Archiv


Die Dorade in Fischfarmen

Eloy steuert seinen kleinen Außenborder vor dem kleinen spanischen Städtchen Villajoyosa bei Alicante durchs Mittelmeer. Der Seegang überrascht, nach knapp einer halben Meile ist das Mittelmeer gar nicht mehr so sanft. Der 28-jährige Eloy ist Meeresbiologe und technischer Direktor einer Fischfarm. Auf dem Weg dorthin erzählt er von seinem Arbeitsplatz:

Von Hans-Günter Kellner |
    Eloy steuert seinen kleinen Außenborder vor dem kleinen spanischen Städtchen Villajoyosa bei Alicante durchs Mittelmeer. Der Seegang überrascht, nach knapp einer halben Meile ist das Mittelmeer gar nicht mehr so sanft. Der 28-jährige Eloy ist Meeresbiologe und technischer Direktor einer Fischfarm. Auf dem Weg dorthin erzählt er von seinem Arbeitsplatz:

    Das ist eine reine Mastanlage, knapp zwei Meilen vor der Küste von Villajoyosa gelegen. Wir kaufen die Larven in darauf spezialisierten Zuchtbetrieben und mästen hier die Jungtiere. Dort stellen wir bis zu 1.000 Tonnen im Jahr an Doraden und Seebarschen her. Wir füttern die Tiere dort auf eine bisher einzigartige Weise in Spanien, völlig automatisch. Das ist das allerneueste, was es auf dem Markt gibt.

    Das kleine Boot nähert sich der Fischfarm. Im Wasser schwimmen 24 kreisrunde Becken, wie auf einem Schachbrett aufgereiht und aneinandergekettet. Hier werden Doraden und Seebarsche gemästet. Je nach Größe schwimmen in jedem der 15 Meter tiefen zylinderförmigen Netzebis zu 120.000 Fische. Von Fischereiromantik ist hier freilich wenig zu spüren.

    Auch am herkömmlichen Fischfang ist doch nichts romantisch. Die Fischer, das sind ein paar Leute, die die Meere kaputt machen. Wir sind dagegen die Pioniere in der Fischzucht. Wie vor Tausenden von Jahren die ersten Viehzüchter, die die wilden Rinder zu Haustieren machten. Wir machen das gleiche mit den Fischen. Im Gegensatz zu den Fischern haben wir eine viel bessere Kontrolle über den Fisch, analysieren ihn regelmäßig und haben enorme Möglichkeiten, die Produktion genau auf den Markt abzustimmen. Genau das, was unseren Meeren derzeit dringend fehlt.

    Der Mensch soll seine Fische nicht mehr jagen, sondern züchten. Das klingt einleuchtend. Doch moderne Mastmethoden und mangelnde Skrupel in der Tierhaltung haben auch zu Rinderwahnsinn und Dioxin im Hähnchen geführt. Muss mit solchen Skandalen auch bald beim Fisch gerechnet werden?

    Selbst wenn wir die Tiere gerne schneller und billiger auf den Markt bringen würden, es geht nicht. Das Futter ist sehr teuer. Wir geben den Tieren hier jeden Tag 4.000 Kilo Trockenfutter. Das Kilo kostet einen Euro und zehn Cent. Das heißt, wir geben täglich alleine für das Futter 4.400 Euro aus. Das Futter besteht vor allem aus Fischmehl. Die Tiere vertragen gar nichts anderes.

    Dennoch setzt gerade beim Futter die Kritik an. Der Umweltstiftung WWF zufolge benötigt die Herstellung von einem Kilo Dorade oder Seebarsch mindestens 4,5 Kilo Fischmehl. Dieses Trockenfutter werde aus anderen Fischen in Peru oder Chile hergestellt, gibt auch Eloy freimütig zu. Das heißt, die Fischfarmen tragen zwar zum Schutz der Bestände im Mittelmeer bei, verlagern jedoch das Problem der Überfischung nach Lateinamerika. Raúl García vom spanischen WWF:

    Wir fordern die Fischfarmen auf, auch auf ökologische Aspekte Rücksicht zu nehmen. Wir fordern die Zucht alternativer Fischarten, die entweder wesentlich weniger Fisch zur Fütterung benötigen, oder sich gar vegetarisch ernähren. Und wir fordern für diese Farmen Futtermittel, deren Herstellung die natürlichen Resourcen schont.

    Für ein besonders krasses Gegenbeispiel zum Ideal einer umweltfreundlichen Fischzucht hält der WWF die Thunfisch-Mastfarmen, die bislang fast alle vor der spanischen Mittelmeerstadt Cartagena angesiedelt waren. Im Gegensatz zur Zucht von Doraden und Seebarschen, bei denen schon die Fischeier in der Farm befruchtet werden, fangen diese Betriebe im Mittelmeer lebende junge Thunfische, mästen sie in ihren Anlagen und exportieren sie dann nach Japan. Der WWF prognostiziert, dass in fünf Jahren die Spezies des Roten Thunfisches wegen der Überfischung im Mittelmeer nicht mehr zu finden sein wird.