalentscheidungen zu fällen hat und in 27 Berufsjahren einiges an Menschenkenntnis gesammelt hat:

    " Ich denke, Frauen müssten da noch mehr Selbstvertrauen zeigen und ein Stück Eigenmarketing, und das was sie können auch noch mehr zeigen und auch dafür werben. Es nutzt nichts, wenn ich einen Porsche habe - diese starke Leistung - sie aber nicht zeige. Wenn ich nicht zeige, dass ich in der Lage bin diesen Porsche zu fahren und ihn nicht auf die Straße bringe. "

    Seine Ratschläge sind bei Elisabeth Altmann-Rackl auf fruchtbaren Boden gefallen. Sie fand den Mut intern den Job zu wechseln und den Posten einer Produktmanagerin gegen den eines Consultants zu tauschen. Aber auch als Mentor hat man was davon, sagt Ostermaier:

    Ich hab persönlich davon, auch viele neue Erfahrungen für mich gemacht. zum einen, weil es eine weitere Dimension war. Bisher war ich ja gewohnt, einzuschätzen, wie verhalten sich die Menschen in meinem Umfeld, die ich auch kenne - in der Dimension hab ich einschätzen müssen wie verhalten sich die Menschen, die mir die Frau Altmann schildert, die ich nicht kenne - also eine Art Ferndiagnose. Und das war eine neue Erfahrung. Zweitens habe ich davon profitiert, weil es für mich ein sehr schönes Erfolgserlebnis war, wie die Gespräche mit der Frau Altmann, dann auch in ihrem Umfeld wirklich gefruchtet haben und die Frau Altmann wirklich zum Erfolg gebracht haben.

    Offiziell ist jetzt nach einem Jahr das Tandem Altmann-Ostermaier aufgelöst - inoffiziell wollen beide aber weiterhin ihre Erfahrungen austauschen. Und möglicherweise steht die BMW-Karrierefrau ja demnächst selbst mal als Cross-Mentorin zur Verfügung.