Arnfinn Orten von der Geschäftsleitung der Kvaerner/Warnow-Werft in Rostock bei einer Schiffstaufe; In solchen Momenten fühlen wir so, sagt er, als ob ein neues Baby geboren wird. Ein fröhlicher Moment, den wir nie vergessen werden. Wie sie alle sehen können, ein sehr großes Baby.
Um im Bilde zu bleiben: Die deutschen Werften werden noch manches Baby zur Welt bringen. Sie stehen keineswegs vor einem Geburtenrückgang. Trotzdem werden die Eltern von etlichen Sorgen geplagt Anders formuliert: Die Docks sind zwar voll und die Auftragslage ist gut, aber dennoch sieht die Zukunft nicht rosarot aus, Beispiel Kvaerner: Seit zwei Jahren will der norwegische Mutterkonzern den Schiffbau-Standort Rostock-Warnemünde verkaufen, da er sich weltweit aus dem Werftengeschäft zurückziehen möchte. Doch weil der Betrieb in Ostdeutschland liegt und dort eine Brüsseler Sonderregel gilt, ist das nicht so einfach. Unternehmenssprecher Matthias Trott:
Es sind vom den 13 Werften inzwischen 10 verkauft worden. Bei uns in Warnemünde spielt eine Rolle, dass wir einer Kapazitäts-Begrenzung seitens der EU unterworfen sind, wir unsere eigenen Möglichkeiten nur zu einen gewissen Prozentsatz ausschöpfen können, so dass es also schwierig ist, einen Käufer zu finden, der eine Anlage erwirbt, die er nicht zu 100 Prozent ausfahren kann.
Die Kapazitäts-Begrenzung ist das zentrale Problem der Werften in Mecklenburg-Vorpommern. Trotzdem lief es nicht schlecht im vorigen Jahr. Von den rund 8 Milliarden Mark Umsatz, die der deutsche Schiffbau in 2000 insgesamt erzielte, entfielen knapp 2 Milliarden, also fast 25 Prozent, auf das Küstenland im Nordosten der Republik. Mecklenburg-Vorpommern hatte damit den höchsten Anteil, vor Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg. Allesamt hatten sie 20 Prozent und mehr. Bremen dagegen kam bloß auf 5 Prozent. Denn seit dem Zusammenbruch der traditionsreichen Vulkan AG ist es vorbei mit der führenden Rolle des Schiffbaus an der Weser. Grund für die Riesen-Pleite war bekanntermaßen krasses Missmanagement.
Bei der bedeutendsten Werft im benachbarten Niedersachsen, bei Meyer im emsländischen Papenburg, gab es hingegen einige Zeit ganz andere Schwierigkeiten. Die Luxusliner, die dort gebaut wurden, waren derart groß. dass man sie durch die flache Ems nur schwer in Richtung Nordsee bekam. Die altehrwürdigen Schiffbauer von Blohm & Voss in Hamburg wiederum kämpfen derzeit mit einem Problem, das da lautet: Bestellt und nicht abgeholt Seit ein paar Monaten schon wollen sie einen neuen Kreuzfahrer loswerden, geordert von einer griechischen Reederei. Gerüchten zufolge soll die sich jedoch mit dem Projekt finanziell verhoben haben und verweigert daher angeblich die Übernahme. Dennoch: Insgesamt geht es dem deutschen Schiffbau derzeit ganz gut, vor allem dem Branchen-Primus HDW.
Die Kieler Howaldtswerke Deutsche Werft AG, mit 3.400 Mann der Republik größter Schiffbau-Betrieb, sind abermals auf Expansionskurs. Vor gar nicht allzu langer Zeit erst kam die schwedische Kockums-Werft dazu. Jetzt plant man zudem, die griechische "Hellenic Shipyards Company" zu übernehmen. Ferner bastelt der HDW-Mehrheitseigner, die Babcock-Borsig AG, auch noch an einem deutschen Werftenverbund - mit Blohm & Voss in Hamburg und den Thyssen-Nordseewerken im niedersächsischen Emden. Trotz eines jüngsten Verlusts in dreistelliger Millionenhöhe durch Pannen beim Bau neuer Jumbo-Fähren: HDW geht es prächtig. Unternehmens-Sprecher Jürgen Rohweder:
Nun, HDW hat heute ein Auftragspolster von rund 11 Milliarden Mark. Dieses Auftragspolster bedeutet, dass wir im Handelsschiffbau bis etwa 2003, Anfang 2004 voll ausgelastet sind und im Marine-Schiffbau zurzeit bis zum Jahr 2007. Das ist natürlich eine sehr komfortable Situation. Aber: HDW ist ja die erste deutsche Werft gewesen, die nach der Schiffbau-Krise in den 80er Jahren wieder schwarze Zahlen geschrieben hat, und zwar auch deshalb, weil schon damals hier sehr intensiv rationalisiert und modernisiert wurde. Wir haben dies Mitte der 90er ja noch einmal getan, nämlich in dem Moment, als absehbar wurde, dass die Konkurrenz, die wir vor allen Dingen von Korea haben, die Containerschiffspreise heftig unter Druck setzen würde, und es ist ja auch so gekommen.
Korea, konkret: Südkorea - der bestgehasste Feind in der internationalen Schiffbau-Industrie. Grund: Seit langem schon pumpt die Regierung in Seoul in die Werften des Landes irrwitzig hohe Subventionen. Das Preisgefüge auf dem Weltmarkt wurde dadurch völlig durcheinander gewirbelt So günstig wie der fernöstliche Staat baut -fast- niemand sonst Schiffe - bis auf China. Weil im Reich der aufgehenden Sonne die Lohnkosten unschlagbar niedrig sind, hat Peking in den letzten Jahren mächtig aufgeholt Doch Südkorea ist vorerst noch Konkurrent Nummer eins für die europäischen Werften, mithin auch für die deutschen. Dazu Volkhard Meier vom Verband für Schiffbau und Meerestechnik in Hamburg, Dachorganisation der maritimen Industrie in der Bundesrepublik:
Korea hat in den letzten Jahren über alle Vernunft hinaus seine Schiffbau-Kapazitäten in einem Maße ausgebaut, das vom Markt so nicht mehr aufgenommen werden kann. Um diese zu großen Kapazitäten auslasten zu können, geht Korea mit ruinösen Preisen in den Markt. Dieses zu niedrige Preis-Niveau ist sehr eingehend von der EU-Kommission untersucht worden, und die verschiedenen Marktberichte, die die EU-Kommission im letzten Jahr darüber erteilt hat, belegen eindeutig, das die Koreanischen Werften mit Preisen Im Markt sind, die bis zu 40 Prozent unter Ihren eigenen Einstandspreisen stehen.
Eine Klage der Europäischen Union gegen Südkorea vor der Welthandelsorganisation wird zwar erwogen, lässt aber bis heute auf sich warten. So läuft das aggressive Preis-Dumping vorerst weiter. Manche bangen deswegen, dass sie wirtschaftlich über die Klinge springen. Wir fürchten, unken einige, dass in Europa keine Werft mehr übrig ist, wenn wir in zwei Jahren den Prozess gewinnen. Diethelm Tabel, Personaldirektor und Sprecher der MTW-Werft in Wismar:
Wenn europäische Reeder hier ihre Auftrage nicht in Deutsehland oder in Europa platzieren können, denn gehen sie nach Korea. Es kann doch nicht sein, dass die EU Steigbügelhalter für koreanische Werften ist.
Ortswechsel - von Wismar nach Rostock. An zwei Riesen-Kränen der Kvaerner-Werft hat die IG-Metall ein großes Transparent hochgezogen. "Arbeit, Leben, Zukunft" steht darauf zu lesen. Kanzler Schröder, neulich während des Volksfestes "Hanse Sail" zu Besuch in Rostock, fährt daran vorbei und geht später in seiner Rede indirekt darauf ein:
Was soll man davon halten, wenn in Städten wie diesen Arbeit möglich wäre auf den Werften, viel zu enge Kapazitäts-Grenzen aber verhindern, dass diese Arbeit reinkommt. Wir versuchen in Brüssel denen, die dort ihre Arbeit tun, klar zu machen, dass die Menschen wenig Verständnis dafür haben, wenn Arbeit da ist, aber hier nicht getan weiden kann, weil es bürokratische Grenzen gibt. Schritt für Schritt wollen wir uns bemühen, da weiter zu kommen. Sie können sich darauf verlassen, dass wir alles uns Mögliche tun wollen und werden, um diesen Standort auch als Werftstandort zu halten und auszubauen.
Kvaerner in Rostock und MTW in Wismar teilen sich derzeit einen Riesen-Auftrag. Dabei geht es um die größten Container-Frachter, die bisher in Deutschland gebaut wurden. Lade-Kapazität: je 5.500 Container. Vor allem für Wismar ein wichtiges Geschäft. Denn die dortige Werft ist mit rund 1.500 Beschäftigten größter privater Arbeitgeber am Ort. Jede Familie in der Hansestadt, so heißt es, ist irgendwie mit MTW verbunden. Das Unternehmen wurde in den vergangenen Jahren kräftig modernisiert, verfügt jetzt unter anderem über ein überdachtes Baudock der Superlative: fast 400 Meter lang ist diese neuzeitliche Industrie-Kathedrale, die größte Schiffbau-Halle Europas. MTW ist mit viel Steuergeldern gefördert worden, was die EU auch genehmigt hat, aber um einen hohen Preis: eben die Kapazitäts-Begrenzung. Die liegt für die Werft in Wismar bei 106.000 CGT, der gewichteten Einheit für Schiffsgrößen. MTW-Sprecher Diethelm Tabel:
Die Kapazitäts-Begrenzung ist das A und 0 in diesem Unternehmen. Wir können nur eine begrenzte Anzahl von Schiffen bauen. Aufgrund dieser Kapazitäts-Begrenzung ist jegliche Produktivitäts-Entwicklung mit Personalabbau verbunden. Entweder ich stoße mehr aus, ich baue mehr Schiffe, oder ich mache es mit weniger Menschen.
Da sich bei der CGT-Begrenzung nichts tut, drohen in Wismar immer wieder Kurzarbeit und Entlassungen. Demotivierend für die Beschäftigten: je schneller sie zu Werke gehen, desto eher kommt auch das Ende ihrer Arbeit Die Landespolitik ist da machtlos. Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Otto Ebnet:
Die Situation in unseren Werften ist in der Tat erklärungsbedürftig, aber das ist mit gesundem Menschenverstand nicht zu machen. Wir stehen vor folgender Situation: Im Schiffbau ist die Auftragslage derzeit gut bis sehr gut, die Preise sind in Ordnung, auch aufgrund des hohen Dollar-Kurses, der sich hier günstig auswirkt, und die Produktivität der Arbeitnehmer auf den Werften in Mecklenburg-Vorpommern ist hoch. Die Kosten sind also relativ gering. Unsere Werften sind mit den neuen koreanischen durchaus konkurrenzfähig. Sie können mithalten. Aber, und jetzt kommt des Aber, das man nicht erklären kann: Sie dürfen nicht.
Um das CGT-Problem zu umgehen, haben sich die Werften in Mecklenburg-Vorpommern Alternativen gesucht. Kvaerner in Rostock-Warnemünde zum Beispiel baute bis zu diesem Wochenende an der Ölplattform "Stena Don". Momentan wird die mächtige Stahlkonstruktion gerade in Richtung Norwegen geschleppt. Kvaerner-Sprecher Matthias Trott:
Es Ist eine Offshore-Einheit, die den Kriterien nach nicht unter die CGT-Grenze fällt. Das war für uns damals auch der Ausgangspunkt, uns um die Technik zu kümmern. Sicherlich ist die Offshore-Technologie eine Möglichkeit hier bei uns. Es ist sicherlich ein Markt, aber wir sehen unsere Zukunfts-Chancen hier in Warnemünde eigentlich eher im Schiffbau als in der Offshore-Technologie.
In Wismar, so Diethelm Tabel von der dortigen MTW-Werft, hat man sich ebenfalls im Bereich maritimer Ölbohr-Technik versucht.
Auch wir haben des getan. Wir haben Module für Offshore-Anlagen gefertigt, wir haben uns an CGT-freier Produktion beteiligt, aber das allein reicht nicht aus. Der Grundgedanke ist, dass Organisation und Logistik dieses Unternehmens für den Schiffbau festgeschrieben ist.
Doch im Bereich Schiffbau wacht Brüssel streng über die Einhaltung der Produktionsgrenzen. Wer die missachtet, bekommt von der EU-Kommission empfindliche Strafen aufgebrummt, wie Kvaerner schmerzlich erfahren musste. Das Unternehmen hatte zwei Jahre lang die erlaubten 91.000 CGT überschritten und wurde deswegen dazu verdonnert, Wettbewerbs-Beihilfen wieder zurückzuzahlen. Für 1997 12,6 Millionen Mark plus Zinsen, und für 1998 gar 83 Millionen, ebenfalls plus Zinsen. Vor dem Hintergrund dieser Summen sagt Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Otto Ebnet lediglich:
Ja, ich kann nur raten, artig zu sein und die Auflagen einzuhalten. Es laufen auch von Brüssel Kontrolleure auf den Werften herum. Wer sich nicht an die Auflagen hält, wird mit Strafgeldern überzogen. Das heißt: Es lohnt sich wirtschaftlich nicht.
Vom Nordosten der Republik in den Nordwesten - zu den anderen Küstenländern. Die großen Werften dort liegen allesamt relativ gut im Rennen. Ihre Stärken sind Flexibilität, hoher technischer Standard und Spezialisierung. Die Meyer-Werft im niedersächsischen Papenburg beispielsweise fertigt seit Jahren bereits so gute Luxus-Liner wie kaum jemand sonst in Europa. Zwar haben auch die anderen Unternehmen schon prächtige Kreuzfahrer gebaut, so wie jüngst Blohm & Voss in Hamburg, aber zumeist verstehen sie sich nicht als Spezial- sondern als Universal-Werft. So auch HDW in Kiel. Sprecher Jürgen Rohweder dazu:
Wir bauen jeweils immer das, was am Weltmarkt gefragt ist -Punkt Nummer 1. Punkt Nummer 2: unter der Voraussetzung, dass sich dieses für uns auch rechnet.
Frage: Also Tanker z.B. rechnen sich nicht, Tanker baut HDW ja nicht ?!
Das ist absolut korrekt. Wir sind aus dem Tanker-Geschäft ausgestiegen, wir sind aus dem Container-Geschäft ausgestiegen, einfach, weil diese Schiffstypen in Fernost und speziell aufgrund der aggressiven Politik von Korea dort bedeutend billiger verkauft werden. Wir sehen im Augenblick in diesem Marktsegment keine Chance, und wir haben uns deshalb auf die Segmente geworfen. in denen europäische Werften die Nase vom haben, wie z.B. Fähren, Wir haben ein weiteres Segment dazubekommen. Wir haben gebaut und wir bauen und wir wollen weiterbauen Mega-Yachten. Das sind kleine Kreuzfahrt-Schiffe für private Eigner.
Frage: Ist das eher so das Zucker-Stückchen nebenbei, oder glauben Sie tatsächlich, dass das international gesehen wirklich ein einträglicher Markt ist?
Der Bau von Luxus-Yachten boomt - weltweit. Es ist nicht das, was die Krabbenfischer immer den Beifang nennen, sondern das ist ein durchaus ordentlicher Markt mit der Aussicht, dass man da nicht im Minus landet.
Im Minus zu landen, das ist derzeit die große Furcht der kleinen und mittleren Werften in Schleswig-Holstein. Alterdings geht es dabei nicht um Mega-Yachten, sondern ganz normale Aufträge. Im Gegensatz zu allen anderen Küstenländern jedoch gibt es für diese Aufträge in Schleswig-Holstein nicht die höchst zulässige Wettbewerbs-Beihilfe. Grund: Die rot-grüne Regierung in Kiel hat dafür schlicht zu wenig Geld, will nur 3,6 Prozent statt der erlaubten 7 zahlen. Laut EU wären sogar bis zu 9 Prozent Förderung pro Neubau-Auftrag möglich. Besonders fatal dabei: Bundesmittel zur Werften-Hilfe sind an die Bereitstellung der Landesgelder gekoppelt. Je weniger Kiel zahlt, desto geringer ist auch der Berliner Anteil. Strittig ist eine Beihilfe-Summe von etwa 20 Millionen. Seit längerem schon wird daher Druck gemacht. Doch Landes-Finanzminister Claus Möller erklärte vor ein paar Wochen:
Wir haben das sehr sorgfältig im Kabinett beraten, aber wir sehen hier keine Möglichkeiten, dass wir da nachlegen.
Bei Flender in Lübeck, der Lindenau-Werft in Kiel und bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft geht nun die Angst um vor Job-Verlusten. Insgesamt. so heißt es, seien mehrere hundert Stellen in Gefahr.
Jene Schiffbauer dagegen, die Marine-Aufträge haben, können sich glücklich schätzen. Neben Umbauten und Reparaturen - mit einem Erlösanteil von etwa 15 Prozent - ist der bedeutendste Produktionszweig der deutschen Werften mit zirka 60 Prozent zwar der Handelsschiff-Neubau, aber gleich danach, mit rund 25 Prozent, folgt der Marine-Bereich. Und nichts in der Branche ist sicherer, vor allem jedoch ertragreicher, als die Herstellung von schwimmendem oder tauchendem Militär-Gerät. Die großen vier in diesem Geschäft sind die Peene-Werft in Wolgast und HDW in Kiel sowie die Thyssen-Nordseewerke im niedersächsischen Emden und Blohm & Voss in Hamburg. Vor etwas mehr als einer Woche erst. am vorletzten Freitag, wurde in der Hansestadt zum Beispiel die erste von vier Korvetten für die Seestreitkräfte Südafrikas auf Kiel gelegt Spezialität von HDW dagegen ist der Bau von U-Booten. Werft-Sprecher Jürgen Rohweder:
Der Marine-Schiffbau ist im Moment des feste Standbein, auf dem wir stehen. Wir haben, wenn sie unseren Auftragsbestand von 11 Milliarden sehen, dann ist deutlich über die Hälfte der Aufträge im Marine-Schiffbau angesiedelt. HDW - das weiß ja jeder - gehört zu den weltweit führenden Anbietern von nicht-nuklearen Unterseebooten. Und aus diesem Marine-Schiffbau haben wir ja ganz besondere technische Leckerbissen - String-Offs, Spring-Offs - die auch zivil genutzt werden können. Wenn sie sehen, dass wir das erste Unternehmen der Welt sind, das einen Antrieb auf der Basis der Wasserstoff-Brennstoffzelle wohlgemerkt zur Serienreife entwickelt hat, dann sehen sie den Weg, den wir gehen.
Egal übrigens, ob militärischer oder ziviler Schiffbau: Es ist keineswegs ein Geschäft, das sich ausschließlich in den norddeutschen Küsten-Ländern abspielt - im Gegenteil: In der Wertschöpfungs-Kette entfällt der Löwenanteil auf Produktionsstätten im Binnenland. Die Eigenleistung einer Werft belaufe sich heutzutage bloß auf etwa 30 Prozent, die der Zulieferer hingegen auf 70, so Volkhard Meier vom Verband für Schiffbau und Meerestechnik, der dazu am Beispiel eines Kreuzfahrers erläutert:
Wenn sie an die Vielfalt der Bühnen-Einrichtung, der Kabinen-Inneneinrichtung, an die Maschine, an die Sicherheit, an die Brückenausstattung denken, die zum großen Teil eben von Unternehmen aus München oder Stuttgart kommen, dann wird deutlich, dass Schiffbau mehr ist als eine Angelegenheit der Küste, nämlich der ganzen Bundesrepublik.
Und im Nordosten eben dieser Republik, in Mecklenburg-Vorpommern, denkt man in punkto EU-Osterweiterung auch schon an neue Schiffbau-Konkurrenz - vor allem durch Polen. Werft-Chef Detlef Hegemann, der seit der Wende insbesondere in Woigast und Greifswald engagiert ist, sieht darin aber eher eine Chance, denn ein Risiko:
Ich würde anstreben ein Joint-Venture mit einer Werft in Polen, mir könnte Stettin vorschweben. Ich habe schon mit einer Werft im Estland ein Joint-Venture, aber das müsste einfach durch Kooperation ausgebaut werden, denn der Ostseeraum ist ja für den Schiffbau ein durchaus interessantes Gebiet. Und ich glaube, dass sich die ganze maritime Wirtschaft durch eine EU-Erweiterung noch ausweiten wird.
In Wismar hingegen sieht man das etwas anders. MTW-Sprecher Diethelm Tabel glaubt, dass sich nicht viel verändern wird:
Die Polen sind auch jetzt schon Mitbewerber. Deshalb sehe ich da keine größeren Probleme auf uns zukommen.
Man wird sehen. Vorerst heißt es abwarten. Aber vielleicht bietet der Schiffbau-Markt ja auch Platz für alle derzeitigen Mitbewerber.
Um im Bilde zu bleiben: Die deutschen Werften werden noch manches Baby zur Welt bringen. Sie stehen keineswegs vor einem Geburtenrückgang. Trotzdem werden die Eltern von etlichen Sorgen geplagt Anders formuliert: Die Docks sind zwar voll und die Auftragslage ist gut, aber dennoch sieht die Zukunft nicht rosarot aus, Beispiel Kvaerner: Seit zwei Jahren will der norwegische Mutterkonzern den Schiffbau-Standort Rostock-Warnemünde verkaufen, da er sich weltweit aus dem Werftengeschäft zurückziehen möchte. Doch weil der Betrieb in Ostdeutschland liegt und dort eine Brüsseler Sonderregel gilt, ist das nicht so einfach. Unternehmenssprecher Matthias Trott:
Es sind vom den 13 Werften inzwischen 10 verkauft worden. Bei uns in Warnemünde spielt eine Rolle, dass wir einer Kapazitäts-Begrenzung seitens der EU unterworfen sind, wir unsere eigenen Möglichkeiten nur zu einen gewissen Prozentsatz ausschöpfen können, so dass es also schwierig ist, einen Käufer zu finden, der eine Anlage erwirbt, die er nicht zu 100 Prozent ausfahren kann.
Die Kapazitäts-Begrenzung ist das zentrale Problem der Werften in Mecklenburg-Vorpommern. Trotzdem lief es nicht schlecht im vorigen Jahr. Von den rund 8 Milliarden Mark Umsatz, die der deutsche Schiffbau in 2000 insgesamt erzielte, entfielen knapp 2 Milliarden, also fast 25 Prozent, auf das Küstenland im Nordosten der Republik. Mecklenburg-Vorpommern hatte damit den höchsten Anteil, vor Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg. Allesamt hatten sie 20 Prozent und mehr. Bremen dagegen kam bloß auf 5 Prozent. Denn seit dem Zusammenbruch der traditionsreichen Vulkan AG ist es vorbei mit der führenden Rolle des Schiffbaus an der Weser. Grund für die Riesen-Pleite war bekanntermaßen krasses Missmanagement.
Bei der bedeutendsten Werft im benachbarten Niedersachsen, bei Meyer im emsländischen Papenburg, gab es hingegen einige Zeit ganz andere Schwierigkeiten. Die Luxusliner, die dort gebaut wurden, waren derart groß. dass man sie durch die flache Ems nur schwer in Richtung Nordsee bekam. Die altehrwürdigen Schiffbauer von Blohm & Voss in Hamburg wiederum kämpfen derzeit mit einem Problem, das da lautet: Bestellt und nicht abgeholt Seit ein paar Monaten schon wollen sie einen neuen Kreuzfahrer loswerden, geordert von einer griechischen Reederei. Gerüchten zufolge soll die sich jedoch mit dem Projekt finanziell verhoben haben und verweigert daher angeblich die Übernahme. Dennoch: Insgesamt geht es dem deutschen Schiffbau derzeit ganz gut, vor allem dem Branchen-Primus HDW.
Die Kieler Howaldtswerke Deutsche Werft AG, mit 3.400 Mann der Republik größter Schiffbau-Betrieb, sind abermals auf Expansionskurs. Vor gar nicht allzu langer Zeit erst kam die schwedische Kockums-Werft dazu. Jetzt plant man zudem, die griechische "Hellenic Shipyards Company" zu übernehmen. Ferner bastelt der HDW-Mehrheitseigner, die Babcock-Borsig AG, auch noch an einem deutschen Werftenverbund - mit Blohm & Voss in Hamburg und den Thyssen-Nordseewerken im niedersächsischen Emden. Trotz eines jüngsten Verlusts in dreistelliger Millionenhöhe durch Pannen beim Bau neuer Jumbo-Fähren: HDW geht es prächtig. Unternehmens-Sprecher Jürgen Rohweder:
Nun, HDW hat heute ein Auftragspolster von rund 11 Milliarden Mark. Dieses Auftragspolster bedeutet, dass wir im Handelsschiffbau bis etwa 2003, Anfang 2004 voll ausgelastet sind und im Marine-Schiffbau zurzeit bis zum Jahr 2007. Das ist natürlich eine sehr komfortable Situation. Aber: HDW ist ja die erste deutsche Werft gewesen, die nach der Schiffbau-Krise in den 80er Jahren wieder schwarze Zahlen geschrieben hat, und zwar auch deshalb, weil schon damals hier sehr intensiv rationalisiert und modernisiert wurde. Wir haben dies Mitte der 90er ja noch einmal getan, nämlich in dem Moment, als absehbar wurde, dass die Konkurrenz, die wir vor allen Dingen von Korea haben, die Containerschiffspreise heftig unter Druck setzen würde, und es ist ja auch so gekommen.
Korea, konkret: Südkorea - der bestgehasste Feind in der internationalen Schiffbau-Industrie. Grund: Seit langem schon pumpt die Regierung in Seoul in die Werften des Landes irrwitzig hohe Subventionen. Das Preisgefüge auf dem Weltmarkt wurde dadurch völlig durcheinander gewirbelt So günstig wie der fernöstliche Staat baut -fast- niemand sonst Schiffe - bis auf China. Weil im Reich der aufgehenden Sonne die Lohnkosten unschlagbar niedrig sind, hat Peking in den letzten Jahren mächtig aufgeholt Doch Südkorea ist vorerst noch Konkurrent Nummer eins für die europäischen Werften, mithin auch für die deutschen. Dazu Volkhard Meier vom Verband für Schiffbau und Meerestechnik in Hamburg, Dachorganisation der maritimen Industrie in der Bundesrepublik:
Korea hat in den letzten Jahren über alle Vernunft hinaus seine Schiffbau-Kapazitäten in einem Maße ausgebaut, das vom Markt so nicht mehr aufgenommen werden kann. Um diese zu großen Kapazitäten auslasten zu können, geht Korea mit ruinösen Preisen in den Markt. Dieses zu niedrige Preis-Niveau ist sehr eingehend von der EU-Kommission untersucht worden, und die verschiedenen Marktberichte, die die EU-Kommission im letzten Jahr darüber erteilt hat, belegen eindeutig, das die Koreanischen Werften mit Preisen Im Markt sind, die bis zu 40 Prozent unter Ihren eigenen Einstandspreisen stehen.
Eine Klage der Europäischen Union gegen Südkorea vor der Welthandelsorganisation wird zwar erwogen, lässt aber bis heute auf sich warten. So läuft das aggressive Preis-Dumping vorerst weiter. Manche bangen deswegen, dass sie wirtschaftlich über die Klinge springen. Wir fürchten, unken einige, dass in Europa keine Werft mehr übrig ist, wenn wir in zwei Jahren den Prozess gewinnen. Diethelm Tabel, Personaldirektor und Sprecher der MTW-Werft in Wismar:
Wenn europäische Reeder hier ihre Auftrage nicht in Deutsehland oder in Europa platzieren können, denn gehen sie nach Korea. Es kann doch nicht sein, dass die EU Steigbügelhalter für koreanische Werften ist.
Ortswechsel - von Wismar nach Rostock. An zwei Riesen-Kränen der Kvaerner-Werft hat die IG-Metall ein großes Transparent hochgezogen. "Arbeit, Leben, Zukunft" steht darauf zu lesen. Kanzler Schröder, neulich während des Volksfestes "Hanse Sail" zu Besuch in Rostock, fährt daran vorbei und geht später in seiner Rede indirekt darauf ein:
Was soll man davon halten, wenn in Städten wie diesen Arbeit möglich wäre auf den Werften, viel zu enge Kapazitäts-Grenzen aber verhindern, dass diese Arbeit reinkommt. Wir versuchen in Brüssel denen, die dort ihre Arbeit tun, klar zu machen, dass die Menschen wenig Verständnis dafür haben, wenn Arbeit da ist, aber hier nicht getan weiden kann, weil es bürokratische Grenzen gibt. Schritt für Schritt wollen wir uns bemühen, da weiter zu kommen. Sie können sich darauf verlassen, dass wir alles uns Mögliche tun wollen und werden, um diesen Standort auch als Werftstandort zu halten und auszubauen.
Kvaerner in Rostock und MTW in Wismar teilen sich derzeit einen Riesen-Auftrag. Dabei geht es um die größten Container-Frachter, die bisher in Deutschland gebaut wurden. Lade-Kapazität: je 5.500 Container. Vor allem für Wismar ein wichtiges Geschäft. Denn die dortige Werft ist mit rund 1.500 Beschäftigten größter privater Arbeitgeber am Ort. Jede Familie in der Hansestadt, so heißt es, ist irgendwie mit MTW verbunden. Das Unternehmen wurde in den vergangenen Jahren kräftig modernisiert, verfügt jetzt unter anderem über ein überdachtes Baudock der Superlative: fast 400 Meter lang ist diese neuzeitliche Industrie-Kathedrale, die größte Schiffbau-Halle Europas. MTW ist mit viel Steuergeldern gefördert worden, was die EU auch genehmigt hat, aber um einen hohen Preis: eben die Kapazitäts-Begrenzung. Die liegt für die Werft in Wismar bei 106.000 CGT, der gewichteten Einheit für Schiffsgrößen. MTW-Sprecher Diethelm Tabel:
Die Kapazitäts-Begrenzung ist das A und 0 in diesem Unternehmen. Wir können nur eine begrenzte Anzahl von Schiffen bauen. Aufgrund dieser Kapazitäts-Begrenzung ist jegliche Produktivitäts-Entwicklung mit Personalabbau verbunden. Entweder ich stoße mehr aus, ich baue mehr Schiffe, oder ich mache es mit weniger Menschen.
Da sich bei der CGT-Begrenzung nichts tut, drohen in Wismar immer wieder Kurzarbeit und Entlassungen. Demotivierend für die Beschäftigten: je schneller sie zu Werke gehen, desto eher kommt auch das Ende ihrer Arbeit Die Landespolitik ist da machtlos. Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Otto Ebnet:
Die Situation in unseren Werften ist in der Tat erklärungsbedürftig, aber das ist mit gesundem Menschenverstand nicht zu machen. Wir stehen vor folgender Situation: Im Schiffbau ist die Auftragslage derzeit gut bis sehr gut, die Preise sind in Ordnung, auch aufgrund des hohen Dollar-Kurses, der sich hier günstig auswirkt, und die Produktivität der Arbeitnehmer auf den Werften in Mecklenburg-Vorpommern ist hoch. Die Kosten sind also relativ gering. Unsere Werften sind mit den neuen koreanischen durchaus konkurrenzfähig. Sie können mithalten. Aber, und jetzt kommt des Aber, das man nicht erklären kann: Sie dürfen nicht.
Um das CGT-Problem zu umgehen, haben sich die Werften in Mecklenburg-Vorpommern Alternativen gesucht. Kvaerner in Rostock-Warnemünde zum Beispiel baute bis zu diesem Wochenende an der Ölplattform "Stena Don". Momentan wird die mächtige Stahlkonstruktion gerade in Richtung Norwegen geschleppt. Kvaerner-Sprecher Matthias Trott:
Es Ist eine Offshore-Einheit, die den Kriterien nach nicht unter die CGT-Grenze fällt. Das war für uns damals auch der Ausgangspunkt, uns um die Technik zu kümmern. Sicherlich ist die Offshore-Technologie eine Möglichkeit hier bei uns. Es ist sicherlich ein Markt, aber wir sehen unsere Zukunfts-Chancen hier in Warnemünde eigentlich eher im Schiffbau als in der Offshore-Technologie.
In Wismar, so Diethelm Tabel von der dortigen MTW-Werft, hat man sich ebenfalls im Bereich maritimer Ölbohr-Technik versucht.
Auch wir haben des getan. Wir haben Module für Offshore-Anlagen gefertigt, wir haben uns an CGT-freier Produktion beteiligt, aber das allein reicht nicht aus. Der Grundgedanke ist, dass Organisation und Logistik dieses Unternehmens für den Schiffbau festgeschrieben ist.
Doch im Bereich Schiffbau wacht Brüssel streng über die Einhaltung der Produktionsgrenzen. Wer die missachtet, bekommt von der EU-Kommission empfindliche Strafen aufgebrummt, wie Kvaerner schmerzlich erfahren musste. Das Unternehmen hatte zwei Jahre lang die erlaubten 91.000 CGT überschritten und wurde deswegen dazu verdonnert, Wettbewerbs-Beihilfen wieder zurückzuzahlen. Für 1997 12,6 Millionen Mark plus Zinsen, und für 1998 gar 83 Millionen, ebenfalls plus Zinsen. Vor dem Hintergrund dieser Summen sagt Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Otto Ebnet lediglich:
Ja, ich kann nur raten, artig zu sein und die Auflagen einzuhalten. Es laufen auch von Brüssel Kontrolleure auf den Werften herum. Wer sich nicht an die Auflagen hält, wird mit Strafgeldern überzogen. Das heißt: Es lohnt sich wirtschaftlich nicht.
Vom Nordosten der Republik in den Nordwesten - zu den anderen Küstenländern. Die großen Werften dort liegen allesamt relativ gut im Rennen. Ihre Stärken sind Flexibilität, hoher technischer Standard und Spezialisierung. Die Meyer-Werft im niedersächsischen Papenburg beispielsweise fertigt seit Jahren bereits so gute Luxus-Liner wie kaum jemand sonst in Europa. Zwar haben auch die anderen Unternehmen schon prächtige Kreuzfahrer gebaut, so wie jüngst Blohm & Voss in Hamburg, aber zumeist verstehen sie sich nicht als Spezial- sondern als Universal-Werft. So auch HDW in Kiel. Sprecher Jürgen Rohweder dazu:
Wir bauen jeweils immer das, was am Weltmarkt gefragt ist -Punkt Nummer 1. Punkt Nummer 2: unter der Voraussetzung, dass sich dieses für uns auch rechnet.
Frage: Also Tanker z.B. rechnen sich nicht, Tanker baut HDW ja nicht ?!
Das ist absolut korrekt. Wir sind aus dem Tanker-Geschäft ausgestiegen, wir sind aus dem Container-Geschäft ausgestiegen, einfach, weil diese Schiffstypen in Fernost und speziell aufgrund der aggressiven Politik von Korea dort bedeutend billiger verkauft werden. Wir sehen im Augenblick in diesem Marktsegment keine Chance, und wir haben uns deshalb auf die Segmente geworfen. in denen europäische Werften die Nase vom haben, wie z.B. Fähren, Wir haben ein weiteres Segment dazubekommen. Wir haben gebaut und wir bauen und wir wollen weiterbauen Mega-Yachten. Das sind kleine Kreuzfahrt-Schiffe für private Eigner.
Frage: Ist das eher so das Zucker-Stückchen nebenbei, oder glauben Sie tatsächlich, dass das international gesehen wirklich ein einträglicher Markt ist?
Der Bau von Luxus-Yachten boomt - weltweit. Es ist nicht das, was die Krabbenfischer immer den Beifang nennen, sondern das ist ein durchaus ordentlicher Markt mit der Aussicht, dass man da nicht im Minus landet.
Im Minus zu landen, das ist derzeit die große Furcht der kleinen und mittleren Werften in Schleswig-Holstein. Alterdings geht es dabei nicht um Mega-Yachten, sondern ganz normale Aufträge. Im Gegensatz zu allen anderen Küstenländern jedoch gibt es für diese Aufträge in Schleswig-Holstein nicht die höchst zulässige Wettbewerbs-Beihilfe. Grund: Die rot-grüne Regierung in Kiel hat dafür schlicht zu wenig Geld, will nur 3,6 Prozent statt der erlaubten 7 zahlen. Laut EU wären sogar bis zu 9 Prozent Förderung pro Neubau-Auftrag möglich. Besonders fatal dabei: Bundesmittel zur Werften-Hilfe sind an die Bereitstellung der Landesgelder gekoppelt. Je weniger Kiel zahlt, desto geringer ist auch der Berliner Anteil. Strittig ist eine Beihilfe-Summe von etwa 20 Millionen. Seit längerem schon wird daher Druck gemacht. Doch Landes-Finanzminister Claus Möller erklärte vor ein paar Wochen:
Wir haben das sehr sorgfältig im Kabinett beraten, aber wir sehen hier keine Möglichkeiten, dass wir da nachlegen.
Bei Flender in Lübeck, der Lindenau-Werft in Kiel und bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft geht nun die Angst um vor Job-Verlusten. Insgesamt. so heißt es, seien mehrere hundert Stellen in Gefahr.
Jene Schiffbauer dagegen, die Marine-Aufträge haben, können sich glücklich schätzen. Neben Umbauten und Reparaturen - mit einem Erlösanteil von etwa 15 Prozent - ist der bedeutendste Produktionszweig der deutschen Werften mit zirka 60 Prozent zwar der Handelsschiff-Neubau, aber gleich danach, mit rund 25 Prozent, folgt der Marine-Bereich. Und nichts in der Branche ist sicherer, vor allem jedoch ertragreicher, als die Herstellung von schwimmendem oder tauchendem Militär-Gerät. Die großen vier in diesem Geschäft sind die Peene-Werft in Wolgast und HDW in Kiel sowie die Thyssen-Nordseewerke im niedersächsischen Emden und Blohm & Voss in Hamburg. Vor etwas mehr als einer Woche erst. am vorletzten Freitag, wurde in der Hansestadt zum Beispiel die erste von vier Korvetten für die Seestreitkräfte Südafrikas auf Kiel gelegt Spezialität von HDW dagegen ist der Bau von U-Booten. Werft-Sprecher Jürgen Rohweder:
Der Marine-Schiffbau ist im Moment des feste Standbein, auf dem wir stehen. Wir haben, wenn sie unseren Auftragsbestand von 11 Milliarden sehen, dann ist deutlich über die Hälfte der Aufträge im Marine-Schiffbau angesiedelt. HDW - das weiß ja jeder - gehört zu den weltweit führenden Anbietern von nicht-nuklearen Unterseebooten. Und aus diesem Marine-Schiffbau haben wir ja ganz besondere technische Leckerbissen - String-Offs, Spring-Offs - die auch zivil genutzt werden können. Wenn sie sehen, dass wir das erste Unternehmen der Welt sind, das einen Antrieb auf der Basis der Wasserstoff-Brennstoffzelle wohlgemerkt zur Serienreife entwickelt hat, dann sehen sie den Weg, den wir gehen.
Egal übrigens, ob militärischer oder ziviler Schiffbau: Es ist keineswegs ein Geschäft, das sich ausschließlich in den norddeutschen Küsten-Ländern abspielt - im Gegenteil: In der Wertschöpfungs-Kette entfällt der Löwenanteil auf Produktionsstätten im Binnenland. Die Eigenleistung einer Werft belaufe sich heutzutage bloß auf etwa 30 Prozent, die der Zulieferer hingegen auf 70, so Volkhard Meier vom Verband für Schiffbau und Meerestechnik, der dazu am Beispiel eines Kreuzfahrers erläutert:
Wenn sie an die Vielfalt der Bühnen-Einrichtung, der Kabinen-Inneneinrichtung, an die Maschine, an die Sicherheit, an die Brückenausstattung denken, die zum großen Teil eben von Unternehmen aus München oder Stuttgart kommen, dann wird deutlich, dass Schiffbau mehr ist als eine Angelegenheit der Küste, nämlich der ganzen Bundesrepublik.
Und im Nordosten eben dieser Republik, in Mecklenburg-Vorpommern, denkt man in punkto EU-Osterweiterung auch schon an neue Schiffbau-Konkurrenz - vor allem durch Polen. Werft-Chef Detlef Hegemann, der seit der Wende insbesondere in Woigast und Greifswald engagiert ist, sieht darin aber eher eine Chance, denn ein Risiko:
Ich würde anstreben ein Joint-Venture mit einer Werft in Polen, mir könnte Stettin vorschweben. Ich habe schon mit einer Werft im Estland ein Joint-Venture, aber das müsste einfach durch Kooperation ausgebaut werden, denn der Ostseeraum ist ja für den Schiffbau ein durchaus interessantes Gebiet. Und ich glaube, dass sich die ganze maritime Wirtschaft durch eine EU-Erweiterung noch ausweiten wird.
In Wismar hingegen sieht man das etwas anders. MTW-Sprecher Diethelm Tabel glaubt, dass sich nicht viel verändern wird:
Die Polen sind auch jetzt schon Mitbewerber. Deshalb sehe ich da keine größeren Probleme auf uns zukommen.
Man wird sehen. Vorerst heißt es abwarten. Aber vielleicht bietet der Schiffbau-Markt ja auch Platz für alle derzeitigen Mitbewerber.