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"Die Desktop- und die Mobil-Systeme die wachsen immer mehr zusammen"

Ob Windows 8, Apples OS X- und iOS-Versionen oder Googles kommende Android-Ausgabe 4.2: Bei den Betriebssystemen sei ein klarer Trend zu erkennen, sagt Wissenschaftsjournalist Jan Rähm. Die Bedienoberflächen von stationären und mobilen Systemen ähneln sich immer mehr an.

Jan Rähm im Gespräch mit Manfred Kloiber | 27.10.2012
    Neues Betriebssystem: Laptop mit Windows 8 auf der IFA 2012
    Neues Betriebssystem: Laptop mit Windows 8 auf der IFA 2012 (picture alliance / dpa / Rainer Jensen)
    Manfred Kloiber: Die Hardware scheint ja nun nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium für den Kauf eines Tablets zu sein. Dann muss also die Software locken. Gerade gestern ist Microsofts neues Betriebssystem Windows 8 in den Verkauf gestartet. Apple legte Mitte des Jahres seine achte OS X-Version namens Mountain Lion und die sechste iOS-Variante vor. Am Montag wohl wird Google die Details zur kommenden Android-Ausgabe 4.2 verkünden. Es geht also Schlag auf Schlag. Jan Rähm ist mir nun aus Berlin zugeschaltet. Herr Rähm, können Sie bei den Betriebssystemen derzeit Trends entdecken?

    Jan Rähm: Ein klarer Trend ist auf jeden Fall zu entdecken. Die Desktop- und die Mobil-Systeme die wachsen immer mehr zusammen. Und das ist ganz klar und ganz deutlich jetzt an Windows 8 zu erkennen. Dessen Bedienoberfläche für das Handy, für Tablets und für PC-Systeme, die sind sich sehr ähnlich und auch die Bedienkonzepte, das heißt man muss sich nicht mehr umgewöhnen vom einen zum anderen Gerät. Zudem ist das App-Prinzip ganz stark im Desktop-System Windows 8 integriert, das heißt, über einen App Store lade ich mir Anwendungen in mein Betriebssystem und installiere sie. Zudem ist auch die Cloud sehr stark integriert und andere Online-Dienste. Ich kann mich mit einem sogenannten Microsoft-Konto an allen meinen Geräten anmelden und kriege darüber dann Daten verteilt wie Kalender oder Kontakte. Also bei Microsoft habe ich den ganz starken Eindruck, hier geht das System vom PC ganz stark in die Richtung Mobilwelt.

    Kloiber: Auch beim Erfinder dieses Systems der App-Stores, der Apps und der mobilen Geräte dieser neuen Prägung, bei Apple rücken iOS, das mobile Betriebssystem und OS X, das stationäre, immer dichter zusammen. Wie unterscheidet sich hierbei das Vorgehen gegenüber Microsoft?

    Rähm: Also bei Microsoft habe ich den Eindruck, in ein paar Jahren wird es so sein, dass die Systeme für Smartphone, Tablet und PC komplett gleich sind. Bei Apple dagegen gibt es immer noch eine Eigenständigkeit der Plattformen. So ist es zum Beispiel beim Desktop-System so, dass nur ausgewählte Funktionen der mobilen Plattform in diese Desktop-Version reingekommen sind. OS X selbst bleibt sich dabei aber sehr treu und ist ganz klar ein System für Maus und Tastatur. Bei Microsoft ist das anders: Hier ist das Touchprinzip ganz klar im Vordergrund.

    Kloiber: Sprechen wir noch über den dritten Betriebssystemhersteller im Bunde, über Google. Der hat je eigentlich nur sein mobiles System Android. Im Bereich der mobilen und stationären Desktopsysteme hat er eigentlich nur wenig mitzureden. Sind eigentlich auch bei Google Tendenzen zu dieser Konvergenz erkennbar?

    Rähm: Nein. Google hat zwar mit Chrome OS auch durchaus ein Betriebssystem für Notebooks, aber dessen Entwicklung und die Entwicklung für Android, die sind bisher getrennt. Android war ja anfangs ein reines Smartphone-System und erst mit Version 3, kam dann auch eine Tablet-Version nach. Und seit Version 4 wird für Tablets und für Smartphones entwickelt. Die Rechner beziehungsweise Notebooks mit Android sind sehr sehr selten. Das sind meist eigengebaute Bastellösungen und es ist fraglich, ob Google überhaupt stärker in den Computermarkt einsteigen wird. Aber Montag, Sie sagten es bereits, wird die neue Version 4.2 von Android erwartet, zumindest die Ankündigung, und dann wird sich zeigen, in welche Richtung das System gehen wird, auch im Angesicht von Windows 8 und iOS

    Kloiber: Was treibt eigentlich die Hersteller an diesen Weg dieser Konvergenz von mobilen und stationären Systemen zu gehen.

    Rähm: Der PC-Markt ist stark rückläufig, das wird dürfte der doch drängendste Grund sein. Nur der Absatz an tragbaren Computern, der ist halbwegs stabil. Dagegen gibt es aber einen sehr sehr starken Zuwachs bei Tablets und bei Smartphones und damit steigt auch Verbreitung der mobilen Systeme. Marktforscher gehen sogar davon aus, dass ungefähr 2016 Android weiter verbreitet sein wird als Windows selbst. Im mobilen Sektor, da hat zum Beispiel Microsoft derzeit keine große Verbreitung. Hier dominieren schon jetzt Apple mit iOS und auch Googles Android.

    Kloiber: Gilt es denn als mehr oder weniger ausgemacht, dass die mobilen Geräte PCs und Notebooks tatsächlich verdrängen werden?

    Rähm: Nein, nicht unbedingt. Notebooks und Desktop-PCs haben weiterhin ihre Daseinsberechtigung. Apple hat gerade erst in dieser Woche steigende Verkaufszahlen seiner Macs, also der Schreibtischrechner, bekannt gegeben. Der Einbruch auf PC-Markt, der ist nicht unbedingt beziehungsweise nicht komplett den Tablets geschuldet. Analysten zeigen sich sehr sicher, dass dieser Einbruch auch dessen geschuldet sein könnte, dass die Anwender abgewartet haben auf Windows acht. Daher: Erst im 1. Quartal des nächsten Jahres wird es dann wirklich spannend mit den Zahlen, denn dann ist das Weihnachtsgeschäft vorüber. Da war dann Windows 8 dabei. Da wird man an den Verkaufszahlen sehen, ob der Einbruch wirklich da ist, oder nicht. Es gibt noch einen interessanter Nebeneffekt des Tablet-Booms: Denn auch die mobilen Spielkonsolen, die haben zu leiden. So ist zum Beispiel beim Hersteller Nintendo zu hören diese Woche, dass der Umsatz mit Hardware stark zurückgegangen ist. Und dafür gibt es natürlich auch einen Grund: Denn die Tablets werden immer leistungsfähiger und damit als Plattform für Spiele immer beliebter.

    Kloiber: Der Markt für mobile Computer ist arg in Bewegung geraten. Informationen von Jan Rähm, danke!