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Die Drachen von Sulawesi

Biologie. - Immer wieder finden Naturforscher tief im Dschungel neue Tierarten, doch meist handelt es sich um winzige Insekten oder gar Bakterien. Anders dagegen ein junger Bonner Wissenschaftler, der in der Inselwelt Indonesiens gar nicht so kleine und dennoch bislang möglicherweise unbekannte Warane fand.

Von Kristin Raabe |
    Boote waren das wichtigste Transportmittel, um die vielen kleinen Inseln rund um die Hauptinsel Sulawesi erreichen zu können. Auf den Inseln angekommen, war der Bonner Biologe André Koch auf die Hilfe der einheimischen Bevölkerung angewiesen. In mit Ködern ausgestatten Schlingfallen fing sie lebende Bindenwarane für ihn. Diese bis zu zwei Meter langen Echsen ließ der junge Forscher nach eingehender Untersuchung schließlich wieder frei. Das stieß bei den indonesischen Helfern häufig auf Unverständnis.

    "Man wird automatisch immer angeguckt. Man ist meistens auch der einzige Weiße weit und breit, so ging es mir jedenfalls. Gerade wenn man als Forscher sich speziell auch noch für die Tiere und Pflanzen dort interessiert, wird man dann mit Skepsis betrachtet, ein bisschen lächelnd auch dabei. Die Leute selber sehen das Ganze ja eher als Nahrungsquelle beziehungsweise die Warane dann auch als Nahrungskonkurrenz. Als Hühnerdieb werden die Tiere dann auch getötet, je nachdem."

    Die urzeitlich wirkenden Echsen sehen zwar gefährlich aus, Menschen greifen sie aber für gewöhnlich nicht an. Wenn die Tiere allerdings eine Weile ohne Futter und Wasser auf ihre Untersuchung warten müssen, macht der Stress sie um einiges aggressiver, wie André Koche selbst erfahren musste.

    "Als wir die dann nach der Bearbeitung wieder freilassen wollten, also ein Exemplar davon, war ich dann so unvorsichtig und hab versucht, das Tier selber zu halten und zu fotografieren, was dann nicht so geklappt hat, und das Tier dann halt zugebissen hat."

    Glücklicherweise hat André Koch seinen Finger durch den Waranbiss nicht verloren und konnte weiter die Echsen auf Sulawesi studieren. Dabei fiel ihm schnell auf, wie unterschiedlich die Warane dort aussehen. Typisch für Bindenwarane sind Reihen von Augenflecken auf dem Rücken der Tiere.

    "Bei den sulawesischen Populationen ist es jetzt so, dass es auch solche gibt, die diese Augenflecken in Querreihen besitzen, es gibt aber auch andere Populationen, die ganz einfarbig dunkelbraun oder schwarz sind, dann gibt es welche, die haben stattdessen Streifen auf dem Rücken, es gibt welche, die haben ganz kleine Punkte, so eine Sprenkelung, dann gibt es welche, wo diese Flecken so ganz unterschiedlich ausgeprägt sind. Wenn man die Tiere nebeneinander sieht, würde einem das selber auch sofort auffallen, wie unterschiedlich die doch gefärbt sind."

    Bislang waren Zoologen immer davon ausgegangen, dass auf der Insel Sulawesi nur eine Art von Bindenwaranen zu finden ist. Was sich tatsächlich hinter den vielen unterschiedlich gezeichneten Waranen Sulawesis verbirgt, muss André Koch nun an seinem Forschungsinstitut, dem Bonner Museum König, weiter untersuchen. Dabei sind die genetischen Proben der Tiere und die Analyse der Schuppenreihen besonders wichtig.

    "Ob es sich um neue Arten handelt oder ob es Unterarten sind, das möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festlegen, weil die Analysen noch nicht abgeschlossen sind, die dann halt Aufschluss darüber geben könnten, ob sich die einzelnen Populationen jetzt halt noch miteinander fortpflanzen oder nicht. Was jetzt das gängigste Kriterium ist, ob es jetzt eigenständige Arten sind oder nicht."

    Normalerweise lebt auf jeder indonesischen Insel nur eine Waranart. Die unterschiedliche Zeichnung der Warane auf Sulawesi deutet allerdings darauf hin, dass dort drei bis vier Waranarten beheimatet sind. Diese Beobachtung lässt sich möglicherweise durch die geologische Vergangenheit Sulawesis erklären:

    "Man geht davon aus, dass während des Eiszeitalters oder während der schwankenden Meeresspiegel, die ja verursacht wurde durch die Vereisung der Polgebiete, dass sich die Meeresspiegel erhöht und abgesenkt haben. Während der Warmphasen sind die Meeresspiegel angestiegen und haben dann zu einer Fragmentierung, also zu einer Zerteilung der Insel selber geführt und dann kann man davon ausgehen, dass die einzelnen Populationen voneinander getrennt waren und dann eine eigenständige Entwicklung durchlaufen haben, so dass sich dann daraus diese unterschiedlichen Formen gebildet haben."